Hugo der Große

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Hugo der Große (lateinisch Hugo Magnus , franzosisch Hugues le Grand ; * um 895 ; † 16. Juni 956 auf der Burg Dourdan ) war ab 936 Herzog der Franken bzw. Herzog von Franzien ( dux Francorum ) und als solcher eine der politisch maßgeblichen Personlichkeiten im spaten Westfrankenreich.

Der Beiname Magnus war wohl ursprunglich nicht als Hinweis auf (politische) ?Große“ gemeint, sondern war im damaligen Latein gleichbedeutend mit Maior , was ?der Großere“ oder auch ?der Altere“ bedeuten konnte; gemeint war ?der Altere“ zur Unterscheidung von seinem gleichnamigen Sohn ?Hugo dem Jungeren“, dem spateren Konig Hugo Capet . [1] Dennoch ist weiterhin die traditionelle Ubersetzung ?der Große“ gebrauchlich.

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Hugo stammte aus dem Geschlecht der Robertiner , einer Familie, die damals mit der Konigsdynastie der Karolinger rivalisierte. Die Robertiner hatten schon zwei Westfrankenkonige gestellt, Hugos Onkel Odo (888?898) und dessen jungeren Bruder, Hugos Vater Robert I. , der ein Jahr lang (922?923) Gegenkonig gegen den damals regierenden Karolinger Karl den Einfaltigen gewesen war. Robert fiel im Juni 923 im Kampf gegen Karl in der Schlacht bei Soissons und hinterließ Hugo als einzigen Sohn. Da die Anhanger Roberts trotz dessen Tod die Schlacht gewannen, waren sie in der Lage, sogleich nach ihrem Sieg einen neuen Gegenkonig gegen Karl zu erheben. Hugo hatte als Erbe Roberts die Moglichkeit zuzugreifen, lehnte jedoch die Krone ab. Darauf wurde Hugos Schwager Rudolf von Burgund gewahlt und am 13. Juli 923 in Soissons gekront. Schon wenige Wochen spater gelang es Heribert II. von Vermandois , einem der Anfuhrer der karolingerfeindlichen Adelsgruppe, Karl den Einfaltigen in eine Falle zu locken und gefangen zu nehmen. Karl blieb bis zu seinem Tod in Haft, und Rudolf wurde in der Folgezeit allgemein als Konig anerkannt.

Hugo ubernahm schon bei der Erhebung seines Vaters zum Konig oder spatestens bei dessen Tod die zahlreichen Grafschaften und sonstigen Amter und Rechte, die Robert I. vor seiner Thronbesteigung besessen hatte; hinzu kam die Grafschaft Maine , die Rudolf ihm zum Dank fur geleistete Dienste verlieh. Damit beherrschte Hugo weitgehend die Region zwischen Loire und Seine , die man traditionell als Neustrien zu bezeichnen pflegte ? mit Ausnahme des Gebiets, das Karl der Einfaltige 911 den Seine- Normannen abgetreten hatte und der Grafschaft Nantes , die Hugos Vorganger Robert 921 den Loire-Normannen hatte uberlassen mussen (was Hugo 927 bestatigte). Durch diese Amterhaufung zahlte er zu den bedeutendsten Großen im Reich Rudolfs. Die letzte Phase der Regierungszeit Rudolfs (ab 927) war von militarischen Auseinandersetzungen mit Heribert II. von Vermandois gepragt, wobei Hugo auf der Seite des Konigs stand, da Heribert sein wichtigster Rivale war.

Als Rudolf 936 starb, ohne einen Sohn zu hinterlassen, bot sich Hugo eine weitere Chance, den Thron zu besteigen, da er nunmehr der machtigste Adlige im Reich geworden war. Wiederum ergriff er die Gelegenheit nicht, sondern beschloss, zur alten Dynastie zuruckzukehren und einen Karolinger einzusetzen, den Sohn Karls des Einfaltigen, Ludwig IV. den Uberseeischen . Damit wollte er ein Gegengewicht zur bedrohlichen Macht Heriberts II. schaffen, dessen Ehrgeiz andauernde Konflikte erwarten ließ. Ludwig war nach Karls Gefangennahme von seiner Mutter, die dem Konigshaus von Wessex angehorte, nach England in Sicherheit gebracht worden und kehrte nun auf Einladung Hugos zuruck. Hugo empfing Ludwig in Boulogne , huldigte ihm und begleitete ihn nach Laon , wo Ludwig gekront wurde.

