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Heilige Allianz

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Karte Europas im Jahr 1815. Mitglieder der heiligen Allianz:
 Russland
 Osterreich
 Preußen
ab 1818:
 Frankreich

Der Ausdruck Heilige Allianz (russ.: Священный союз, Swjaschtschennyj sojuz , frz.: La Sainte-Alliance ) bezeichnet das Bundnis , das die drei Monarchen Russlands , Osterreichs und Preußens nach dem endgultigen Sieg uber Napoleon Bonaparte am 26. September 1815 in Paris abschlossen. Frankreich trat der Allianz 1818 bei.

Grundung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bereits im Jahre 1814 bat Robert Stewart um regelmaßige Treffen der Pentarchiemachte , was zusammen mit der Anregung des Zaren Alexanders I. , der bereits 1804 erste Vorstoße in London unternommen hatte, zur Grundung der Heiligen Allianz fuhrte. Alexander I. war es auch, der den Vertrag entwarf. Das Bundnis kam zustande, obwohl alle drei Monarchen unterschiedlichen christlichen Konfessionen angehorten: Der russische Zar war orthodox , Kaiser Franz I. von Osterreich romisch-katholisch und Konig Friedrich Wilhelm III. von Preußen evangelisch . Ihr traten nach und nach fast alle europaischen Monarchen bei, mit Ausnahme des Konigs von Großbritannien und des Papstes.

Grundungserklarung der Heiligen Allianz vom 26. September 1815

?Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit! Ihre Majestaten, der Kaiser von Osterreich, der Konig von Preußen und der Zar von Russland haben infolge der großen Ereignisse, die Europa in den letzten drei Jahren erfullt haben, und besonders der Wohltaten, die die gottliche Vorsehung uber die Staaten ausgegossen hat, deren Regierungen ihr Vertrauen und ihre Hoffnungen auf sie allein gesetzt haben, die innere Uberzeugung gewonnen, dass es notwendig ist, ihre gegenseitigen Beziehungen auf die erhabenen Wahrheiten zu begrunden, die die unvergangliche Religion des gottlichen Erlosers lehrt. Sie erklaren daher feierlich, dass die gegenwartige Vereinbarung lediglich den Zweck hat, vor aller Welt ihren unerschutterlichen Entschluss zu bekunden, als die Richtschnur ihres Verhaltens in der inneren Verwaltung ihrer Staaten sowohl als durch in den politischen Beziehungen zu jeder anderen Regierung alleine die Gebote der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens, die, weit entfernt, nur auf das Privatleben anwendbar zu sein, erst recht die Entschließung der Fursten direkt beeinflussen und alle ihre Schritte lenken sollen, damit sie so den menschlichen Einrichtungen Dauer verleihen und ihren Unvollkommenheiten abhelfen.“

Kerngedanke der Heiligen Allianz war die Sicherung eines ?Ewigen Friedens“ durch konsequente Selbstverpflichtung aller europaischen Monarchen auf die Grundsatze der christlichen Nachstenliebe. Die Fursten hatten an einen großen Furstenbund gedacht, in dem die Grundsatze des Christentums als hochstes Gesetz des Volkerlebens gelten sollten. Sowohl in der Regierung ihrer Staaten als auch in ihrer Innen- und Außenpolitik erklarten sich die drei Monarchen bereit, sich an christliche Prinzipien zu halten. Am Ende der Urkunde, die von allen Monarchen unterzeichnet wurde, findet man zudem eine Bitte an alle christlichen Fursten Europas, dass sie der Heiligen Allianz beitreten sollen.

Der Aufforderung, der Allianz beizutreten, folgten alle Staaten des Kontinents bis auf den Kirchenstaat , der das uberkonfessionelle Engagement ablehnte, das Osmanische Reich (diesem blieb wegen der christlichen Ausrichtung der Allianz der Beitritt verwehrt) und Großbritannien : Zwar erklarte der Prinzregent, Georg IV. , personlich seine Zustimmung und trat in seiner Eigenschaft als Konig von Hannover auch bei, Großbritannien blieb jedoch fern, weil die Allianz nur ein Bekenntnis zu abstrakten Grundsatzen, aber keine realen Verpflichtungen enthalte. Sie wurde unter Fuhrung Metternichs zum Werkzeug der reaktionaren Machte gegen die nationalen und liberalen Stromungen der Bevolkerung.

Die spatere Wirksamkeit des Bundes auf das außere und innere Staatsleben wahrend der sogenannten Restaurationsepoche bestand allerdings darin, dass durch eine gemeinsame Kongress- und Interventionspolitik nicht nur die Revolution, sondern auch die Ausbildung freiheitlicher Institutionen verhindert wurde. Diese Unterdruckungspolitik ging aber weniger von Russland als von dem osterreichischen Minister Metternich aus. Eine vollkommene Lockerung geschah durch Ereignisse wie die griechischen Unruhen.

Die Heilige Allianz begann in den 1820ern auf Grund von Differenzen zwischen den europaischen Herrschern uber den Freiheitskampf Griechenlands und Belgiens zu zerbrechen. Gleichwohl blieb das solidarisierende Element der Furstenhauser bis zum Ersten Weltkrieg erhalten.

Bundnisinhalt und Organisation [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Unterzeichner des Bundnisses bekannten sich zum Gottesgnadentum der Herrscher und bezeichneten die christliche Religion als Fundament der herrschenden politischen Ordnung. Sie verpflichteten sich zu gegenseitigem Beistand zum Schutz dieser Ordnung gegen alle burgerlichen und nationalstaatlichen Umwalzungen. Dem Vertrag traten in den folgenden Jahren fast alle europaischen Monarchen bei.

