Das
Residenztheater
am
Max-Joseph-Platz
in
Munchen
ist Hauptspielstatte des
Bayerischen Staatsschauspiels
, das namentlich mit dem Residenztheater meist gleichgesetzt wird.
[1]
Umgangssprachlich wird das Residenztheater von den Munchnern als ?das Resi“ bezeichnet. Es ist nicht zu verwechseln mit dem benachbarten
Nationaltheater
.
Als das
Salvatortheater
am
Salvatorplatz
, wo der bayerische Hof vor allem italienische Opern spielen ließ, baufallig geworden war und der St.-Georg-Theatersaal der Residenz durch ein Feuer zerstort wurde, ließ Kurfurst
Maximilian III. Joseph
von 1751 bis 1753 ein neues Residenztheater in der
Munchner Residenz
als Opernbuhne errichten. Der prachtvolle
Rokokobau
wurde durch den Hofbaumeister
Francois de Cuvillies d. A.
errichtet. Mit der Oper
Catone in Utica
von
Giovanni Battista Ferrandini
erfolgte die Einweihung. 1781 wurde
Mozarts
Idomeneo
uraufgefuhrt.
Als die erste stehende deutsche Theatertruppe unter Kurfurst
Karl Theodor
nach der Auflosung der italienischen Oper als ?National-Schaubuhne“ in das ?Kurfurstliche Hof- und Nationaltheater“ (wie ab 1795 das Alte Residenztheater genannt wurde) uberwechselte, konnte das baufallige Haus am Salvatorplatz 1799 geschlossen werden.
[2]
Fur ein großes Publikum war das Theater mit 560 Platzen jedoch zu klein, in Munchen entstand daher nach 1800 das
Nationaltheater
als Hauptspielort der
Bayerischen Staatsoper
; das Residenztheater wurde aber weiterhin fur Auffuhrungen benutzt und nach zeitweiser Zweckentfremdung als Dekorationsmagazin auf Wunsch von Konig
Max II. Joseph
restauriert. Im
Zweiten Weltkrieg
wurde das Theater zerstort, der Zuschauerraum mit den Logenrangen war aber zuvor ausgelagert worden.
In den 1950er Jahren wurden die Stimmen immer lauter, die eine Rekonstruktion des alten Residenztheaters von Cuvillies forderten. Da ein Wiederaufbau an der ursprunglichen Stelle durch das inzwischen dort errichtete Neue Residenztheater (siehe folgender Abschnitt) nicht moglich war, wurde es 1958 an anderer Stelle in der Residenz, im ehemaligen
Apothekerstock
des Festsaalbaus, neu aufgebaut; der Zuschauerraum wurde mit Hilfe der im Krieg ausgelagerten Teile weitgehend originalgetreu rekonstruiert. Dieses Theater wird seither
Altes Residenztheater
oder
Cuvillies-Theater
genannt. Das Theater kann besichtigt werden und wird gelegentlich auch durch Ensembles der Bayerischen Staatstheater bespielt.
Das Residenztheater wahrend des Nationalsozialismus (1933?1945)
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Das Residenztheater initiierte mit der Premiere von ?Mitlaufer“
[3]
am 9. November 2023 den Prozess einer fundierten Aufarbeitung um seine Rolle, die Dimensionen und die weitreichende Verantwortung des Bayerischen Staatsschauspiels im Nationalsozialismus aufzuarbeiten. Zu Beginn dieses andauernden Prozesses wurden der deutsch-israelische Regisseur
Noam Brusilovsky
und fur die Recherche Lotta Beckers damit beauftragt sich mit dem widerspruchlichen Erbe seiner Leitungsfiguren der 30er und 40er Jahre zu beschaftigen. In ihrem Rechercheprojekt ?Mitlaufer“ wird ein Fokus auf den Chefdramaturgen
Curt Langenbeck
(1938?1945) und die beiden Intendanten
Oskar Walleck
(1934?1938) und
Alexander Golling
(1938?1945) gerichtet. Die Ergebnisse dieser Recherche und weiterfuhrende kunstlerische sowie wissenschaftliche Aufarbeitungsschritte bilden einen festen Bestandteil fur die historische Reflexion uber das Residenztheater und seine NS-Vergangenheit.
[4]
[5]
In den fruhen Jahren der NS-Herrschaft pragte Oskar Walleck das Munchner Residenztheater. 1932 trat er der
SS
bei und wurde im darauffolgenden Jahr Mitglied der
NSDAP
. Auf Grund seiner Theaterkarriere wurde er 1934 zum Generalintendanten des Bayerischen Staatstheaters ernannt. In dieser Position war er sowohl fur das Staatsschauspiel als auch fur die Staatsoper verantwortlich. Neben seinen Theateraufgaben ubernahm er wichtige Funktionen wie die Prasidentschaft des Deutschen Buhnenvereins und nach Berufung durch
Joseph Goebbels
die Mitgliedschaft im Prasidialrat der Reichstheaterkammer. 1936 wurde er zum Leiter der Obersten Theaterbehorde in Bayern ernannt, einer neu geschaffenen Behorde im Innenministerium der NSDAP.
