Paul Adler

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Paul Adler

Paul Adler (geboren 4. April 1878 [1] in Prag , Osterreich-Ungarn ; gestorben 8. Juni 1946 in Zbraslav bei Prag) war ein osterreichisch-tschechischer Schriftsteller, Journalist und Ubersetzer, u. a. von Paul Claudel , Max Elskamp , Gustave Flaubert und Camille Lemonnier .

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Paul Adler wurde als zweites Kind einer judischen Kaufmannsfamilie in Prag geboren. Er besuchte das deutsche K.k. Staats-Obergymnasium Am Graben , studierte an der Prager deutschen Karlsuniversitat Jura und Volkswirtschaftslehre ( Promotion zum Dr. jur. 1901) und fungierte mehrere Semester als Schriftfuhrer und Obmann der Abtheilung fur Literatur und Kunst der Lese- und Redehalle der deutschen Studenten in Prag in Prag. [2] Gleichzeitig war er mit den Ideen zu einer geistigen Erneuerung des Judentums von Martin Buber , den er personlich kannte, vertraut und stand ihnen nahe. Dem Prager zionistischen Studentenkreis um Hugo Bergmann (dem auch Max Brod angehorte) schloss er sich dennoch nicht an: [3] Adler war Kosmopolit.

Da Adler am Geschaft seines Vaters kein Interesse hatte, fuhrte es die altere Schwester Hedwig (1876?1942, Theresienstadt) mit ihrem Mann Ignaz Hubscher (1861?1942, Theresienstadt) weiter, wahrend Adler ? nach einer kurzen Anstellung am Reichskammergericht in Wien, die er aufgrund von Gewissenskonflikten niederlegte ? 1903 eine mehrere Jahre dauernde Wanderschaft durch Europa begann, begleitet von seinem Verleger und Freund Jakob Hegner . In Paul Peterichs Haus in der Nahe von Florenz, einem Treffpunkt der Boheme, lernte er 1908 seine Lebensgefahrtin, Anna Kuhn (geb. Du?ik; 1874?1950), kennen, mit der er seit 1910 zusammenlebte und ab 1925 verheiratet war. Aus der Beziehung gingen zwei Kinder hervor: Elisabeth (geb. 1912?unbekannt) und Johann Josef (1914?1975).

1911 ließ sich das Paar in Berlin nieder, wo Adler Anschluss an den Autorenkreis der Neuen Blatter um Erich Baron und Carl Einstein fand. Ab 1912 lebte er mit seiner Familie in Hellerau , der ersten deutschen Gartenstadt (nahe Dresden), in der sich eine Kunstler- und Kunsthandwerkerkolonie gebildet hatte, die der Lebensreform nahestand. Franz Kafka besuchte ihn dort. Diesem Besuch und Adlers Zeit in Hellerau hat Durs Grunbein in seinem Erinnerungsbuch Die Jahre im Zoo (2015) ein literarisches Denkmal gesetzt.? In Hellerau veroffentlichte Adler in der kurzen Zeitspanne von 1914 bis 1916 seine dichterischen Hauptwerke Elohim , Namlich und Die Zauberflote . Er gehorte aber weiterhin zum Autorenkreis verschiedener expressionistischer Zeitschriften, vor allem der von Franz Pfemfert gegrundeten Berliner Aktion . 1917 wurde er fur Elohim und Die Zauberflote mit dem Berliner Fontane-Preis durch den damaligen Juror Franz Blei ausgezeichnet. [4] [5]

Adler war uberzeugter Pazifist. Der Einberufung zum Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg konnte er sich  durch ein arztliches Attest, das ihm psychische Storungen bescheinigte, entziehen. ?  Wahrend der Dresdner Novemberrevolution wurde Adler politisch aktiv: Er war Mitglied der Unabhangigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands , Grundungsmitglied einer Sozialistischen Gruppe geistiger Arbeiter und gewahltes Mitglied in deren Propagandaausschuss ? gemeinsam u. a. mit Conrad Felixmuller , Camill Hoffmann und Friedrich Wolf . In dieser Funktion arbeitete er auch mit dem Dresdner Arbeiter- und Soldatenrat um Otto Ruhle zusammen [6] und versuchte zugleich wahrend der Straßenkampfe zwischen den verfeindeten Parteien zu vermitteln. [7]

1921 ubersiedelte Adler mit seiner Familie fur kurze Zeit in die eben gegrundete Tschechoslowakische Republik und arbeitete als Feuilletonist fur die von Masaryk gegrundete Prager Presse . Enttauscht uber den anwachsenden tschechischen Nationalismus, kehrte er aber schon 1923 nach Hellerau zuruck und finanzierte sich fortan vor allem durch Ubersetzungen; Adler sprach 14 Sprachen.

