Schlacht auf der Kempener Heide

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Koordinaten: 51° 17′ 49″  N , 6° 31′ 13″  O

Schlacht auf der Kempener Heide
Teil von: Hessenkrieg ( Dreißigjahriger Krieg )

Zeitgenossischer Kupferstich von Matthaus Merian aus dem Theatrum Europaeum
Datum 17. Januar 1642
Ort bei St. Tonis , zwischen Kempen , Huls und Krefeld
Ausgang Sieg fur Frankreich und Hessen [1]
Folgen Nordliches Kurkoln wird durch protestantische Truppen besetzt und geplundert.
Konfliktparteien

Katholische Allianz:
Romisches Reich Heiliges 1400   Heiliges Romisches Reich
Kurkoln   Kurkoln

Protestantische Allianz:
Frankreich Konigreich 1791   Frankreich
    + Weimaraner
Hessen-Kassel

Befehlshaber

Romisches Reich Heiliges 1400 Guillaume de Lamboy

Frankreich Konigreich 1791 Jean Baptiste Budes de Guebriant
Kaspar Graf von Eberstein [1]

Truppenstarke

8000?9000

9000 [2]

Verluste

2500 Tote, 3000 teils hochrangige Gefangene, 6 Kanonen [1]

115 Tote, 260 Verwundete [1]

Anmarsch und Aufstellung der Gegner

Die Schlacht auf der Kempener Heide (auch Schlacht auf der Hulser Heide, St.-Tonis-Heide [3] oder Schlacht an der Huckelsmay genannt) war eine Schlacht des Dreißigjahrigen Krieges , die am 17. Januar [4] 1642 zwischen katholischen ( kaiserlichen und kurkolnischen ) Truppen auf der einen und protestantischen ( franzosischen , hessischen und weimarischen ) Truppen auf der anderen Seite in der Heide zwischen Kempen , Huls , Krefeld und St. Tonis am Niederrhein ausgetragen wurde. Das Gefecht endete mit einer vernichtenden Niederlage der kaiserlich-kolnischen Verteidiger; in der Folge fiel das nordliche Kurkoln unter protestantische Besatzung.

Hintergrund und Ausgangslage [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Protestantischer Einmarsch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der Endphase des Dreißigjahrigen Krieges, in Fortsetzung des ? Hessenkrieges , zogen auf Anweisung des franzosischen Konigs Ludwig XIII. und dessen Berater Kardinal Richelieu protestantische Soldnertruppen von Norddeutschland nach Westen in Richtung Rheinland . Die Truppen bestanden zum einen aus einem franzosischen Heer unter dem Kommando des Generals Jean Baptiste Budes de Guebriant , welches durch Soldner aus der ehemaligen Armee Bernhards von Sachsen-Weimar unterstutzt wurde. [5] Den Franzosen folgte ein hessisches Korps in Diensten von Landgrafin Amalie von Hessen-Kassel unter Fuhrung des Generals Kaspar Graf von Eberstein . Die hessischen und franzosisch- Weimaraner Truppen hatten zuvor bereits in wechselnder Zusammensetzung in Norddeutschland bei der Belagerung von Dorsten (1641) und von Wolfenbuttel (1641) zusammen gekampft. [5] Nun sollten die Truppen die kaisertreuen katholischen Gebiete westlich des Rheines, insbesondere das Erzstift und Kurfurstentum Koln (Kurkoln) sowie das Herzogtum Julich-Berg , unter protestantische Kontrolle bringen. [5]

Nach Weihnachten 1641 uberquerten zuerst die franzosischen Truppen und die Weimaraner bei Wesel den Rhein [6] und richteten auf kurkolnischem Gebiet am Niederrhein ihr Winterquartier ein. Kurz nach dem Jahreswechsel folgten die Hessen. Die protestantischen Truppen vereinigten sich am linken Rheinufer zu einem gemeinsamen Heer mit insgesamt etwa 9000 Mann Starke [2] [1] und uberfielen am 14. Januar 1642 gemeinsam die kurkolnische Stadt Uerdingen ostlich von Krefeld, die nach drei Tagen des Widerstandes eingenommen wurde. [6] Am 15. Januar wurde auch das benachbarte Linn eingeschlossen [5] und die Burg Linn belagert.

