Dieser Artikel behandelt den heutigen Staat Mauretanien; fur die antike Landschaft siehe
Mauretanien (Antike)
; fur romische Provinzen dieses Namens siehe
Mauretania
.
Islamische Republik Mauretanien
|
????????? ????????? ???????????
Republique islamique de Mauritanie
|
al-Dschumh?riyya al-Isl?miyya al-M?r?t?niyya
|
|
Wahlspruch
:
???? ????? ?????
scharaf, ich?’, ?ad?la
arabisch
fur
?Ehre, Bruderlichkeit, Gerechtigkeit“
|
|
Amtssprache
|
Arabisch
|
Hauptstadt
|
Nouakchott
|
Staats- und Regierungsform
|
prasidentielle
Republik
(
Islamische Republik
)
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Staatsoberhaupt
|
Prasident
Mohamed Ould Ghazouani
|
Regierungschef
|
Premierminister
Mohamed Ould Bilal
|
Parlament(e)
|
Nationalversammlung
|
Flache
|
1.030.700 km²
|
Einwohnerzahl
|
4,7 Millionen
(
126.
) (2022)
[1]
|
Bevolkerungsdichte
|
5 Einwohner pro km²
|
Bevolkerungsentwicklung
|
+ 2,7 %
(Schatzung fur das Jahr 2020)
[2]
|
Bruttoinlandsprodukt
- Total (nominal)
- Total (
KKP
)
- BIP/Einw. (nom.)
- BIP/Einw. (KKP)
|
2022
[3]
- 9,9 Milliarden USD
(
151.
)
- 30,8 Milliarden USD
(
144.
)
- 2.285 USD
(
148.
)
- 7.113 USD
(
135.
)
|
Index der menschlichen Entwicklung
|
0,556
(
158.
) (2021)
[4]
|
Wahrung
|
Ouguiya
(MRU)
|
Unabhangigkeit
|
28. November 1960
(von
Frankreich
)
|
Nationalhymne
|
Nationalhymne Mauretaniens
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Nationalfeiertag
|
28. November
(Unabhangigkeitstag)
|
Zeitzone
|
UTC±0
|
Kfz-Kennzeichen
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? ? ? (RIM)
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ISO 3166
|
MR
, MRT, 478
|
Internet-TLD
|
.mr
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Telefonvorwahl
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+222
|
|
Mauretanien
([
ma?ure?taːni??n
], amtlich
arabisch
????????? ????????? ???????????
al-Dschumh?riyya al-Isl?miyya al-M?r?t?niyya
?Islamische Republik Mauretanien‘,
franzosisch
Mauritanie
) ist ein Staat im nordwestlichen
Afrika
am
Atlantik
. Die
Prasidialrepublik
grenzt an die Staaten
Algerien
im Nordosten,
Mali
im Osten und Sudosten,
Senegal
im Sudwesten sowie im Norden und Nordwesten an den Landesstreifen der
Westsahara
, der nach dem Abzug der Kolonialmacht
Spanien
1975 großtenteils von
Marokko
annektiert
wurde. Mauretanien besteht großtenteils aus
Wuste
, ausgenommen eine
Dornstrauchsavannenzone
entlang der Sudgrenze bis zur Hauptstadt
Nouakchott
. Nach einem
Putsch
am 8. August 2008 herrschte kurzzeitig eine
Militardiktatur
; 2009 fanden wieder Prasidentschaftswahlen statt, ebenso 2014 und 2019.
Die Oberflachengestalt Mauretaniens bietet ein recht gleichformiges Bild. An den Kustenstreifen, im Suden zwischen
Senegalmundung
und Cap Timiris flache Ausgleichskuste, im Norden buchten- und inselreiche Steilkuste, schließt sich landeinwarts ein ausgedehntes Tiefland an, das mit seinen Sanddunenfeldern den westlichen Rand der
Sahara
bildet. Ein kurzer Steilanstieg leitet zu dem weithin ebenen Hochland (300?500 m u. M.) im zentralen Landesteil uber. Hier liegen die Sandsteinplateaus von Adrar, Tagant und Affolle sowie einzelne Inselberge, darunter der
Kediet Ijill
, mit 915 m die hochste Erhebung des Landes. Zentral in der Sahara, auf der Grenze zwischen den Verwaltungsregionen
Tiris Zemmour
und
Adrar
, ist das Naturwunder
Guelb er Richat
gelegen. Gegen Osten senken sich die uberwiegend von Gerollfeldern bedeckten Hochflachen zu dem abflusslosen, sandgefullten Becken El Djouf. Einziger standig wasserfuhrender Fluss Mauretaniens ist der
Senegal
, der die Staatsgrenze zum gleichnamigen Nachbarland im Suden bildet.
Im Bereich des nordlichen Wendekreises gelegen hat Mauretanien großtenteils trockenheißes
Wustenklima
. Abkuhlung bringt nur der kalte
Kanarenstrom
vor der Kuste, wodurch es im Kustengebiet haufig zu Nebelbildung kommt. In der Nordhalfte des Landes fallen die Niederschlage unter anderem im Winter, allerdings selten mehr als 100 mm pro Jahr, im außersten Suden sind es 300?400 mm, hauptsachlich von Juli bis Oktober. Die durchschnittlichen Januartemperaturen liegen bei 20?24 °C, die Julitemperaturen bei 30?34 °C, wobei sommerliche Maximalwerte bis 50 °C erreicht werden.
Gras- und Buschflachen sowie Akazien markieren den Ubergang von der Wustensteppe zur Dornsavanne des
Sahel
. In den Oasen wachsen vor allem
Dattelpalmen
, in der Uberschwemmungssavanne des
Senegal
auch
Raphiapalmen
,
Affenbrotbaume
und
Bambus
. Im Kustenland gibt es ausgedehnte Salzsumpfe.
Ursprunglich beherbergten die Savannen Großtiere, wie
Antilopen
,
Elefanten
, Lowen und
Hyanen
; die Wustensteppe bot fur
Gazellen
,
Strauße
,
Warzenschweine
,
Geparden
und
Falbkatzen
ausreichend Nahrung. Die meisten großeren Tierarten des Landes sind allerdings ausgestorben. In den Dunen finden sich verschiedene
Skorpione
und
Schlangen
.
Des Weiteren wurden in Mauretanien
Nilkrokodile
entdeckt, welche meist an
Gueltas
leben und die geringe Niederschlagsmenge so gut es geht nutzen, um sich in der Trockenperiode in kuhle Felsspalten unter der Erde zuruckzuziehen. Dabei fahren sie ihren Stoffwechsel auf ein Minimum herunter und verfallen in eine Starre, die es ihnen erlaubt, monatelang ohne Wasser und Nahrung zu uberleben.
