Charles Regnier

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Charles Regnier, 1998
Charles Regnier,
Zeichnung von Gunter Rittner , 1964
Autogramm von Charles Regnier

Karl Friedrich Anton Hermann ?Charles“ Regnier [1] (* 22. Juli 1914 in Freiburg im Breisgau ; † 13. September 2001 in Bad Wiessee ) war ein deutscher Schauspieler , Theaterregisseur , Horspielsprecher und Ubersetzer . Einige Quellen nennen unzutreffenderweise 1915 als Regniers Geburtsjahr. In den 1950er und 1960er Jahren war er einer der meistbeschaftigten deutschen Theater- und Filmschauspieler. Seine eigenwillige, dezidiert intellektuelle Spielweise und sein zuweilen leicht spottisch wirkendes, kuhl-distanziertes Auftreten wurden zu seinen Markenzeichen und machten ihn zu einem gefragten Charakterdarsteller.

Leben und Wirken [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Seinen Namen verdankte Regnier seinem Großvater, einem geburtigen Elsasser. Charles kam als erstes Kind des Ehepaares Anton Karl Regnier und Emile (Milly) Maria Friederike Harrer in Freiburg im Breisgau zur Welt. [1] Der Vater war Praktischer Arzt , weshalb Sohn Charles zunachst den Wunsch hatte, ebenfalls Arzt zu werden. Sein Traum war es, wie sein Kindheitsidol Albert Schweitzer um die Welt zu reisen und den Menschen zu helfen.

Regnier wuchs in Straßburg und in Badenweiler auf, wo die Großeltern mutterlicherseits das Hotel ?Schloss Hausbaden“ besaßen. Nach dem Selbstmord des Vaters 1924 zog die Mutter mit den vier Sohnen zunachst nach Heidelberg , anschließend nach Montreux an den Genfersee . Als die Mutter 1929 an Tuberkulose erkrankte, beschloss die Familie, nach Davos zu ziehen. In dem Schweizer Luftkurort machte Charles Bekanntschaft mit einer Reihe beruhmter Personlichkeiten, darunter der Schriftsteller Alfred Henschke alias ? Klabund “, der Regniers Interesse fur Literatur und Theater weckte. Zusammen mit seinen Brudern fuhrte Charles im privaten Wohnzimmer Klabunds Komodie XYZ ? Spiel zu Dreien auf. Seine erste schauspielerische Darbietung war die darin enthaltene Hauptrolle der Comtesse Y . ?Als Schauspieler hatte ich seither nie wieder die Gelegenheit als Dame aufzutreten, oft aber zu zeigen, wie man als Dame auftritt“, schrieb Regnier in seinen personlichen Erinnerungen.

Der fruhe Tod des Vaters brachte es mit sich, dass die Familie langsam verarmte. Nach mehreren Umzugen in immer kleinere Behausungen beschloss die Mutter, mit den Sohnen 1930 nach Berlin umzusiedeln. Hier lernte Regnier den Schriftsteller Ernst Blass kennen, der fast vollstandig erblindet war. Regelmaßig besuchte er den kranken Mann, um ihm aus Buchern vorzulesen. Ernst Blass hatte einen intellektuell und kunstlerisch pragenden Einfluss auf den jungen Charles. Trotz großter Armut gelang es Regnier, gelegentlich Schauspielunterricht zu nehmen. Wenig spater (vermutlich 1932) spielte er eine erste Filmrolle in dem Schmalfilm La lettre, den Regnier mit Freunden in Prag drehte. Der Film erzahlt die ruhrende Geschichte eines Arbeitslosen, der in der Lotterie zwar einen Hauptgewinn erzielt, aber tragischerweise seinen Losschein verliert.

Im Jahr 1933, Hitler war bereits an der Macht, wollte Regnier endlich eine staatliche Schauspielschule besuchen. Doch er fiel mehrfach durch die Prufungen bei der Reichstheaterkammer . ?Er solle doch bitte nicht wiederkommen“, legte man ihm nach der letzten Prufung nahe. Als die Nationalsozialisten damit begannen, den deutschen Kulturbetrieb nach ihren Vorstellungen umzugestalten, wurde Regnier 1934 verhaftet und wegen des Vorwurfes der Homosexualitat im KZ Lichtenburg , einem der ersten deutschen Konzentrationslager, interniert. Nach neun Monaten entließ man ihn, nachdem er ? wie viele andere Haftlinge ? hatte unterschreiben mussen, nichts uber die schrecklichen Geschehnisse im KZ zu berichten. Traumatisiert durch die Gefangenschaft setzte sich Regnier nach Italien ab, wo er in Portofino einen kleinen Souvenirladen eroffnete. Da das Geschaft wenig einbrachte, kehrte Regnier nach Berlin zuruck und beendete dort eine private Schauspielausbildung.

