ADB:Adalbert I. (Erzbischof von Mainz)

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Artikel ?Adelbert I., Erzbischof von Mainz“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie , herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 62?65, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource , URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Adalbert_I._(Erzbischof_von_Mainz)&oldid=- (Version vom 31. Mai 2024, 12:56 Uhr UTC)
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Adelbert I.: Adalbert , Erzbischof von Mainz 1111?37, der alteste der 4 Sohne Graf Sigehards von Saarbrucken, mußte fruh schon in den geistlichen Stand getreten sein, wie auch Aufnahme in die konigl. Kanzlei und besonderes Vertrauen bei Konig Heinrich V. gefunden haben, so daß er mit dessen noch bei Lebzeiten des Vaters erfolgter Usurpation der Krone zur Kanzlerwurde erhoben wurde. Zugleich war er schon im Besitz der Propstei des Cyriakklosters zu Neuhausen bei Worms. In ersterer Stellung gelang es ihm bald, alle Nebenbuhler im Einflusse auf den jungen Konig, namentlich den herrschsuchtigen Bruno von Trier zu verdrangen, wie er es sich auch angelegen sein ließ, den von jenen wie von den deutschen Fursten in der Investiturfrage eingenommenen Standpunkt bei den Verhandlungen, die im Sommer 1107 in St. Menge bei Chalons s./M. mit Papst Paschalis II. erfolglos gepflogen wurden, energisch zu vertheidigen. Heinrich V. blieb ihm die Beweise seiner Dankbarkeit fur solche Dienste nicht schuldig, denn kaum hatte er A. im Herbst 1108 zum Propst des [ 63 ] Mastrichter Servatius-Stiftes erhoben, als er ihn Sommer 1109 an Stelle des verstorbenen Erzbischofs Ruthard von Mainz designirte, eine Maßregel, die indeß noch keine Aenderung in Adelberts politischer Stellung hervorbrachte. Als einfacher Kanzler zwar noch, aber in der Reihe dieser koniglichen Beamten seit langer Zeit der beruhmteste und allmachtig im Rathe des Konig, begleitete er diesen hierauf 1111 auf dem Romerzuge, und wenn wir in ihm auch nicht den Verfasser der uber diese Vorgange spater erlassenen kaiserlichen Encyclika zu sehen haben, so ist ihm ohne Zweifel der lebendigste Antheil an jenen Gewaltthatigkeiten, die Paschalis II. zur Aufgabe des Investiturrechtes bewogen, beizumessen. Dafur wurde ihm in Italien schon die eigentlich dem Kolner Erzbischof gebuhrende Erzkanzlerwurde fur jenes Land, und gleich nach der Ruckkehr nach Deutschland die feierliche Einsetzung in das Mainzer Erzbisthum, so daß er auch das Erzkanzleramt fur dieses mit jenem vereinigte. Diese Erhebung zu der hochsten Ehrenstelle im Kaiserreiche, die Ueberhaufung mit Wurden waren nicht im Stande, das ehrgeizige, ja kleinlich habgierige Gemuth Adalberts zu dauernder Dankbarkeit gegen seinen kaiserlichen Herrn zu verpflichten, sie brachten vielmehr einen plotzlichen Umschwung zur entgegengesetzten Stimmung in ihm hervor. Er, der fruher zu Gunsten des Reiches gern allen geistlichen Fursten die weltlichen Besitzungen abgesprochen hatte, erlaubte sich jetzt selbst die starksten Uebergriffe gegen Reichsabteien und gegen kaiserliche Schlosser, er, der gegen Paschalis soeben zu dem hartesten Verfahren gerathen, wandte sich der strengsten kirchlichen Partei zu, die soeben gegen den Kaiser den Bann geschleudert hatte, und war im Begriff, sich mit den aufstandischen sachsischen Fursten, die unter dem Schutze der Kirchlichkeit ihre Privatinteressen zu verfechten begannen, zu vereinigen, als der Verdacht schopfende Kaiser ihn im Nov. 1112 verhaften, ohne Verhor seiner Wurden entsetzen und ins Gefangniß werfen ließ. Ein Manifest voll der schwersten Anklagen, den leidenschaftlichsten Haß der gekrankten Freundschaft athmend, war die einzige Rechtfertigung der Gewaltthat. A. war hartnackig genug, um nicht auf Heinrichs Forderungen einzugehen und ertrug lieber alle Qualen einer strengen Haft, bis um Ostern 1115 ein Aufstand der Mainzer Burgerschaft den Kaiser zwang, ihn freizulassen, in seinen Wurden zu restituiren und eine friedliche Vereinigung einzuleiten. Statt dessen ging A. nach erlangter Freiheit offen in das feindliche Lager uber, sprach selbst mit uber Heinrich die Excommunication aus und war im Gefuhl einer unersattlichen personlichen Rache so wie kein Anderer bemuht, die kaiserliche Macht zu bekampfen und den kirchlichen Interessen zum Siege zu verhelfen. Mehr als einmal griff er selbst mit Waffengewalt an, mehr als einmal wurde er in Mainz schwer bedrangt und sogar vertrieben, doch war er unermudlich, den Burgerkrieg immer neu zu beleben und den deutschen Clerus durch alle geistlichen Strafmittel, wie weltlichen Ranke den von Rom aus verkundigten Principien zu unterwerfen. Die Verleihung des Palliums (1117) und die Erhebung zum Legaten (1118) waren der Ersatz fur den wiederholten Verlust der Reichsamter und der Sporn zu neuen Thaten auf der bisherigen Bahn, denn der Kaiser sowol als die ubrigen Fursten