[5]
Zwischen 1990 und 2000 hat der Waldbestand um 2,7 Prozent abgenommen.
In Mauretanien gibt es zwei
Nationalparks
:
Mauretanien hatte 2020 4,6 Millionen Einwohner.
[7]
Das Bevolkerungswachstum betrug 2020 2,7 Prozent.
[8]
Die Einwohnerzahlen schwanken stark zwischen den Angaben des nationalen Statistikamtes und den Angaben der UN (der Unterschied betrug 2020 mehr als eine halbe Million). Knapp 40 Prozent der Bevolkerung waren nach Schatzungen fur 2020 junger als 15 Jahre, das Medianalter der Bevolkerung lag bei geschatzten 20 Jahren.
[9]
Ausgehend von einem hohen Niveau von fast 7 Kindern pro Frau sinkt die Fertilitatsrate seit den 1960er Jahren kontinuierlich, liegt aber immer noch bei 4,5 Kindern pro Frau.
[10]
Entwicklung der Bevolkerung laut UN
[11]
Jahr
|
Einwohnerzahl
|
Jahr
|
Einwohnerzahl
|
1950
|
0.
660.000
|
1990
|
2.030.000
|
1960
|
0.
858.000
|
2000
|
2.709.000
|
1970
|
1.149.000
|
2010
|
3.610.000
|
1980
|
1.534.000
|
2020
|
4.650.000
|
Der fruher hohe Anteil an
Nomaden
ist stark zuruckgegangen. 1957 lebten noch 90 % der Bevolkerung als Nomaden in Zelten, großere Stadte gab es nicht.
[12]
Dagegen wohnten 2020 bereits 55 % der Bevolkerung in den Stadten. Vier Funftel der Einwohner leben auf 15 % der Landesflache, vorwiegend im Suden.
Mehr als andere Stadte reflektiert
Nouakchott
die durch schnelle und nicht kontrollierte
Urbanisierung
verursachten Probleme. Anfangs als kleine zentrale Verwaltungsstelle mit etwa 30.000 Einwohnern im Jahre 1959 errichtet, erreichte sie schon im Jahre 1970 mehr als 40.000 Einwohner und wuchs in den 1970er Jahren um 15 bis 20 % pro Jahr. Dieses schnelle Wachstum halt auch am Anfang des 21. Jahrhunderts an: 2013 hatte die Stadt knapp eine Million Einwohner. Der daraus resultierende Mangel an Wasser und an Wohnraum ist ein großes Problem. Die meisten der Neuankommlinge landen in sogenannten Kebbas (Vorstadtvierteln), die im naheren Umfeld der Hauptstadt entstanden sind. Im Jahre 1983 schatzte ein franzosischer Forscher, dass mehr als 40 % der Bevolkerung von Nouakchott in den Kebbas lebte und der Anteil noch weiter steigen werde. Die Regierung Mauretaniens versuchte, dieses Problem zu losen, indem sie all denen Boden und Saatgut sowie Transportmoglichkeiten anbot, die zur Ruckkehr in die landlichen Regionen bereit waren. Die Realisierung des ambitionierten Programmes erwies sich aber in Anbetracht dauerhafter
Durre
als schwierig.
Es ist eine wesentliche Anzahl an Auslandern ? mehr als 15 % der Arbeitskrafte in den modernen Wirtschaftsbereichen ? notwendig, um die Nachfrage an qualifizierten Arbeitskraften zu decken. Gleichzeitig verließen mehr als 600.000 Mauretanier ihr Land auf der Suche nach Beschaftigung in
Westafrika
, im
Mittleren Osten
und in
Westeuropa
.
In Mauretanien treffen arabische, berberische und
schwarzafrikanische
Volkergruppen zusammen, die sich stark miteinander vermischt haben, so dass Prozentangaben zu einzelnen Ethnien kaum moglich sind. Etwa 70 % der Bevolkerung sprechen
Hassania
. Sie gehoren zu den arabisch-berberischen
Mauren
. Etwa die Halfte dieser Hassania-Sprecher wird als
Bidhan
oder
Weiße Mauren
bezeichnet und gehort zu den beiden oberen Schichten der traditionell stark hierarchisch gegliederten mauretanischen Gesellschaft, den
Hassani
(Kriegern) und
Marabout
(Islamgelehrten). Die andere Halfte heißt
Haratin
. Diese durchschnittlich etwas dunkelhautigeren Menschen haben Vorfahren, die ehemals Sklaven waren. Die ubrigen 30 % der Gesamtbevolkerung teilen sich mehrere schwarzafrikanische Volker (zusammen
Soudans
), die uberwiegend entlang des Senegalflusses im Suden leben.
[13]
Eine ahnliche Einteilung schatzt fur 2010 grob 30 % (weiße) Mauren, 40 % dunkelhautige Mauren und 30 % Schwarze.
[14]
Zu den schwarzafrikanischen Volkern gehoren die uberwiegend Ackerbau treibenden
Tukulor
und die
Fulbe
, traditionell Rinderhirten. Beide werden wegen ihrer gemeinsamen Sprache
Pulaar
als
Halpulaaren
zusammengefasst. Kleinere Volksgruppen sind die
Sarakole
,
Wolof
und
Bambara
. Etwa 5000
Europaer
(meist Franzosen) leben im Land.
Der Kompromiss zwischen den verschiedenen Kulturen Mauretaniens ist wichtig fur den Zusammenhalt der Nation. Traditionell wird das Land ? auch geographisch ? gemaß diesen Volksgruppen in das sogenannte
Ard al-B?d?n
, was ?Land der Weißen“ bedeutet, und
Ard as-S?d?n
, ?Land der Schwarzen“, unterteilt. Diese oft benutzten Begriffe werden jedoch nicht
pejorativ
gedacht. Die Einteilung ist mehr wirtschaftlich-traditionellen als ethnischen Ursprungs. In der Tat gehoren viele Schwarzafrikaner der nomadischen Welt an, die Benennung ?Mauren“ beziehungsweise ?B?d?n“ gilt all jenen nomadischen Gruppen, die kulturell arabisiert wurden ? ungeachtet ihres ethnischen Ursprungs, also inklusive der ?
Mauren
“ mit schwarzafrikanischem Hintergrund. Die Kategorie ?Schwarzafrikaner“
(negro africains)
fasst samtliche nicht-arabischsprachigen Mauretanier zusammen. Eine von schwarzen Nationalisten propagierte, noch weiter ausgedehnte Zuordnung schließt als ?Schwarzmauretanier“
(negro-mauritaniens)
auch die Arabisch sprechenden Haratins mit ein, mit der Absicht, eine großere Front gegen die ?weißen“ Mauretanier bilden zu konnen.