Zum Lohn dafur, dass Hugo ihm den Thron verschafft hatte, musste Ludwig dem Robertiner eine einzigartige Sonderstellung im Reich einraumen. Hugo erhielt den eigens fur ihn geschaffenen Rang eines ?Herzogs der Franken“ ( dux Francorum ). Bereits in einer Konigsurkunde von 936 stellte Ludwig fest, er handle auf den Rat ?unseres geliebtesten Hugo, des Frankenherzogs, der in allen unseren Reichen der Zweite nach uns ist“. Dies bedeutete, dass Hugo nicht nur die unmittelbare Zustandigkeit fur seine vielen Grafschaften und seine sonstigen Amter und Rechte behielt, sondern daruber hinaus ?in allen Reichen“, also in samtlichen Teilen des Westfrankenreichs, eine Stellung zwischen dem Konig und den nachrangigen Vasallen einnahm. Die Frage, ob oder inwieweit dies als eine Art Vizekonigtum zu deuten ist, ist unter den Historikern umstritten. Einerseits konnte der Titel ?Herzog der Franken“ in bewusster Analogie zu ?Konig der Franken“, dem Titel des Karolingers, auf das gesamte Westfrankenreich bezogen werden, also eine reichsweite Zustandigkeit beinhalten, andererseits wird er anscheinend im Sprachgebrauch der Quellen gewohnlich nur auf einen bestimmten Reichsteil bezogen, namlich das Hugo dem Großen verliehene Herzogtum Franzien . Dieses umfasste die Gebiete nordlich der Loire , soweit sie nicht den Normannen uberlassen worden waren. Vermutlich war der Begriff ?Frankenherzog“ doppeldeutig und konnte nach Bedarf in einem weiteren oder einem engeren Sinn verwendet werden. Auf jeden Fall beanspruchte der Robertiner eine Stellung, die mit derjenigen der karolingischen Hausmeier im spaten Merowingerreich vergleichbar war.

Zunachst war Ludwig vollig von Hugo abhangig und musste ihn im Kampf gegen Hugo den Schwarzen von Burgund, einen Bruder des verstorbenen Konigs Rudolf, unterstutzen. Der Feldzug war erfolgreich, Hugo der Große konnte sich nordburgundische Gebiete und insbesondere die Stadt Sens aneignen. Doch schon im folgenden Jahr 937 machte sich Ludwig von seinem ?Vormund“ unabhangig. Er begann seinen Kampf gegen die Ubermacht des Robertiners, wobei er sich mit Vornehmen verbundete, die ebenfalls vom robertinischen Expansionsstreben bedroht waren, darunter Hugo der Schwarze. Hugo der Große reagierte mit einer neuen Bundnispolitik; er verbundete sich mit seinem bisherigen Gegner Heribert II. und sicherte sich das Wohlwollen Ottos des Großen , dessen Schwester Hadwig er heiratete. Hinzu kam, dass Ludwig sich den Zorn Ottos zuzog, indem er den Aufstand der Herzoge Giselbert von Lothringen und Eberhard von Franken gegen Otto unterstutzte. Dabei beabsichtigte Ludwig, das karolingische Stammland Lothringen, das nach der Entmachtung Karls des Einfaltigen in den Hoheitsbereich des ostfrankischen Reichs geraten war, zuruckzugewinnen. Nach seinem Sieg uber die Aufstandischen unternahm Otto 940 einen Feldzug ins Westfrankenreich, um Ludwig zu bestrafen. In der Konigspfalz Attigny nahm er die Huldigung von Hugo dem Großen und Heribert II. entgegen. Ludwigs Lage hatte sich bereits dadurch stark verschlechtert, dass Hugo der Große und Heribert die Stadt Reims einnahmen und dort den Erzbischof Artold, einen der wichtigsten Getreuen Ludwigs, absetzten. Doch eine vollige Niederlage Ludwigs lag nicht im Interesse Ottos, der ein Kraftegleichgewicht im Westfrankenreich anstrebte. Daher empfing Otto im Jahr 942 Ludwig und Hugo in Vise an der Maas. Bei diesem Treffen wurde eine Ubereinkunft zur Regelung der Streitigkeiten getroffen.

Im Juli 945 wurde Ludwig in der Normandie von seinen dortigen Gegnern in einen Hinterhalt gelockt und schließlich, obwohl er zunachst fliehen konnte, gefangen genommen. Die Normannen lieferten ihn an Hugo den Großen aus. Als Preis fur die Freilassung des Konigs forderte Hugo die Herausgabe der Stadt Laon, die Ludwigs Machtzentrum war. Erst als Ludwigs Gemahlin, Konigin Gerberga , diese Forderung erfullte, kam Ludwig frei (Sommer 946).

Durch diese Vorgange verlor Ludwig so viel Macht und Ansehen, dass Otto der Große nicht mehr untatig bleiben konnte und erneut militarisch eingriff, diesmal auf der Seite des Karolingers. Im Herbst 946 zog ein großes Heer Ottos nach Westen und vereinte sich mit Ludwigs Kraften. Hugo vermied eine Feldschlacht, seine Truppen verschanzten sich in den Stadten. Das Heer der beiden Konige konnte Laon, Senlis, Paris und Rouen nicht einnehmen, doch gelang ihnen die Eroberung von Reims, wo sie den vertriebenen Erzbischof Artold wieder einsetzten.

