Plesiosaurus
ist eine ausgestorbene
Gattung
langhalsiger Meeresreptilien aus der gleichnamigen
Klade
der
Plesiosauria
. Entdeckt von der
Fossiliensammlerin
und
Palaontologin
Mary Anning
im fruhen
19. Jahrhundert
in der Nahe des britischen
Lyme Regis
, stellt
Plesiosaurus
eines der ersten ausgestorbenen Meeresreptilien dar, die wissenschaftlich beschrieben wurden. Als "
Archetyp
" eines Plesiosauriers wurden der Gattung
Plesiosaurus
seit ihrer Erstbeschreibung hunderte
Arten
aus verschiedenen Abschnitten des
Mesozoikums
zugeordnet. Nach aktuellem Stand beschrankt sich die Gattung hingegen nur auf die von Anning entdeckte Art
Plesiosaurus dolichodeirus
aus dem
Unterjura
von
Großbritannien
.
Wie bei allen anderen Plesiosauria war der Korper von
Plesiosaurus
an ein Leben im Meer angepasst, so verfugte die Gattung wie viele andere Meeresreptilien und Meeressauger uber zu Paddel umgewandelte Gliedmaßen, wobei die Vorderpaddel bei
Plesiosaurus
etwas langer als die Hinterpaddel waren. Fur die meisten Plesiosauroideen typisch war der Hals von
Plesiosaurus
ebenfalls stark verlangert und bestand bei
Plesiosaurus
aus 40 Halswirbeln. An dessen Ende saß ein verhaltnismaßig kleiner
Schadel
mit einem Gebiss aus spitz zulaufenden
Zahnen
.
Zu den Merkmalen, die
Plesiosaurus
von anderen bekannten Plesiosauria unterscheidet, zahlen unter anderem auch ein relativ kurzer Schadel mit einer breiten, aber dennoch spitz zulaufenden Schnauze, nahezu kreisrunde
Schlafenfenster
, sowie Merkmale des
Brust-
und
Beckengurtels
.
Plesiosaurus
war eine relativ kleine Gattung von Plesiosauriern, die eine Lange von etwa 3,5 Metern erreichte.
Die Gattung
Plesiosaurus
fand erstmals Erwahnung in einer Abhandlung der britischen
Geologen
Henry Thomas de la Beche
und
William Daniel Conybeare
im Jahr 1821 uber Fossilfunde aus dem
jurassischen
Blue Lias
. Darin beschreiben sie unter anderem
Wirbel
und Paddelreste eines bis dato unbekannten Meeresreptils, das laut de la Beche und Conybeare mehr Ahnlichkeiten mit einem
Krokodil
als dem damals bereits bekannten
Ichthyosaurus
aus den gleichen
Schichten
aufweist. Sie benennen es infolgedessen als die neue Gattung
Plesiosaurus
, allerdings ohne eine passende biologische Art einzufuhren.
Die formale Benennung der
Typusart
Plesiosaurus dolichodeirus
erfolgte erst 1824 durch Conybeare anhand eines von der britischen Sammlerin und Palaontologin
Mary Anning
im Dezember 1823 gefundenen und skizzierten
Skeletts
aus dem
Sinemurium
nahe
Lyme Regis
. Conybeare beschreibt erstmals den langen Hals und Paddel von
Plesiosaurus
und fertigt eine erste Rekonstruktion des Skeletts an. Die Fortbewegung von
Plesiosaurus
interpretiert Conybeare als ahnlich zu den heutigen
Meeresschildkroten
, wobei die Tiere sich nahe der Wasseroberflache aufhielten und mit ihrem Hals ahnlich einem
Schwan
unter Wasser nach Nahrung suchten (eine Funktionsweise des Halses, die heute nicht mehr unterstutzt wird
[2]
[3]
).
Conybeare berichtet in seiner Arbeit ebenfalls von einer weiteren
Plesiosaurus
-Art, die uber einen deutlich kurzeren Hals als
P. dolichodeirus
verfugte und von Conybeare
Plesiosaurus giganteus
genannt wird (tatsachlich ein
Pliosaurid
[4]
). Da das ursprunglich von de la Beche und Conybeare als
Plesiosaurus
beschriebene Material von verschiedenen Fundorten stammt und nicht ausreichend beschrieben wurde, wurde Annings Skelett von den nachfolgenden Autoren sowohl als Typus fur die Art
P. dolichodeirus
als auch fur die Gattung
Plesiosaurus
verwendet. Eine von
James Parkinson
anhand des Materials von de la Beche und Conybeare bereits 1822 aufgestellte Art names
Plesiosaurus priscus
stellt lediglich ein
nomen dubium
dar. Mary Anning und ihre Leistung bleiben in Conybeares Werk vollkommen unerwahnt.
Im Laufe der folgenden 170 Jahre wurden hunderte weiterer Arten
Plesiosaurus
zugeordnet. Diese stammten teilweise wie
P
.
dolichodeirus
aus dem Lyme Regis, aber auch aus anderen Teilen der Welt und erstreckten sich uber einen Zeitraum von der
Obertrias
bis zum Ende der
Kreide
. Aus dem Lyme Regis wurde so von dem
Anatomen
Richard Owen
anhand ebenfalls von Anning gefundener Reste der Gliedmaßen und der
Wirbelsaule
die Art
Plesiosaurus macromorus
beschrieben.