[15]
Heute gilt der
Islam
als Bindung zwischen den verschiedenen Ethnien und ist die einzige vom Volk anerkannte Legitimierung eines jeden Gesetzes.
Im Jahre 2017 waren 3,8 % der Bevolkerung im Ausland geboren. Die meisten Auslander kommen aus Mali, dem Senegal und Frankreich.
[16]
[17]
Alleinige Amtssprache ist heute das
Arabische
; das wahrend der Kolonialzeit offiziell gesprochene
Franzosisch
hat sich als Arbeits-, Handels- und Bildungssprache erhalten. Franzosisch ist neben Arabisch Unterrichtssprache.
Gesprochen wird uberwiegend
Hassania
, die maurische Varietat des Arabischen. Die
westatlantischen
Sprachen
Pulaar
und
Wolof
sowie die
Mande
-Sprache
Soninke
sind ebenfalls anerkannte Nationalsprachen. Außerdem werden noch die
Berbersprachen
Imeraguen
und
Zenaga
gesprochen, die aber fast ausgestorben sind.
[18]
Inzwischen sind annahernd 100 % der Bevolkerung
sunnitische
Muslime
, die der
malikitischen
Rechtsschule angehoren. Die winzige Minderheit der
mauretanischen Christen
, vorwiegend Katholiken, spielt im offentlichen Leben keine Rolle. Anhanger der judischen Religion existieren kaum.
Obgleich allgemeine Schulpflicht fur 6- bis 11-Jahrige besteht, werden nur rund 75 % der Kinder eingeschult. Etwa 46,5 % der Bevolkerung sind trotz steigenden Grundschulbesuchs
Analphabeten
(2017). Die durchschnittliche Schulbesuchsdauer der uber 25-Jahrigen betrug 2020 nur 4,7 Jahre, die erwartete Schulbesuchsdauer der nachwachsenden Generation liegt bei 8,6 Jahren.
[19]
Das Land gab 2013 nur 2,9 % der ohnehin kleinen Wirtschaftsleistung fur Bildung aus.
[20]
Fruher war das Schulsystem in einen (dominierenden) arabischsprachigen und einen (kleineren) franzosischsprachigen Zweig aufgeteilt. Seit 1999 findet der gesamte Unterricht im ersten Grundschuljahr auf
Arabisch
statt, aber Franzosischunterricht wurde fur alle Schuler und Studenten verbindlich. Naturwissenschaftliche Facher werden an den Universitaten grundsatzlich auf Franzosisch unterrichtet.
Das Land besitzt seit 1983 die
Universitat Nouakchott
, die
Ecole Normale Superieure de Nouakchott
[21]
und die
Chinguetti Modern University
.
Die
Lebenserwartung
bei der Geburt betragt etwa 65 Jahre (2020).
[22]
2018 betrugen die Gesundheitsausgaben 54 US-Dollar pro Kopf (Kaufkraftparitat).
[23]
Offentliche Gesundheitsausgaben betrugen 2018 4,6 % des BIP.
[24]
Die
Sauglingssterblichkeit
betrug 5,2 % der Lebendgeburten, die
Kindersterblichkeit
7,6 %.
[25]
Im fruhen 21. Jahrhundert gab es 11 Arzte auf 100.000 Einwohner.
[23]
Das großte und modernste Krankenhaus ist das 2001 fertiggestellte
Centre Hospitalier National de Nouakchott
(Nationalkrankenhaus) in der Landeshauptstadt. Wegen seiner okologisch angepassten Bauweise erhielt 1995 das Regionalkrankenhaus in
Kaedi
(
Hopital de Kaedi
)
einen Architekturpreis.
Verschiedene ethnische Gruppen Mauretaniens praktizieren in unterschiedlichem Ausmaß die
weibliche Genitalverstummelung
. Aus den Ergebnissen der mauretanischen Bevolkerungs- und Gesundheitsstudie (EDSM ? Enquete Demographique et de la Sante) von 2000/01 schließt die
GTZ
, dass 71 % der Frauen und Madchen davon betroffen sind. Ein Gesetz von Dezember 2005 stellt nunmehr ?einen Eingriff an den Geschlechtsorganen eines Kindes weiblichen Geschlechts“ unter Strafe, ?wenn diesem daraus ein Schaden entstanden ist“. Die
Association des Imams et des Oulemas
verhangte 2006 eine
Fatwa
gegen weibliche Genitalverstummelung.
[26]
AIDS
ist im Gegensatz zu den meisten anderen Landern Afrikas kein großes Problem in Mauretanien. 2020 waren weniger als 0,3 % der Bevolkerung betroffen.
[22]
Aufgrund der unsicheren Ernahrungssituation im Land waren 2012 knapp 20 % der Kinder unter funf Jahren untergewichtig.
[20]
Entwicklung der Lebenserwartung in Mauretanien
[25]
Zeitraum
|
Lebenserwartung
|
Zeitraum
|
Lebenserwartung
|
1950?1955
|
39,6
|
1985?1990
|
58,9
|
1955?1960
|
|
1990?1995
|
|
1960?1965
|
|
1995?2000
|
60,6
|
1965?1970
|
49,4
|
2000?2005
|
60,9
|
1970?1975
|
|
2005?2010
|
61,9
|
1975?1980
|
|
2010?2015
|
63,2
|
1980?1985
|
|
2015?2020
|
64,6
|
Fruheste Nachweise einer Besiedlung durch nomadische
Berber
und schwarzafrikanische Volker finden sich schon um 10.000 v. Chr. Der Landesname ist vom saharischen Stamm der
Mauren
abgeleitet. Daher ruhren auch die Namen der
Romischen Provinzen
an der afrikanischen Mittelmeerkuste,
Mauretania Tingitana
und
Mauretania Caesariensis
, die mit dem heutigen Land Mauretanien geografisch nichts zu tun haben.
Als im 7. Jahrhundert arabische Krieger den
Islam
in den
Maghreb
trugen, anderte sich am Leben der Volkergemeinschaft sudlich der
Sahara
noch nichts. Der Islam verbreitete sich entlang der Handels- und Karawanenrouten durch die Sahara, blieb aber uber Jahrhunderte hin eine Religion der ?fremden Handler“, bis sich auch die Oberschicht in den afrikanischen Stadtgemeinschaften fur diese Religion interessierte und sich zum Islam bekehrte. Auch als die großen Reiche
Westafrikas
im 11. Jahrhundert zum Islam konvertierten und vom
Tschadsee
(Kanem-Bornu) und dem Niger (
Gana
,
Songhai
,
Mali
) aus der Islam weiter in das Gebiet eindrang, blieb das von den
traditionellen Religionen
animistisch
gepragte Leben der Landbevolkerung erhalten.
