Der
Amoklauf von Bad Reichenhall
ereignete sich in der Mittagszeit des 1. November 1999 in
Bad Reichenhall
. Dabei erschoss der 16-jahrige Martin Peyerl vier Menschen und verletzte funf weitere, bevor er sich selbst totete.
[1]
Anlasslich des in Bayern gesetzlichen Feiertages
Allerheiligen
besuchten die Eltern von Martin Peyerl am 1. November 1999 auf dem Friedhof in
Piding
das Grab seiner Großmutter, wahrend er selbst alleine zu Hause blieb.
[2]
Gegen 12 Uhr mittags kam die Schwester nach Hause, die bis dahin im nur 50 Meter entfernten
Krankenhaus
gearbeitet hatte.
[2]
Was sich bei dem Zusammentreffen der Geschwister in der Wohnung abspielte, war von der Kriminalpolizei nicht genau zu klaren.
[2]
Um die Mittagszeit fing der Jugendliche an, mit einem halbautomatischen
Selbstladegewehr
aus zwei Fenstern der elterlichen Wohnung zu schießen. Eine 59-jahrige Nachbarin und ihr 60-jahriger Ehemann wurden von insgesamt zehn Kugeln getroffen und waren vermutlich auf der Stelle tot.
[2]
Mit einem weiteren Gewehr traf der Amokschutze einen Patienten, der sich zum Rauchen vor dem Krankenhauseingang befand und einen Tag danach seinen Verletzungen erlag.
[2]
[3]
Zu den funf Verletzten zahlten u. a. der Schauspieler
Gunter Lamprecht
, der zum Tatzeitpunkt die Klinik zu einer Untersuchung betreten wollte und von zwei Schussen aus einem 6-schussigen
Revolver
getroffen wurde, sowie seine Lebensgefahrtin
Claudia Amm
und sein Fahrer.
[2]
[3]
Als die Polizei einige Stunden spater die Wohnung des Amokschutzen sturmte, entdeckten sie seine Leiche und die seiner 18-jahrigen Schwester. Die Schwester hatte er ohne ersichtliche Spuren fur einen Kampf mit funf Schussen aus dem Revolver in Kopf, Brust und einen Arm ?regelrecht hingerichtet“,
[3]
der Amokschutze selbst hatte sich in der Badewanne mit einer
Schrotflinte
erschossen.
[2]
Warum der in
Bad Reichenhall
aufgewachsene Schlosserlehrling
[4]
zum Amokschutzen wurde oder was der konkrete Anlass bzw. das Motiv fur seine Tat war, konnte nicht endgultig und zweifelsfrei geklart werden.
Erste Mutmaßungen fur Hintergrunde seines Motivs lauteten:
- Er galt wahrend seiner Schulzeit als ruhiger unauffalliger Junge, jedoch auch als Einzelganger ohne Freunde, von dem ein Mitschuler sagte, dass er von anderen ?dauernd verarscht wurde“.
[5]
Zudem hieß es, ?er sei ein Fan von brutalen Videospielen gewesen.“
[4]
Erste Eilmeldungen zogen einen Vergleich u. a. mit dem
Amoklauf an der Columbine High School
.
[5]
- Kurz nach der Tat wurden in der Presse auch Vermutungen daruber angestellt, ob der Tater ein
Neonazi
war,
[4]
da er u. a. laut seiner Mitschuler ?Nazibilder in sein Hausaufgabenheft geklebt“ habe
[5]
und die Polizei in seinem Zimmer ein
Hakenkreuz
an der Wand sowie mehrere Wehrmachtssymbole und Musik-CDs mit gewaltverherrlichenden Inhalten fand.
[6]
Der damalige Chefermittler der Staatsanwaltschaft Traunstein schloss bereits wenige Tage nach der Tat einen
rechtsextremen
Hintergrund ebenso aus wie Alkohol- oder Drogenmissbrauch ? ihm war lediglich ?klar, dass das Motiv in der Personlichkeit des Taters liegt.“
[2]
Und dieser ?mageren Erkenntnis“ konnte auch Jahre spater nichts Neues angefugt werden.
[7]
Laut dem Psychiater Lothar Adler zahlte der Tater zu den im
pathologischen
Sinne
narzisstischen
Personlichkeiten, deren hochstrebende Vorstellungen uber sich selbst nicht mit der Außenwahrnehmung ubereinstimmen wurden.
[8]
Derartig gestorte Personlichkeiten empfinden die Reaktionen der anderen als Krankungen, die sie zwar hinnehmen, aber nicht vergessen konnten, ?bis sie irgendwann gegen die ihrer Meinung nach ungerechte Welt losschlagen“.
[8]
Nach zwolfjahriger Verpflichtung bei der Bundeswehr, zuletzt als Unteroffizier bei einem Wartungstrupp in der Kaserne Bad Reichenhall,
[5]
war der Vater des jugendlichen Amoklaufers
Sportschutze
und wurde als Waffennarr beschrieben. Fur 17 Waffen ? funf
Revolver
und
Pistolen
sowie zwolf
Gewehre
? hatte er eine
Waffenbesitzkarte
ausgestellt bekommen, daruber hinaus verfugte er uber zwei weitere Waffen ohne eine solche
waffenrechtliche
Erlaubnis zum Besitz.