Kaiserisch-kolnische Reaktion [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Als Reaktion auf den franzosischen Einmarsch hatte der kolnische Kurfurst Ferdinand den deutschen Kaiser Ferdinand um Unterstutzung gebeten. Der Kaiser befahl eilig einem seiner Heere, das unter Fuhrung des Generals Guillaume de Lamboy in den Niederlanden gekampft hatte, zur Verteidigung ins Rheinland zu kommen. Das kaiserliche Heer, bestehend aus 8000 bis 9000 Mann, uberquerte bei Venlo die Maas und traf Anfang Januar 1642 bei Kempen auf kurkolnischem Territorium ein.

Zusatzlich zum Heer von Lamboy hatte der Kaiser ein zweites Heer mit etwa 7000 Mann unter Fuhrung des Feldherren Melchior von Hatzfeldt herbeibefohlen, welches sudlich von Bonn nahe Andernach stand. [7] Auch 3000 verbundete spanische Soldaten, die nahe Venlo lagerten, erhielten vom Kaiser die Order, Lamboy bei Bedarf zur Hilfe zu kommen. Der kolnische Kurfurst Ferdinand wies Lamboy an, sich auf keine Schlacht einzulassen, bevor nicht die angeforderte Verstarkung eingetroffen sei, so dass das kaiserlich-kolnische Heer zahlenmaßig in der Ubermacht ware. [1] Lamboy richtete daraufhin eine befestigte Stellung auf der Hulser Heide zwischen Sankt Tonis und Huls ein, wo bereits eine Grenzsicherungsanlage, eine sogenannte Landwehr die Verteidigung erleichterte. Dort erwartete er die Ankunft von Hatzfeldt. [5]

Lage des Schlachtfeldes [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Westen und Nordwesten von Krefeld erstreckte sich zum Zeitpunkt der Schlacht eine weite Heidelandschaft , die im Norden bis nach Huls, im Nordwesten bis nach Kempen und im Westen bis hinter St. Tonis reichte. Diese Landschaft wurde Kempe(ne)r Heide , Hulser Heide , Sankt-Tonis-Heide ( Sankt-Antonis-Heide , kurz Tonisheide ) oder schlicht Die Heide genannt. [8]

Durch die ostliche Heide verlief die Kempener Landwehr , eine alte Grenzbefestigung zwischen der ehemals zur Grafschaft Moers gehorigen Herrlichkeit Krefeld im Osten und der zum Amt Kempen gehorigen ?Kleinen Honschaft mit St. Tonis darin im Westen. [9] Sudwestlich von Krefeld traf die Kempener Landwehr auf eine zweite Landwehr, die in Ost-West-Richtung von Linn bis zur Niers bei Suchteln verlief und das Amt Kempen und die Herrlichkeit Krefeld im Norden vom Amt Linn im Suden trennte. [10] [11] Diese Sudliche Landwehr lief im Bereich des heutigen Krefelder Forstwaldes durch die Heide sudlich an St. Tonis vorbei. [12] [13] [14]

Die Landwehren, von denen heute nur noch wenige Uberreste erhalten sind (u. a. im Krefelder Forstwald nahe der Siedlung Holterhofe [15] , heute ein Bodendenkmal ), bestanden damals aus jeweils drei Graben und zwei Wallen, die mit dichten Strauchern bewachsen waren. Die derart befestigte Grenze war deshalb von schweren, berittenen Truppen oder Gespannen kaum zu durchdringen und nur an einigen durch Schlagbaume kontrollierten Durchgangen passierbar. [5] Schlagbaume existierten im sudlichen Abschnitt unter anderem an der Huckelsmay und am Stock . [12]

Verlauf der Schlacht [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Da seine Truppen durch die Landwehr gut gedeckt waren, wahnte sich Lamboy in einer sicheren Lage und erwartete ruhig die Ankunft der Hatzfeldt'schen Unterstutzung, bevor er gegen das protestantische Heer in die Schlacht ziehen wollte. [16] Um den Vorteil der noch bestehenden Uberzahl auszunutzen und der kaiserlichen Verstarkung zuvorzukommen, entschieden sich die Protestanten, nach der Eroberung von Uerdingen umgehend einen Uberraschungsangriff gegen Lamboy auszufuhren. Man zog nachts in einem Bogen sudlich um Krefeld herum und attackierte am Morgen des 17. Januars die kaiserlichen Verteidigungsstellungen an der sudlichen Landwehr.