Das erste Engagement erhielt Regnier 1938 am Theater in Greifswald . Hier lernte er die Schauspielerin und Sangerin Pamela Wedekind kennen, eine der beiden Tochter des Dramatikers Frank Wedekind , die er am 21. Juni 1941 in Berlin heiratete. [1] 1941 wurde Regnier von Otto Falckenberg ins Ensemble der Munchner Kammerspiele berufen, dem er bis 1958 angehorte. Ab 1946 war er auch als Schauspiellehrer an der neu gegrundeten Otto-Falckenberg-Schule tatig.

Seine Laufbahn als Filmschauspieler begann Regnier 1949 mit der Rolle des ?Bertram“ in dem von Fritz Kortner geschriebenen und von Josef von Baky inszenierten Film Der Ruf . Aber auch als Theaterschauspieler arbeitete er unter den bedeutendsten Regisseuren seiner Zeit. 1951 spielte er den ?Riccaut de la Marliniere“ in Lessings Minna von Barnhelm (Regie: Fritz Kortner), 1952 in Friedrich Durrenmatts Die Ehe des Herrn Mississippi (Regie: Hans Schweikart ), 1953 in Ferdinand Raimunds Der Bauer als Millionar (Regie: Heinz Hilpert ). Hoch gelobt war auch Regniers Darstellung des Atomphysikers Oppenheimer in Heinar Kipphardts Theaterstuck In der Sache J. Robert Oppenheimer sowie der Auftritt in Peter Weiss ’ Stuck Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats… . In den beiden letztgenannten Rollen war Regnier auch im Fernsehen zu sehen, fur das die Stucke 1964 bzw. 1967 erfolgreich verfilmt wurden.

Von 1961 bis 1962 war er Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater . Dabei machte er keinen Unterschied zwischen ?ernster“ Kunst und Unterhaltungskunst. ?Meine Arbeiten mussen fur das Publikum wirkungsvoll sein, erheiternd, kurz: angenehm.“ [2] Und so scheute Regnier auch nicht davor zuruck, in Unterhaltungsfilmen unterschiedlicher Genres mitzuwirken. An der Seite von Gert Frobe spielte er in Das Testament des Dr. Mabuse (1962), in der Edgar-Wallace -Verfilmung Der schwarze Abt (1963) neben Klaus Kinski . Gemeinsam mit Heinz Ruhmann stand er in Die Ente klingelt um halb acht (1968) vor der Kamera.

Regnier drehte teilweise mehr als zehn Filme pro Jahr und wirkte in uber 100 Kino- und Fernsehfilmen mit. Von 1973 bis 1975 hatte er im ZDF mit Mordkommission eine eigene Fernsehserie, in der er in uber 26 Folgen den Hauptkommissar Georg Wieker spielte. In Radu Gabreas Film Ein Mann wie E.V.A. (1984) spielte er neben Eva Mattes , in Margarethe von Trottas Film Rosa Luxemburg (1985) an der Seite von Barbara Sukowa und in Cascadeur ? Die Jagd nach dem Bernsteinzimmer (1998) war er neben Heiner Lauterbach auf der Leinwand zu sehen.

Das Grab von Charles Regnier

Daruber hinaus inszenierte Regnier Theaterstucke, schrieb Drehbucher und machte sich als Ubersetzer einen Namen. Er ubersetzte uberwiegend franzosische Schriftsteller wie Georges Simenon , Jean Cocteau , Francois Mauriac und Sidonie Gabrielle Colette , aber auch britische Autoren wie William Somerset Maugham . Regnier war außerdem ein vielbeschaftigter Horspielsprecher. Zu seinen bekanntesten Horspielrollen gehorte Graf Dracula , den er in mehreren Folgen fur das Schallplattenlabel Europa sprach, und die des Ministers in dem Kinder-Horspiel Sangerkrieg der Heidehasen von James Kruss .

