Grunge

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Nirvana

Grunge ( englisch fur ?Schmuddel‘, ,Dreck‘) ist ein Genre der Rockmusik und eine im Zusammenhang damit entstandene Subkultur . Der Ursprung des vor allem in den 1990er-Jahren popularen Musikstils lag in der US-amerikanischen Undergroundbewegung . Grunge wurde auch als Seattle -Sound bezeichnet und wird oft als eine Vermischung von Punkrock , Underground- Garagenrock und Hardrock angesehen. [1] [2] [3] Die fruhe Grunge-Bewegung drehte sich um Seattles unabhangiges Plattenlabel Sub Pop und die Underground-Musikszene der Region.

Klangcharakteristik [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der ?Grunge-Sound“ beruht hauptsachlich auf dem Gitarrensound des Hard Rocks der 1970er-Jahre, insbesondere von traditionellen, fruheren Heavy-Metal -Gruppen wie Black Sabbath (deutlicher Einfluss zum Beispiel bei Soundgarden , teils auch bei Alice in Chains und Pearl Jam ), und der Asthetik des Punkrocks , [1] speziell des amerikanischen Hardcore-Punks mit Bands wie Black Flag . Alex DiBlasi ist der Ansicht, dass Indie-Rock eine dritte Schlusselquelle sei, wobei der wichtigste Einfluss auf das ?Freiform“-Gerausch von Sonic Youth zuruckzufuhren sei. [4] Wahrend sich einige der Bands mehr in Richtung Metal (Soundgarden, Alice in Chains) bewegten und andere sich mehr dem Punkrock-Einfluss ( Nirvana , Mudhoney , 7 Year Bitch ) verschrieben hatten, so war tatsachlich bei allen Grunge-Bands aus Seattle der charakteristische ?Seattle-Sound“ aufzufinden. Charles R. Cross, Musikjournalist aus Seattle, definiert Grunge als verzerrten, heruntergestimmten und Riff-basierten Rock, der lautes E-Gitarren- Feedback und harte, ?schwerfallige“ Basslines zur Unterstutzung seiner Songmelodien verwende. [5]

Grunge-Musik hat eine sogenannte ?hassliche“ Asthetik, sowohl im Drohnen der verzerrten E-Gitarren als auch in den dunkleren lyrischen Themen. Dieser Ansatz wurde gewahlt, um sowohl dem ?glatten“, eleganten Sound des damals vorherrschenden Mainstream -Rocks entgegenzuwirken, als auch, weil Grunge-Kunstler die ?Hasslichkeit“, die sie um sich herum sahen, widerspiegeln und ein Licht auf unsichtbare ?Tiefen und Verderbtheit“ der realen Welt werfen wollten. [6]

Dieser Weltschmerz war dabei keineswegs immer nur Pose: Die Sanger von Nirvana und Soundgarden , Kurt Cobain und Chris Cornell , nahmen sich das Leben. Weitere Musiker aus der Grunge-Szene (unter anderem Layne Staley und Scott Weiland ) starben an Heroin oder anderen Drogen.

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Pearl Jam

Die Bezeichnung Grunge wurde erstmals in den 1960er- und 1970er-Jahren fur den Stil einiger Bands verwendet. Sie wurde weniger als Subgenre gesehen, sondern als kennzeichnend fur einen rau und ?dreckig“ wirkenden Klang. Neil Young (& Crazy Horse), The Stooges und The Velvet Underground beispielsweise fielen zu dieser Zeit im Vergleich zu anderen Bands des Rock-Genres dadurch auf, dass sie mit akustischer Ruckkopplungen besonders der E-Gitarre experimentierten. Zudem wirkte ihr Gitarrenspiel weniger ?sauber“ und ?glatt“ als das des musikalischen Mainstreams dieser Zeit. Vielmehr sollte der Klang roh und ungeschliffen wirken, was durch Einsatz von Verzerreffekten hervorgehoben wurde. Auch wurden die Aufnahmen in der Regel wenig bis gar nicht im Studio bearbeitet. Dadurch wirkte die Musik generell ?unkonventionell“ und ?unabhangig“. Dieser Stil pragte den Sound der Musikszene aus Seattle, die Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre aufkam. Erst seit dieser Zeit und durch kontinuierlich steigende Popularitat von Bands wie Nirvana, Pearl Jam, Alice in Chains oder Soundgarden wurde ?Grunge“ auch als Begriff fur ein Subgenre der Rockmusik verwendet.

