Michailowski-Theater

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Michailowski-Theater, Sankt Petersburg, ?Platz der Kunste“, Ecke Michailowskaja ulica

Das Staatliche Akademische Opern- und Balletttheater St. Petersburg M.P. Mussorgski ? Michailowski-Theater ( russisch Миха?йловский теа?тр ) in Sankt Petersburg , im 19. Jahrhundert auch ?Theatre Michel“, im 20. Jahrhundert lange ? Maly Theater “ (?Kleines Opernhaus“), ist neben dem Mariinski-Theater das bedeutendste Opernhaus der Stadt. 1833 erbaut, wurde es im 19. Jahrhundert uberwiegend von franzosischen Schauspiel- und Opernensembles bespielt, war in den 1920er Jahren eine wichtige Experimentierstatte fur das sowjetische Musiktheater und verfugt seit 1933 uber eine eigene Ballettkompagnie .

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Historische Ansicht von 1935: Blick auf den ?Platz der Kunste“, auf der linken Seite das Michailowski-Theater

Das Theatergebaude wurde aufgrund eines Dekrets von Zar Nikolaus I. nach einem Entwurf von Alexander Pawlowitsch Brjullow im Stil des Neoklassizismus erbaut. Seinen Namen verdankt es dem Bruder des Zaren, Großfurst Michael Pawlowitsch Romanow , zu dessen Namenstag am 8. November 1833 es eroffnet wurde. [1] [2] Bis zur Russischen Revolution bestritten deutsche, franzosische und italienische Schauspiel- und Opernensembles den Spielbetrieb. Franzosische Stucke wechselten sich mit russischen und deutschen Werken ab. Zwischendurch fanden musikalische Auftritte und Konzerte statt. Zu den renommierten Schauspielern, die im Michailowski auftraten, zahlten Jeanne Sylvanie Arnould-Plessy, Rachel Felix , Lucien Guitry und Sarah Bernhardt . Stucke von Moliere , Victor Hugo , Victorien Sardou und Alexandre Dumas wurden auf Franzosisch aufgefuhrt. Das Theater galt als Haus der franzosischen Kultur. [2]

Nach der kompletten Renovierung der Innenraume, mit der Alberto Cavos, der Architekt des Mariinski-Theaters , beauftragt war, um die Sitzplatzkapazitat zu erhohen, begann 1859 eine neue Epoche. [2] Opera-comique und Operette hielten Einzug im Michailowski-Theater. Besonderen Erfolg hatten die Werke von Jacques Offenbach , darunter 1859 sein Orpheus in der Unterwelt und am 9. April 1866 in Anwesenheit von Zar Alexander II. die russische Erstauffuhrung von La belle Helene . Die weiblichen Hauptrollen verkorperten franzosische Operettendiven wie Hortense Schneider und Anna Judic , die fur ihre erotische Ausstrahlung beruhmt waren. In den 1890er Jahren wurden zunehmend große Opern und Ballette aufgefuhrt. Marius Petipa schuf die Choreografien. Ab der Jahrhundertwende spielten auch Ensembles des Alexandrinski-Theaters und des Mariinski im Michailowski-Theater, deren Stars Fjodor Schaljapin [1] oder Matilda Kschessinskaja waren.

Nach der Machtubernahme der Bolschewiki war das Theater kurzfristig geschlossen. Die franzosischen Theaterensembles mussten das Land verlassen. Am 6. Marz 1918 wurde das Michailowski als Opernhaus mit einer Auffuhrung von Gioachino Rossinis Il barbiere di Siviglia wieder eroffnet. [2]

