Amand Goegg

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Amand Goegg 1849

Amand Goegg (* 7. April 1820 in Renchen ; † 21. Juli 1897 ebenda) war ein fuhrender Kopf der badischen Revolution und Mitglied der Revolutionsregierung. Goegg war der Ehemann der Schweizer Frauenrechtlerin Marie Pouchoulin .

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Goegg, der einem angesehenen Renchener Handelshaus entstammte, studierte Kameralwissenschaft an der Universitat Freiburg , an der Ruprecht-Karls-Universitat Heidelberg ? unter anderem horte er bei Karl Heinrich Rau Handelslehre, Finanzwissenschaft, Nationalokonomie und Landwirtschaft ?, in Munchen und Karlsruhe . Wahrend seines Studiums wurde er 1840 Mitglied der Alten Heidelberger Burschenschaft . Nach Beendigung seines Studiums trat er in den Staatsdienst und begann seine Laufbahn als Volontar im Badischen Finanzministerium.

Badische Revolution [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Goegg, inzwischen Zollassistent in Mannheim , erkannte im Dezember 1848, dass die von Friedrich Hecker und Gustav Struve im Marz 1848 ins Leben gerufenen ?Vaterlandischen Vereine“ nicht handlungsfahig waren, und organisierte zum 26. Dezember 1848 ein Treffen von 150 Personen in seiner Heimatstadt Renchen. Er rief zur landesweiten und zentral koordinierten Grundung der Volksvereine und zum allgemeinen Landeskongress der badischen Volksvereine auf.

An der Spitze der Volksvereine stand der Mannheimer Rechtsanwalt und Kammerabgeordnete Lorenz Brentano , der als Verteidiger Heckers an dessen Popularitat teilhatte. Da Brentano auch Abgeordneter der Nationalversammlung und auf Grund dieser Amterhaufung nicht in der Lage war, die Volksvereine tatsachlich zu fuhren, war Goegg als zweiter Vorsitzender der tatsachliche Leiter und Agitator. In kurzer Zeit gehorten 400 Volksvereine mit 35.000 Mitgliedern dem Landesverband an. [1]

Auf der Delegiertenkonferenz der badischen Volksvereine am 12. Mai 1849 stellte Goegg ?die Frage uber die Proklamation der Republik“ zur Debatte, fand damit aber keine Mehrheit. Am 13. Mai 1849 sprach er bei einer Volksversammlung in Offenburg vor 35.000 bis 40.000 Burgern. Die Demonstranten beschlossen ein maßgeblich von ihm formuliertes 16-Punkte-Programm, das u. a. die unbedingte Anerkennung der Reichsverfassung und die Bildung einer ? allerdings entgegen seinen ursprunglichen Intentionen noch immer großherzoglichen ? neuen Regierung unter Brentano forderte. Die großherzogliche Regierung lehnte die Forderungen der Offenburger Versammlung ab. Am Abend des 13. Mai fuhr der Landesausschuss unter Goegg nach Rastatt, wo er vom Balkon des Rathauses die Offenburger Beschlusse verkundete und Brentano Burgerwehr und Soldaten auf die Reichsverfassung vereidigte. Noch in der Nacht zum 14. Mai floh Großherzog Leopold aus seiner Residenz in Karlsruhe.

Am folgenden Tag wurde das Ministerium Bekk fur abgesetzt erklart und die Exekutivkommission des Landesausschusses , die zunachst anstelle der gefluchteten großherzoglichen Regierung die Landesgeschafte ubernahm, etablierte sich mit Amand Goegg, Joseph Ignatz Peter und Karl Eichfeld unter dem Prasidenten Lorenz Brentano . Das Ziel dieser Vollzugsbehorde war die Festigung der revolutionaren Macht und der Widerstand gegen eine Intervention Preußens. Goegg gehorte ab 1. Juni als Finanzminister der provisorischen Regierung Badens an. Ende Juni 1849 musste sich die provisorische Regierung vor der einruckenden preußischen Interventionsarmee zunachst nach Freiburg zuruckziehen. Goegg glaubte, eine neue Widerstandslinie aufbauen zu konnen, was jedoch misslang. Als am 28. Juni die verfassunggebende Versammlung in Freiburg beschloss ?Der Krieg gegen die Feinde der deutschen Einheit und Freiheit wird mit allen zu Gebote stehenden Mitteln fortgesetzt …“, trat Brentano als Regierungschef zuruck, und Amand Goegg bildete gemeinsam mit Kriegsminister Werner die ?provisorische Regierung von Baden mit diktatorischer Gewalt“. Die Revolutionsarmee begann sich jedoch bereits aufzulosen. Am 2. Juli begab sich Goegg personlich zu Pferd zwischen seine Soldaten, die sich auf dem Munsterplatz mit konservativen Burgerwehrmannern unter dem Ruf ?Es lebe der Großherzog“ verbruderten. Am nachsten Morgen resignierte er. Am 12. Juli uberquerte er bei Konstanz die Grenze zur Schweiz und bat fur sich und die Truppe um Asyl. [1]