Muslime
hatten ? wie etwa aus dem
Niger-Bogen
berichtet wird ? ihre eigene Stadt abseits der Konigsstadt, sie fuhrten ein eigenstandiges Leben innerhalb der Konigreiche, und wenn sich der Herrscher mit seiner Familie zum Islam bekehrte, dann war damit nicht auch gleichzeitig die Islamisierung des gesamten Staates verbunden.
Chinguetti
galt als siebtheiligste Statte des Islams und war lange Zeit das religiose Zentrum eines großen Gebietes und ein Treffpunkt der
Pilger
auf ihrem Weg nach
Mekka
.
Zu Beginn des 11. Jahrhunderts grundeten islamisierte
Mauren
das
Almoraviden
-Reich, das sich in seiner Glanzzeit im 11. und 12. Jahrhundert auch das
Reich von Gana
einverleibte und bis zum
Ebro
in
Spanien
reichte. Dieses Reich brach 1147 zusammen; der Norden Mauretaniens blieb lose mit
Marokko
verbunden, der Suden mit Mali. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts begannen dann die nomadischen
Kunta
-
Araber
, erneut die Lehre des Islam zu predigen. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts begann die
Qadiriyya
-Bruderschaft, zu der auch die Kunta-Araber gehorten, den Islam im gesamten westlichen
Sudan
weiter zu verbreiten. Erst in dieser Zeit wandelte sich der
Islam
von der bloßen ?Herrschaftsreligion“ zur Religion des Einzelnen, aber nichtislamische Herrscherhauser regierten in alten Moslemhochburgen bis ins 18. Jahrhundert hinein. Dann begann eine Reform des Islam bei den
Fulbe
und anderen Stammen, die zugleich mit einer Ideologisierung und Radikalisierung einherging.
Da die Kuste des Landes schlecht zuganglich war und die Kolonialmachte uber Jahrhunderte keine Kunde von den vorhandenen Bodenschatzen hatten, zeigten sie bis Ende des 19. Jahrhunderts kaum Interesse an Mauretanien (vgl.
Arguin
). An der Wende zum 20. Jahrhundert begannen die
Franzosen
von Suden her mit der Unterwerfung des Landes, das fur sie vor allem strategische Bedeutung als Bindeglied zwischen west- und nordafrikanischen Besitzungen hatte. 1904 wurde das Gebiet franzosisches Territorium im Rahmen
Franzosisch-Westafrikas
(AOF), 1920 franzosische Kolonie, doch gelang es den Franzosen erst 1934, letzte Aufstande im Norden zu unterdrucken. Nach dem
Zweiten Weltkrieg
wurde Mauretanien im Rahmen der franzosischen Entkolonialisierungspolitik Uberseeprovinz und damit Mitglied der
Union francaise
.
Entsprechend der
Loi Lamine Gueye
von 1946 hatten alle Burger bei Wahlen zum franzosischen Parlament und auch bei lokalen Wahlen ein Wahlrecht. Das passive Wahlrecht wurde in dem Gesetz nicht ausdrucklich erwahnt, war aber auch nicht ausgeschlossen. Bei den Wahlen zum Pariser Parlament gab es in
Franzosisch-Westafrika
, wozu Mauretanien gehorte, kein Zweiklassenwahlrecht wie in anderen franzosischen Kolonien, fur alle ortlichen Wahlen jedoch schon.
[27]
Bis 1955 gab es im Osten des Landes noch Gebiete, die den Europaern unbekannt waren: In diesem Jahr durchquerte der Franzose
Theodore Monod
als erster Europaer die Landschaft El Djouf. Am 23. Juni 1956, noch unter franzosischer Verwaltung, wurde die
loi-cadre Defferre
eingefuhrt, die das allgemeine Wahlrecht bestatigte. Die ersten Wahlen fanden 1957 statt. 1959 wurde
Mokhtar Ould Daddah
Regierungschef.
Trotz
marokkanischer Anspruche auf Mauretanien
erhielt das Land am 28. November (Nationalfeiertag) 1960 seine Unabhangigkeit. Am 20. Mai 1961 wurde das aktive und passive
Frauenwahlrecht
in den nun unabhangigen Staat ubernommen.
[28]
Ould Daddah, der sich auch ?Vater des Vaterlandes“ nennen ließ, war von 1961 an daruber hinaus Staatsprasident sowie von 1964 an Generalsekretar der aus mehreren Parteien gebildeten Einheitspartei Parti du Peuple Mauretanien (PPM). Die seit etwa 1970 bestehenden Streitigkeiten der angrenzenden Lander um den Besitz der einstigen spanischen Uberseeprovinz
Spanisch-Sahara
(
Westsahara
) endeten im Jahre 1976 nach dem Ruckzug
Spaniens
aus dem Territorium mit der Annexion durch
Marokko
und Mauretanien. Die saharanische Guerillabewegung
Polisario
fuhrt seither einen Kampf um die Herstellung eines eigenen Staates. Fur Mauretanien hatte dieser Konflikt katastrophale wirtschaftliche Folgen, die schließlich 1978 zum Sturz Ould Daddahs und zum Verbot der PPM fuhrten. Im August 1979 gab Mauretanien alle Anspruche auf das Westsahara-Territorium auf. In den darauffolgenden Jahren erlebte Mauretanien mehrere Umsturze und Regierungsumbildungen. Es regierten nacheinander die Obristen
Mustafa Ould Salek
(1978?1979),
Mohamed Mahmoud Ould Louly
(1979?1980) und
Mohamed Khouna Ould Haidalla
(1980?1984). Am 12. Dezember 1984 gelangte Oberst
Maaouya Ould Sid’Ahmed Taya
an die Macht. Anfang 1991 kundigte er eine demokratische Umgestaltung des Landes an. Gemaß einer im Juli 1991 verabschiedeten Verfassung fanden 1992 freie Parlaments- und Prasidentschaftswahlen statt, die allerdings von der Opposition angefochten wurden.
