Dave Bartholomew
(*
24. Dezember
1918
in
Edgard
,
Louisiana
; †
23. Juni
2019
in
New Orleans
, Louisiana
[1]
) war ein
US-amerikanischer
Rhythm-and-Blues
- und
Jazzmusiker
, der ab den 1950er Jahren vorrangig als Produzent, Arrangeur und Komponist tatig war.
Im Alter von 15 Jahren begann Bartholomew
Trompete
und
Tuba
in New Orleans zu erlernen. Dabei hatte er mit Peter Davis denselben Musiklehrer wie zuvor
Louis Armstrong
. Im Mai 1942 feuerte
Jimmie Lunceford
sechs Leute aus seinem beruhmten Orchester und rekrutierte Bartholomew als Trompeter. Schon kurz danach wurde Dave in die Armee einberufen und dort in eine Militarband abkommandiert. Der Bandleader Lunceford starb 1947, und seine Band zerfiel. In jenem Jahr suchte das in
New Jersey
beheimatete Plattenlabel
DeLuxe Records
nach Talenten in den Clubs von New Orleans, wo es auf ?Dave Bartholomew & His Sextette“ stieß.
[2]
Zu der 1946 gegrundeten Band gehorten anfangs Meyer Kennedy (Gitarre), Joe Harris (Altsaxophon),
Herb Hardesty
,
Alvin ?Red Tyler“
, Clarence Holts (Tenorsaxophon). Spater wurden
Earl Palmer
(Schlagzeug),
Frank Fields
(Bassgitarre),
Ernest McLean
(Gitarre) und Salvador Doucette (Piano) eingewechselt. Letztere Formation war die personelle Konfiguration, die wenig spater die
Studioband
in
Cosimo Matassas
beruhmten Tonstudio und fur
Imperial Records
die Hausband bildete.
Auf dem DeLuxe-Label erschien dann Bartholomews erste Platte im Jahre 1947 mit dem Titel
She's Got Great Big Eyes
. Im Jahre 1947 beteiligte sich
King Records
an DeLuxe, um dann das Label im Februar 1951 ganz zu ubernehmen. Bartholomew blieb noch bis 1950 bei DeLuxe. Hier entstand auch im Februar 1950 Bartholomews großter Hit, das suggestive
Country Boy
, nachfolgend 100.000-mal verkauft und eine #14 der R&B-Charts. Erste Kontakte zu dem in New Orleans ansassigen Label Imperial Records entstanden, als Bartholomew am 29. November 1949 in Matassas J&M-Studios fur die R&B-Sangerin Jewel King den Titel
3×7=21
(Imperial 5055) und
Tommy Ridgleys
Shrewsbury Blues
in einer Session aufnahm.
[3]
Die Blaser-Riffs in
3×7=21
wurden spater zu Bartholomews Markenzeichen.
[4]
Dave Bartholomew wurde im Dezember 1949 bei Imperial Records zunachst Talentsucher, spater dann auch Produzent, Arrangeur und Komponist. Wenige Tage nach Jewel Kings Plattenaufnahme produzierte Bartholomew im ?J&M Studio“ am 10. Dezember 1949 insgesamt 8 Songs mit dem gerade von Imperial unter Vertrag genommenen
Fats Domino
. Diese erste Session dauerte fast 6 Stunden.
[5]
Als dessen erste Single wurde hiervon
The Fat Man
, geschrieben von Bartholomew, mit dem beruhmten Boogie-Piano-Intro ausgewahlt.
[6]
Die Platte entwickelte sich nach Veroffentlichung im Januar 1950 zu einem der seltenen
Millionenseller
des R&B. Fur Domino begann hiermit eine große Karriere, die ohne Bartholomews Beitrage nicht denkbar gewesen ware. Beide schrieben fortan uber 40 Songs zusammen, von denen sich eine Vielzahl zu großen Hits des R&B entwickelte. Das erste
Crossover
im Juni 1952 war
Goin’ Home
, spater schafften Fats Domino-Hits als hochste Platzierung eine #2 der Pop-Charts und den großten Hit seiner Karriere (der Klassiker
Blueberry Hill
im Oktober 1956). Die erfolgreiche Zusammenarbeit der beiden schwergewichtigen Musiker dauerte bis 1963, als Fats Domino das Label Imperial Records verließ und bei
ABC-Paramount
unterschrieb. Dabei blieben der Musikstil und das Arrangement weitgehend unverandert. Der
Wiedererkennungswert
der von Fats Domino im kreolischen Akzent vorgetragenen Stucke war auch deswegen hoch, weil die meisten Songs mit einem unverkennbaren Boogie-Piano-Part, einfachen Begleitriffs der Studioband und einem das Grundmotiv wiederholenden Tenor-Saxophon versehen waren.