[2]
Als Tatwaffen benutzte sein Sohn Martin hiervon u. a. ein
Ruger Mini-14
(halbautomatisches Selbstladegewehr) sowie einen
Colt Python
(6-schussiger Revolver).
-
Ruger Mini-14
-
Colt-Python
Nach diesem Amoklauf in Bad Reichenhall wurde eine Verscharfung des
Waffenrechts
diskutiert und der damalige
Bundesinnenminister
Otto Schily
(
SPD
) kundigte strengere Vorschriften zur Aufbewahrung von Waffen an.
[7]
Doch erst zehn Jahre spater hat der
Amoklauf von Winnenden
zu Anderungen der
Waffengesetze in Deutschland
gefuhrt, die ab dem 17. Juli 2009 u. a. Verletzungen der Aufbewahrungspflicht von einer Ordnungswidrigkeit zur Straftat erhoben haben und sie mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren ahnden.
Die Tat fuhrte trotz Ankundigung des von Gunter Lamprecht beauftragten Anwalts
Rolf Bossi
[9]
zu keinerlei strafrechtlichen Verfolgungen der inzwischen (Stand: 2009)
getrenntlebenden
Eltern. ?Geschlossen sind die Akten auch im Verfahren gegen den Vater des jugendlichen Todesschutzen“, dessen Waffenschrank offenbar nicht genugend gesichert war, ?um den Amoklauf von Bad Reichenhall am Tag der Toten zu verhindern.“
[7]
2009 mochte in Bad Reichenhall kaum jemand mehr an das schreckliche Geschehen erinnert werden und der damalige Oberburgermeister Wolfgang Heitmeier wollte sich dazu nicht mehr außern.
[7]
Auch sein Nachfolger Herbert Lackner meinte nur noch ?Ich war in der Sache nicht involviert“ und nach dem Einsturz der
Eislaufhalle Bad Reichenhall
(2006) sei ?das (..) kein Thema mehr.“
[7]
Einzig die Folgen fur die beiden angeschossenen prominenten Opfer, die den Amoklauf schwer verletzt uberlebt hatten, fanden offentliche Erwahnung. So klagte Gunter Lamprecht noch funf Jahre nach dem Ereignis uber Albtraume und schlaflose Nachte als Folge der Tat.
[9]
[7]
Von seiner Lebenspartnerin Claudia Amm ist bekannt, dass ihren schweren Schussverletzungen eine lange
Rekonvaleszenzzeit
folgte. Uber etwaig erfolgreiche Schadenersatzforderungen der Opfer oder/und ihrer Hinterbliebenen gibt es keine Informationen.
- ↑
Amadeu Antonio Stiftung
:
Todesopfer durch rechte Gewalt in Deutschland titelerg=.
In:
Die Welt
.
20. November 2011,
abgerufen am 28. August 2014
.
- ↑
a
b
c
d
e
f
g
h
i
Wolfgang Krach
:
Der Martin war immer nett.
In:
Spiegel Online
.
8. November 1999,
abgerufen am 28. August 2014
.
- ↑
a
b
c
Nachricht:
Funfter Toter nach Amoklauf.
In:
Spiegel Online.
2. November 1999,
abgerufen am 28. August 2014
.
- ↑
a
b
c
Petra Hollweg,
Michael Klonovsky
, Christian Sturm:
AMOKLAUFER Blutrausch im Idyll.
In:
Focus
.
8. November 1999,
abgerufen am 28. August 2014
.
- ↑
a
b
c
d
Harald Martenstein
:
Reaktionen auf die Katastrophe im Kurort - jetzt sind wieder die Experten gefragt, um zum Wahnsinn rationale Begrundungen zu liefern.
In:
Der Tagesspiegel
.
2. November 1999, archiviert vom
Original
;
abgerufen am 22. Dezember 2022
.
- ↑
Bad Reichenhall: Amoklaufer hatte Hakenkreuz im Kinderzimmer
.
In:
Spiegel Online
.
3. November 1999
- ↑
a
b
c
d
e
f
Paul Winterer:
Motiv bis heute unklar.
In:
Sudostbayerische Rundschau
.
27. Oktober 2009, archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
30. Juli 2021
;
abgerufen am 28. August 2014
.
Info:
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und entferne dann diesen Hinweis.
@1
@2
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Online unter
heimatzeitung.de
.
- ↑
a
b
Gerald Traufetter:
Und dann ist er Rambo.
In:
Spiegel Online
.
6. Mai 2002,
abgerufen am 28. August 2014
.
- ↑
a
b
Nachricht:
Eltern des Amoklaufers von Reichenhall sollen vor Gericht.
In:
Spiegel Online.
17. November 1999,
abgerufen am 29. November 2014
.