Nach einem gewaltsamen Ubergriff der SA in seinem Hellerauer Haus, von dem Conrad Felixmuller berichtet, [8] musste Adler im Marz 1933 aus Deutschland fliehen. Den Holocaust uberlebte er ? seit einem ersten Schlaganfall im Juli 1939 halbseitig gelahmt und bettlagerig ? durch die Hilfe seiner Frau in einem Versteck bei Prag. Er starb 1946 nach einem zweiten Schlaganfall.

Sein Grab befindet sich auf dem Neuen Judischen Friedhof in Prag .

In seinen Werken zeigt sich Adler als Vorlaufer erzahltechnischer Methoden der Moderne. Kritische Wurdigung erhielt sein Werk u. a. von Carl Einstein , Albert Ehrenstein und Mynona .

Bibliographie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Romane und Erzahlungen
  • Elohim. Erzahlungen. Hellerauer Verlag, Hellerau 1914.
  • Namlich. Roman. Hellerauer Verlag, Hellerau 1915.
  • Die Zauberflote. Roman. Hellerauer Verlag, Hellerau 1916.
Sachliteratur
  • Vom Geist der Volkswirtschaft. Barger, Berlin 1917.
  • Sachworterbuch zur japanischen Literatur. Frankfurter Verlags-Anstalt, Frankfurt a. M. 1925.
  • mit Michael Revon: Japanische Literatur. Geschichte von den Anfangen bis zur neuesten Zeit. Frankfurter Verlags-Anstalt, Frankfurt a. M. 1926.
Neudrucke in Anthologien
  • Der Tor Platon. In: Otto Pick: Deutsche Erzahler aus der Tschechoslowakei. Heris, Reichenberg 1992, S. 1?25.
  • Namlich und Die Zauberflote. In: Das leere Haus. Prosa judischer Dichter. Hrsg. von Karl Otten , Cotta, Stuttgart 1959, S. 153?201 und 355?447.
  • Elohim (Auszug aus dem gleichnamigen Elohim ) in: Ego und Eros. Hrsg. von Karl Otten. Goverts, Stuttgart 1963, S. 264?280.
  • Das unechte Buch der Johanniden (Auszug aus Elohim ) in: Ahnung und Aufbruch. Expressionistische Prosa. Hrsg. von Karl Otten. Luchterhand, Darmstadt 1977, S. 525?538.
  • Absolute Prosa : Elohim, Namlich, Die Zauberflote und andere Texte. Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Claus Zittel. C. W. Leske, Dusseldorf 2018, ISBN 978-3-946595-06-9 .
Werkausgabe

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Ludo Abicht: Paul Adler, ein Dichter aus Prag . Humanitas, Wiesbaden 1972.
  • Hartmut Binder (Hrsg.): Prager Profile. Vergessene Autoren im Schatten Kafkas . Berlin 1991.
  • Kasimir Edschmid : Die doppelkopfige Nymphe. Berlin 1920, S. 122 ff.
  • Albert Ehrenstein : Das andere Wien. In: Zeitgeist. Beiblatt zum Berliner Tageblatt (1912), Nr. 47.
  • Jurgen Egyptien: Mythen-Synkretismus und apokryphes Kerygma. P. Adlers Werk als Projekt einer Resakralisierung der Welt . In: Klaus Amann, Armin A. Wallas (Hrsg.): Expressionismus in Osterreich. Die Literatur und die Kunste . Bohlau, Wien 1994, S. 379?395.
  • Daniel Hoffmann: Paul Adler. In: Andreas B. Kilcher (Hrsg.): Metzler Lexikon der deutsch-judischen Literatur. Judische Autorinnen und Autoren deutscher Sprache von der Aufklarung bis zur Gegenwart. Metzler, Stuttgart/Weimar 2000, ISBN 3-476-01682-X .
  • Daniel Hoffmann: Eine Vision von judischer Art. Paul Adlers Roman ?Die Zauberflote“ von 1916. In: Trumah 13, Jahrbuch der Hochschule fur Judische Studien. Universitatsverlag Winter, Heidelberg 2003, ISBN 3-8253-1561-4 , S. 209?226.
  • Erich Kleinschmidt : Schreiben auf der Grenze von Welt und Sprache. Radikale Poetik in Paul Adlers ?Namlich“ (1915) . In: Deutsche Vierteljahresschrift fur Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte . Band 73, Nr. 3 (1999), S. 457?477.
  • Karl Otten : Das leere Haus : Prosa judischer Dichter. Stuttgart 1959, S. 625?628 (Biographie und bibliographische Hinweise).
  • Markus Rassiller: Schizopoetik. Schizophrenie und poetologische Konstellation in Paul Adlers ?Namlich“ . In: Jan Broch, Markus Rassiller (Hrsg.): Schrift-Zeiten. Poetologische Konstellationen von der Fruhen Neuzeit bis zur Postmoderne . USB, Koln 2006, S. 129?155.
  • Annette Teufel: Der ?un?verstandliche“ Prophet. Paul Adler, ein deutsch-judischer Dichter . Thelem, Dresden 2014, ISBN 978-3-942411-57-8 .
  • Meir Wiener : Paul Adler. In: Gustav Krojanker (Hrsg.): Juden in der deutschen Literatur. Berlin 1922, S. 251?259.
  • Adler, Paul. In: Lexikon deutsch-judischer Autoren . Band 1: A?Benc. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, Munchen 1992, ISBN 3-598-22681-0 , S. 69?72.
  • Adler, Paul. In: Nessun Sapra: Lexikon der deutschen Science Fiction & Fantasy 1870?1918. Utopica, 2005, ISBN 3-938083-01-8 , S. 31 f.
  • Die Aktion . Sonderheft Paul Adler. 6. Jahrgang, Heft 22/23 (3. Juni 1916). Darin: Glauben aus unserer Zeit und weitere Texte Adlers ( Digitalisat http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3DDieAktion06jg1916~MDZ%3D%0A~SZ%3Dn160~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D ).

