Prinzessin
Anna Amalie von Preußen
(*
9. November
1723
in
Berlin
; †
30. Marz
1787
ebenda) war eine
deutsche
Komponistin
und die jungste Schwester
Friedrichs des Großen
. Von 1756 bis 1787 war sie Abtissin des
Stifts Quedlinburg
.
Amalie, nach franzosischer Sitte auch Amelie genannt, wurde am 9. November 1723 als jungste Tochter von Konig
Friedrich Wilhelm I. von Preußen
und
Sophie Dorothea von Hannover
geboren. Angeblich soll ihre Mutter die Schwangerschaft bis zuletzt nicht bemerkt haben. Sie wuchs gemeinsam mit ihrer Schwester
Ulrike
auf. Diese heiratete den schwedischen Thronfolger
Adolph Friedrich
, Herzog von
Holstein-Gottorp
, der eigentlich Amalie zugedacht war. Die jungste Schwester
Friedrichs des Großen
wollte jedoch nicht vom
Calvinismus
zum Luthertum konvertieren.
Auf der Hochzeit ihrer Schwester im Juli 1744 soll Amalie den
Fahnrich
Friedrich von der Trenck
kennengelernt haben. Dass sich hieraus eine intime Beziehung ergeben hat, ist historiographisch nicht nachweisbar; die Grundlage fur diese Geschichte sind vor allem die teils ausgesprochen prahlerischen Lebenserinnerungen Trencks. Ein kurzlich aufgefundener Brief Trencks aus dem Jahr 1787 scheint allerdings zumindest eine große Vertrautheit zwischen ihm und der Prinzessin anzudeuten.
[1]
Bis in die 1920er Jahre hielt sich das Gerucht,
Amalia Schonhausen
sei die Tochter der beiden. Dies gilt inzwischen als widerlegt. Trenck wurde 1745 verhaftet und ohne Anklage in die
Festung Glatz
in der
Grafschaft Glatz
gebracht, vermutlich weil
Friedrich II.
ihn der Spionage-Kontakte zu seinem Verwandten, dem in osterreichischen Diensten stehenden
Pandurenobersten
Franz Freiherr von der Trenck
, verdachtigte. Amalie heiratete nie und wurde in der Folgezeit ? so verbreitet durch Hofchronisten ? in ihrem Verhalten mehr und mehr unausgeglichen, rechthaberisch und boshaft-sarkastisch.
Friedrich der Große machte Amalie 1756 zur
Abtissin
des weltlichen Stifts Quedlinburg, um seine unverheiratete Schwester standesgemaß zu versorgen. Ihr Stift besuchte sie jedoch eher selten, meist weilte sie in
Berlin
. Am Hofleben nahm sie vor allem wahrend des
Siebenjahrigen Krieges
Anteil. 1758 wagte sie unmittelbar nach der
Schlacht bei Hochkirch
einen Besuch im Feldlager ihres Bruders.
Amalie begab sich mehrmals zu
Baderkuren
nach
Aachen
und
Spa
, da sich ihr Gesundheitszustand mit zunehmendem Alter deutlich verschlechterte. Dort soll sie die Familie des Freiherrn von der Trenck kennengelernt haben. Nach dem Tod Friedrichs sollen sich nach einem allerdings eher uneindeutigen Bericht von
Dieudonne Thiebault
die mittlerweile erblindete Amalie und Trenck 1787 ein letztes Mal getroffen haben. Bei dieser Zusammenkunft soll sie ihm zugesichert haben, sich um eine seiner Tochter zu kummern. Wenige Wochen spater verstarb Amalie. Sie wurde in der Hohenzollerngruft des
Berliner Doms
beigesetzt.
Aufgrund ihrer Eigenwilligkeit und ihrer Gesichtszuge sagte man Amalie nach, dass sie von allen Geschwistern ihrem koniglichen Bruder am ahnlichsten war. Durch ihre Aktivitaten und ihr Engagement war sie ihm eine Vertraute. Friedrich zogerte daher auch nicht, wiederholt Amalies Schulden zu bezahlen.