Prokofjew

Erst in den 1920ern bekam das Theater ein eigenes Ensemble. Unter der Leitung des kunstlerischen Direktors Samuil Abramowitsch Samossud entwickelte es sich zu einer zentralen Experimentierstatte des sowjetischen Musiktheaters. [3] Die ersten beiden Opern von Dmitri Schostakowitsch wurden hier uraufgefuhrt: am 16. Juni 1929 Die Nase (dirigiert von Samossud) und 1934 Lady Macbeth von Mzensk (inszeniert von Nikolai Smolitsch , ebenfalls dirigiert von Samossud). Nach sechzehn Vorstellungen musste Die Nase auf politischen Druck 1931 vom Spielplan genommen werden. [4] Die Vorwurfe gegen die Oper lauteten, ein positiver Held wurde fehlen und die Komposition sei formalistisch . [5] Nach einem nicht signierten ?Verriss“ 1936 in der Prawda wurde Lady Macbeth von Mzensk in der Sowjetunion verboten. Auch Inszenierungen von Wsewolod Meyerhold wurden in den 1930er Jahren von staatlicher Seite heftig kritisiert, die ihm ?antisowjetische Propaganda“ zur Last legte. Seine Neuinszenierung von Tschaikowskis Pique Dame 1935 am Michailowski galt als Verbeugung vor dem von der Regierung verlangten Realismus und wurde dennoch stilbildend. [6] Vom gebildeten Publikum des Hauses gut aufgenommen, jedoch ebenfalls von der kommunistischen Kulturpolitik kritisiert wurde 1946 die szenische Urauffuhrung von Sergei Prokofjews Monumentalwerk Krieg und Frieden . [7] Der Komponist arbeitete bis zu seinem Tod im Jahr 1953 an den Anderungswunschen des Regimes.

Anfang der 1930er Jahre baute der russische Choreograph Fjodor Lopuchow eine Balletttruppe am Michailowski auf. Die erste Premiere, Harlequinade nach einer Komposition von Riccardo Drigo , fand am 13. Juni 1933 statt. [8] Den offiziellen Status nicht nur einer Oper, sondern auch eines Ballettheaters erhielt das Haus erst 1963. [2]

Die letzte Operninszenierung von Meyerhold war Rigoletto am 10. Marz 1939 im Michailowski. Wahrend des Zweiten Weltkriegs konnte das Theater Regisseure wie ihn und Smolitsch nicht mehr beschaftigen und verlor seinen Ruf als Zentrum fur experimentelle Produktionen. [3] Als 1941 die Leningrader Blockade durch das deutsche Heer und die Bombardements der Stadt begannen, wurde das Michailowski-Ensemble nach Orenburg evakuiert , [9] wo es am 1. Mai 1944 das Ballett La Fille mal gardee auffuhrte. [10] Das Theatergebaude blieb unzerstort.

Gegenwart [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Seit 2007 fuhrt der Geschaftsmann Wladimir Kechman als Generaldirektor das Michailowski-Theater, der Haus und Buhnentechnik restaurieren ließ. [11] Michail Tatarnikow ist der musikalische Direktor und Chefdirigent. [12] Mariss Jansons stand dem Theater beratend zur Seite. [1]

2009 wurde Michail Messerer Ballettmeister, im Januar 2018 kunstlerischer Direktor des Balletts. [13] 2011 bis 2013 ubernahm der Spanier Nacho Duato als erster auslandischer Ballettdirektor in Russland seit dem Franzosen Marius Petipa vor uber hundert Jahren die kunstlerische Leitung mit dem Auftrag, die rein klassisch gepragte Kompagnie mit 130 Tanzern zu modernisieren. Die Tanzstars Iwan Wassiljew und Natalja Ossipowa wechselten daraufhin vom Bolschoi- zum Michailowski-Ballett. [14] Duato entwickelte eigene Versionen von Dornroschen , Romeo und Julia sowie Der Nussknacker . [15] 2013 zeigte die Truppe seine Choreographie von Dornroschen an der Bayerischen Staatsoper in Munchen. [16]

Das Michailowski-Ballett gastierte 2008, 2010 und 2013 in London. Nach dem letzten Gastspiel erhielt es 2014 den National Dance Award in der Kategorie ?beste Ballettkompagnie“, und Natalja Ossipowa wurde als ?beste Tanzerin“ fur ihre Auftritte mit dem Michailowski-Ballett ausgezeichnet. [17] Mit der Auffuhrung von Flames of Paris (Пла?мя Пари?жа), einer Choreografie von Wassili Wainonen aus dem Jahr 1932 zur Musik von Boris Assafjew , hatte das Michailowski-Ballett 2014 im David H. Koch Theater in New York City sein Debut in den USA. Das Stuck ist eine Allegorie , die die Franzosische Revolution als Analogie zur Russischen verwendet. Natalja Ossipowa und Iwan Wassiljew tanzten die Hauptrollen. [18]

Im Repertoire des Musiktheaters stehen Opern und Operetten, vor allem Stucke von Tschaikowski , Verdi , Johann Strauss oder Offenbach . 2013 gastierte das Opernensemble bei den Opernfestspielen von Savonlinna . [19]