Lamboy war offenbar auf die Schnelligkeit des protestantischen Angriffs nicht vorbereitet. Als die hessische Vorhut unter Fuhrung von Reinhold von Rosen den ersten Angriff auf die Landwehr ausfuhrte, lagerte der Hauptteil der katholischen Truppen noch in einiger Entfernung im Quartier. Die wenigen Truppen, die die Landwehr bewachten, konnten trotz der vorteilhaften Verteidigungsstellung und trotz eilig zur Hilfe gesandter Reiterei den Ansturm nur bremsen, aber nicht aufhalten. Zwar wurde der Angriff der Vorhut noch abgewehrt, bevor das kaiserliche Heer aber in voller Schlachtaufstellung zur Verteidigung bereit war, hatten die protestantischen Truppen einen zweiten Angriff in ganzer Starke ausgefuhrt und waren an zwei Stellen, an den Schlagbaumen bei der Huckelsmay und am Stockhof, durchgebrochen. [12] Die Durchgange wurden mit Schaufeln und Hacken verbreitert, so dass das gesamte protestantische Heer schnell hindurchmarschieren konnte. [5]

Es folgte die eigentliche Schlacht auf der Heide. Hierbei waren die katholischen Truppen nun im Nachteil wegen des Uberraschungseffektes und da sie den Großteil ihrer Kanonen , die zur Verteidigung direkt an der Landwehr platziert waren, bereits an die Protestanten verloren hatten. [12] Im weiteren Verlauf der Schlacht erlitt die katholische Allianz deshalb hohe Verluste. 2500 katholische Soldaten fielen auf dem Schlachtfeld, 300 weitere Dragoner wurden auf der Flucht von der hessischen Kavallerie getotet. 3000 Soldaten, darunter niedere Offiziere, Oberst Johann von Eppe , Generalwachtmeister Kaspar von Mercy sowie Lamboy selbst, wurden gefangen genommen. Die protestantischen Truppen erbeuteten außerdem die gesamte Ausrustung, darunter sechs schwere 10-Pfunder-Kanonen, sowie das Gepack der Allianztruppen. [1]

Der fluchtende Rest des katholischen Heeres, bestehend aus etwa 2000 Reitern, wurde bei Zulpich von Reinhold von Rosen gestellt, von wo aus es unter weiteren hohen Verlusten bis nach Munstereifel gejagt wurde. [1] Die kaiserliche Entsatzarmee unter Feldmarschall Graf Hatzfeldt konnte bei Duren nur noch Bruchteile von Lamboys Heer aufnehmen.

Folgen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Am Tag nach ihrem Uberraschungssieg besetzten die Protestanten zuerst das vorherige katholische Hauptquartier in St. Tonis, von wo aus Eberstein auch Bericht an Landgrafin Amalie erstattete. [17] Anschließend wurde die Belagerung von Burg Linn fortgesetzt und auch Burg Oedt angegriffen und eingenommen.

Da der kaiserliche und kurkolnische Widerstand durch die vernichtende Niederlage gebrochen war, konnten die verbundeten franzosisch-weimarischen und hessischen Kontingente in den folgenden Wochen und Monaten das gesamte nordliche Erftland uberrennen und besetzen. Nach St. Tonis und Linn wurden noch zahlreiche andere Stadte, Festungen, Kloster und Dorfer uberfallen, belagert, ausgeplundert und verwustet, darunter die Stadte Kempen, Neuss , Dormagen , Lechenich , dessen Schloss sie nicht einnehmen konnten. [18] Im Mai wurde Hatzfeldt durch bayerische Truppen unter Joachim Christian von der Wahl verstarkt und konnte den franzosisch-hessischen Vormarsch eindammen. Nach dem Entsatz von Lechenich zogen die Kaiserlichen und Bayern nach Zons und blieben den Sommer uber bis auf Kavallerieuberfalle durch Johann von Werth meist untatig, wahrend sich Franzosen und Hessen bei Uerdingen verschanzten. [19]

In den Folgemonaten und -jahren, selbst uber das Kriegsende durch den Westfalischen Frieden von 1648 hinaus, hatte die Region Niederrhein massiv unter der Besatzung durch einquartierte Soldner zu leiden. Diese Zeiten sind in der Region als die ?Hessenjahre“ oder der Hessenkrieg [16] bekannt und beruchtigt.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • E. von Schaumburg: Die Schlacht auf der St. Tonis-Haide (17. Januar 1642) und die Einnahme von Oedt, Neuß, Kempen und Linn . In: Annalen des Historischen Vereins fur den Niederrhein (AnnHVNdrh) . Band   38 , 1882, S.   50?86 .