Bartholomew selbst nahm eine Vielzahl von Platten fur andere Labels auf, was zu Streitigkeiten mit Imperial fuhrte. Fur
Decca Records
entstanden am 10. Mai 1951 zwei Songs, fur
King Records
wurden am 16. August 1951 in
Cincinnati
insgesamt 4, und am 22. Januar 1952 in den J&M-Studios nochmals 4 Songs eingespielt. Am beruhmtesten hiervon ist wohl seine Komposition (zusammen mit Todd Rhodes, der hier Piano spielt)
My Ding-A-Ling
, entstanden am 22. Januar 1952 und auf King Records (King 4544) im Februar 1952 veroffentlicht. Der humorvolle und zweideutige call-and-response-Song erlebte als
Coverversion
anderer Interpreten spater eine Renaissance. Zuerst griffen die
Bees
den Song unter dem Titel
Toy Bell
(Imperial 5314) im Dezember 1954 auf, bevor
Chuck Berry
ihn im September 1972 (Chess 2131) als Millionenseller unsterblich machte.
Fur Imperial Records hatte Bartholomew eine Vielzahl von Interpreten akquiriert. Hierzu gehorten ab 1952
Smiley Lewis
,
Lloyd Price
,
Shirley & Lee
, 1954
Blanche Thomas
, ab 1955
Earl King
, Tommy Ridgley, ab 1957
Chris Kenner
,
Robert Parker
oder ab 1959 Frankie Ford. Er produzierte und arrangierte uberwiegend ihre Sessions und komponierte fur sie wichtige Songs. Bartholomews Produktionen wie
Lawdy Miss Clawdy
,
One Night (Of Sin)
oder
Witchcraft
wurden von
Elvis Presley
gecovert,
Stack-A-Lee
von Archibald wurde bei Lloyd Price zu
Stagger Lee
. Earl King wurde nicht
Trick Bag
oder
Come On
gesungen haben, und Robert Palmer und
Jimi Hendrix
hatten diese Songs nicht covern konnen. Fur
Sugar Boy Crawford
entstand
Morning Star
,
Snooks Eaglin
ubernahm aus der Feder von Bartholomew
That Certain Door
oder Tommy Ridgley sang den
Shrewsbury Blues
. Bobby Mitchell ubernahm
I Try So Hard
,
I’m Gonna Be A Wheel Someday
(spater von Fats Domino gecovert) und
Nothing Sweet As You
, Shirley & Lee ubernahmen
Feel So Good
.
Als im Dezember 1963 das Label Imperial Records an Liberty Records verkauft wurde, lehnte Bartholomew eine Ubersiedlung zum Hauptsitz nach
Hollywood
ab und blieb in New Orleans. Damit endete auch sein Vertrag mit Imperial Records. Er arbeitete dann kurzzeitig fur Trumpet Records oder
Mercury
und grundete 1967 sein eigenes Label
Broadmoor
, das er aber ohne Erfolg fuhrte und liquidierte. Auch in den 1970er und 1980er Jahren betatigte er sich weiterhin in der Musikindustrie und leitete eine eigene
Dixieland
-Band in New Orleans. 1991 wurde er als Non-Performer in die
Rock and Roll Hall of Fame
aufgenommen. 1995 und 1998 wurden die Alben
Dave Bartholomew and the Maryland Jazz Band
und
New Orleans Big Beat
veroffentlicht. 2007 wurde Dave Bartholomew in die
Blues Hall of Fame
aufgenommen. Am 24. Dezember 2018 feierte er seinen 100. Geburtstag.
[7]
Bartholomew sagte selbst, dass er mehr als 4000 Songs komponiert habe. Der
BMI
zufolge sind fur David Bartholomew insgesamt 462 Kompositionen urheberrechtlich registriert.
[8]
Die von ihm selbst veroffentlichten Stucke sind nicht besonders erfolgreich gewesen, sodass seine immense Arbeit als Produzent, Arrangeur und Komponist fur andere Interpreten als seine eigentliche Leistung herausgestellt werden muss. Alleine fur Fats Domino entstanden uber 50 Singles mit einem Gesamtumsatz von etwa 65 Millionen Platten, von denen 22 vergoldet wurden.
