Anna Oppermann

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Anna Oppermann, 1985

Anna Oppermann , geboren als Regina Heine (* 18. Februar 1940 in Eutin ; † 8. Marz 1993 in Celle ), war eine deutsche bildende Kunstlerin . Sie lebte und arbeitete in Hamburg .

Anna Oppermann nimmt eine herausgehobene, synthetisierende Position in der bildenden Kunst der 1960er und 70er Jahre ein, die sich in Richtungen wie Konzeptkunst , Arte Povera , Spurensicherung , Individuelle Mythologie und Story Art manifestierte. Ihre ?Ensembles“ fanden zu einer Kombination von konzeptueller und bildnerischer Arbeitsweise, mit der sie sowohl analytisch als auch plastisch narrativ auf die Kunst- und Alltagswelt am Ende des 20. Jahrhunderts einging.

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Anna Oppermann wurde am 18. Februar 1940 in Eutin mit dem Namen Regina Heine geboren. Sie studierte von 1962 bis 1968 an der Hochschule fur bildende Kunste Hamburg und Philosophie an der Universitat Hamburg (1962?1968). Nach dem Studium lebte und arbeitete sie als freischaffende Kunstlerin in Hamburg. 1968 wurde sie Mitglied der CO-OP Kunstlercooperative Hamburg . 1986 gehorte sie zu den Grundungsmitgliedern der Galerie Vorsetzen . Ab 1987 wahlte sie ihren Zweitwohnsitz in Celle. Hier starb sie am 8. Marz 1993 und wurde in Celle Lachtehausen beerdigt.

Nach Gastprofessuren an der Hochschule fur bildende Kunste Hamburg in den Jahren 1976 und 1978 lehrte sie von 1982 bis 1990 als Professorin an der Bergischen Universitat Wuppertal und anschließend bis zu ihrem Tod an der Hochschule der Kunste Berlin (heute: Universitat der Kunste Berlin ).

1967 heiratete sie den Hamburger Kunstler Wolfgang Oppermann und nahm mit seinem Namen auch den Kunstlernamen Anna an, der ihre Karriere als freischaffende Kunstlerin begleitete. Gemeinsamer Sohn des Kunstlerpaars ist Alexander Oppermann. Nach der Trennung im Jahr 1977 lebte die Kunstlerin bis zu ihrem Tod mit dem Hamburger Verwaltungsjuristen und leitenden Regierungsdirektor Herbert Hossmann zusammen, der sie bei zahlreichen Ausstellungen begleitete und in ihrer Arbeit unterstutzte.

Werk [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ab Ende der sechziger Jahre entwickelte Anna Oppermann ihre besondere Arbeitsweise, beeinflusst von so gegenlaufigen Stromungen wie einerseits der Pop Art und anderseits der Prozess- und Konzeptkunst , deren zentrale Vertreter in der damaligen Hamburger Kunstszene viel gezeigt und intensiv rezipiert wurden. Ihre Ensembles sind offene Sammlungen und Arrangements, die aus bisweilen mehreren hundert Bildleinwanden, Fotografien, Zeichnungen, Objekten, Skulpturen, architektonischen Elementen, Schrifttafeln und Schriftbandern bestehen und zu verstehen sind als im Raum ausgebreitete Bild- und Denkprozesse. Zentrale Themen der Kunstlerin waren Ubergange zwischen Realitat und Fiktion, Konflikte im Umgang mit Menschen, Kunst, Traditionen und Fragen der Okonomie.

Ausgehend von kleinen thematischen Stillleben formte, fotografierte, malte und schrieb sie, sammelte zudem Zitate aus Philosophie, Wissenschaften und Printmedien. Jedes neue Element im Bildprozess wurde Teil des Arrangements und Gegenstand weiterer Abbildungen und Reflexionen. Sukzessive entstanden raumgreifende Ensembles, in denen nah geruckte Stillleben mit distanzierten Arrangementansichten abwechseln, in denen Details hervorgehoben oder durch Uberlagerungen verborgen sind. Bis zu ihrem fruhen Tod arbeitete die Kunstlerin an uber 60 Konvoluten mit unterschiedlichen Ausmaßen und Wachstumsphasen ? je nach Bedeutung und Aktualitat, die das aufgerollte Thema fur sie besaß.

Rezeption [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1972 stellte Oppermann die ersten Ensembles in der Hamburger Kunsthalle , in Trier und in Berlin aus. Die Arbeiten erregten Aufsehen und sorgten zunachst fur kontroverse Diskussionen. Verunsichert durch die wuchernde, unabgeschlossene Form und die zum Teil personlichen Inhalte, behandelte die konservative Kunstkritik die Werke als wirre Selbstbekenntnisse. Oppermanns ?Angebot zur Kommunikation“ (Oppermann) kann nur annehmen, wer mit der Kunstlerin uberkommene Auffassungen von Kunst in Frage stellt. So erteilt sie dem Mythos Kunstler und dem Geniekult eine Absage. Statt klar geformter Ergebnisse zeigt sie den Weg der Bildproduktion mit seinen Fehlern, Umwegen und Uberschussen. Und sie bewegt sich bei der Bilderstellung zwischen personlichem Alltag und Kunstwelt, zwischen Massenmedien und diversen wissenschaftlichen Disziplinen, um die Wechselbedingungen und -wirkungen zwischen Privatem und Allgemeinem nachzuzeichnen.