Oskar Walleck beteiligte sich aktiv an der Umsetzung der
Nurnberger Gesetze
von 1935, indem er sich gegen die Weiterbeschaftigung von Schauspielerinnen und Schauspielern mit judischen Ehepartnerinnen oder Ehepartnern aussprach und einen Theaterkritiker im selben Jahr als ?judisch“ denunzierte. Nach seiner Beurlaubung im September 1938 setzte er seine Karriere im von Deutschland besetzten Tschechien als Generalintendant der Deutschen Theater Prag 1939 fort.
Alexander Golling und Curt Langenbeck: Neue Akteure im NS-Kontext
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Nach Wallecks Ausscheiden ubernahm Alexander Golling
[6]
die Leitung des Staatsschauspiels. Golling, Mitglied der NSDAP seit 1933 und kurz zuvor zum Staatsschauspieler ernannt, fuhrte das Theater von 1938 bis 1945, in einer Zeit, in der die Kunst eng mit der nationalsozialistischen Ideologie verflochten war. Alexander Golling verkehrte sowohl vor als auch wahrend seiner Tatigkeit als Staatsintendant am Residenztheater in den obersten Kreisen der NSDAP, unter anderem mit
Adolf Hitler
und Kultusminister und Gauleiter Adolph Wagner. Als Chefdramaturg wurde Curt Langenbeck eingesetzt, ein systemtreuer Dramatiker, der zwar kein Parteimitglied war, aber eine volkisch orientierte Denkweise vertrat und in seiner Tatigkeit als Schriftsteller an der Ausgestaltung der NS-Ideologie arbeitete.
Nach der Zerstorung im Zweiten Weltkrieg wurde zwischen 1949 und 1951 auf den Grundmauern des alten Residenztheaters ein neues Theater, das heutige
Residenztheater
, errichtet. Außer den in den neuen Bau integrierten Umfassungsmauern hat das neue Haus jedoch nichts mehr mit dem alten Hoftheater gemein. Die Fassade zwischen Nationaltheater und Konigsbau der Residenz gestaltete der Architekt
Karl Hocheder
jedoch klassizierend mit sieben Eingangsportalen im Erdgeschoss, daruber eine durchgehende von schmalen Stahlsaulen gegliederte Glasfront, hinter der im Obergeschoss die Wandelhalle liegt. Daruber liegen noch an der zuruckgesetzten Fassade des zweiten Obergeschosses sechs Fenster mit
Mezzanin
, dort wo einst der 1854 errichtete Wintergarten des Konigs lag.
Im Inneren fuhrt die eingezwangte Lage des Baus zu einer Achsenverschiebung von Eingangshalle und Zuschauerraum nach Norden. Die Buhnenanlage sollte modernsten Anspruchen gerecht, die Zuschauerzahl verdoppelt werden. Hocheder und der fur die Buhnentechnik zustandige Professor
Adolf Linnebach
entwarfen ein mit uber 1000 Sitzplatzen ausgestattetes Theater mit einer der am besten ausgestatteten wandlungsfahigen Buhnen seiner Zeit. Der Neubau wurde jedoch wegen der unerwartet hohen Kosten und der wenig bemerkenswerten architektonischen Gestaltung an einem derart wichtigen stadtebaulichen Ort in der Offentlichkeit wie in Fachkreisen heftig kritisiert. Trotz der Schwierigkeiten der
Nachkriegszeit
wurde das neuerbaute Residenztheater am 28. Januar 1951 zum ersten Mal mit
Der Verschwender
von
Ferdinand Raimund
bespielt.
Ab dem 1. August 1988 wurde das Theater nach Planen
Alexander Freiherr von Brancas
umfassend renoviert und umgestaltet. Nun wurde der Verlust von fur die 1950er Jahre typischer Architektur kritisiert. Das Deckengemalde
Nachthimmel
, das den Raum symbolisch nach oben hin offnen soll, stammt von
Fred Thieler
(1988/89) und verschlang den großten Teil der Mittel fur
Kunst am Bau
. Baufehler wie die anfangs schlechte Beleuchtung verursachten zusatzliche Kosten. Am 18. Oktober 1991 wurde das Theater neuerlich mit einer Inszenierung von Raimunds
Der Verschwender
wieder eroffnet. Nach der Neugestaltung des Zuschauerraums verblieben noch 881 Sitzplatze. 2011 wurden das Foyer und die Raumlichkeiten mit Blick auf den Max-Joseph-Platz im ersten Obergeschoss durch
Konstantin Grcic
umgestaltet.
Das Residenztheater ist Hauptspielstatte des
Bayerischen Staatsschauspiels
. Es ist eines der traditionsreichsten und mit einem Ensemble von uber 50 Schauspielern und mehr als 450 Mitarbeitern großten Sprechtheater im deutschsprachigen Raum. Seine Historie beginnt im 18. Jahrhundert als Kurfurstliches Hof- und Nationaltheater. Bespielt werden drei Spielstatten: das Residenztheater am Max-Joseph-Platz mit 881 Platzen, das Cuvillies-Theater mit 437 Platzen und der Marstall mit ca. 146 Platzen, alle in unmittelbarer Nachbarschaft der Residenz im Herzen Munchens.