Lange war angenommen worden, dass die musisch interessierte und begabte Amalie wegen ihres musikfeindlichen Vaters, des
Soldatenkonigs
, erst nach dessen Tod im Alter von 17 Jahren Unterricht im
Cembalo
- und
Klavierspiel
nehmen konnte. Neuere Forschungen haben jedoch ergeben, dass sie bereits spatestens seit 1734 gemeinsam mit ihrer Schwester
Ulrike
Unterricht beim Hoforganisten Gottlieb Hayne erhalten hat. Amalie stand in regem musikalischen Austausch mit Kronprinz Friedrich wahrend dessen Rheinsberger Zeit.
[2]
Sie lernte
Flote
,
Laute
,
Orgel
,
Geige
und
Komposition
. Bei ihrem ab 1758 fur sie tatigen personlichen Musiklehrer
Johann Philipp Kirnberger
lernte sie weitere Kompositionstechniken, wie etwa die
Kontrapunkttechnik
. Zu ihren eigenen Kompositionen gehorten neben
Kantaten
und
Choralen
auch
Marsche
.
Amalie, deren großtes Vorbild
Johann Sebastian Bach
war, ist fur ihre Sammlungen im Bereich der Bachforschung bekannt. Die Noten- und Manuskriptsammlung, die sogenannte
Amalienbibliothek
? nicht zu verwechseln mit der
Herzogin Anna-Amalia-Bibliothek
? gehort heute zu den Raritaten der
Staatsbibliothek zu Berlin
. Sie enthalt u. a. auch Werke von
Carl Philipp Emanuel Bach
,
Wilhelm Friedemann Bach
,
Johann Philipp Kirnberger
, der Familie
Benda
und
Carl Heinrich Graun
. Uber die von Amalie eifersuchtig bewachte Sammlung berichtet der Dirigent
Carl Friedrich Zelter
:
?Prinzeß Amalie ließ mich einmal ihre Musikalien sehen, aber nur die Titel, durch das Glas der Schranke. Ein Werk nahm sie heraus, behielt es aber in Handen und ließ mich nur hineingucken. Da griff ich aber zu, um darin blattern zu konnen, und sie, erschrocken, machte Augen wie Wagenrader. Es waren die Augen ihres Bruders.“
Amalie ist namentlich mit einer bis heute weitgehend erhaltenen Barockorgel verbunden. Fur das
Berliner Stadtschloss
ließ sie durch
Johann Peter Migendt
und
Ernst Julius Marx
1755 eine reprasentative Hausorgel bauen. Die Orgel war ihr wichtig genug, sie 1767 beim Umzug ins
Palais Unter den Linden
umsetzen zu lassen. Nach einigen weiteren Umsetzungen steht die
Amalien-Orgel
heute in der
Kirche zur Frohen Botschaft
in
Berlin-Karlshorst
.
Carl Philipp Emanuel Bach
erwahnt Amalie in seiner Autobiographie als seine konigliche Mazenin (neben
Friedrich dem Großen
), und er schrieb Orgelsonaten fur sie.
1776 ließ sich Amalie von Ernst Julius Marx eine zweite Orgel fur das
Vernezobre’sche Palais
bauen, die nicht erhalten ist.
1767 erwarb Amalie das Palais
Unter den Linden
7 (alte Zahlung). Amalie ließ das Palais, das spatere
Palais Kurland
, 1767 von
Johann Boumann
, unter Mitwirkung von dessen Sohn
Michael Philipp Boumann
, im Stil des
friderizianischen Rokoko
umbauen. Nach dem Erwerb des Vernezobre’schen Palais bewohnte sie das Palais Unter den Linden nur noch im Winter. Ab 1805 bewohnte die kunstliebende
Dorothea, Herzogin von Kurland
das Palais. Auf dem Gelande befindet sich heute die
russische Botschaft
.
Wenn Amalie im Sommer in Berlin war, bewohnte sie das
Vernezobre’sche Palais
in der Berliner
Wilhelmstraße
, das ihr Bruder 1772 fur sie erworben hatte. Das Palais wurde ab 1830 als Palais des Prinzen
Albrecht
bekannt und gehorte spater zum
Hauptquartiers
der
SS
. Das ausgebombte und eingeebnete Gelande war nach dem
Zweiten Weltkrieg
ein Verkehrsubungsplatz. 1987 wurde das Gelande der Offentlichkeit als Gedenkstatte
Topographie des Terrors
unter Einbeziehung der noch erhaltenen Keller zuganglich gemacht. Im Mai 2010 wurde ein neues Dokumentationszentrum eroffnet.
