Josef Muhlberger

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Josef Muhlberger (* 3. April 1903 in Trautenau in Bohmen , Osterreich-Ungarn ; † 2. Juli 1985 in Eislingen/Fils ) war ein sudetendeutscher Schriftsteller , Ubersetzer und Journalist .

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Josef Muhlberger wuchs in Trautenau auf und schloss sich in den 1920er Jahren mit seinem alteren Bruder Alois Muhlberger (* 14. Juli 1891 in Marschendorf bei Trautenau; † 7. Mai 1965 in Goppingen ), der als Dr. phil. versuchte, das Schulwesen in der Tschechoslowakei zu reformieren, [1] dem Jungvolkischen Bund an. Als Sohne eines deutschen Vaters und einer tschechischen Mutter war ihnen zeitlebens an einer Verstandigung zwischen den Deutschen und Tschechen gelegen. Josef studierte an der Karls-Universitat Prag Germanistik und Slawistik und promovierte 1926 bei August Sauer uber Die Dichtung der Sudetendeutschen in den letzten 50 Jahren zum Dr. phil. Anschließend verbrachte er ein Jahr an der Universitat von Uppsala in Schweden, wo er Kunstgeschichte und Philosophie studierte.

1928 begrundete Josef Muhlberger die Kunst- und Literaturzeitschrift Witiko , benannt nach dem gleichnamigen Roman Adalbert Stifters , die er bis 1930 mit Johannes Stauda zusammen herausgab und die eine Fortsetzung in der Vereinszeitschrift des Witikobundes gefunden hat. 1930 bereiste er mit einigen Freunden Dalmatien , dessen Folklore in seinen Erzahlungen einige Male eine wesentliche Rolle spielen sollte. Muhlberger war mit Max Brod befreundet. Er arbeitete außerdem an der Zeitschrift Sudetenland mit. Er war Gymnasiallehrer in seiner Heimatstadt Trutnov .

Die Nationalsozialisten attackierten Muhlberger fur seine Verbindungen mit tschechischen und judischen Autoren sowie fur die Wahl seiner Motive aus dem tschechischen Kulturkreis; 1938 wurde er Mitglied der Sudetendeutschen Partei , wohl um sich mit den neuen Machthabern zu arrangieren. Dennoch verhaftete man ihn wegen Homosexualitat . Als Freiwilliger nahm er am Zweiten Weltkrieg teil, den er in US-amerikanischer Kriegsgefangenschaft beendete. [2]

1934 erschien Muhlbergers bis heute bekanntes Buch Die Knaben und der Fluß , im Jahre 2003 in der Insel-Bucherei aus seinem Nachlass erneut herausgegeben. In diesem Jugenddrama wird die Freundschaft zweier Jungen durch die Liebe zu einem Madchen zerstort; einer wahlt den Freitod, damit der andere das Madchen bekommen kann, eine Erzahlung, welche Hermann Hesse anerkennend interpretiert mit den Worten ?wie eine Vogelmelodie, die schonste und einfachste junge Dichtung, die ich seit langer Zeit gelesen habe“ . [3] Josef Muhlbergers Sprachkunst uberzeugt bis heute in diesem Text, findet aber spater Kritik bei der Themenwahl und deren Darstellung. Entgegen einer viel kolportierten Behauptung, im Ubrigen nicht von Muhlberger selbst aufgestellt, wurden seine Bucher im nationalsozialistischen Deutschland nicht verboten, allerdings nicht mehr gedruckt. 1936 und 1937 erschienen außerdem weitere kleine Arbeiten Muhlbergers im Inselschiff und im Insel Almanach . [4]

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Josef Muhlberger und sein Bruder Alois Muhlberger 1946 wahrend der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei infolge der Bene?-Dekrete zum Verlassen seiner Geburtsstadt Trautenau ( Trutnov ) gezwungen. Josef fand in Eislingen/Fils in Baden-Wurttemberg ein neues Zuhause und arbeitete als Redakteur, Journalist, Ubersetzer tschechischsprachiger Literatur und Schriftsteller. Seine zwei Erzahlungen aus dieser Zeit ?Die Vertreibung“ und ?Herbstblatter“ [5] geben einen erschutternden Einblick in diese von ihm durchlebte Zeit. Zu einem seiner bekannten Werke zahlt der 1956 erschienene Roman Licht uber den Bergen , dessen Schauplatz das Riesengebirge ist.