Oppermanns Arbeitsweise und Themen beruhrte damit wichtige Fragen, die seit den ausgehenden 1960er Jahren immer wieder diskutiert werden. Dem Werk wurde entsprechend sukzessive und dauerhaft internationale Anerkennung zuteil. Ensembles waren auf vielen internationalen Ausstellungen wie der documenta 6 (1977), der documenta 8 (1987) in Kassel und der Biennale von Sydney (1984) zu sehen. Zur Biennale in Venedig wurde sie 1980 als wichtige Vertreterin der Kunst der 1970er Jahre eingeladen. Zwei große Retrospektiven, die erstmals acht der großen Ensemblewerke gleichzeitig prasentierten, fanden 1984 und 1985 im Kunstverein in Hamburg und im Bonner Kunstverein statt. In der Hamburger Kunsthalle sind heute die Ensembles Ol auf Leinwand (1981?1992) und MKUVO (Mach kleine uberschaubare verkaufliche Objekte) (1979?1984) zu sehen. Als Dauerinstallation richtete die Kunstlerin 1991 das Ensemble Pathosgeste ? MGSMO ? Mach grosze schlagkraftige machtdemonstrierende Objekte (1984?1991) im Altonaer Rathaus ein. Es ist Teil des Hamburger Programms Kunst im offentlichen Raum. [1]

Nach ihrem Tod wurden zahlreiche Ensembles in interpretierender Rekonstruktion weltweit in Museen und Kunstinstitutionen wie dem Sprengel Museum Hannover (1993), dem Museum of Contemporary Art Sydney (1994), dem P.S. 1 New York (1999), La Maison Rouge Paris (2004), dem Museum fur Gegenwartskunst Siegen (2005), in der Sammlung Falckenberg (2005, 2009), in der Villa Arson Nizza (2012) und zuletzt auf der Sao Paulo Biennale (2012) gezeigt. 2007 fanden zwei große Retrospektiven im Wurttembergischen Kunstverein Stuttgart [2] und in der Anna Oppermann Retrospektive der Generali Foundation Wien statt [3] . Seit Mai 2012 kann im Museum Abteiberg in Monchengladbach das Ensemble Kunstler sein (Zeichnen nach der Natur ? zum Beispiel Lindenblutenblatter) (1969?1986) besichtigt werden. [4]

Preise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Anna Oppermann erhielt wichtige Preise und Stipendien wie den Edwin-Scharff-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg (1977), den ars-viva -Preis [5] des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft (1977), den Villa-Romana-Preis Florenz (1977), den Forderpreis Glockengasse (1980), das Stipendium Cite Internationale des Arts Paris (1981), den Kunstpreis der Heitland Foundation , Celle (1985) und das Barkenhoff-Stipendium mit Aufenthalt in Worpswede.

Seit 2012 verleiht die Universitat der Kunste Berlin jahrlich den Anna-Oppermann-Preis (fur herausragende Leistungen in der kunstlerischen Praxis des BA-Studiengangs der Fakultat Bildende Kunst). Der Preis ist mit 2.500 € dotiert.

Ausstellungen (Auswahl, seit 2004) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • 2023 ?Anna Oppermann. Eine Retroperspektive“, Bundeskunsthalle Bonn , 13. Dezember 2023 bis 1. April 2024 [6]
  • 2019 ?Anna Oppermann ? Kunstler sein“, Kunsthalle Bielefeld , 23. Marz bis 28. Juli 2019
  • 2014 ?Playtime“, Stadtische Galerie im Lenbachhaus , Munchen, 15. Marz bis 29. Juni; ausgestelltes Werk: E 35 ? Der okonomische Aspekt
  • 2013 ?Anna Oppermann ? Ensembles“, Presentation House Gallery Vancouver, Kanada
  • 2012 ?The immenence of Poetiques“, 30ste Biennale von Sao Paulo
  • 2012 ?Super Bodies“, 3. Triennale des arts plastiques, Hasselt
  • 2012 ?L’institut des archives sauvages“, Villa Arson , Nizza
  • 2012 ?Anna Oppermann ? Selbstportrait“ Galerie Barbara Thumm Berlin
  • 2011 ?gehen bluhen fließen ? Naturverhaltnisse in der Kunst“, Stadtgalerie Kiel
  • 2010 ?Squatting. erinnern, vergessen, besetzen“, Temporare Kunsthalle Berlin
  • 2010 ?Anna Oppermann ? Kunstler sein..“, Galerie Barbara Thumm Berlin
  • 2010 ?The more I draw. Drawing as a concept for the world“, Museum fur Gegenwartskunst , Siegen
  • 2010 ?Habiter poetiquement ? The World as Poem“, Lille metropole musee d’art moderne d’art contemporain et d’art brut
  • 2007 ?Anna Oppermann ? Revisionen der Ensemblekunst“, Wurttembergischer Kunstverein , Stuttgart
  • 2007 ?Anna Oppermann ? Ensembles“, Generali Foundation , Wien
  • 2007 ?True Romance ? Allegorien der Liebe“, Kunsthalle Wien , Kunsthalle zu Kiel und Villa Stuck , Munchen
  • 2006 ?Anna Oppermann ? Der okonomische Aspekt“, Galerie Kienzle & Gmeiner, Berlin
  • 2005 ?Kontexte der Fotografie“, Museum fur Gegenwartskunst, Siegen
  • 2004 ?Anna Oppermann. Spiegel / Raume“, art agents gallery, Hamburg
  • 2004 ?Central Station. La collection Harald Falckenberg“, La Maison Rouge, Paris
  • 1987: documenta 8 , Kassel