Nun gingen Hugos Gegner auch mit kirchlichen Kampfmitteln gegen ihn vor. Im Juni 948 versammelten sich in Ingelheim westfrankische, lothringische und ostfrankische Bischofe unter dem Vorsitz eines papstlichen Legaten in Gegenwart Ottos und Ludwigs zu einer Synode. Sie verurteilten Hugo sowohl wegen seines Vorgehens gegen Ludwig als auch wegen der Vertreibung Artolds aus Reims. Auf anschließenden Synoden wurde Hugo mit seinen Anhangern exkommuniziert, und die Exkommunikation wurde sogar im Jahre 949 von Papst Agapet II. bestatigt. Im selben Jahr konnte Ludwig die Stadt Laon in einem nachtlichen Uberraschungsangriff zuruckerobern; nur die Zitadelle blieb in der Hand von Hugos Kraften. Die Unterstutzung der westfrankischen Adligen fur Hugo brockelte ab. Schließlich vermittelte 950 Herzog Konrad der Rote von Lothringen im Auftrag Ottos des Großen einen Friedensschluss zwischen Ludwig und Hugo. Hugo ubergab dem Konig die Zitadelle von Laon.

Als Ludwig am 10. Oktober 954 uberraschend an den Folgen eines Reitunfalls starb, wollte Hugo ein weiteres Mal nicht Konig werden. Er traf sich mit Ludwigs Witwe Gerberga, und sie verstandigten sich daruber, dass nur der altere der beiden uberlebenden Sohne Ludwigs, der dreizehnjahrige Lothar , die Nachfolge antreten sollte. Am 12. November 954 wurde Lothar in Reims geweiht. Diesmal fiel die Belohnung fur Hugos Kooperation noch großzugiger aus als fruher. Er behielt nicht nur sein Herzogtum Franzien, sondern ihm wurden daruber hinaus auch noch zwei weitere große Reichsteile, Burgund und Aquitanien , verliehen; das heißt, deren bisherige Herzoge sollten Vasallen Hugos werden. In Burgund gelang es, dieses Vorhaben durchzusetzen; Herzog Giselbert akzeptierte seinen neuen Status als Vasall Hugos und verschwagerte sich mit ihm. Hugos elfjahriger Sohn Otto wurde mit Giselberts Tochter Luitgard, der Erbin des Herzogtums, verheiratet, so dass Hugo mit dem Tod Giselberts am 8. April 956 alleiniger Herr uber Burgund wurde. Schwieriger gestalteten sich die Verhaltnisse in Aquitanien, wo Lothar und Hugo einen Feldzug unternehmen mussten, um den dortigen Herzog Wilhelm zur Unterwerfung zu zwingen; das Unternehmen war militarisch nur teilweise erfolgreich und brachte keinen politischen Ertrag, so dass Hugos Herrschaft uber Aquitanien nominell blieb.

Hugo starb im Juni 956 und wurde in der Grablege der franzosischen Konige, der Basilika Saint-Denis , beigesetzt. Er hinterließ funf zum Teil noch unmundige Kinder aus seiner dritten Ehe sowie einen unehelichen Sohn, der eine geistliche Laufbahn einschlug. Seine Frau Hadwig ubernahm zusammen mit ihrem Bruder Brun , dem Erzbischof von Koln, die Vormundschaft.

Bei der Plunderung der Konigsgraber von Saint-Denis wahrend der Franzosischen Revolution wurde sein Grab am 18. Oktober 1793 geoffnet und geplundert, seine Uberreste wurden in einem Massengrab außerhalb der Kirche beerdigt.

Familie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Hugo heiratete 938, nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau Edhild, Tochter des englischen Konigs Eduards des Alteren und Schwester von Konig Æthelstan ein drittes Mal, da beide vorangegangenen Ehen kinderlos geblieben waren. Seine dritte Ehefrau war Hadwig , Tochter des deutschen Konigs Heinrich I. und Schwester des Kaisers Otto I. Seine Kinder waren:

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Walther Kienast : Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland. (9. bis 12. Jahrhundert). Mit Listen der altesten deutschen Herzogsurkunden . Oldenbourg, Munchen u. a. 1968.

Anmerkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Walther Kienast: Magnus = der Altere , in: Historische Zeitschrift , Bd. 205 (1967), S. 1?14.
Vorganger Amt Nachfolger
Hugo I. Herzog von Burgund
952?955
Giselbert
Hugo I. Graf von Sens
936/940?956
Rainald I. der Alte