Neo-Osmanismus

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Ahmet Davuto?lu (hier rechts mit dem bulgarischen Außenminister Nikolaj Mladenow ) gilt als einer der Hauptinitiatoren der neuen Außenpolitik, ohne selbst den Begriff Neoosmanismus zu verwenden

Neo-Osmanismus ( turkisch Neo-Osmanlıcılık oder Yeni Osmanlıcılık ) oder Neo-Osmanentum ist ein vieldeutiges politisches Schlagwort . Neo-Osmanismus wird auch in einem kritischen Sinne verwendet, um Vorbehalte gegen die turkische Außenpolitik auszudrucken und ferner um mogliche neoimperiale Absichten der Turkei, die verstarkte Hinwendung der Turkei zum Islam und die Ausrichtung der Außenpolitik auf die arabische Welt und damit auf die fruhere Einflusssphare des Osmanischen Reiches zu umschreiben. Als Protagonisten des Neo-Osmanismus gelten der turkische Prasident Recep Tayyip Erdo?an [1] und der ehemalige turkische Ministerprasident Ahmet Davuto?lu , der die Bezeichnung allerdings ablehnt. [2]

Der Osmanismus war ursprunglich eine in der Tanzimat -Zeit aufgekommene Vorstellung, die alle Einwohner des Osmanischen Reiches als gleichberechtigte Burger betrachtet, ohne Ansehen der Religion oder der Ethnie im Gegensatz zur damaligen Organisation in Millets .

Verwendung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ursprunglich diente der Begriff Neo-Osmanismus nach Angaben von Kemal Karpat zur Beschreibung der turkischen Expansionspolitik bei der Besetzung Zyperns . [3]

Bassam Tibi definierte den Begriff Neo-Osmanismus 1997 als ?Vision“. Tibi beschrieb damit die Politik Erbakans und dessen Versuch der ?Neubelebung der großturkischen, osmanischen Vergangenheit“ zu beschreiben. Erbakan sei Neo-Osmanist und Panturkist zugleich. In der Turkei jener Jahre hatten der neo-osmanische Panturkismus, der islamische Fundamentalismus und der Kemalismus im Wettstreit miteinander gelegen. [4]

Die Zeitschrift fur Internationale Politik definierte den Begriff April 2009 als ?ideologische Stromung“ und verwendete den Begriff, um das verstarkte Engagement der Turkei in der arabischen Welt und die Hinwendung zur Hamas unter Berufung auf das osmanische Erbe zu beschreiben. [5] Verwendet wird der Begriff, um den wachsenden Einfluss der Turkei im Nahen Osten zu umschreiben. Die Turkei sei mit ihrer weichen Macht ein Gegenpol zur ?harten Macht“ des Iran oder Israels . Allerdings beinhalte der Begriff die Unterstellung, ?an die mehrhundertjahrige Herrschaft der turkischen Osmanen uber die Region anzuknupfen.“ [6]

Laut Gero Erdmann und Olga Herzog vom Hamburger Institut fur Afrika-Studien wird Neo-Osmanismus in erster Linie von Kritikern verwendet, um Vorbehalte gegen eine aktivere Rolle der Turkei im Nahen Osten und der Welt auszudrucken. [7] Nimet Seker verwendete 2009 Neo-Osmanismus im Sinne einer Ruckbesinnung auf die osmanische Einflusssphare und die ?Wiederbelebung imperialer Absichten.“ [8]

Karen Kruger schrieb 2011, dass sich im Neo-Osmanismus ?islamische Uberlegenheitssehnsucht mit patriotischer Ermutigung“ verbinde. Die Ruckbesinnung auf das osmanische Erbe sei ein wesentlicher Teil der turkischen Kulturpolitik. [9]

Die turkische Außenpolitik orientierte sich nach der Jahrtausendwende zweimal neu. Einer auf Europa und das westliche Bundnis gerichteten Phase folgte ab etwa 2011 eine solche, die Politikwissenschaftler als Neo-Osmanismus bezeichnen, die ihrerseits 2016 durch eine als ? Eurasismus “ gesehene abgelost wurde. [10]

Im innenpolitischen Kontext wird der Begriff auch mit der Ruckbesinnung auf die turkische Geschichte vor der Republikgrundung 1923 verstanden, beispielsweise mit einer Neubewertung von Sultan Abdulhamid II. , und verstarkter historischer Forschung in der Turkei uber diese Zeit. [11]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Florian Calian: Altes Trauma: Erdogans toxische Re-Islamisierung der Hagia Sophia . In: Neue Zurcher Zeitung . ( nzz.ch ).
  2. I am not a neo-Ottoman, Davuto?lu says. In: todayszaman.com. 25. November 2009, archiviert vom Original am 4. Dezember 2013 ; abgerufen am 23. Juli 2012 .
  3. Kemal H. Karpat: Studies on Ottoman Social and Political History: Selected Articles and Essays. Leiden 2002, S. 524
  4. Bassam Tibi: Die postkemalistische Turkei zwischen der Europaischen Union und dem panturkischen Islamismus
  5. Kurswechsel mit Tucken
  6. NZZ vom 27. Oktober 2009
  7. Die Turkei in Afrika: Im Schatten des Neo-Osmanismus? (PDF; 433 kB)
  8. Neuorientierung der turkischen Außenpolitik, qantara.de
  9. FAZ vom 16. September 2011
  10. Bundeszentrale fur politische Bildung, 14. Marz 2018, abgerufen am 10. Juli 2022
  11. Der verfuhrerische Glanz des Imperiums. Turkischer Neo-Osmanismus und seine Folgen fur Europa und Nahost, Korber History Forum 2018 , abgerufen am 9. Juli 2022

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]