Soundgarden
Alice in Chains

Zu den ersten Bands, die in diesem Bereich experimentierten, gehorten Wipers und Mission of Burma , deren Stil in den spaten 1970ern und fruhen 1980ern dem vorherrschenden Punk-Publikum zu rockig oder, im Falle von Mission of Burma, zu komplex war. Spater folgte Husker Du , deren Ursprunge in der Punkszene lagen. Sie kombinierten die Energie des Punk-Rock mit dem komplexeren Songwriting des Rock und erreichten damit Mitte der 1980er-Jahre ein großeres Publikum. Einen Schritt weiter bewegten sich Dinosaur Jr. , die mit ihrer Nahe zum klassischen Rock im Stil von Neil Young und einem extrem ubersteuerten Gitarrensound mit Wah-Wah -Effekten im Stil des Garagenrock der 1960er Jahre auffielen. Kurt Cobain , Sonic Youth und andere Vertreter des Grunge bezeichneten Neil Young als ihre Haupt-Inspirationsquelle, weswegen er auch als ?Godfather of Grunge“ bezeichnet wird. [7] [8] Weitere Einflusse waren Sonic Youth, Big Black , Butthole Surfers und andere Vertreter des Noise-Rock . Die Veroffentlichungen ganzer Musiklabels wie zum Beispiel Homestead Records , SST Records oder Amphetamine Reptile waren ausschlaggebend. Pragend fur die Szene waren College-Rundfunksender, die diese Independent -Musik oft spielten, sowie der eher provinzielle Charakter der Region um Seattle, einer Gegend, in der nur unbekannte Musiker eine Auftrittsmoglichkeit suchten.

Mitte der 1980er bildete sich ein Kern in der Szene Seattles, zu dem neben Green River , Soundgarden und The U-Men auch The Melvins gehorten. Zu diesem Zeitpunkt entstand auch die Bezeichnung Grunge als Genrebegriff.

1988 wurde in Seattle das Plattenlabel Sub Pop gegrundet, bei dem Aufnahmen lokaler Bands wie Tad , Mudhoney , Nirvana und Soundgarden erschienen. Ein großer Teil der Aufnahmen wurde von Jack Endino produziert. Es kristallisierte sich ein Klang heraus, den man fur geeignet hielt, als ?Seattle-Sound“ vermarktet zu werden. Ein Jahr spater wurde ein Rockjournalist des britischen Melody-Maker -Magazins auf diese Produktionen aufmerksam, worauf im Marz 1989 der Artikel ?Seattle, Rock City“ erschien. In Seattle sorgte dieser Artikel fur große Aufregung. Der Rest der Welt zeigte zunachst nur maßiges Interesse.

Das anderte sich schlagartig, als im September 1991 das Album Nevermind von Nirvana erschien. Ausloser des Medienrummels war der Song Smells Like Teen Spirit . Die Musikindustrie und die Medien entwickelten fortan ein ausgepragtes Interesse fur die Musikszene in Seattle. Das Magazin Spin beschrieb es in der Dezember-Ausgabe von 1992 mit den Worten: ?Seattle ist momentan fur die Rockwelt, was Bethlehem fur das Christentum ist.“ Bands ohne Plattenvertrag wurden plotzlich unter Vertrag genommen. Andere Bands, die schon bei einem Independent-Label unter Vertrag waren, wurden per Vertriebsvertrag an die großen Plattenfirmen weitergereicht. Als die kunstlerisch bedeutendsten und kommerziell erfolgreichsten Bands etablierten sich die ?großen Vier“ Nirvana, Pearl Jam, Alice in Chains und Soundgarden.

Die Kommerzialisierung der Szene ging schnell vonstatten. Markante Bekleidungsstucke wie das Flanellhemd wurden als neue Mode verkauft. So wurde ein banaler Alltagsgegenstand zum Dresscode der Grunge-Szene und drang in den Mainstream vor.

Kritik [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Medienrummel um Grunge war bei den Kritikern ein beliebtes Angriffsziel. Die Entwicklung zeigt, wie die Musikindustrie mit einer Handvoll Bands und deren Auftreten in Bezug auf Aussehen und Attitude einen Hype produzierte, von dem sie noch heute zehrt. Doch neben dem erwunschten Aspekt, dem Eintreten in den Fokus der offentlichen Wahrnehmung, kamen auch negative Aspekte hinzu. So kam es, dass sich nach dem Tode Cobains die meisten Grunge-Bands auflosten oder aus dem Blickfeld der breiteren Masse verschwanden.