Der
Rolling Stone
listete Bartholomew gemeinsam mit Fats Domino auf Rang 72 der
100 großten Songwriter aller Zeiten
.
[9]
Als Dave Bartholomew & His Sextette:
- She's Got Great Big Eyes (And Great Big Thighs)
/
Bum Mae
(DeLuxe 1004), September 1947
- Star Dust / Dave’s Boogie Woogie
(DeLuxe 1114), September 1947
Als Dave Bartholomew Orchestra:
- Girt Town Blues
/
High Society Blues
(Deluxe 3217), April 1949
- Nickel Wine
(demo), (Specialty/Regal), 1949
- Country Boy / Mr. Fool
(DeLuxe 3223), Februar 1950
- Carnival Day / That's How You Got Killed Before
(Imperial 5064), Februar 1950
- Messy Bessie / Frantic Chick
(Imperial 5089), Februar 1950
- 3x7=21 / Don’t Marry Too Soon
(Jewel King with Dave Bartholomew), (Imperial 5055), Marz 1950
- Oh Cubanas / Going to Chow
(Imperial 5096), aufgenommen am 23. Marz 1950
- Poppa Stoppa Theme Song
, (Erkennungsmelodie im WNNR-AM-Radio New Orleans), aufgenommen am 23. Marz 1950
- Country Boy Goes Home / Ain't Gonna Do It
(Imperial 5069), aufgenommen am 23. Marz 1950
- Basin Street Breakdown
(vorher unveroffentlicht; CD Charly 273), 1950
- Tra La La / Treejim
(Gesang: Tommy Ridgley), (Decca 48216), aufgenommen am 10. Mai 1951
- Sweet Home Blues / Twins
(King 4482), aufgenommen am 10. August 1951
- In The Alley / I'll Never Be The Same
(King 4508), aufgenommen am 10./16. August 1951
- Lawdy Lawdy Lord Part 1 / Lawdy Lawdy Lord Part 2
(Gesang: Tommy Ridgley), (King 4523), 1952
- My Ding-A-Ling
/
Bad Habit
(King 4544), Februar 1952
- Who Drank My Beer While I Was in the Rear / Little Girl Sing Ding-A-Ling
(Gesang: Tommy Ridgley), (Imperial 5210), Dezember 1952
- The Golden Rule
/
Mother Knows Best
(King 4559), 1952
- No More Black Nights / Air Tight
(Imperial 5249), September 1953
- Jump Children / Cat Music
(Imperial 5308), Dezember 1954
- Four Winds / Every Night, Every Day
(Imperial 5350), Juni 1955
- Shrimp and Gumbo / Old Cowhand from the Blues Band
(Imperial 5373), Januar 1956
- Would You (If I Loved You Darling) / Turn Your Lamp Down Low
(Imperial 5390), Juli 1956
- The Shufflin' Fox / The Monkey
(Imperial 5438), April 1957
- Cinderella / Hard Times
(Imperial 5481), Dezember 1957
- People Are Talking / Yeah Yeah
(Imperial 5724), Marz 1961
- Junk Man / Hey Hey
(Broadmoor 101), 1967
- Fats Domino presents Dave Bartholomew and His Great Big Band
(Imperial LP 9162), 1961
- New Orleans House Party ? Dave Bartholomew
(Imperial LP 9217), 1963
- ↑
Bill Friskics-Warren:
Dave Bartholomew, Mainstay of New Orleans R&B, Dies at 100.
In:
The New York Times
.
23. Juni 2019 (englisch). Abgerufen am 23. Juni 2019.
- ↑
John Boven,
Rhythm & Blues in New Orleans
, 1995, S. 17.
- ↑
Jeff Hannusch,
The Soul of New Orleans
, 2001, S. 29.
- ↑
Rick Coleman,
Blue Monday: Fats Domino and the Lost Dawn of Rock 'n' Roll
, 2007,
ISBN 0-306-81531-1
, S. 49.
- ↑
Rick Coleman,
Blue Monday.
S. 53.
- ↑
John Boven,
Rhythm & Blues in New Orleans
, 1995, S. 30.
- ↑
Happy 100th birthday, Dave Bartholomew.
In:
The Advocate.
24. Dezember 2018,
abgerufen am 20. April 2019
.
- ↑
BMI-Eintrag Dave Bartholomew
- ↑
The 100 Greatest Songwriters of All Time.
Rolling Stone
, August 2015,
abgerufen am 7. August 2017
(englisch).