Aufgrund der dauerhaften Stagnation und der unterbliebenen Reformen kam es immer wieder zu Putschversuchen gegen Taya, die schließlich am 3. August 2005 Erfolg hatten. An diesem Tag besetzte eine Gruppe von Offizieren, die sich
Militarrat fur Gerechtigkeit und Demokratie
(
Conseil Militaire pour la Justice et la Democratie
CMJD) nennt, das Armee-Hauptquartier, den Sitz des staatlichen Horfunks und des Fernsehens sowie die Ministerien und den Prasidentenpalast in
Nouakchott
und erklarte Prasident Taya fur abgesetzt. Die Putschisten hatten einen Auslandsaufenthalt Tayas anlasslich des Begrabnisses von
Konig Fahd
in
Saudi-Arabien
genutzt und die Verfassung außer Kraft gesetzt. Taya kehrte nicht nach Mauretanien zuruck, sondern fand nach Zwischenaufenthalten in
Niger
und
Gambia
Aufnahme in
Katar
. Die Putschisten bestimmten den langjahrigen bisherigen Polizei- und Geheimdienstchef, Oberst
Ely Ould Mohammed Vall
, zum neuen Fuhrer des Landes. Die neue Militarregierung kundigte an, innerhalb von zwei Jahren demokratische Verhaltnisse in Mauretanien einzufuhren. Oberst Vall wurde zum Vorsitzenden des 17-kopfigen Militarrates und damit zum Staats- und Regierungschef ernannt.
[29]
Am 5. August wurde Mauretanien ?bis zur Wiederherstellung der verfassungsmaßigen Ordnung“ vorubergehend aus der
Afrikanischen Union
(AU) ausgeschlossen.
Bei einem Verfassungsreferendum im Juni 2006 war von der Bevolkerung eine neue demokratischere Verfassung gebilligt worden. Die erste Runde der Parlamentswahlen fand am 19. November bei einer Wahlbeteiligung von 69,5 %, die zweite Runde am 3. Dezember 2006 statt. Die Mitglieder der Militarregierung hatten im Vorfeld der Wahlen versprochen, selbst nicht fur offentliche Amter zu kandidieren. Fast die Halfte der Sitze wurde von unabhangigen Kandidaten gewonnen, darunter viele Mitglieder der fruheren Regierungspartei, die nicht mit dem gesturzten Regime in Verbindung gebracht werden wollten, sowie Islamisten, deren Parteien verboten worden waren. Opposition und zivilgesellschaftliche Gruppen hatten der Militarregierung im Vorfeld der Wahlen vorgeworfen, die etablierten Parteien zu schwachen und unabhangige Kandidaturen zu fordern, um auf diese Weise einen großeren Einfluss auf den politischen Prozess zu bewahren. Wahlbeobachter bezeichneten die Wahlen als frei und fair.
[30]
Am 21. Januar und am 4. Februar 2007 wurde der Senat in indirekten Wahlen durch 3688 Lokalrate bestimmt.
Bei den Prasidentschaftswahlen am 11. Marz konnte keiner der 20 Kandidaten die notwendige absolute Mehrheit erreichen. Der als Kandidat der Militarregierung geltende fruhere Finanzminister
Sidi Mohamed Ould Cheikh Abdallahi
, der 15 Jahre im Ausland gelebt hatte, erreichte bei einer Wahlbeteiligung von 70,2 % mit 24,8 % der Stimmen das beste Ergebnis, knapp vor dem Kandidaten der oppositionellen CFCD,
Ahmed Ould Daddah
, mit 20,7 %. Daddah ist ein Halbbruder des ersten Prasidenten Mauretaniens nach der Unabhangigkeit,
Mokhtar Ould Daddah
. Seit 2000 hatte sich Daddah zum wichtigsten Gegner des gesturzten Prasidenten Taya entwickelt und war mehrfach inhaftiert worden. Drittstarkster Kandidat wurde der fruhere Zentralbankchef
Zeine Ould Zeidane
. Wahrend die beiden Kandidaten der schwarzafrikanischen Minderheit mit acht bis knapp zehn Prozent erstaunlich gut abschnitten, blieben die beiden Kandidaten des islamistischen Lagers mit knapp zwei bis knapp acht Prozent deutlich hinter den Erwartungen zuruck. Die Stichwahl am 25. Marz endete bei einer Wahlbeteiligung von 67,4 % mit dem Sieg Abdallahis, der auf 52,9 % der Stimmen kam, nachdem Zeidane und weitere Kandidaten ihren Anhangern seine Wahl empfohlen hatten. Daddah erkannte seine Niederlage an. Am 19. April berief Abdallahi Zeidane zum neuen Ministerprasidenten.
Nach den Parlamentswahlen 2006 errang die Coalition des Forces du Changement Democratique (CFCD) insgesamt 41 Sitze, die fruhere Regierungspartei Parti Republicain, Democrate et Social (PRDS) nur sieben und sonstige Parteien sowie unabhangige Kandidaten insgesamt 47 Sitze. Im Senat stellen die Unabhangigen 38 und die CFCD 15 Sitze.
Am 6. August 2008 kam es erneut zu einem Militarputsch gegen den Prasidenten und den Regierungschef des Landes. Militars hatten beide Politiker in der Hauptstadt Nouakchott in ihre Gewalt gebracht. Zuerst informierte das franzosische Außenamt, dass eine Gruppe mauretanischer Generale den Regierungschef, Yahya Ould Ahmed El Waghef, festgesetzt habe. Augenzeugen berichteten gegenuber auslandischen Pressevertretern von Truppenbewegungen in Nouakchott. Demnach stellten die Radio- und Fernsehsender ihre Sendungen ein. Die Militar-
Junta
wurde gefuhrt von vier hochrangigen Offizieren, die kurz zuvor entlassen worden waren, weil sie sich gegen eine zunehmende Hinwendung zu
islamistischen
Kraften wendeten. Der selbsternannte ?Staatsrat“ aus elf Angehorigen der Armee wurde vom ehemaligen Kommandeur der Prasidentengarde, General
Mohamed Ould Abdel Aziz
, angefuhrt.
[31]
Zuvor hatten 69 der 95 Abgeordneten im Parlament den Rucktritt des Prasidenten Abdallahi gefordert.
Am 18. Juli 2009 fanden das erste Mal seit dem Staatsstreich wieder Prasidentschaftswahlen statt. Es gab neun Kandidaten, darunter auch der fruhere Junta-Chef Aziz. Die Wahl wurde von 250 internationalen Beobachtern uberwacht.
[32]
Am 20. Juli verkundete das Innenministerium, Abdel Aziz habe 52,6 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnen. Dieser wurde damit Wahlsieger. Die vier aussichtsreichsten Konkurrenten warfen Aziz Wahlbetrug vor.
[33]
Bei der zweiten Prasidentschaftswahl nach dem Staatsstreich, die im Juni 2014 stattfand, kam nach dem amtlichen Auszahlungsergebnis Mohammed Ould Abdel Aziz auf mehr als 80 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag diesmal bei mehr als 56 Prozent. Aziz hatte vier Gegenkandidaten, wobei die großeren Oppositionsparteien zum Boykott der Wahl aufgerufen hatten.
