Eduard im Matrosenanzug, Gemalde von
Winterhalter
(1846)
Eduard im Jahr 1856
Prinz Albert Edward wurde am 9. November 1841 als altester Sohn der regierenden britischen
Konigin Victoria
und ihres
Prinzgemahls
Albert von Sachsen-Coburg und Gotha
im Londoner Buckingham Palace geboren. Als altester Sohn einer
britischen Monarchin
war er von Geburt an
Thronfolger
. Bereits vier Wochen nach seiner Geburt wurde ihm der Titel eines
Prince of Wales
verliehen, der seit dem 14. Jahrhundert traditionell ??jedoch nicht automatisch?? der Titel des britischen Thronfolgers ist.
[1]
Er wurde am 25. Januar 1842 in der
St George’s Chapel
in
Windsor Castle
, auf die Namen Albert Edward getauft.
[2]
Er erhielt den Namen Albert nach seinem Vater und Edward nach seinem Großvater mutterlicherseits, Prinz
Edward, Herzog von Kent und Strathearn
.
Victoria und Albert waren entschlossen, ?Bertie“, wie er im engeren Familienkreis genannt wurde, eine Ausbildung zukommen zu lassen, die ihn zu einem vorbildlichen konstitutionellen Monarchen machen sollte. Sein uberaus strenger Vater bestellte Privatlehrer und Erzieher und ubergab ihnen den siebenjahrigen Prinzen, der jedoch von unstetem Wesen war und sich nicht als Musterschuler erwies. Ab Sommer 1859 begann er zu studieren; zunachst an der
Universitat Edinburgh
, wo er unter der Aufsicht von Professor
Lyon Playfair
stand. Im Anschluss wurde er Student an der ehrwurdigen
Universitat von Oxford
und wechselte 1861 nach
Cambridge
ans
Trinity College
, wo er in Geschichte vom renommierten Professor
Charles Kingsley
unterrichtet wurde. Zwischenzeitlich nahm er als Thronerbe erste offizielle Aufgaben fur das Konigshaus wahr und reiste 1860 nach
Nordamerika
. Erstmals besuchte ein britischer Thronfolger
Kanada
und die
Vereinigten Staaten
. Eduard zeigte dabei großes diplomatisches Geschick, und der Besuch wurde als außenpolitischer Erfolg gefeiert.
Wahrend seiner Studienzeit glanzte Eduard weniger mit Leistung denn mit seinem ausschweifenden Lebensstil. Der Prinz war ein
Dandy
mit Vorlieben fur Glucksspiel, Alkohol und junge Schauspielerinnen, dessen Liebesabenteuer kein Geheimnis blieben. Dies fuhrte dazu, dass sein bereits schwer kranker Vater im Dezember 1861 nach Cambridge kam, um Eduard ins Gewissen zu reden und ihn zurechtzuweisen. Zwei Wochen spater starb Prinzgemahl Albert. Konigin Victoria verwand den Verlust ihres Gatten nie und machte ihren Sohn zeitlebens fur dessen fruhen Tod mitverantwortlich.
Hochzeit 1863
Konigin Victoria arrangierte, unter Mithilfe ihrer altesten Tochter
Prinzessin Victoria
, die Heirat mit
Prinzessin Alexandra von Danemark
, der Tochter des spateren Konigs
Christian?IX.
Eduard und Alexandra heirateten am 10. Marz 1863 in der
St George’s Chapel
von
Windsor Castle
, und Alexandra wurde zur
Princess of Wales
. Das junge Ehepaar bezog in London die Stadtvilla
Marlborough House
und mit
Sandringham House
in der
Grafschaft Norfolk
einen herrschaftlichen Landsitz. Aus der Verbindung gingen insgesamt sechs Kinder hervor:
Karikatur aus dem satirischen Magazin
Puck
vom Juni 1891. Anlasslich seiner Verwicklung in den
Tranby-Croft-Skandal
halt Queen Victoria dem
Enfant terrible
die Liste seiner Verfehlungen vor. Eduard tragt eine Scharpe mit der Aufschrift
Ich deal
(?Ich teile [die Karten] aus“), in Anspielung auf den Wahlspruch der Fursten von Wales
Ich dien
.