In den Spielzeiten 2011/2012 bis 2018/2019 wurde das Residenztheater von dem Osterreicher
Martin Ku?ej
geleitet und internationale Dramatik von
Shakespeare
und
Schiller
uber
Ibsen
bis zur Gegenwart sowie experimentelle und offene Formen wie die Theaterabende von
Oliver Frlji?
,
Milo Rau
oder Bernhard Mikeska gezeigt. In dieser Zeit arbeiteten u. a. Regisseure wie
Frank Castorf
,
David Bosch
, Matjea Kole?nik,
Andreas Kriegenburg
, Amelie Niermeyer,
Tina Lanik
,
Anne Lenk
oder
Ulrich Rasche
sowie zahlreiche junge Regisseure wie Robert Gerloff,
Katrin Plotner
oder Zino Wey am Residenztheater.
Seit 2019 ist
Andreas Beck
Intendant. Das Residenztheater unter seiner kunstlerischen Leitung steht fur ein Ensembletheater, das den Schwerpunkt auf zeitgenossische Dramatik mit Urauffuhrungen und Neudichtungen neben der Pflege eines klassischen Repertoires legt. Klassische Stoffe und Texte werden aus dem Hier und Jetzt heraus befragt und erfahren eine Neudichtung oder Ubertragung. Mit der Urauffuhrung von
Ewald Palmetshofers
fur das Residenztheater als Auftragswerk entstandenem Theatertext
Die Verlorenen
wurde die erste Spielzeit der neuen Intendanz am 19. Oktober 2019 im Residenztheater eroffnet.
Am Residenztheater arbeiten die Hausregisseure
Julia Holscher
,
Thom Luz
und
Nora Schlocker
sowie weitere bekannte Regisseure, u. a.
Stefan Bachmann
,
Claudia Bauer
,
Sebastian Baumgarten
,
Calixto Bieito
,
Michał Borczuch
,
Robert Borgmann
,
Silvia Costa
,
Andras Domotor
,
Alexander Eisenach
,
Max Farberbock
,
Joe Hill-Gibbins
,
Karin Henkel
,
Stephan Kimmig
,
Elsa-Sophie Jach
,
Schorsch Kamerun
,
Peter Kastenmuller
,
Stephan Kimmig
,
Tilmann Kohler
,
Bastian Kraft
,
Daniela Kranz
,
Antonio Latella
,
Kyungsung Lee
,
Milo? Loli?
,
Ulrich Rasche
,
Georg Ringsgwandl
,
Lydia Steier
und
Simon Stone
,
Evgeny Titov
.
Zu dem Ensemble des Residenztheaters gehoren viele bekannte Schauspieler:
Liliane Amuat
,
Benito Bause
,
Mareike Beykirch
,
Linda Blumchen
,
Sibylle Canonica
,
Carolin Conrad
,
Valentino Dalle Mura
,
Massiamy Diaby
,
Robert Dolle
,
Elias Eilinghoff
,
Christian Erdt
,
Christoph Franken
,
Vincent Glander
,
Michael Goldberg
,
Evelyne Gugolz
,
Franziska Hackl
,
Pia Handler
,
Steffen Hold
,
Barbara Horvath
,
Florian Jahr
,
Camill Jammal
,
Katja Jung
,
Nicola Kirsch
,
Juliane Kohler
,
Thomas Lettow
,
Vincent zur Linden
,
Florian von Manteuffel
,
Nicola Mastroberardino
,
Max Mayer
,
Barbara Melzl
,
Niklas Mitteregger
,
Antonia Munchow
,
Johannes Nussbaum
,
Thomas Reisinger
,
Max Rothbart
,
Lukas Ruppel
,
Noah Saavedra
,
Hanna Scheibe
,
Myriam Schroder
,
Charlotte Schwab
,
Lisa Stiegler
,
Oliver Stokowski
,
Cathrin Stormer
,
Thiemo Strutzenberger
,
Yodit Tarikwa
,
Luana Velis
,
Michael Wachter
,
Ulrike Willenbacher
,
Simon Zagermann
und
Moritz von Treuenfels
.
- ↑
Das Bayerische Staatsschauspiel
, Homepage Residenztheater, Abruf 28. Oktober 2018
- ↑
Franz Michael Rudhart
:
Geschichte der Oper am Hofe zu Munchen
, S. 135.
- ↑
Mitlaufer | residenztheater.de.
Abgerufen am 12. Dezember 2023
(deutsch).
- ↑
Christian Jooß-Bernau:
Munchen: "Mitlaufer" im Marstall.
8. November 2023,
abgerufen am 12. Dezember 2023
.
- ↑
Residenztheater arbeitet eigene NS-Vergangenheit auf.
11. November 2023,
abgerufen am 12. Dezember 2023
.
- ↑
Mehr als eine Familiengeschichte: Claudia Golling aus Rottach-Egern tritt im Residenztheater auf.
9. Dezember 2023,
abgerufen am 12. Dezember 2023
.
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Koordinaten:
48° 8′ 23,8″
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,
11° 34′ 43,6″
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