Josef Muhlberger erhielt zahlreiche Preise und Ehrungen. Susanne Lange-Greve und die Schriftstellerin Tina Stroheker forderten den etwas in Vergessenheit Geratenen in den letzten Jahren seines Lebens. [6] [7] Seit 1995 werden in Eislingen zu Ehren des Dichters alle zwei Jahre die Muhlberger-Tage des ?Verein der Freunde Josef Muhlberger und seines literarischen Werkes e.V.“ mit Preisverleihungen veranstaltet. [8] Sein Nachlass ist im Schriftgut-Archiv Ostwurttemberg uberliefert. [9]

Ehrungen und Preise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Werke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Die Dichtung der Sudetendeutschen in den letzten funfzig Jahren. Stauda, Kassel 1929.
  • Bohmen . In: Eduard Castle (Hrsg.): Deutsch-osterreichische Literaturgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Dichtung in Osterreich-Ungarn. Vierter Band. Von 1890 bis 1918. Carl Fromme, Wien 1937, S. 1330?1359.
  • Verhangnis und Verheißung. Roman einer Familie . Bechtle, Esslingen, 1952.
  • Licht uber den Bergen , Augsburg: Kraft, 1956,
  • Herbstblatter. Gedanken und Gestalten. Bechtle, Esslingen 1963.
  • Sudetendeutscher Schicksalsweg. Ein Lese- und Quellenbuch zur Geschichte der Sudetendeutschen. Aufstieg, Munchen 1976, ISBN 3-7612-0131-1 .
  • Lebensweg und Schicksale der staufischen Frauen. Bechtle, Esslingen 1977.
  • Bogumil. Das schuldlose Leben und schlimme Ende des Edvard Klima . Roman. Langen Muller, Munchen · Wien 1980. ISBN 978-3-7844-1828-5
  • Beruhmte und beruchtigte Frauen. Ullstein, Frankfurt/M. 1981, ISBN 3-548-34068-7 .
  • Geschichte der deutschen Literatur in Bohmen 1900?1939. Langen Muller, Munchen · Wien 1981, ISBN 3-7844-1879-1 .
  • Konradin von Hohenstaufen. Der Letzte eines großen Geschlechts. Biographie. Bechtle, Esslingen 1982, ISBN 3-7628-0421-4 .
  • Das Paradies des Herzens. Erinnerungen an eine Kindheit in Bohmen. Aufstieg, Munchen 1982, ISBN 3-7612-0171-0 .
  • Wo ich daheim war. Erzahlungen aus dem bohmischen Riesengebirge. Preussler, Nurnberg 1983, ISBN 3-921332-57-5 .
  • Der Hohenstaufen. Ein Symbol deutscher Geschichte 1050?1900. Ullstein, Frankfurt/M. 1993, ISBN 3-548-34965-X .
  • Erzahlungen aus dem Nachlass. eislinger edition, Eislingen 1995, ISBN 3-929947-09-9 .
  • Die Knaben und der Fluss . Nachwort v. Peter Hartling . NA in der Insel-Bucherei, Frankfurt 2003, ISBN 3-458-08581-5 .
    • Chlapci a ?eka. (tschechische Ausgabe). Ubersetzung v. Zden?k Mare?ek. Verlag Barrister & Principal, Brno/Brunn, und Deutsches Kulturforum ostliches Europa, Potsdam 2003, ISBN fur Tschechien: ISBN 80-86598-38-1 , fur Deutschland: ISBN 3-936168-02-4 .
  • Ausgewahlte Werke in 2 Banden. Hrsgg. v. Frank-Lothar Kroll , Bonn 2004, ISBN 3-88557-211-7 .
  • Besuch bei Kafka. Schriften von Josef Muhlberger zu Franz Kafka. 1928?1978. Einhorn, Schwabisch Gmund 2005, ISBN 3-936373-06-X .
  • Auf gelbe Blatter geschrieben. Erzahlungen aus dem Nachlass. Ausgewahlt und mit einem Nachwort versehen von Susanne Lange-Greve. Einhorn, Schwabisch Gmund 2009, ISBN 978-3-936373-52-3