[34]
Gemaß der Verfassung von 2006 ist Mauretanien eine
Islamische
Prasidialrepublik
. Das Staatsoberhaupt wird alle funf Jahre direkt vom Volk fur maximal zwei Amtszeiten gewahlt. Es ernennt und entlasst die Regierung.
Bei den
Prasidentschaftswahlen am 22. Juni 2019
wurde
Mohamed Ould Ghazouani
mit 52 % im ersten Wahlgang zum Nachfolger von
Mohamed Ould Abdel Aziz
gewahlt, dessen zweite Amtszeit endete. Beide sind Mitglied der Union fur die Republik (
Union pour la republique, UPR
) und gelten als enge politische Vertraute. Wahlbeobachter stellten zwar Unregelmaßigkeiten fest, bewerteten die Wahl dennoch als friedlich und insgesamt zufriedenstellend.
[35]
Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes gelang ein gewaltloser Ubergang. Seit der Wahl distanziert sich der neue Prasident immer weiter von seinem Vorganger und isoliert ihn von politischem Einfluss. Gleichzeitig pflegt Ghazouani einen inklusiveren Politikstil, indem er sich haufiger mit Vertretern der Zivilgesellschaft und der Opposition abspricht.
[36]
Im August 2019 ernannte er
Ismail Ould Bedda Ould Cheikh Sidiya
(UPR) zum Premierminister, dessen Regierung nach nur einem Jahr zurucktrat. Nachfolger wurde
Mohamed Ould Bilal
.
Das Parlament besteht aus der
Nationalversammlung
, deren 157 Mitglieder alle funf Jahre in einer Mischung aus Mehrheits- und Verhaltniswahl gewahlt werden. Vier Abgeordnete werden von Mauretaniern im Ausland gewahlt. Manner und Frauen besitzen ab 18 Jahren das Wahlrecht. An der letzten Wahl im September 2018 nahmen fast 100 Parteien teil, einschließlich oppositioneller Parteien, die vorherige Wahlen boykottierten. Die regierende UPR erzielte eine Mehrheit von 89 Sitzen. Großte Oppositionspartei ist die islamistische Partei
Tawassoul.
Wahlbeobachter der Afrikanischen Union kritisierten zwar Ungereimtheiten, die aber die Gultigkeit der Wahl nicht in Frage stellten.
[37]
Bis 2017 existierte noch ein
Zweikammerparlament
. Der Senat wurde aber im Zuge eines
Verfassungsreferendums
abgeschafft. Dessen 56 Mitglieder (drei Vertreter der Auslandsmauretanier) wurden alle sechs Jahre indirekt gewahlt.
Der
Islam
ist
Staatsreligion
. Es gilt islamisches Recht (
Schari’a
). Ein
Muslim
, der zu einer anderen Religion ubertritt, wird nach Artikel 306 des Strafrechts wegen Glaubensabfall (
Ridda
) mit der
Todesstrafe
bedroht, die bislang aber nicht verhangt wurde.
Die Menschenrechtsorganisation
Amnesty International
wies in ihrem Jahresbericht 2010 besonders auf unverhaltnismaßige Gewalt und systematische Folter gegen Demonstranten, Haftlinge und die Zivilbevolkerung hin. Bei Amnesty International gingen auch 2009 Berichte uber harte und willkurlich verhangte Strafmaßnahmen ein. Die Gefangnisse sind uberfullt.
Eine UN-Sonderberichterstatterin, die sich mit modernen Formen der Sklaverei einschließlich ihrer Ursachen und Folgen beschaftigt, besuchte Mauretanien im Oktober und November 2009. Sie lobte die Bemuhungen der Regierung und der Zivilgesellschaft, die Sklaverei abzuschaffen. Gleichzeitig unterstrich sie aber, dass ein Ansatz zur Bekampfung samtlicher Formen der Diskriminierung und der Armut gefunden werden musse, der auf mehr Ganzheitlichkeit, Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit beruhe. Dieser Ansatz musse zudem die gesamte Gesellschaft umfassen. Die Sklaverei ist seit 1980 offiziell abgeschafft, wird aber nach wie vor im ganzen Land praktiziert. Nach Schatzungen der Anti-Sklaverei-Organisation
SOS Esclaves
gab es 2010 in Mauretanien 600.000 Sklaven.
[43]
[44]
Der Anteil von Sklaven an der Gesamtbevolkerung ist der hochste der Welt. Die Sklaverei in Mauretanien besteht trotz ihrer mehrmaligen offiziellen Abschaffung ? zuletzt 2007 ? weiter fort und betrifft die Nachfahren von vor Generationen versklavten und bis heute nicht freigelassenen Menschen, davon uberwiegend
Schwarze
. Darunter sind auch viele Kinder. Der Anteil arbeitender Kinder unter den Zehn- bis Funfzehnjahrigen lag im Jahr 2019 bei geschatzten 20 %.
[45]
Ein UN-Sonderberichterstatter, der sich mit den modernen Formen des Rassismus beschaftigt, außerte sich besorgt uber die anhaltende Diskriminierung der schwarzen Bevolkerung Mauretaniens in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
[46]
Die Elite der weißen Mauren hatte lange die meiste politische Macht inne, wahrend Hunderttausende schwarze Mauren bis heute in Sklaverei leben und die
Soudans
unterdruckt wurden. Konflikte zwischen weißen Mauren und Soudans gipfelten 1989, als nach Ubergriffen zehntausende Soudans uber die Grenze nach Senegal flohen. 2007 unterzeichnete die neue Regierung Mauretaniens ein Abkommen mit Senegal, um die Ruckkehr dieser Fluchtlinge zu ermoglichen.
[47]
Mauretanien hat zwar im Jahr 2000 das
Abkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau
(CEDAW) unterzeichnet, aber trotzdem kommt es immer wieder zu gezielten Ubergriffen. So misshandelten am 19. April 2009 Sicherheitskrafte zahlreiche Frauen, unter ihnen ehemalige Ministerinnen, Abgeordnete und Menschenrechtsverteidigerinnen, mit Tritten und Schlagen. Dabei setzten sie Stocke und Gurtel ein. Die Frauen hatten sich vor der Vertretung der Vereinten Nationen in Nouakchott zu einem Sitzstreik versammelt. Die ehemalige Bildungsministerin Nebghouha Mint Mohamed Vall und ihre Tochter wurden von der Polizei geschlagen. Eine weitere Frau, die ebenfalls geschlagen wurde, verlor das Bewusstsein und musste in ein Krankenhaus eingeliefert werden.
[48]
Die Situation von Homo- und Bisexuellen und
Transgender
in Mauretanien ist bedrohlich; sie werden verfolgt, bedroht und mit dem Tode bestraft.