Dauerinstallationen

  • seit 2012 ?Kunstler sein (Zeichnen nach der Natur ? zum Beispiel Lindenblutenblatter)“ (1969?1986), Museum Abteiberg , Monchengladbach
  • seit 1991 ?Pathosgeste MGSMO (Mach grosze schlagkraftige machtdemonstrierende Objekte)“ (1984?1991), Altonaer Rathaus , Hamburg

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Anna Oppermann ?Pathosgeste ? MGSMO ? Mach große, schlagkraftige, machtdemonstrierende Objekte!“ Kulturbehorde der Freien und Hansestadt Hamburg, abgerufen am 10. Januar 2019 .
  2. Anna Oppermann: Revisionen der Ensemblekunst. Wurttembergischer Kunstverein Stuttgart, abgerufen am 10. Januar 2019 .
  3. Anna Oppermann: Ensembles. Generali Foundation, abgerufen am 10. Januar 2019 .
  4. Anna Oppermann ?Kunstler sein (Zeichnen nach der Natur ? zum Beispiel Lindenblutenblatter)“. Stadtisches Museum Abteiberg, abgerufen am 10. Januar 2019 .
  5. kulturkreis.eu: Namhafte ars viva-Preistrager / 1977 Anna Oppermann ( Memento vom 5. Oktober 2015 im Internet Archive ) (abgerufen am 20. November 2018)
  6. Bundeskunsthalle. Abgerufen am 8. Dezember 2022 .

Literatur (Auswahl) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Anna Schaffler: Die Kunst der Erhaltung: Zeitgenossische Restaurierung und Nachlasspraxis im Wandel anhand von Anna Oppermanns prozesshaften Installationen, Edition Metzel, Munchen 2021, ISBN 978-3-88960-205-3 .
  • Ute Vorkoeper (Hrsg.): Anna Oppermann. Ensembles 1968?1992, Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit 2007 (anlasslich der Ausstellungen Anna Oppermann. Revisionen der Ensemblekunst im Wurttembergischen Kunstverein Stuttgart und der Generali Foundation Wien).
  • Claus Pias: Anna Oppermann in der Hamburger Kunsthalle (mit einer Dokumentation auf DVD von Martin Warnke, Carmen Wedemeyer und Christian Terstegge), Hamburg 2004.
  • Perdita von Kraft: Anna Oppermann , Hannover 1994 (= Kunst der Gegenwart aus Niedersachsen 40 )
  • Andrea Legde: Anna Oppermann: Das Ensemble als Methode , in: Ursula Peters, Moderne Zeiten. Die Sammlung zum 20. Jahrhundert, in Zusammenarbeit mit Andrea Legde, Nurnberg 2000, S. 270?273 (= Kulturgeschichtliche Spaziergange im Germanischen Nationalmuseum , Bd. 3).
  • Anna Oppermann. Paradoxe Intentionen , hrsg. v. Ute Vorkoeper, Begleitpublikation zur Ausstellung im Kunstverein Celle 1998, Hamburg, Brussel 1998.
  • Carmen Wedemeyer: Anna Oppermanns Ensemble ?Umarmungen, Unerklarliches und eine Gedichtzeile von R.M.R.“. Ein hypermediales Bild-Text-Archiv zu Ensemble und Werk , (CD-ROM mit Beilage) Frankfurt am Main 1998.
  • Anna Oppermann ? Pathosgeste , Brussel und Hamburg 1987.
  • Anna Oppermann. Ensembles 1968?1984 , Katalog zur Ausstellung im Kunstverein Hamburg, Bonner Kunstverein, Hamburg/Brussel 1984.
  • Anna Oppermann Ensembles , Katalog zur Ausstellung in der Neuen Galerie ? Sammlung Ludwig, Aachen 1976

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]