Salomon Sulzer
(*
30. Marz
1804
in
Hohenems
,
Vorarlberg
; †
17. Januar
1890
in
Wien
) war ein
osterreichischer
Chasan
und Sakralmusiker.
Salomon Sulzer stammte aus einer judischen Familie, welche aus
Sulz bei Rankweil in Vorarlberg
nach der Vertreibung der dortigen judischen Gemeinde im Jahre 1744 nach Hohenems gekommen war. Im Jahr 1813 nahm die Familie den Namen
Sulzer
an; zuvor hatte sie den Namen
Levi
gefuhrt.
Eigentlich sollte Sulzer Nachfolger seines Vaters werden, der ein gutgehendes Handelshaus besaß. Doch ware der junge Salomon Levi 1811 beinahe als Kind ertrunken. Da dieses Ungluck glimpflich ausging, gelobte die Familie, den Sohn zum Chasan oder
Rabbiner
ausbilden zu lassen.
1817 wurde die Stelle des Kantors in der
judischen Gemeinde Hohenems
frei und die Familie drangte auf eine Bewerbung. Das Argument, er sei noch zu jung ? Sulzer war gerade 13 Jahre alt ? wurde mit dem Hinweis entkraftet, dass er die
Bar Mitzwa
abgelegt habe und somit kein Kind mehr sei. Trotzdem bedurfte es eines Gnadenaktes des Kaisers
Franz I.
, um Sulzer in seinem Amt zu bestatigen. Dies erfolgte mit der Auflage, dass er sich die nachsten drei Jahre auf dieses Amt vorbereiten musse.
Sulzer wurde Schuler
Rabbi Lippmans
. 1818 reiste Sulzer mit seinem Lehrer durch Frankreich. Nach der Ruckkehr ging er fur ein Jahr nach
Karlsruhe
, um Musik zu studieren.
1820, mit 16 Jahren, konnte er die Kantorenstelle in Hohenems ubernehmen. Neben seinen Amtspflichten grundete er einen Chor und ein kleines Orchester. In dieser Zeit unterstutzte Sulzer einige seiner Musiker finanziell. Da aber das Kantorengehalt ziemlich karg bemessen war, wird angenommen, dass ihn seine Familie tatkraftig unterstutzt hat.
1825 holte
Isaak Noah Mannheimer
Sulzer nach Wien an die dortige
Gemeinde
, wo er im
israelitischen Bethaus
in der Seitenstatter Gasse Nr. 494, das am 9. April 1826 feierlich eroffnet wurde, eine Dienstwohnung im ersten Stock bezog. Auch in Wien studierte er neben seinen Amtsgeschaften Komposition bei Ritter
Ignaz von Seyfried
. 1828 komponierte
Franz Schubert
auf Wunsch Sulzers fur die Gemeinde Psalm 92 (Lied fur den Sabbath), den
Moses Mendelssohn
ubersetzt hatte. Die fruheste Manuskriptquelle dieses Stucks, von dem das Autogeraph verloren gegangen ist, wurde 2010 von Alon Schab und David Rees wiederentdeckt.
[1]
Am 25. Juni 1827 heiratete er in Wien seine Jugendliebe Fanny Hirschfeld (* 5. Juli 1809 Hohenems, † 10. Juni 1855 Wien)
[2]
, die Tochter eines Kaufmanns,
[3]
mit der er 16 Kinder hatte, die zwischen 1828 und 1856 geboren wurden: Maria (* 1828?1892), Hermann (* 1829?1831)
[4]
,
Julius
(* 1830?1891), Hermine (* 1831), Henriette (* 1832?1907), Klara (* 1834), Bertha (* 1835), Rosalie (* 1836), Caroline (* 1837), Emil Theodor (* 1839), Sophie (* 1840), Rachel (* 1843), Auguste (* 1844), Carl (* 1846),
Joseph
(1850?1926) und Franziska (* 1856). Die letztgenannte heiratete den Journalisten
Paul d’Abrest
.
Mehrere seiner Kinder wurden ebenfalls Musiker: Sein Sohn Julius Sulzer war Kapellmeister des Hofburgtheaters, Joseph Sulzer wurde Solocellist des Hofopernorchesters, die alteste Tochter Maria verw. v. Belart wurde eine beruhmte Sangerin, ebenso ihre Schwester Henriette. Unter ihrem Madchennamen Henriette Sulzer gastierte sie in mehreren Stadten, sie heiratete den Bassisten Annibale Biacchi und leitete spater die kaiserliche Oper in Mexiko.