Als Vollzugsorgan diente der Heiligen Allianz die am 20. November 1815 zwischen Russland, Großbritannien, Osterreich und Preußen geschlossene Quadrupelallianz , die unter anderem regelmaßige Zusammenkunfte der Vertragsmachte vorsah und durch Aufnahme Frankreichs in Folge des Kongress von Aachen am 15. November 1818 zur Pentarchie erweitert wurde. Der Papst jedoch blieb der festen Uberzeugung, dass die Heilige Allianz nur ein Versuch des Zaren sei, die verschiedenen Volker theokratisch zu fuhren.

Interventionen gegen burgerliche und nationale Bestrebungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Auf dem Aachener Kongress 1818 beriet die Heilige Allianz Unterdruckungsmaßnahmen gegen die burgerlich-nationale Opposition im Deutschen Bund (siehe Karlsbader Beschlusse ). Auf den Monarchenkongressen in Troppau und Laibach wurden militarische Interventionen gegen die burgerlichen Umwalzungen in Italien und die indirekte Unterstutzung der Turkei gegen den nationalen Befreiungskampf der Griechen beschlossen. Der letzte Kongress der Heiligen Allianz, der Veroneser Kongress 1822, beauftragte Frankreich mit der Niederschlagung der burgerlichen Revolution in Spanien .

Neuorganisation nach der Julirevolution [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Mit der Julirevolution von 1830 in Frankreich verlor die Heilige Allianz ihren gesamteuropaischen Charakter und Einfluss. Im Herbst 1833 reaktivierten Russland, Osterreich und Preußen in der Konferenz von Munchengratz die Heilige Allianz und bildeten von nun an jenen Machteblock, der gerne als ?reaktionar“ bezeichnet wird ? eine Bezeichnung, die schon insofern unrichtig ist, als die Interessen dieser Staaten nur partiell gleich waren und dieses ?Lager“ daher keineswegs einheitlich auftrat. [1]

Niedergang und Auflosung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nachdem die Heilige Allianz nach der Niederwerfung der Revolutionen von 1848/49 in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts eine Neuauflage erlebt hatte, brach sie im Krimkrieg endgultig auseinander. Osterreich, das erst 1849 beim Aufstand der Ungarn mit Hilfe Russlands vor dem moglich scheinenden Zerfall gerettet worden war, hatte am 3. Juni 1854 Russland aufgefordert, sich aus den Donaufurstentumern zuruckzuziehen und diese nach dem russischen Abzug selbst besetzt. Die Beziehungen zwischen Osterreich und Russland wurden deshalb zerruttet. Osterreichs Beziehungen zu Preußen wurden ebenfalls angespannter. Daneben lief es Gefahr, von Großbritannien und Frankreich unter Napoleon III. isoliert zu werden. Langfristig veranderte sich somit die seit dem Wiener Kongress relativ stabil scheinende (von den vielen inneren Unruhen in den jeweiligen Staaten abgesehen) europaische Machtekonstellation nachhaltig zu Ungunsten Osterreichs.

Rezeption [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Karl Marx und Friedrich Engels betrachteten die Auflosung der Heiligen Allianz durch den gemeinsamen Kampf der revolutionaren Volker als die entscheidende Voraussetzung fur die Durchsetzung der burgerlichen Demokratie in Europa.

Der Autor Felix Dassel betrachtete 1946, im Ruckblick auf zwei Weltkriege , die Heilige Allianz gegenuber den kommenden Gefahren der europaischen Entwicklung als scharfsichtiger Diagnostiker. Gleichzeitig konne sich die Geschichtsschreibung der Einsicht nicht verschließen, dass die Allianz mehr intellektuell erkennend als vorbeugend handelnd befahigt war. Kommende Katastrophen habe man vorausgesehen, versuchte diese aber mit unwirksamen Mitteln zu verhuten. [2]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Philipp Menger: Die Heilige Allianz ? ?La garantie religieuse du nouveau systeme Europeen‘? In: Wolfram Pyta (Hrsg.): Das europaische Machtekonzert. Friedens- und Sicherheitspolitik vom Wiener Kongreß 1815 bis zum Krimkrieg 1853 . Stuttgart 2009, S. 209?236.
  • Philipp Menger: Die Heilige Allianz. Religion und Politik bei Alexander I. von Russland (1801?1825) . Stuttgart 2014, ISBN 978-3-515-10811-9 .
  • Stella Ghervas: Reinventer la tradition. Alexandre Stourdza et l’Europe de la Sainte-Alliance. Honore Champion, Paris 2008, ISBN 978-2-7453-1669-1 .
  • Anselm Schubert , Wolfram Pyta : Die Heilige Allianz. Entstehung ? Wirkung ? Rezeption. Kohlhammer, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-17-035284-1 .
  • Wilhelm Schwarz: Die Heilige Allianz. Tragik eines europaischen Friedensbundes . Cotta, Stuttgart 1935.

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Vgl. dazu beispielsweise Wolfram Siemann: Metternich. Staatsmann zwischen Restauration und Moderne. C.H. Beck, Munchen 2010, ISBN 978-3-406-58784-9 , S. 72 und 76 f.
  2. Felix Dassel: Ruckblick auf die Heilige Allianz. In: Die Zeit. 07/1946, 4. April 1946.