[49]
[50]
[51]
Die Mauretanischen Streitkrafte umfassen 15.870 Soldaten. Das
Militar
ist gegliedert in die
Teilstreitkrafte
Heer
,
Luftwaffe
und
Marine
.
[52]
Der
Verteidigungsetat
betrug im Jahr 2020 geschatzte 200 Millionen US-Dollar, was 2,5 % des Bruttoinlandsprodukt entspricht.
[53]
[54]
Mauretanien ist Mitglied der
Vereinten Nationen
, der Afrikanischen Union (
AU
), der
Organisation der Islamischen Konferenz
(OIC), der
Union des Arabischen Maghreb
(UAM) und der
Arabischen Liga
. Es war einer der wenigen Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga, die diplomatische Beziehungen zum Staat
Israel
unterhielten. Israel hatte in der Hauptstadt Mauretaniens eine
Botschaft
, bis diese nach vorangegangenen Protesten gegen den
Gazakrieg 2009
auf Druck der
Arabischen Liga
geschlossen und bisher nicht wieder eroffnet wurde.
[55]
Mauretanien gliedert sich in 15 Regionen, drei davon bilden die Hauptstadt Nouakchott. Die folgende Liste gibt neben den Namen der Regionen die zugehorigen Hauptstadte in Klammern an.
Die Regionen untergliedern sich weiter in Departements.
Mauretanien ist eines der armsten Lander der Welt und leidet unter Landflucht, unzureichender Infrastruktur in den Stadten, schlechten Verkehrsverhaltnissen und einer unsicheren politischen Lage, die Investitionen aus dem Ausland entgegensteht. Die grundlegenden Wirtschaftszweige Mauretaniens sind die
Landwirtschaft
, der
Fischereisektor
und der Erzbergbau.
[56]
An erster Stelle bei den Bodenschatzen steht der Abbau von Eisenerz im Raum
F’derik
/
Zouerat
, in kleinerem Rahmen findet bei
Akjoujt
der Abbau von Kupfer und Gold statt. Seit 2006 wird vor der Kuste im Atlantik Erdol aus dem
Chinguetti-Olfeld
gefordert. Mit herkommlichen Methoden werden im
Senegaltal
vorwiegend fur die Selbstversorgung
Hirse
,
Hulsenfruchte
,
Reis
und
Mais
angebaut; die Anbauflache beschrankt sich auf nur 0,2 % der Staatsflache. Mit Hilfe neuer
Staudammprojekte
am Senegalfluss sollen neue Bewasserungsgebiete erschlossen werden. Viehwirtschaft mit
Schafen
,
Ziegen
,
Rindern
und
Kamelen
war bis 1960 der Hauptwirtschaftszweig und wird von
Nomaden
und im Suden von halbnomadischen Ackerbauern betrieben.
Die Kustengewasser Mauretaniens sind sehr fischreich, ihre Regenerationsfahigkeit ist jedoch durch ubermaßige Fange gefahrdet. Ab 1975 begann der staatlich gelenkte Aufbau einer eigenen Fischereiwirtschaft, mit der ein Weg aus der wirtschaftlichen Krise durch Durrejahre und Westsaharakonflikt gefunden werden sollte. Die Fischereizone wurde auf 200
Meilen
ausgedehnt. Durch
Joint Ventures
mit auslandischen Fischereiunternehmen, die der mauretanische Staat ab 1979 einging, ubertrafen die Erlose aus der Fischereiwirtschaft in den 1980er und 1990er Jahren die Einnahmen aus dem Eisenerzexport.
[57]
Eine eigene Flotte erwies sich dabei als weniger rentabel als die Konzessionsvergabe an europaische, russische und chinesische Fischereiunternehmen.
Die
Landwirtschaft
trug 2017 22,5 %, die
Industrie
37,8 % und der
Dienstleistungssektor
39,7 % zum
Bruttoinlandsprodukt
(BIP) bei, das in diesem Jahr um 3,8 % gewachsen war. Beschaftigt waren 2014 in der Landwirtschaft allerdings 50 % der Erwerbstatigen und nur 1,9 % in der Industrie. Importiert wurden 2017 Waren im Wert von 2.190 Mio. US-$, und zwar vor allem
Erdol
produkte und industrielle Erzeugnisse, Exportprodukte waren
Eisenerz
, Fisch und Fischprodukte, Gold und Kupfer. 21 % der Importe bezog Mauretanien aus
Belgien
, 11,5 % aus der
VAE
, 9,2 % aus den
USA
und 7,5 % aus
China
. Die Exporte umfassten 1.606 Mio. US-$ und gingen zu 31,2 % nach China, 14,4 % in die
Schweiz
, 10,1 % nach Spanien und 8,2 % nach Deutschland. Die
Inflationsrate
betrug 2017 2,1 %, die Arbeitslosenquote lag 2016 bei 11,7 %. Die Unterbeschaftigungsrate ist sehr hoch.
[58]
Im
Global Competitiveness Index
, der die Wettbewerbsfahigkeit eines Landes misst, belegte Mauretanien Platz 137 von 138 Landern (Stand 2016?17).
[59]
Im
Index fur wirtschaftliche Freiheit
belegte das Land 2017 Platz 131 von 180 Landern.
[60]
Alle BIP-Werte sind in US-Dollar (
Kaufkraftparitat
) angegeben.
[61]
Jahr
|
1990
|
1995
|
2000
|
2005
|
2006
|
2007
|
2008
|
2009
|
2010
|
2011
|
2012
|
2013
|
2014
|
2015
|
2016
|
2017
|
BIP
(Kaufkraftparitat)
|
3,75 Mrd.
|
4,86 Mrd.
|
5,91 Mrd.
|
8,32 Mrd.
|
10,20 Mrd.
|
10,76 Mrd.
|
11,09 Mrd.
|
11,06 Mrd.
|
11,73 Mrd.
|
12,53 Mrd.
|
13,51 Mrd.
|
14,56 Mrd.
|
15,64 Mrd.
|
15,95 Mrd.
|
16,42 Mrd.
|
17,25 Mrd.
|
BIP
pro Kopf
(Kaufkraftparitat)
|
1.880
|
2.118
|
2.235
|
2.731
|
3.453
|
3.545
|
3.556
|
3.454
|
3.571
|
3.720
|
3.911
|
4.116
|
4.321
|
4.304
|
4.328
|
4.444
|
BIP
Wachstum
(real)
|
…
|
9,8 %
|
?0,4 %
|
9,0 %
|
18,9 %
|
2,8 %
|
1,1 %
|
?1,0 %
|
4,8 %
|
4,7 %
|
5,8 %
|
6,1 %
|
5,6 %
|
0,8 %
|
1,6 %
|
3,2 %
|
Inflation
(in Prozent)
|
…
|
6,5 %
|
3,3 %
|
12,1 %
|
6,2 %
|
7,2 %
|
7,5 %
|
2,2 %
|
6,3 %
|
5,7 %
|
4,9 %
|
4,1 %
|
3,8 %
|
0,5 %
|
1,5 %
|
2,3 %
|
Staatsverschuldung
(in Prozent des BIP)
|
…
|
…
|
234 %
|
155 %
|
83 %
|
73 %
|
78 %
|
90 %
|
81 %
|
72 %
|
74 %
|
71 %
|
80 %
|
98 %
|
99 %
|
91 %
|
Das gesamte Straßennetz umfasste 2010 etwa 10.628 km, von denen 3.158 km asphaltiert sind.