[5]
1844 wurde Sulzer als Professor fur Gesang an das
Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde
berufen. Dieses Lehramt hatte er bis 1847 inne.
Salomon Sulzer schaffte mit seinen Gesangen der Sammlung
Schir Zion
fur den judischen Gottesdienst den Durchbruch. Nachdem aus zahlreichen Landern Europas Anfragen eintrafen, ließ Sulzer 1838 sein Werk veroffentlichen, das nun die judische Liturgie reformierte. Der bis dato eher traditionell-orthodoxe Synagogengesang wurde sozusagen europaisiert. Dabei durfe man auch Neukompositionen nicht ausschließen, wobei bedeutende christliche Komponisten als Vorbild dienen sollten.
[6]
Salomon Sulzer ruht in der Israelitischen Abteilung des
Wiener Zentralfriedhofs
.
[7]
Die ehemalige
Synagoge von Hohenems
wurde 2003/2004 renoviert und nach ihm wurde der
Salomon-Sulzer-Saal
benannt.
- Orientalischer Liebsgruß
- Schir Zion 1
(1838)
- Duda?im: kleines liturgisches Gesangbuch
(1860)
- Schir Zion 2
(1869)
- Denkschrift an die hochgeehrte Wiener israelitische Cultus-Gemeinde. Zum funfzigjahrigen Jubilaum des alten Bethauses am 1. Nissan 5636 (26. Marz 1876)
, Wien: Bruder Winter 1876 (
Digitalisat
)
- Zikkaron
(1890)
- Eduard Kulke
:
Salomon Sulzer, Professor und Obercantor. Biographische Skizze
, Wien: Herzfeld & Bauer 1866 (
Digitalisat
)
- Constantin von Wurzbach
:
Sulzer, Salomon
.
In:
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
.
40. Theil. Kaiserlich-konigliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1880, S. 311?316 (
Digitalisat
).
- Constantin von Wurzbach
:
Sulzer, Salomon, Familie
.
In:
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
.
40. Theil. Kaiserlich-konigliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1880, S. 316 (
Digitalisat
).
- Hanoch Avenary (Hrsg.):
Kantor Salomon Sulzer und seine Zeit
, Sigmaringen: Thorbecke 1985;
ISBN 3-7995-4063-6
- Bernhard Purin (Red.):
Salomon Sulzer. Kantor, Komponist, Reformer
, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, Bregenz: Land Vorarlberg 1991;
ISBN 3-9500043-0-0
- Alexander Rausch
:
Sulzer, Familie.
In:
Oesterreichisches Musiklexikon
.
Online-Ausgabe, Wien 2002 ff.,
ISBN 3-7001-3077-5
; Druckausgabe: Band 5, Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2006,
ISBN 3-7001-3067-8
.
- Tina Fruhauf:
Salomon Sulzer. Reformer, Kantor, Kultfigur.
In:
Judische Miniaturen,
Bd. 133. Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin 2012,
ISBN 978-3-942271-86-8
- Tina Fruhauf,
Salomon Sulzer. Reformer, Cantor, Icon.
In: Jewish Miniatures, Volume 133A, Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin 2012,
ISBN 978-3-942271-87-5
- Sulzer Salomon.
In:
Osterreichisches Biographisches Lexikon 1815?1950
(OBL). Band 14, Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2015,
ISBN 978-3-7001-7794-4
, S. 45 f. (Direktlinks auf
S. 45
,
S. 46
).
- Marion Bruck:
Sulzer, Salomon.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013,
ISBN 978-3-428-11206-7
, S. 704 (
Digitalisat
).
- ↑
Steffen Voss:
Handschrift mit judischer liturgischer Musik (1832) katalogisiert und vorgestellt.
12. November 2015,
abgerufen am 14. September 2023
.
- ↑
Todesanzeige siehe
Wiener Zeitung
vom 13. Juni 1855 (
Digitalisat
).
- ↑
Genealogie auf der Website Hohenems Genealogie. Judische Familiengeschichte in Vorarlberg und Tirol
- ↑
Sterbedatum siehe
Wiener Zeitung
vom 20. Juni 1831 (
Digitalisat
).
- ↑
Vgl.
Wiener Zeitung
vom 18. Januar 1890 (
Digitalisat
).
- ↑
Abraham Zvi Idelsohn
:
Jewish Music ? Its Historical Development.
Henry Holt & Company, New York 1929, S. 249.
- ↑
Ehrengrab von Salomon Sulzer
auf dem
Wiener Zentralfriedhof
.