Eduard?VII. im Daimler (1900)
Nach dem fruhen Tod ihres Gatten zog sich Konigin Victoria, so weit es ging, aus der Offentlichkeit zuruck und lebte eine strenge Witwenschaft. Aus diesem Grund kamen dem Kronprinzen vermehrt offentliche Auftritte zu, die seine Mutter vermied. Insbesondere bei Empfangen auslandischer Staatsgaste hatten seine weltgewandte Art und sein diplomatisches Geschick positive Auswirkungen. Eine aktive Rolle in der Staatsfuhrung gestand ihm seine Mutter jedoch nicht zu. Eduard war insgesamt 59 Jahre lang Prince of Wales und galt als ?ewiger Thronfolger.“
Da Eduard nur in geringem Maße von seiner Mutter in offizielle Aufgaben eingebunden wurde, hatte er ausreichend Zeit, sein Privatleben zu kultivieren. Er pflegte seine Vorlieben fur Glucksspiel, Pferderennen und die franzosische Lebensart sowie fur die Welt des Theaters, fur exklusive Jagdgesellschaften, Nachtklubs und
Vaudeville
. Sein Landsitz
Sandringham House
wurde ein Zentrum des britischen
High-Society-Lebens
abseits der Hauptstadt, an dem erstmals auch amerikanische Dollar-Millionare teilhaben durften.
Obwohl seine Ehe mit Prinzessin Alexandra als glucklich beschrieben wurde, hatte Eduard zeitlebens außereheliche Liebesverhaltnisse und
Matressen
, die seine Gattin großtenteils tolerierte. Insgesamt wurden dem Prinzen 55 außereheliche Beziehungen nachgesagt. Zu den bekanntesten zahlten
Jennie Churchill
,
Countess Daisy Greville
,
Lady Aylesford
(siehe
Aylesford-Affare
) und
Hortense Schneider
; die Schauspielerin
Lillie Langtry
war in den 1870er Jahren seine Dauer-Matresse. Dies schlug sich auch in der Ausstattung seiner Raumlichkeiten mit praktischen Mobeln und erotischen Wandbildern nieder.
[3]
Seine letzte Geliebte war
Alice Keppel
(die Urgroßmutter von Konigin
Camilla
, der Ehefrau des seit 2022 regierenden britischen Konigs
Charles?III.
), mit der er sich jedes Fruhjahr mehrere Wochen im franzosischen Badeort
Biarritz
aufhielt.
Eduard hatte auch genugend Freiraum, um seinem ausgepragten Kunstsinn zu fronen und als
Patron
der Kunste und Wissenschaften zu fungieren. So half er 1883 bei der Grundung des
Royal College of Music
. Stets nach dem neuesten modischen Trend gekleidet war der Prinz Vorbild der gehobenen Mannergesellschaften. Angeblich wegen dieses Lebenswandels hielt ihn seine Mutter bewusst so lange wie moglich von den Regierungsgeschaften fern.
Seit Eduard in Stockholm 1868 durch Konig
Karl?XV. von Schweden
in die
Freimaurerei
aufgenommen wurde, war er ein aktiver Freimaurer. Als er 1874 als
Großmeister
eingesetzt wurde, gab er der englischen Bruderschaft neuen Schwung und Popularitat. Etwa in dieser Zeit kam es zum Bruch mit dem
Grand Orient de France
. Die Zahl aktiver Logen stieg von 1200 auf uber 3000. Er trat offentlich, zu Hause und auf Auslandsreisen, als Großmeister auf und legte mit Freimaurerzeremonien Grundsteine von offentlichen Gebauden, Brucken und Kirchen in England und Docks in
Bombay
. Seine Anwesenheit sorgte fur Publicity, und Berichte uber jegliche Freimaurertreffen erschienen regelmaßig in der nationalen und lokalen Presse. Anlasslich seiner Thronbesteigung legte er sein Amt als Großmeister nieder. Im Jahr 1868 wurde er Ritter des schwedischen
Ordens Karls?XIII.
, der Freimaurern vorbehalten ist.
[4]
Als Prince of Wales war Eduard in zwei Gerichtsprozesse verwickelt. Im Jahr 1870 wurde er in einem Scheidungsverfahren einer Dame der Gesellschaft als Scheidungsgrund genannt, und 1891 im
Tranby-Croft-Skandal
war er Zeuge in einem Prozess, bei dem es um unerlaubtes Glucksspiel (
Baccara
) ging.
Trotz aller Verfehlungen und seines Lebenswandels erfreute sich Eduard in der Bevolkerung zeitlebens großer Beliebtheit, wozu sicherlich auch sein ungezwungener Umgang mit Menschen aus den ?einfachen Bevolkerungsschichten“ beigetragen haben durfte.
Kronungsportrat von
Luke Fildes
Als Konigin Victoria nach 63 Jahren Regierungszeit am 22. Januar 1901 starb, war Kronprinz Eduard mit 59 Jahren nach
Wilhelm?IV.
der zweitalteste Thronfolger, den die britische Monarchie bis dahin hatte. Eduard war der erste britische Herrscher aus dem deutschen Adelsgeschlecht Sachsen-Coburg und Gotha und gleichzeitig der bis dahin am langsten amtierende direkte Thronerbe. Als Herrschernamen wahlte er Eduard?VII. Er hatte ursprunglich am 26.?Juni 1902
gekront
werden sollen; jedoch erkrankte er zwei Tage zuvor an einer
Blinddarmentzundung
, so dass die Kronung verschoben werden musste. Nach erfolgreicher Behandlung kronte ihn der
Erzbischof von Canterbury
,
Frederick Temple
, am 9. August in der
Westminster Abbey
zum britischen Konig. Die Kronung wurde dem Volk durch Kanonensalven im Hyde Park und im Tower mitgeteilt.