[14]
Die einzige
Eisenbahnlinie
fuhrt von einem
Bergwerk
bei
F’derik
im Norden des Landes quer durch die
Sahara
zur Hafenstadt
Nouadhibou
. Die hier verkehrenden
Zuge
zahlen zu den langsten und schwersten der Welt. Uber 200
Waggons
werden von bis zu vier
Lokomotiven
gezogen. Dabei haben sie bis zu 21.000
Tonnen
Eisenerz
geladen. Der großte Feind der
Bahnstrecke
ist der
Sand
. Alle hundert Kilometer ist ein Entsandungstrupp stationiert, dessen Aufgabe es ist, die vom Sand zugeschutteten
Gleise
wieder freizuschaufeln. Der Sand ist so aggressiv, dass die Gleise und auch die Verschleißteile des Zuges nur ein Sechstel der normalen Lebenszeit haben.
Der einzige regelmaßig aus dem Ausland angeflogene internationale Flughafen liegt in
Nouakchott
.
Nouadhibou
und die Oasenstadt
Atar
verfugen uber internationale Flughafen mit unregelmaßigen oder saisonalen Verbindungen ins Ausland.
Der
Staatshaushalt
umfasste 2016 Ausgaben von umgerechnet 1.430 Mio.
US-Dollar
, dem standen Einnahmen von umgerechnet 1.143 Mio. US-Dollar gegenuber. Das entspricht einem
Haushaltsdefizit
von 8,1 % des BIP.
[58]
Die Staatsverschuldung betrug 2016 99,6 % des BIP.
[62]
Die Kultur der Mauren ist von der ehemals dominierenden nomadischen Lebensweise gepragt. Die hoch entwickelte kunsthandwerkliche Tradition brachte Schmuckstucke und Haushaltsgegenstande (Holzschussel
gdah
) hervor, die fur das Leben im Zelt (
chaima
) und zum Transport mit Kamelen (Reitsattel
rahla
) bestimmt sind. Im Zelt wird das Gepack auf einem Gestell (
amchaqab
) aufbewahrt. Das Armlehnkissen
surmije
wurde vom Zelt in die Aufenthaltsraume der Wohnhauser ubernommen. Zentren des Kunsthandwerks sind
Boutilimit
(Silber- und Lederwaren) und
Mederdra
(Holzschnitzereien und Schmiedekunst) in der Verwaltungsregion
Trarza
.
Die anspruchsvolle Musik der Bidhan gehort historisch zur herrschenden Schicht der Hassani (Kriegerkaste) und ist von der
arabischen Musik
beeinflusst. Die komplexe Musiktheorie orientiert sich an den musikalischen Moglichkeiten der Binnenspießlaute
tidinit
, die nur von Mannern gespielt wird. Frauen spielen als einziges Melodieinstrument die Bogenharfe
ardin
. Das ubliche Rhythmusinstrument der Frauen ist die Kesseltrommel
t'bol
. Professionelle Musiker gehoren traditionell zur Musikerkaste Igg?wen (Sing.
igg?w
), die nach ihrer gesellschaftlichen Funktion als Geschichtenerzahler zu den westafrikanischen
Griot
gezahlt werden. In der heutigen stadtischen Musikszene ist die
tidinit
weitgehend durch die lauter klingende
E-Gitarre
ersetzt.
Die arabisch-westafrikanisch beeinflusste Volksmusik der Haratin und Handwerker (
ma?llem?n
) unterscheidet sich von der Musik der Bidhan. Ihre Musikinstrumente zur privaten Unterhaltung sind die einsaitige Kalebassenspießlaute
gambra
(vgl.
gimbri
) und die einsaitige Streichlaute
rb?b
(vgl.
rib?b
). Hinzu kommen verschiedene Floten und Perkussionsinstrumente, etwa die Kalebassenrassel
daghumma
. Die Musik der schwarzafrikanischen
Soudans
orientiert sich an den Musikstilen von Mali und Senegal.
Durch das trocken-heiße Wustenklima muss Gemuse meistens teuer nach Mauretanien importiert werden, deshalb steht es nur selten auf dem Speiseplan der mauretanischen Kuche. Auch Fische und Meeresfruchte kommen eher selten auf den Tisch, obwohl Mauretanien am Atlantik liegt. Beliebte Fleischsorten sind Rind, Lamm und Huhn, aber auch Tauben und Antilopen werden gerne gegessen.
In Mauretanien gilt
Couscous
als Nationalspeise. Weitere typische mauretanische Spezialitaten sind Maru we-llham (Reis mit Fleisch) und Al mechwi (Fleisch im erhitzten Sand gegart). Beliebte Getranke sind Tee, der meistens stark gesußt ist, sowie Milch,
Dickmilch
und
Zrig
, ein gekuhltes Getrank aus Joghurt oder Milch, Wasser und Zucker. Eine Kochkultur konnte sich in einem nomadischen Alltag, der von der Suche nach Weideland, Wasser und stets von Mangel gepragt war, nicht entwickeln. Die Ernahrungsgrundlage in der Wuste sind
Kamelmilch
oder Kuhmilch und
Datteln
. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts verbreitete sich die
Teekultur aus Marokko
uber das gesamte Land und gruner Tee mit Pfefferminze wurde zum Nationalgetrank.
Bis 2007 fuhrte die
Rallye Dakar
und seit 2009 fuhrt das
Africa Eco Race
durch Mauretanien.
Special Olympics Mauretanien
wurde 1997 gegrundet und nahm mehrmals an
Special Olympics Weltspielen
teil.
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und entferne dann diesen Hinweis.
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19.566666666667
-10.65
Koordinaten:
20°
N
,
11°
W
1
Liegt zum Teil auch in
Asien
.
2
Liegt großtenteils in Asien.