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b c d e f g h Johannes Sporschil: Geschichte des Entstehens, des Wachstums und der Große der osterreichischen Monarchie . Funfter Band. Volckmar, Leipzig 1894, S.   54 ( Volltext in der Google-Buchsuche).
  2. a b Geschichte der ehemaligen Herrlichkeit Lobberich. Drittes Kapitel: Lobberich unter spanischer Herrschaft. Lobberland e.V., archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 8. Dezember 2008 ; abgerufen am 17. Februar 2011 .   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.lobberich.de
  3. E. von Schaumburg, 1882 (siehe Literatur)
  4. Anmerkung: In einigen Quellen wird als Datum nach julianischem Kalender der 7. Januar angegeben.
  5. a b c d e f g Eberhard Wassenberg: Florus Germanicus . Frankfurt am Main 1647, S.   464   ff . ( Auszug auf 30jaehrigerkrieg.de).
  6. a b Johannes Wusterath: Historialis descriptio Ecclesiae Parochialis in Uerdingen . Manuscript vom Jahre 1629?1649. In: Historischer Verein fur den Niederrhein, insbesondere das alte Erzbistum Koln (Hrsg.): Annalen des Historischen Vereins fur den Niederrhein insbesondere das Alte Erzbistum Koln . Ausgaben 13-14. L. Rohrscheid, 1863, S.   228?237 ( Volltext in der Google-Buchsuche).
  7. Gunther Engelbert: Der Hessenkrieg am Niederrhein (1. Teil). In: Annalen des Historischen Vereins fur den Niederrhein . Band   161 , 1959, S.   86?87 .
  8. Krefeld in alten Karten. Stadt Krefeld, abgerufen am 16. Februar 2011 .
  9. Vormoderne. Stadt Tonisvorst, abgerufen am 16. Februar 2011 .
  10. Die territorialen Verhaltnisse im 14. Jahrhundert . Karte der Amter in der Region Niederrhein. ( Online auf bkg.bund.de).
  11. Territorialisierung. krinvel.net, archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 13. November 2010 ; abgerufen am 1. Juni 2011 .   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/ims2.bkg.bund.de
  12. a b c d Helmut Sallmann: Der Forstwald ? ein Stadtteil mit ungewohnlicher Biografie. Vom Schauplatz zweier Schlachten zum burgerlichen Wohnort . In: Verein fur Heimatkunde e.V. Krefeld (Hrsg.): Die Heimat ? Krefelder Jahrbuch . Ausgabe 78. Krefeld 2007 ( web.archive.org [PDF; 353   kB ; abgerufen am 12. September 2021]).
  13. Christoph Reichmann: Archaologische Untersuchungen an der mittelalterlichen Landwehr (Huckelsmay) . In: Verein fur Heimatkunde e.V. Krefeld (Hrsg.): Die Heimat ? Krefelder Jahrbuch . Ausgabe 80. Krefeld 2009, S.   186?189 ( web.archive.org [PDF; 656   kB ; abgerufen am 12. September 2021]).
  14. Herrlichkeit Krefeld. Stadt Krefeld, abgerufen am 16. Februar 2011 .
  15. Landwehr: Eine alte Schanze fur den Frieden im Land. Westdeutsche Zeitung Onlineausgabe (wz newsline), 30. April 2007, abgerufen am 11. Juni 2012 .
  16. a b Gunther Engelbert: Der Hessenkrieg am Niederrhein (1. Teil). In: Annalen des Historischen Vereins fur den Niederrhein . Band   161 , 1959.
  17. Brief Ebersteins im Hessischen Staatsarchiv Marburg, Nr. 41168.
  18. Sarburg/Walram: Verteidigung und Triumph der Burg und der Stadt Lechenich gegen hessische, franzosische und weimarische Truppen im Jahre 1642. Koln 1643
  19. Joachim F. Foerster: Kurfurst Ferdinand von Koln. Die Politik seiner Stifter in den Jahren 1634?1650 . Aschendorff, Munster 1976. ISBN 3-402-05625-9 . S. 211?216.