Franciscus Raphelengius der Altere
, latinisierte Form von
Frans van Ravelingen
(*
27. Februar
1539
in
Lannoy
; †
20. Juli
1597
in
Leiden
) war ein flamischstammiger
Buchdrucker
und Gelehrter. Er begrundete die Buchdruckerfamilie
Raphelengius
.
Franciscus Raphelengius musste, da seine Mutter Witwe geworden war, seine Studien unterbrechen und dem Erlernen des Handelsgeschaftes nachgehen. Er bildete sich in
Nurnberg
zum Kaufmann aus, benutzte aber seine Mußestunden zum Studium der alten Sprachen und machte darin so große Fortschritte, dass ihm seine Mutter keine weiteren Steine fur sein diesbezugliches Interesse in den Weg legte.
In der Folge ging er nach
Paris
, um an der dortigen Universitat seine Kenntnisse des Griechischen und Hebraischen zu perfektionieren. Aufgrund der Unruhen in Frankreich zog er aber nach England und lehrte einige Jahre lang an der
Universitat Cambridge
Altgriechisch.
1564 kehrte er in die Niederlande zuruck, verheiratete sich am 23. Juni 1565 mit Margarethe Plantin, der altesten Tochter des beruhmten Buchdruckers
Christoph Plantin
und wurde dadurch auch der Buchdruckerkunst zugefuhrt. Er trat 1565 in
Antwerpen
als gelehrter Korrektor bei seinem Schwiegervater ein, bei dem bereits einige tuchtige Gelehrte, wie
Cornelis Kiliaan
(† 1607),
Theodor Poelmann
(1510?1580) und
Justus Lipsius
, in gleicher Eigenschaft tatig waren; doch ist besonders Raphelengius die große Korrektheit der Plantinschen Drucke zu verdanken. Auch bei der Herstellung der beruhmten
Polyglotte
-
Bibel
Biblia sacra hebraice, chaldaice, graece et latine
(8 Bde., Antwerpen 1568?1573), die Plantin mit Unterstutzung des Konigs
Philipp II.
druckte, war Raphelengius in hervorragender Weise beteiligt.
Im Zuge der religiosen Unruhen des 16. Jahrhunderts konvertierte Franciscus Raphelengius ebenso wie sein altester Sohn Christoph und seine Tochter Margarethe zum
Protestantismus
, wahrend seine Gattin und seine beiden jungeren Sohne Franciscus und Justus Katholiken blieben, was indessen die Familienharmonie nicht storte.
Als Plantin 1582 nach Leiden ging, um dort eine Filialdruckerei zu errichten, leitete Raphelengius das Hauptgeschaft in Antwerpen wahrend der Kriegswirren, ubernahm 1585 nach der Ruckkehr Plantins die Leidener Druckoffizin, wahrend die Antwerpener Druckerei an den zweiten Schwiegersohn, Johannes Moretus, uberging.
Von 1582 bis 1585, wahrend welcher Zeit Raphelengius das Stammgeschaft in Antwerpen leitete, brachte der Messkatalog 98 neue Plantinsche Verlagswerke; auch die Frankfurter Buchhandlermessen besuchte Raphelengius mehrmals in Begleitung seines spateren Schwagers Moretus.
In Leiden erlernte Raphelengius ferner mit Hilfe einiger von Freunden ausgeliehener Bucher
Arabisch
. Im Marz 1586 wurde er von der
Universitat Leiden
zum akademischen Buchdrucker und im Juni 1586 zum außerordentlichen, 1587 zum ordentlichen Professor der
hebraischen Sprache
ernannt.
Neben seinen Vorlesungen in den morgenlandischen Sprachen betrieb Raphelengius weiterhin seine Druckerei, und noch kurz vor seinem Tode trat er 1595 mit einer reichhaltigen Probe seiner neugeschaffenen Typen
Specimen characterum arabicorum officinae Plantinianae
hervor.
Er schrieb unter anderem auch eine hebraische Grammatik, ein chaldaisches Worterbuch sowie ein 1613 postum in Leiden herausgegebenes arabisch-lateinisches Worterbuch, das 13 Auflagen erlebte.
Seine letzten Lebensjahre waren aber durch den vorzeitigen Tod seiner Gemahlin und eine
Paralyse
, die er sich zugezogen hatte, uberschattet. Nach seinem Tod 1597 ubernahmen seine Sohne Christoph († 1600), Franciscus und Justus, gleichfalls tuchtige Kenner der alten Sprachen, die Druckerei.
- Raphelengius, Franciscus
, in:
Abraham Jacob van der Aa
,
Biographisch Woordenboek der Nederlanden
, Bd. 16 (1874), S. 71 f.
- J. Braun:
Raphelengius, Franz (Humanist)
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 27, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 281?283.
- Artikel
"Franciscus Raphelengius'
Lexicon Arabico-Latinum
, Leiden 1613"
, von Alastair Hamilton, 1989, S. 557?589 des Buches
Studia in memoriam Christophori Plantini (ca. 1520-1589)
. Der Artikel zahlt die wichtigsten Quellen auf, die Raphelengius fur die Erarbeitung seines arabisch-lateinischen Lexikons hatte. Er enthalt auch eine Liste der arabischen Manuskripte im Besitz von Raphelengius, die heute der Universitat Leiden gehoren.