Der Erste, der sich detailliert der
Taxonomie
der ursprunglichen Gattung annahm, war der Palaontologe Glenn W. Storrs in 2003. Storrs zeigte, dass Owens
P. macromorus
lediglich ein Synonym von
P. dolichodeirus
darstellt. Weiterhin konnte Storrs darlegen, dass sich die Gattung
Plesiosaurus
wohl nur auf die Typusart
P. dolichodeirus
beschrankt, wahrend die zahlreichen anderen Arten der Gattung nicht zugeordnet werden konnen. Einzige Ausnahme bilden laut Storrs die Reste von
Plesiosaurus guilelmiimperatoris
aus dem
Toarcium
von
Baden-Wurttemberg
. Dieser wird mittlerweile auch in eine eigene Gattung namens
Seeleyosaurus
gestellt.
[5]
Als eines der fruhesten Mitglieder der
Plesiosauria
steht
Plesiosaurus
nahe der Basis der Gruppe
Plesiosauroidea
. Gelegentlich wird
Plesiosaurus
mit anderen fruhen Vertretern wie
Seeleyosaurus
und
Hydrorion
in eine eigene Familie namens
Plesiosauridae
gestellt.
Gekurztes
Kladogramm
der Plesiosauroidea nach Ketchum & Benson (2010).
[6]
Gekurztes Kladogramm der Plesiosauroidea nach Benson & Druckenmiller (2013).
[7]
Die Schichten in welchen
Plesiosaurus dolichodeirus
gefunden wurde, wurden in einem
Flachmeer
, nicht besonders weit von der Kuste entfernt abgelagert. Diesen Lebensraum teilte sich
Plesiosaurus
mit vielen anderen Meeresreptilien, darunter den Pliosauriden
Archaeonectrus
und mehrere Gattungen von
Ichthyosauriern
wie
Ichthyosaurus
,
Leptonectes
und
Temnodontosaurus
.
Neben anderen typischen Meerestieren wie
Muscheln
und
Ammoniten
finden sich außerdem auch Reste von Landorganismen wie
Insekten
und verschiedenen
Pflanzen
. Auch Fossilien von Landreptilien wie dem
Pterosaurier
Dimorphodon
und dem
Dinosaurier
Scelidosaurus
sind aus den Schichten von Lyme Regis bekannt.
[8]
- Conybeare, W. D. (1824). XXI.?On the discovery of an almost perfect skeleton of the
Plesiosaurus
.
Transactions of the Geological Society of London
, 2(2), 381?389.
- De la Beche, H. T., & Conybeare, W. D. (1821). XXX.?Notice of the discovery of a new Fossil Animal, forming a link between the
Ichthyosaurus
and Crocodile, together with general remarks on the Osteology of the
Ichthyosaurus
.
Transactions of the Geological Society of London
, 1(1), 559?594.
- Storrs, G. W. (1997). Morphological and taxonomic clarification of the genus
Plesiosaurus
. In
Ancient Marine Reptiles
(pp. 145?190). Academic Press.
doi:10.1016/B978-012155210-7/50010-7
- ↑
https://paleobiodb.org/classic/basicTaxonInfo?taxon_no=100059
- ↑
Zammit, M., Daniels, C. B., & Kear, B. P. (2008). Elasmosaur (Reptilia: Sauropterygia) neck flexibility: Implications for feeding strategies.
Comparative Biochemistry and Physiology Part A: Molecular & Integrative Physiology
, 150(2), 124?130.
- ↑
Noe, L. F., Taylor, M. A., & Gomez-Perez, M. (2017). An integrated approach to understanding the role of the long neck in plesiosaurs.
Acta Palaeontologica Polonica
, 62(1), 137?162.
- ↑
Knutsen, E. M. (2012). A taxonomic revision of the genus
Pliosaurus
(Owen, 1841a) Owen, 1841b.
Norwegian Journal of Geology
, 92, 259?276.
- ↑
Großmann, F. (2007). The taxonomic and phylogenetic position of the Plesiosauroidea from the Lower Jurassic Posidonia Shale of South-West Germany.
Palaeontology
, 50 (3), 545?564.
doi:10.1111/j.1475-4983.2007.00654.x
- ↑
Ketchum, H.F. & Benson, R.B.J. (2010). Global interrelationships of Plesiosauria (Reptilia, Sauropterygia) and the pivotal role of taxon sampling in determining the outcome of phylogenetic analyses.
Biological Reviews
, 85 (2), 361?392.
doi:10.1111/j.1469-185X.2009.00107.x
- ↑
Benson, R.B.J. & Druckenmiller, P.S. (2013). Faunal turnover of marine tetrapods during the Jurassic-Cretaceous transition.
Biological Reviews
, 89 (1), 1?23.
doi:10.1111/brv.12038
- ↑
Benton, M.J. & Spencer, P.S. (1995). British Early Jurassic fossil reptile sites. In:
Fossil Reptiles of Great Britain
, 97?121.
doi:10.1007/978-94-011-0519-4_5