Exil [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der Schweiz lernte Goegg seine spatere Ehefrau Marie Pouchoulin kennen, mit der er im Januar 1854, nachdem er aus der Schweiz ausgewiesen worden war, uber Paris nach London ging. [2] Dort bildete er mit Franz Sigel , Arnold Ruge und anderen den ?suddeutschen Kreis“ und setzte sich im ?Agitationsverein“, bekampft von Karl Marx und Friedrich Engels , fur eine deutsch-amerikanische Revolutionsanleihe ein. Nach weiteren Stationen im Ausland, u. a. 1852 in Amerika, spater in Australien und Sudamerika, kehrte Goegg nach Genf zuruck, wo er, wohl 1857, Marie Pouchoulin ehelichte; sie wurde eine der ersten Schweizer Frauenrechtlerinnen. Nach der Generalamnestie fur die Revolutionare 1861 zog Goegg nach Offenburg und 1862 erhielt er wieder die badische Staatsburgerschaft. [3] Etwa 1865 kehrte er nach Genf zuruck.

In der Schweiz nahm er an Kongressen der Internationalen Arbeiterassoziation IAA, der so genannten Ersten Internationale teil.

1867 gehorte er in Genf zu den Grundern der Internationalen Friedensliga Ligue de la Paix et de la Liberte und wurde zu ihrem Vizeprasidenten gewahlt. [4] Die eher burgerliche Ausrichtung der Friedensliga verstarkte die Differenzen mit Marx, Engels und Bakunin, die Goegg verspotteten [5] und mit harschen Worten kritisierten. [6] [7]

1874 brach er zu einer Propagandareise auf und kehrte nicht wieder zu seiner Familie zuruck. [2]

Im Denkmalsstreit fur die 1849 in Rastatt standrechtlich Erschossenen bot Goegg zum 200. Todestag [8] von Grimmelshausen der Stadt Renchen das Rastatter Denkmal an. Es steht seitdem neben der Kirche in Renchen, jedoch ersetzte die Stadt Renchen die Inschrift ?Den Vorkampfern fur Deutschlands Einheit und Freiheit gefallen und gestorben in und um Rastatt 1849“ durch eine Widmung fur Grimmelshausen, als dem ?großten deutschen Dichter des 17. Jahrhunderts“. [9]

Goegg starb 1897 in seiner Heimatstadt Renchen, wo er seit 1883 [10] wieder lebte und auf deren Friedhof er begraben ist. [11]

Marx/Engels uber Goegg [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Amandus Goegg , liebenswurdig, wie schon sein Name besagt, ist zwar kein großer Redner, "aber ein schlichter Burger, dessen edles und bescheidenes Betragen ihm uberall Freunde erwirkt" ("Westamerikanische Blatter"). Aus Edelmut wurde Goegg Mitglied der provisorischen Regierung in Baden, wo er eingestandenermaßen gegen Brentano nichts ausrichten konnte, und aus Bescheidenheit ließ er sich den Titel Herr Diktator beilegen. Niemand leugnet, daß seine Leistungen als Finanzminister bescheiden waren. Aus Bescheidenheit proklamierte er d. letzten Tag vor dem schon angeordneten Gesamtruckzug nach der Schweiz die "Sozial-demokratische Republik" in Donaueschingen. Aus Bescheidenheit erklarte er spater (s. "Janus" von Heinzen 1852), d. Pariser Proletariat habe den 2. Dezember verloren, weil es seine badisch-franzosische und die sonst in dem franzosischen Suddeutschland gangbare demokratische Einsicht nicht besaß. Wer von der Bescheidenheit Goeggs und von dem Vorhandensein einer "Goeggschen Partei" weitere Beweise wunscht, findet sie in der Schrift: "Ruckblick auf die badische Revolution pp.", Paris 1850, von ihm selbst geschrieben. Er setzte seiner Bescheidenheit die Krone auf, als er in einem offentlichen Meeting in Cincinnati erklarte:

Warum? Wer schon einmal Herr ?Diktator“ war und noch der Busenfreund von ?Napoleon“ Sigel ist, konnte auch ?deutscher Mazzini werden“.