Deutschlands vereinbarten, des Kampfes mude, im Juni 1119 einen Waffenstillstand, auf Grund dessen zu Mouzon mit dem nunmehrigen, in Rheims weilenden Papste Calixt II. Verhandlungen eroffnet wurden. Durch Adalberts Bemuhungen blieben sie, außer Erneuerung des Bannes gegen Heinrich, ganz ohne Resultat. In dem daraus sich entspinnenden offenen Kampfe war es dann A. selbst, der personlich ein Heer zum Entsatz des vom Kaiser belagerten Mainz heranfuhrte und weitere Schritte nicht gescheut hatte, wenn nicht die ubrigen Fursten wieder in die Bahnen der Verhandlungen eingelenkt hatten. Lange kampfte A. gegen dieselben, seine Forderungen fur die Freiheit der Kirche gingen fast uber die des [ 64 ] damaligen Oberhauptes derselben hinaus und es bedurfte energischer Mahnungen von dieser Seite aus, um ihn zu aufrichtiger Theilnahme am Einigungswerke zu bestimmen. Er war es alsdann zwar, der im Wormser (Lobwiser) Concordate die geeignetste Formel fur den Compromiß zwischen Reich und Kirche fand, doch scheint er selbst die geringste Befriedigung in demselben gefunden zu haben. Sein Verhalten in den damals streitigen Bischofswahlen von Wurzburg und Straßburg, seine aufreizende Correspondenz mit dem Papste lassen sein deutliches Bemuhen erkennen, uber jene Grenze hinausgehende Vortheile fur die Kirche zu erlangen. Wenn es hierbei auch nicht an ofteren Ausbruchen des Hasses gegen Heinrich V. fehlte, so war das außerliche Verhaltniß beider zuletzt ein leidliches; A. war seit 1121 in seine Erzkanzlerwurde wieder eingesetzt und verweilte sogar ofter in der Umgebung des Kaisers; aber kaum hatte dieser die Augen geschlossen, als er einen nicht minder erbitterten Kampf gegen die Erben der salischen Politik, gegen das staufische Geschlecht, eroffnete. Mit List bemachtigte er sich der Reichsinsignien und das von ihm bei der neuen Konigswahl eingeschlagene Verfahren laßt nur zu deutlich erkennen, daß es von Anfang an auf den Ausschluß Friedrichs von Staufen und auf die Erhebung des der Kirche treu ergebenen Lothar von Sachsen zielte. Auch was seinen eigenen Einfluß betraf, so schien sich A. hierbei nicht in seinen Berechnungen getauscht zu haben; in der Anhanglichkeit an die Kirche, in dem Kampfe gegen die Staufen herrschte zwischen ihm und Lothar die vollste Uebereinstimmung, ebenso war wol die Erhebung des Propstes Embrico zum Bischof von Wurzburg beiden genehm, nur gewisse Veranderungen in der Kanzlei des Konigs, eine wahrscheinliche Beseitigung des Kanzleramtes scheint auf einen vorwiegenden Einfluß Adalberts als Erzkanzler hinzuweisen. Aber nur zu bald wurde Adalberts Macht in den Hintergrund gedrangt durch das Ansehen zweier Personen, die an personlichen Vorzugen A. mindestens gleichkamen, an sittlichem Ernste ihn jedenfalls ubertrafen. Norbert von Magdeburg und Bernhard von Clairvaux gewannen den leitenden Einfluß auf die Politik Lothars. So nahm A. an keinem der von diesen ins Werk gesetzten Romerzuge Theil, ohne daß gerade darum eine besondere Fuhrung der heimathlichen Regierung durch ihn bemerkbar ist. Auch die von Lothar so schonend als moglich durchgefuhrte Wahrung der koniglichen Rechte gegenuber der Kirche mißfallt ihm, er fuhlt sich wie diese aufs außerste bedruckt und sucht nach einem Ruckhalte bei der staufischen Gegenpartei; er knupft verwandtschaftliche Beziehungen zu derselben an, er versucht dieselbe mit Lothar auszusohnen. Aber ebenso erfolglos seine Vermittlung, ebenso gelingt es jenen, ohne Adalberts Hulfe die kaiserliche Gnade zu erlangen. Es waren jedenfalls keine Tage des Glanzes und der Macht, in denen A. am 23. Juni 1137 sein Leben beschloß, wenige Monate zu fruh, um noch einmal vielleicht bei der neuen Konigswahl seine Staatskunst in die Wagschale zu werfen. Eine kleinliche Habsucht, unter der besonders das Albanskloster zu Mainz und das Peterskloster zu Erfurt zu leiden hatten, bei der er indeß nicht vergaß, seine weltlichen Verwandten mit geistlichen Lehen reich zu bedenken, wie auch seinen Bruder Bruno auf den bischoflichen Stuhl von Speyer zu erheben, ging in A. Hand in Hand mit einem hochstrebenden Ehrgeize, der ihn nur zu solchen hohen politischen Planen begeistern konnte, wobei seine Person und seine Macht in den Vordergrund trat. Und daß er zudem bei Durchfuhrung derselben alle Rucksichten auf Moral und auf Personen bei Seite setzte, sichern ihm das traurige Andenken, neben einer langdauernden materiellen Schadigung Deutschlands, aus allen Kraften dem Verfall der Kaisermacht und der definitiven Unterwerfung unter die Hierarchie vorgearbeitet zu haben. Die anerkennendste Erinnerung zollen ihm wol nur die Stadte Mainz und Erfurt, wo er sich, an ersterer Stelle namentlich [ 65 ] durch ein 1118 ertheiltes und 1135 wiederholtes Privileg, um Aufkommen burgerlicher Freiheit und Verfassung in erfreulicher Weise verdient machte. ? (Vgl. Fr. Colbe: Erzb. Adalbert I. von Mainz u. Heinrich V. Heidelberg 1872.)