Samtliche Metal-Genres hatten mit dem Aufstieg des Grunge an Popularitat verloren. Auf Nachfrage außerte sich 1994 Joey DeMaio von Manowar uber die Grunge-Szene: ?Gibt es ein Wort fur etwas, das rangmaßig noch unter Scheiße steht?“ Ob daraus der Frust uber eigenen Popularitatsverlust spricht oder ob es sich dabei um eine fur die Band typische derbe Wahrung ihrer True-Metal -Attitude handelt, sei dahingestellt. [9]

?Wir hatten das Gefuhl, dass diese Seattle-Grunge-Bands all den Spaß im Rock’n’Roll getotet haben. Es gab keine Lichtshows mehr, keine coolen Klamotten, keine Effekte. Die Musiker zogen sich wie Penner an. Deshalb wurde auch der Hip Hop so groß. Da haben die Kunstler wenigstens wieder uber Bares und Braute gesprochen und nicht daruber, wie beschissen das Leben ist.“

? Gene Simmons [10]

Dass Grunge so einen Rundumschlag bewirkte und den Massengeschmack so sehr veranderte, kam also fur viele Musiker damals ebenfalls uberraschend. [9] Neben Frust und negativer Kritik gab es jedoch auch positive Stimmen dazu, etwa von John Such, dem ehemaligen Bassisten von Bon Jovi , der Grunge als ?erfrischend“ lobte, oder auch von Sebastian Bach , der den neuen, anderen Klang begrußte.

Umgekehrt entstand ein anderes Rockmusik-Genre, der Britpop , teilweise als Reaktion auf die Dominanz des Grunge im Vereinigten Konigreich . Im Gegensatz zum Grollen des Grunge wurde Britpop durch ?jugendlichen Uberschwang und Wunsch nach Anerkennung“ definiert. [11] Britpop-Kunstler außerten sich lautstark uber ihre Verachtung fur Grunge. In einem Interview mit NME aus dem Jahr 1993 stimmte Damon Albarn von der Britpop-Band Blur mit der Behauptung des Interviewers John Harris uberein, dass Blur eine ?Anti-Grunge-Band“ war, und sagte: ?Nun, das ist gut. Wenn es im Punk darum ging, Hippies loszuwerden, dann werde ich Grunge los“. [12]

Bedeutende Vertreter [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bekannte Labels [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Grunge-Filme [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bekannte Filme, die etwas mit der Grunge-Musik aus Seattle direkt zu tun haben oder das Thema beinhalten, sind zum Beispiel:

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b Grunge bei AllMusic (englisch). Abgerufen am 2. Dezember 2022.
  2. Grunge . In: Microsoft Encarta online
  3. Genre-Beschreibung: Grunge. In: metal1.info. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 3. Februar 2010 ; abgerufen am 24. Marz 2021 .
  4. Alex DiBlasi: Music in American Life: An Encyclopedia of the Songs, Styles, Stars, and Stories that Shaped our Culture . Hrsg.: Jacqueline Edmondson. ABC-CLIO, 2013, ISBN 978-0-313-39348-8 , S.   520 (englisch).
  5. Charles R. Cross, Jim Berkenstadt: Klassische Rock-Alben: Nirvana ? Nevermind . Hrsg.: Music Sales Group. 2012.
  6. Steven Felix-Jager: Mit Gott auf unserer Seite: Auf dem Weg zu einer Transformationstheologie des Rock’n’Roll . Wipf und Stock Publishers, 2017, S.   136 .
  7. David Browne , Andy Greene et al.: 50 Greatest Grunge Albums. In: rollingstone.com. 1. April 2019, abgerufen am 28. August 2019 (englisch).
  8. Neil Young: 10 Fakten uber den Godfather of Grunge. In: rockantenne.de. 9. November 2018, abgerufen am 28. August 2019 .
  9. a b Grunge vs. Metal? ? Das Nevermind-Nachbeben . In: Metal Hammer , Ausgabe Oktober 2011, S. 56.
  10. Grunge vs. Metal? ? Das Nevermind-Nachbeben . In: Metal Hammer , Ausgabe Oktober 2011, S. 55.
  11. Britpop bei AllMusic (englisch). Abgerufen am 21. August 2021.
  12. John Harris: Ein beschissener Sportwagen und eine Punk-Reinkarnation. In: New Musical Express , 10. April 1993.