Die
Geiselnahme von Stockholm
war ein
Terroranschlag
eines Kommandos der
Rote Armee Fraktion
, der sich am 24. April 1975 ereignete. Sechs Terroristen verschafften sich Zugang zur
bundesdeutschen Botschaft in Stockholm
(Schweden), nahmen dort zwolf
Geiseln
und
ermordeten
zwei von ihnen. Nach einer Sprengstoffexplosion, die die Geiselnehmer wahrscheinlich versehentlich ausgelost hatten, konnten die restlichen Geiseln fliehen. Die uberlebenden Geiselnehmer wurden zu langjahrigen Haftstrafen verurteilt.
Am 27. Februar 1975, drei Tage vor der
Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus
, hatten Terroristen der
Bewegung 2. Juni
den Spitzenkandidaten der
CDU Berlin
,
Peter Lorenz
,
entfuhrt
. Damals hatte die Bundesregierung (
Kabinett Schmidt I
) der Forderung der Entfuhrer nachgegeben: Sie hatte funf Straftater aus der RAF und der
Bewegung 2. Juni
freigelassen und sie in den
Sudjemen
ausfliegen lassen.
Am Mittag des 24. April 1975 sturmten sechs RAF-Terroristen (
Karl-Heinz Dellwo
,
Siegfried Hausner
,
Hanna Krabbe
,
Bernhard Rossner
,
Lutz Taufer
und
Ulrich Wessel
) die
Botschaft
der Bundesrepublik in Stockholm, nahmen zwolf Geiseln und verbarrikadierten sich im oberen Stockwerk des Gebaudes. Sie nannten sich
Kommando
Holger Meins
und forderten die Freilassung von insgesamt 26 inhaftierten RAF-Angehorigen, darunter
Andreas Baader
,
Ulrike Meinhof
,
Gudrun Ensslin
und
Jan-Carl Raspe
.
[1]
Stefan Wisniewski
war wohl außerhalb der Botschaft versteckt und hielt die Terroristen in der Botschaft per Funkgerat uber die Lage dort auf dem Laufenden.
Die Terroristen drohten, sie wurden Geiseln erschießen, wenn die schwedische Polizei nicht bis 14 Uhr aus dem Untergeschoss der Botschaft abziehen wurde. Als das Ultimatum verstrich, schossen zwei Terroristen unmittelbar von hinten funfmal auf den von ihnen zur Verhandlung mit der Polizei gezwungenen
Militarattache
Oberstleutnant
Andreas von Mirbach
und stießen ihn die Treppe des Botschaftsgebaudes hinunter.
[2]
Die Polizisten zogen sich in ein Nebengebaude der Botschaft zuruck. Zwei bis auf die Unterhosen entkleidete schwedische Polizisten durften Mirbach eine Stunde nach den Schussen aus dem Gefahrenbereich befordern; nach einer Operation verstarb dieser zwei weitere Stunden spater.
Um 20 Uhr beschloss der
Krisenstab
um
Bundeskanzler
Helmut Schmidt
, nicht auf die Forderungen der Terroristen einzugehen. Schmidt eroffnete eine Zusammenkunft seines Krisenstabes mit den Worten: ?Meine Herren, mein ganzer Instinkt sagt mir, dass wir hier nicht nachgeben durfen.“
[3]
Die Terroristen legten 15 Kilogramm
TNT
-Sprengstoff aus und verbanden ihn mit Kabeln.
[4]
Gegen 22:20 Uhr erschoss einer der Terroristen den
Wirtschaftsattache
Heinz Hillegaart
offentlich sichtbar an einem offenen Fenster.
[4]
Um 23:46 Uhr explodierte der Sprengstoff. Die Explosion beschadigte das Botschaftsgebaude schwer und verletzte die vier verbliebenen Geiseln und die Geiselnehmer zum Teil schwer. Die Geiseln konnten fliehen. In der spateren Gerichtsverhandlung behaupteten die Terroristen, die Einsatzkrafte vor Ort hatten ihn gezundet, was von der Bundesregierung gebilligt worden sei. Das Gericht schenkte dieser Erklarung aber keinen Glauben.
[5]
Hans-Joachim Klein
schrieb spater, dass die Explosion dadurch ausgelost wurde, dass einer der Terroristen uber einen Draht stolperte und damit die Elektrozundung ausloste.
[6]
Alle Kommandomitglieder und Geiseln erlitten Verbrennungen.
Wessel starb zwei Stunden spater in einem Krankenhaus, Hausner zehn Tage spater in der Krankenstation der
JVA Stuttgart
.
[7]
Die vier uberlebenden Terroristen (Krabbe, Dellwo, Taufer und Rossner) wurden am 20. Juli 1977 vom
Oberlandesgericht Dusseldorf
zu jeweils zweimal lebenslangen Freiheitsstrafen wegen gemeinschaftlichen Mordes in zwei Fallen sowie
Geiselnahme
und versuchter
Notigung eines Verfassungsorgans
verurteilt. Der
3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes
verwarf am 1. Marz 1978 die Revisionen der Angeklagten gegen dieses Urteil als unbegrundet.
[8]
Rossner wurde am 17. November 1992
Strafausstand
gewahrt, 1994 wurde er begnadigt. Taufer und Dellwo wurden im Fruhjahr 1995, Krabbe am 10. Mai 1996 aus der Haft entlassen.
Rossner außerte 1994 wahrend eines Fernsehinterviews im ZDF, er empfinde keine Reue und kein Bedauern gegenuber den Opfern und ihren Angehorigen. Clais von Mirbach, Sohn des erschossenen Attaches, erklarte daraufhin, dass er sich wunsche, ?dass die Offentlichkeit solchen Selbstverklarungen und Verharmlosungen entschiedener entgegentrate.“
[9]
- Stockholm 75
(Schweden) Dokumentarfilm, 2003, Regie: David Aronowitsch.
- Dan Hansen, Jens Nordqvist:
Kommando Holger Meins. Dramat pa vasttyska ambassaden och Operation Leo
. Ordfront, Stockholm, 2005,
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In: Themenportal Europaische Geschichte. 2014.
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Fur die RAF war er das System, fur mich der Vater. Die andere Geschichte des deutschen Terrorismus.
Piper, Munchen, Zurich, 2007,
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?Terrorismus“ zwischen Ereignis und Diskurs: Zur Pragmatik von Text-Bild-Zusammenstellungen in Printmedien der 1970er-Jahre
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a
b
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Nr.
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Volltext
(
Memento
vom 8. August 2016 im
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- ↑
Die Opfer der RAF: Selbstverklarung und Verharmlosung
. Bundeszentrale fur politische Bildung (Hrsg.):
Aus Politik und Zeitgeschichte
, 24. September 2007
59.334544
18.106378
Koordinaten:
59° 20′ 4,4″
N
,
18° 6′ 23″
O