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Wikisource: Elohim  ? Quellen und Volltexte

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Laut Eintrag im ?Geburtsbuch der Stadt Prag fur das Jahr 1878, Abteilung der Knaben“. Vgl. auch die Abschrift in: Ludo Abicht: Paul Adler, ein Dichter aus Prag . Wiesbaden 1972, S. 43. In der Literatur ist gelegentlich auch der 3. April zu finden, beispielsweise in:
    • Desider Stern: Bucher von Autoren judischer Herkunft in deutscher Sprache . Agora, Darmstadt 1967
    • Wilhelm Sternfeld und Eva Tiedemann: Deutsche Exil-Literatur 1933?1945 . 2. Auflage, Schneider, Heidelberg 1970
    • Gero von Wilpert : Deutsches Dichterlexikon. Biographisch-bibliographisches Handworterbuch zur deutschen Literaturgeschichte (= Kroners Taschenausgabe . Band 288). 3., erweiterte Auflage. Kroner, Stuttgart 1988, ISBN 3-520-28803-6 .
    Der 4. April als Geburtstag ist zu finden in:
    • Kurschners Deutscher Literaturkalender. Nekrolog 1936?1970 . Gruyter, Berlin 1973
    • Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 . Band 2, Saur, Munchen 1983.
    • Paul Raabe: Die Autoren und Bucher des Literarischen Expressionismus . Metzler, Stuttgart 1985
    • Walther Killy (Hrsg.): Literatur-Lexikon . Band 1, Bertelsmann, Gutersloh [u. a.] 1988.
  2. Vgl. Annette Teufel: Der 'un-verstandliche' Prophet. Paul Adler, ein deutsch-judischer Dichter . Thelem, Dresden 2014, S.   30 .
  3. Vgl. Annette Teufel: Der 'un-verstandliche" Prophet. Paul Adler, ein deutsch-judischer Dichter . Thelem, Dresden 2014, S.   104–122 .
  4. Theater und Kunst. In:  Wiener Zeitung , 30. November 1917, S. 29 (online bei ANNO ). Vorlage:ANNO/Wartung/wrz
  5. Meldungen aus aller Welt. In:  Grazer Tagblatt , 30. November 1917, S. 8 (online bei ANNO ). Vorlage:ANNO/Wartung/gtb
  6. Vgl. Frank Almai: Expressionismus in Dresden. Zentrenbildung der literarischen Avantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland . Thelem, Dresden 2005, S.   219   f .
  7. Vgl. Ludo Abicht: Paul Adler, ein Dichter aus Prag . Humanitas, Wiesbaden 1972, S.   22 .
  8. Vgl. Conrad Felixmuller: Menschen … erlebt, gezeichnet, gemalt. Ein autobiographisches Fragment. In: Die Horen . Band   33 (1988) , Nr.   152 , S.   139 .