[5]
In der Folgezeit belebte Eduard die prunkvollen und popularen offentlichen Auftritte eines Monarchen wieder, die in der Endphase der Regierung seiner Mutter unterblieben waren. Die Proklamation zum
Kaiser von Indien
auf dem
Delhi Durbar
fand, wie schon bei seiner Mutter, 1903 in seiner Abwesenheit statt.
In Großbritannien gab es einige Vorbehalte gegen den neuen Konig, dessen neunjahrige Regierung aus heutiger Sicht großtenteils positiv bewertet wird. Nach seinem Amtsantritt fuhrte Eduard sein großes außenpolitisches Engagement fort und forcierte die Annaherung an
Frankreich
, die er seit Jahren betrieben hatte. Diese Aussohnung fand ihren kronenden Hohepunkt im Abschluss der
Entente cordiale
(1904). Dieser Ausgleichsvertrag beendete die traditionelle Rivalitat beider Lander und die britische Isolationspolitik in Europa (
splendid isolation
). Außerdem sollte diese Verbindung ein Gegengewicht zu
Deutschland
und
Osterreich-Ungarn
darstellen; allerdings absolvierte der Konig im Sommer 1903 nach einem Aufenthalt in
Bohmen
auch einen Staatsbesuch bei Kaiser
Franz Joseph I.
in
Wien
, dem 1904 ein neuerliches Treffen folgte, als sich der Konig zur Kur in
Marienbad
aufhielt.
Aufsehen erregte der Empfang einer indianischen Delegation aus dem Westen
Kanadas
im Jahr 1906. Als konstitutionelles Staatsoberhaupt konnte Eduard jedoch die dortige Minderheitenpolitik nicht beeinflussen, und so blieb es beim Austausch freundlicher Gesten, vor allem mit dem Delegationsfuhrer Su-a-pu-luck (
Joseph Capilano
), einem
Squamish
-Hauptling.
Mit seinem Besuch beim spanischen Konig
Alfons?XIII.
in Cartagena 1907 forderte Eduard?VII. das Zustandekommen eines
spanisch-britisch-franzosischen Abkommens
. Auch am britisch-russischen
Vertrag von Sankt Petersburg (1907)
und der
Anglo-Russischen Konvention
, die die Auseinandersetzungen beider Reiche an den Grenzen Indiens beendete, hatte Konig Eduard als geschickter Diplomat einen gewissen Anteil. Mit der Annaherung an das undemokratische
Zarenreich
und einem Staatsbesuch in
Sankt Petersburg
provozierte er allerdings auch heftige Proteste der britischen Bevolkerung. Neben der Außenpolitik ??innenpolitisch wurde Eduard kaum aktiv?? zeigte der Konig großes Interesse an einer Heeresreform. Nach den Ereignissen des
Zweiten Burenkriegs
(1899?1902) hielt er den Aufbau einer angemessenen
britischen Landstreitmacht
fur notwendig, um Frankreich im Falle eines deutschen Angriffs unterstutzen zu konnen.
Aufgrund der Heiratspolitik seiner Mutter war Eduard mit fast allen europaischen Adelsfamilien verwandt und galt als ?Onkel Europas“: so war er Onkel des deutschen Kaisers
Wilhelm?II.
und ??durch seine Frau Alexandra?? des russischen Zaren
Nikolaus?II.
sowie des norwegischen Konigs
Haakon?VII.
, dessen Schwiegervater er ebenfalls war, außerdem Schwager der Konige von Griechenland und Danemark,
Georg?I.
und
Friedrich?VIII.
, um nur die wichtigsten zu nennen. Seine Nichte
Victoria Eugenie
war mit Alfons?XIII. von Spanien verheiratet.
Statue von Eduard?VII. vor dem
Holyrood Palace
in Edinburgh
Eduard war ein
Bonvivant
und exzessiver
Kettenraucher
, der pro Tag 20 Zigaretten und zwolf Zigarren rauchte. Mit zunehmendem Alter verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, und er litt zunehmend an
Bronchitis
.
Im Marz 1910 brach Eduard wahrend eines Aufenthalts in Biarritz zusammen und konnte erst am 27.?April wieder in den Buckingham Palace zuruckkehren. Dort erlitt er in den folgenden Tagen mehrere
Herzinfarkte
und verstarb schließlich am 6. Mai 1910. Die Grabstatte Eduards?VII. befindet sich in der St George’s Chapel auf Windsor Castle.
[6]