- 2002 wurde die Beziehung von Anna Amalia mit Trenck in
Trenck ? Zwei Herzen gegen die Krone
(TV)
verfilmt, Anna Amalia wird dabei von
Alexandra Maria Lara
gespielt, Trenck von
Ben Becker
. Der Film geht mit den historischen Ereignissen sehr frei um. Am Ende des Films werden Anna Amalie und Trenck ein Paar und verlassen mit Genehmigung Friedrich II. Preußen.
- Bereits 1932 wurde die Geschichte unter dem Titel
Trenck
(auch:
Der Gunstling des Konigs
;
Der Roman einer großen Liebe
) verfilmt. Die Titelrolle wurde von
Hans Stuwe
, die Rolle der Prinzessin von
Dorothea Wieck
gespielt. Die Handlung halt sich weitgehend an die tatsachlichen Begebenheiten (Regie und Drehbuch:
Heinz Paul
).
- Marsche am Preussischen Hofe, Studios Berlin - BRIO Musikverlag 2007. Die CD enthalt Anna Amalias Marsch fur das Regiment Generalleutnant von Saldern.
- 1767, Marsch fur das Regiment Graf Lottum (Staatsbibliothek Berlin, Mus.ms.autogr Amalie 2)
[3]
- 1767, Marsch fur das Regiment v. Bulow (Staatsbibliothek Berlin, Mus.ms.autogr Amalie 2)
[3]
- 1768, Marsch fur das Regiment v. Saldern
[3]
- 1777, Marsch fur das Regiment v. Mollendorf
[3]
- 1771, Sonate F-Dur fur Traversflote und Basso continuo
- Sonata 2da colla tromba : D-Dur ; fur Trompete (Violine) und Cembalo/Klavier
- 1776, Fuge fur Violine und Viola
- Trio fur zwei Violinen und Bass (Violoncello und Kontrabass) mit Cembalo (Klavier)
- Mache dich selbst nicht traurig (Skizze) in B-Dur fur Sopran und Bass
- 1777, Ich hab mein Sach Gott heimgestellt, Choral in g-Moll
- 1777, Dir folgen meine Thranen, Lied G-Dur
- 1778, Zion klagt mit Angst und Schmerzen, dreistimmiger Choral
- 1779, Kanon in C-Dur, Funfstimmiger Kanon
[4]
- Georg von Dadelsen
:
Anna Amalia.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953,
ISBN 3-428-00182-6
, S. 301 (
Digitalisat
).
- Tobias Debuch:
Anna Amalia von Preussen (1723?1787). Prinzessin und Musikerin
. Logos Verlag, Berlin 2001,
ISBN 3-89722-628-6
.
- Karin Feuerstein-Praßer:
Friedrich der Große und seine Schwestern.
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ISBN 3-7917-2016-3
, S. 221?248.
- Karl Janicke:
Anna Amalie, Aebtissin von Quedlinburg
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 1, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 470 f.
- Regina-Bianca Kubitscheck:
Amalie von Preußen.
In:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
(BBKL). Band 28, Bautz, Nordhausen 2007,
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(
Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive
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.
- Walther Rohdich:
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In: Helmut Schnitter (Hrsg.):
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- Tagebuchauszuge.
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- Valerian Tornius
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Beruhmte Frauen im Spiegel.
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- ↑
Christopher Frey:
Friedrich von der Trencks Beziehung zu Prinzessin Amalie von Preußen sowie ein bisher unbekannter Brief Trencks
. In:
Mitteilungen des Instituts fur Osterreichische Geschichtsforschung
, 116. Band, Heft 1?2 (2008), S. 146?158.
- ↑
Adelheid Krause-Pichler:
Anna Amalia von Preußen (1723?1787): Eine Prinzessin auf der Suche nach dem Schlussel zur Kontrapunktkunst Johann Sebastian Bachs
; in:
Die Wiedergeburt einer Konigin. Geschichte und Restaurierung der Amalien-Orgel in Berlin
; S. 15f., Sandstein Verlag, Dresden 2010;
ISBN 978-3-942422-16-1
- ↑
a
b
c
d
Musikschatze der Vergangenheit
Amalie von Preussen / Lenzewski, Gustav: Vier Regimentsmarsche, [Partitur und Stimmen], Berlin-Lichterfelde, [1927]
- ↑
RISM
ID: 452001632
Quellenbeschreibung Staatsbibliothek zu Berlin, Am.B 604/8