In den 1980 und 1990er Jahren konzentrierte sich Regnier auf das gehobene Boulevardtheater. Gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau, der Schauspielerin Sonja Ziemann , war Regnier bis ins hohe Alter regelmaßig auf Theatertourneen in Deutschland, Osterreich und der Schweiz unterwegs. Noch mit uber 80 Jahren reiste er mit seinem Soloprogramm ?Charles Regnier liest Oscar Wilde “ durch die Republik. In seiner letzten Buhnenrolle in dem Stuck Endspurt von Peter Ustinov spielte er 1999 einen bettlagerigen rollstuhlfahrenden achtzigjahrigen Schriftsteller, der die wichtigsten Ereignisse seines Lebens resumiert und dabei seinen Alter Egos aus fruheren Zeiten wiederbegegnet. In Oskar Roehlers preisgekrontem Film Die Unberuhrbare (2000) absolvierte Regnier seinen letzten Kinoauftritt als gutiger Vater der Schriftstellerin Gisela Elsner .

Regnier lebte in Deutschland, Italien und in der Schweiz. Am 13. September 2001 starb er nach einem Schlaganfall im Alter von 87 Jahren in Bad Wiessee. Er wurde auf dem Friedhof Badenweiler-Lipburg , dem Ort seiner Kindheit, beigesetzt. [3]

Sein schriftlicher Nachlass befindet sich im Archiv der Akademie der Kunste in Berlin. [4]

Familie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Regnier hatte drei Bruder: Henri Regnier (1917?1988), der von 1962 bis 1982 Unterhaltungschef beim Norddeutschen Rundfunk war; Axel Regnier (1916?2006), ebenfalls Schauspieler sowie Produzent beim Bayerischen Rundfunk , und Georg Regnier (1923?1996).

Aus der ersten Ehe mit der Schauspielerin und Sangerin Pamela Wedekind , mit der Regnier von 1941 bis zu ihrem Tod 1986 verheiratet war, gingen drei Kinder hervor: Der Konzertgitarrist und Autor Anatol Regnier , die Schauspielerin Carola Regnier (1943?2011) sowie die Geigerin Adriana Regnier, seit dem 17. Februar 1974 mit dem Musiklehrer und Flotensolisten Peter Schiffers verheiratet. Die beiden Sohne aus dieser Ehe sind Stephan Schiffers , Filmregisseur und Drehbuchautor, und Heinrich Schiffers , Musiker und Filmkomponist. [5]

Von 1989 bis zu seinem Tod 2001 war Regnier mit der Schauspielerin Sonja Ziemann verheiratet.

Auszeichnungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1955 wurde Regnier mit dem Deutschen Kritikerpreis des Verbandes der deutschen Kritiker ausgezeichnet. 1989 erhielt er im Rahmen der Verleihung des Deutschen Filmpreises das Filmband in Gold fur langjahriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film. Daruber hinaus war Regnier Trager des Bundesverdienstkreuzes .

Zitate [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Seine Bedeutung als Schauspieler beschrieb die Suddeutsche Zeitung in ihrem Nachruf vom 14. September 2001 folgendermaßen:

?Charles Regnier hat das deutsche Theater gepragt wie wenige andere Akteure und dem deutschen Kino eine Kontinuitat verschafft, die bislang kaum wahrgenommen wird.“

Der Schriftsteller und Journalist Christian Ferber schrieb uber Regnier:

?Intelligenz ist fur einen Schauspieler nicht immer eine Himmelsgabe. Manch einem steht sie hinderlich im Weg. Es gibt nur wenige, bei denen sich Beweglichkeit des Geistes mit dem Segen eines großen Talents so muhelos und so glucklich verschmolzen hat wie bei Charles Regnier.“

Regnier selbst wird das Zitat zugeschrieben:

?Wer seine Neigungen stutzt, schafft Triebe.“

Filmografie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Theater (Auswahl) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Horspiele und Horbucher (Auswahl) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

KZ Lichtenburg: Bekannte Haftlinge

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Charles Regnier  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b c Wedekind aus Horst Kr. Neustadt am Rubenberge in Niedersachsen. In: Niedersachsisches Geschlechterbuch. Band 187 (1982), S. 481?634, hier S. 532
  2. Munchner Merkur , 15./16. September 2001
  3. knerger.de: Das Grab von Charles Regnier
  4. Charles-Regnier-Archiv Bestandsubersicht auf den Webseiten der Akademie der Kunste in Berlin.
  5. Wedekind aus Horst Kr. Neustadt am Rubenberge in Niedersachsen. In: Niedersachsisches Geschlechterbuch. Band 187 (1982), S. 481?634, hier S. 532?533