Name [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach der Russischen Revolution wurde der Name des Hauses mehrfach geandert, zuerst auf ?Ex-Michailowski“, dann auf ?Maly Operny Teatr“ (?Kleines Opernhaus“) oder ?Leningrader Kleines Operntheater“ [4] im Unterschied zum großeren Mariinski, spater ?Staatliches Kleines Theater fur Oper und Ballett Leningrad“ [20] . In der Literatur wird es oftmals verkurzt als ?Maly Theater“ bezeichnet und mitunter mit dem Moskauer Maly-Theater verwechselt. Nach weiteren Namensanderungen wurde es im Jahr 1989 nach dem russischen Komponisten Modest Mussorgski benannt. 2001 tauchte der vorrevolutionare Name wieder auf. Im Jahr 2007 erhielt es seinen ursprunglichen Namen ?Michailowski-Theater“ zuruck mit der seit 1991 gultigen Erganzung ?Staatliches Akademisches Opern- und Balletttheater St. Petersburg M.P. Mussorgski“. [2]

Galerie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Michailowski-Theater  ? Sammlung von Bildern

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b c Joachim Lange: Theater in Sankt Petersburg. Der Anfang von etwas. In: Frankfurter Rundschau , 14. Juli 2009.
  2. a b c d e f History of the Mikhaylovsky Theatre , offizielle Website (englisch), abgerufen am 28. Januar 2018
  3. a b Daniel Jaffe: Historical Dictionary of Russian Music. Scarecrow Press, Lanham MD 2012, ISBN 978-0-8108-5311-9 , S. 200.
  4. a b Eckart Kroplin : Dmitri Schostakowitsch. In: Udo Bermbach (Hrsg.): Oper im 20. Jahrhundert. Entwicklungstendenzen und Komponisten. J. B. Metzler, Stuttgart u. a. 2000, ISBN 3-476-01733-8 , S. 519.
  5. Sigrid Neef : Handbuch der russischen und sowjetischen Oper . Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin (DDR) 1985, S.   533 .
  6. Manfred Hildermeier : Geschichte der Sowjetunion. 1917?1991. Entstehung und Niedergang des ersten sozialistischen Staates. C. H. Beck, Munchen 1998, ISBN 3-406-43588-2 , S. 568.
  7. Sigrid Neef : Handbuch der russischen und sowjetischen Oper . Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin (DDR) 1985, S.   370   f .
  8. Михайловский театр - Театр Оперы и балета им. Мусоргского, Классицизм, Архитектор Брюллов А. П., Росси К. И., Кавос А. К., Искусств пл., 1, Инженерная ул., 1. In: Citywalls.ru. 28. Oktober 2012, abgerufen am 8. August 2016 (russisch).
  9. Wilbur Zelinsky, Leszek A. Kosi?ski: The Emergency Evacuation of Cities. A Cross-national Historical and Geographical Study. Rowman & Littlefield, Savage MD 1991, ISBN 0-8476-7673-0 , S. 157.
  10. Fedor Lopukhov: Writings on Ballet and Music. University of Wisconsin Press, Madison WI 2002, ISBN 0-299-18274-6 , S. 193.
  11. Eva Gerberding: Das Michailowski-Theater. Merian, Ausgabe St. Petersburg 11/2009.
  12. Mikhail Tatarnikov. Staatsoper unter den Linden, Berlin
  13. Artistic Management: Mikhail Messerer, Michailowski Theatre
  14. Rubrik personlich. In: tanz , Januar 2012, S. 30.
  15. Angela Reinhardt: nach russland: Nacho Duato. In: tanz , Oktober 2010, S. 33.
  16. Haus: Bayerische Staatsoper. In: Bayerische.staatsoper.de. Archiviert vom Original am 9. November 2013 ; abgerufen am 8. August 2016 .
  17. National Dance awards honour Natalia Osipova and Rambert's Dane Hurst. In: The Guardian , 27. Januar 2014.
  18. Brian Seibert: By Turns Restrained and Rowdy, in a Playful Revolutionary Tale. Mikhailovsky Ballet Performs ?Flames in Paris‘ in U.S. Debut. In: The New York Times , 16. November 2014.
  19. Archived copy. Archiviert vom Original am 9. November 2013 ; abgerufen am 9. November 2013 .
  20. Sigrid Neef : Handbuch der russischen und sowjetischen Oper . Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin (DDR) 1985, S.   370 .

Koordinaten: 59° 56′ 16,3″  N , 30° 19′ 44,9″  O