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Helga Abret: Zwei Prager Geschichten aus “finsteren Zeiten”. Josef Muhlbergers “Der Galgen im Weinberg” (1951) und Friedrich Torbergs “Golems Wiederkehr” (1968). In: Stifter Jahrbuch. Neue Folge, Band 15, 2001, S. 42?69.
  • Wolfgang Albers: Die Rekonstruktion eines sperrigen Lebens. In: ? Stuttgarter Zeitung “ vom 25. Marz 2003
  • Peter Becher (Hrsg.): Josef Muhlberger. Beitrage des Munchner Kolloquiums. Munchen: Adalbert-Stifter-Verein 1987. (Mit Beitragen von: Peter Becher, Michael Berger, Jurgen Born, Peter Demetz , Cornelia Fritsch, Wynfrid Kriegleder , Margarita Pazi und Ernst Schremmer.)
  • Peter Becher:  Muhlberger, Josef. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-00199-0 , S. 272 f. ( Digitalisat ).
  • Germanoslavica. Zeitschrift fur germano-slawische Studien. Im Auftrag des Slawischen Instituts der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik hg. v. Vaclav Bok und Siegfried Ulbrecht. 20. Jg. Ausgabe 1/2009. Themenausgabe zu Muhlberger. Inhaltsverzeichnis (PDF-Datei; 46 kB) .
  • Elke Mehnert: Muhlberger als Literaturhistoriker. In: Germanoslavica 20(2009)1, S. 61?67.
  • Walter Hinck: Dreiecksbeziehung mit Landschaft. In: ? FAZ “ vom 3. April 2003
  • Susanne Lange-Greve: Leben an Grenzen. Josef Muhlberger 1903-1985. Eine Veroffentlichung zu seinem 100. Geburtstag. Einhorn-Verlag, Schwabisch Gmund 2003, ISBN 3-927654-97-3 .
  • Susanne Lange-Greve: Besuch bei Kafka. Schriften von Josef Muhlberger zu Franz Kafka 1928-1978. Einhorn, Schwabisch Gmund 2005, ISBN 3-936373-06-X .
  • Susanne Lange-Greve: Wintersaat. Josef Muhlberger als Ubersetzer. Ein Einblick in den Nachlass. Einhorn, Schwabisch Gmund 2006, ISBN 3-936373-05-1 .
  • Tina Stroheker : Vermessung einer Distanz. Aufzeichnungen in der Umgebung Josef Muhlbergers. eislinger edition, Eislingen 2003, ISBN 3-929947-31-5 .
  • Tina Stroheker (Hrsg.): Mein Kapitel Muhlberger. Erinnerungen an einen Autor. eislinger Edition, Eislingen 1999, ISBN 3-929947-24-2 .
  • Tina Stroheker: Josef Muhlberger in Eislingen. Deutsche Schillergesellschaft , Marbach am Neckar 2011 (= Reihe Spuren 94), ISBN 978-3-937384-73-3 .
  • Auf gelbe Blatter geschrieben: Erzahlungen aus dem Nachlass. Ausgewahlt und mit einem Nachwort versehen von Susanne Lange-Greve, Schwabisch Gmund 2009, ISBN 978-3-936373-52-3 .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. vgl. Heribert Sturm : Biographisches Lexikon zur Geschichte der bohmischen Lander , herausgegeben im Auftrag des Collegium Carolinum (Institut) , Band II, Seite 701, R. Oldenbourg Verlag Munchen 1984.
  2. Vgl. Muhlbergers Eintrag in der Deutschen Biografie .
  3. Hier zitiert aus: Franz Lennartz: Deutsche Schriftsteller des 20. Jahrhunderts im Spiegel der Kritik. Band 2. Stuttgart 1984, ISBN 3-520-82101-X , S. 1243?1244.
  4. Michael Berger: Von Bescheidwissen und Halbwissenschaft. Ein Nachtrag zur neuerlichen Wiederentdeckung eines Schriftstellers. In: Klaas-Hinrich Ehlers (Hrsg.): Brucken nach Prag. Deutschsprachige Literatur im kulturellen Kontext der Donaumonarchie und der Tschechoslowakei . Frankfurt/M. 2000, S. 407.
  5. Die Vertreibung. und Herbstblatter. In: Walli Richter (Hrsg.): Letzte Tage im Sudetenland . Munchen 2002, ISBN 3-7844-2223-3 , S. 369?377 und 404?407.
  6. Tina Stroheker: Vermessung einer Distanz. Aufzeichnungen in der Umgebung Josef Muhlbergers. Kunstverein Eislingen, 2003, ISBN 3-929947-31-5 .
  7. Susanne Lange-Greve: Leben an Grenzen. Josef Muhlberger 1903-1985. Eine Veroffentlichung zu seinem 100. Geburtstag. Einhorn-Verlag, Schwabisch Gmund 2003, ISBN 3-927654-97-3 .
  8. Vgl. Eislingen. ( Memento des Originals vom 1. Marz 2010 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.josef-muehlberger.de
  9. Irene Ferchl: Zu Hause bei den Dichtern . In: Stuttgarter Zeitung Nr. 122 vom 28. Mai 2020.
  10. Bundesprasidialamt.