Nachdem durch diese und ahnliche, weniger hervorragende Ankommlinge die Emigration au grand complet <absolut vollzahlig> war, konnte sie zu den gewaltigen Kampfen ubergehen, die im nachsten Gesange dem Leser vorgefuhrt werden. [12]

Werke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Ruckblick auf die Badische Revolution unter Hinweisung auf die gegenwartige Lage Teutschlands. Von einem Mitgliede der Badischen constituirenden Versammlung. Paris 1850 Internet Archive
  • Nachtraglich authentische Aufschlusse uber die Badische Revolution von 1849, deren Entstehung, politischen und militarischen Verlauf ; nebst einem Nachtrag und als Einleitung eine gedrangte Darstellung der politischen Vorgange in Baden von 1818 an, unter Hinweisung auf die Hauptereignisse in den ubrigen Theilen Deutschlands , Verlags-Magazin, Zurich 1876 Internet Archive
    • Zur religiosen Frage , Verlags-Magazin, Zurich 1889 (Aus: "Nachtragliche authentische Aufschlusse uber die Badische Revolution von 1849")
  • Nachtraglich authentische Aufschlusse uber die Badische Revolution von 1849, deren Entstehung, politischen und militarischen Verlauf ; nebst einem Nachtrag und als Einleitung eine gedrangte Darstellung der politischen Vorgange in Baden von 1818 an, unter Hinweisung auf die Hauptereignisse in den ubrigen Theilen Deutschlands , Spezial-Ausgabe fur die Vereinigten-Staaten. Zickel, New-York 1876 Internet Archive
  • Uberseeische Reisen , Schabelitz, Zurich 1888 Digitalisat

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Amand Goegg  ? Sammlung von Bildern

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b Freiburger Burgerwehr: die Badische Revolution in Freiburg
  2. a b Frauenmediaturm: Chronologie Marie Goegg ( Memento vom 4. Marz 2016 im Internet Archive )
  3. Landesarchiv Baden-Wurttemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 236 Nr. 12651
  4. Erik Grobet: Marie Goegg-Pouchoulin, Une pionniere du feminisme a Geneve (frz.) ( Memento des Originals vom 27. September 2007 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.solidarites.ch (PDF; 242 kB)
  5. Karl Marx/Friedrich Engels: Die großen Manner des Exils, 1852, in Marx/Engels Werke Band 8, Berlin 1972, S.312 : Amandus Goegg, liebenswurdig, wie schon sein Name besagt, ist zwar kein großer Redner, ?aber ein schlichter Burger, dessen edles und bescheidenes Betragen ihm uberall Freunde erwirkt“ (?Westamerikanische Blatter“). Aus Edelmut wurde Goegg Mitglied der provisorischen Regierung in Baden, wo er eingestandenermaßen gegen Brentano nichts ausrichten konnte, und aus Bescheidenheit ließ er sich den Titel Herr Diktator beilegen. Niemand leugnet, daß seine Leistungen als Finanzminister bescheiden waren. Aus <317> Bescheidenheit proklamierte er d. letzten Tag vor dem schon angeordneten Gesamtruckzug nach der Schweiz die ?Sozial-demokratische Republik“ in Donaueschingen. Aus Bescheidenheit erklarte er spater (s. Janus von Heinzen 1852), d. Pariser Proletariat habe den 2. Dezember verloren, weil es seine badisch-franzosische und die sonst in dem franzosischen Suddeutschland gangbare demokratische Einsicht nicht besaß. Wer von der Bescheidenheit Goeggs und von dem Vorhandensein einer ?Goeggschen Partei“ weitere Beweise wunscht, findet sie in der Schrift: ?Ruckblick auf die badische Revolution pp.“, Paris 1850, von ihm selbst geschrieben. Er setzte seiner Bescheidenheit die Krone auf, als er in einem offentlichen Meeting in Cincinnati erklarte: ?Angesehene Manner seien nach dem Bankerutt der badischen Revolution zu ihm nach Zurich gekommen und hatten erklart: An der badischen Revolution hatten Manner aller deutschen Stamme teilgenommen, sie sei deshalb als eine deutsche Sache zu betrachten, wie die romische Revolution als eine italienische. Er sei der Mann gewesen, der ausgehalten habe, er musse also deutscher Mazzini werden. Aus Bescheidenheit habe er es abgelehnt.“
  6. Brief von Friedrich Engels an August Bebel vom 16./28. Marz 1875 ?Der Internationalismus heruntergekommen auf Amand Goegg…“
  7. Friedrich Engels, Zur Geschichte des Bundes der Kommunisten, 1885 : ?von kleineren deutschen Lichtern Ruge, Kinkel, Goegg und wie sie alle heißen“
  8. Goegg leitete die Feier am 17. August 1876. Siehe hierzu Amand Goegg: Uberseeische Reisen , Zurich 1888, S. 3
  9. Historischer Verein Rastatt: Denkmal fur die im Jahre 1849 in Rastatt erschossenen Freiheitskampfer ( Memento vom 2. August 2012 im Webarchiv archive.today )
  10. Portrat eines Revolutionsfuhrers auf Baden-online
  11. Foto von Goeggs Grabstein
  12. Karl Marx, Friedrich Engels: Werke . Band   8 . Dietz, Berlin 1960, S.   316   f .