Missionsdaten
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Mission
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Wostok 1
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NSSDCA ID
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1961-012A
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Raumfahrzeug
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Wostok
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Rufzeichen
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Кедр
(
Kedr,
fur
(sibirische) ?Zeder“
)
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Masse
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4730 kg
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Besatzung
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1
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Start
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12. April 1961, 06:07 UT
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Startplatz
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Baikonur
1/5
(
45° 55′ 13″
N
,
63° 20′ 32″
O
45.920277777778
63.342222222222
)
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Landung
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12. April 1961, 07:55 UT
|
Landeplatz
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26 km SW von
Engels
(
51° 16′ 49,4″
N
,
45° 58′ 36,3″
O
51.280383333333
45.976738888889
)
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Flugdauer
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1h 48m
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Erdumkreisungen
|
1
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Umlaufzeit
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89,34 min
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Bahnneigung
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64,95°
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Apogaum
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315 km
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Perigaum
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169 km
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Zuruckgelegte Strecke
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ca. 41.000 km
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? Vorher / nachher ?
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Wostok 1
(
russisch
Восток-1
fur
Osten-1
) war der erste bemannte
Weltraumflug
und zugleich der erste bemannte
Orbitalflug
. Mit dem sowjetischen
Kosmonauten
Juri Gagarin
gelangte am 12. April 1961 erstmals ein Mensch uber die international anerkannte
Grenzhohe
von 100 Kilometern. Gagarin startete an Bord eines
Wostok-Raumschiffs
vom Weltraumbahnhof Tjuratam (dem heutigen
Kosmodrom Baikonur
) aus und landete nach einer vollstandigen Erdumkreisung in der Nahe der sudwestrussischen Stadt
Engels
. Der Flug zahlt zu den großten Erfolgen des
sowjetischen Raumfahrtprogramms
und gilt als Meilenstein des
Wettlaufs ins All
zwischen der UdSSR und den
Vereinigten Staaten
. Der erste bemannte Orbitalflug der USA,
Mercury-Atlas 6
, erfolgte zehn Monate spater, im Februar 1962.
Die offizielle sowjetische Bezeichnung fur die Mission lautete
Wostok
(ohne den Zusatz der Zahl
1
); um Verwechslungen zu vermeiden, wird der Flug international jedoch meistens als
Wostok 1
bezeichnet.
Die ersten ernstzunehmenden Planungen fur einen
bemannten Raumflug
begannen in der
Sowjetunion
im Dezember 1957, als am Entwicklungsinstitut
OKB-1
eine Abteilung fur Studien zur bemannten Raumfahrt geschaffen wurde.
[hall 1]
In der Folge entwickelte die Arbeitsgruppe eine spharische Kapsel, die mit der
Interkontinentalrakete
R-7
gestartet werden sollte. Das Projekt wurde durch die Rivalitat mit den
Vereinigten Staaten
beschleunigt, die im Rahmen des
Mercury-Programms
ebenfalls ein bemanntes Raumfahrzeug entwickelten.
[siddigi 1]
Ein Erlass vom 4. Juni 1960 sah den Abschluss des Testprogramms fur das aus drei separaten Modulen bestehende
Wostok-Raumschiff
fur Ende 1960 vor.
[hall 2]
Im September desselben Jahres schlugen einige der fuhrenden Chefkonstrukteure auf dem Gebiet der bemannten Raumfahrt in einem geheimen Memorandum fur das
ZK der KPdSU
vor, ein Raumfahrzeug fur einen bemannten Start im Dezember 1960 vorzubereiten.
[hall 3]
Der Antrag wurde am 11. Oktober mit der Begrundung genehmigt, die Mission habe eine ?besondere Bedeutung“.
[siddigi 2]
Der Flug verzogerte sich letztendlich aus bisher nicht offiziell bekanntgegebenen Grunden bis April 1961. Der Start der ersten sowjetischen
Venus
-Sonde
Venera 1
hatte Prioritat.
[hall 4]
Des Weiteren verspatete sich der Flug durch die Explosion einer
R-16-Rakete
auf der Startrampe, bei der mehr als 100 Personen getotet wurden (?
Nedelin-Katastrophe
“).
[siddigi 3]
Auch technische Probleme kommen in Frage.
[1]
Neben zahlreichen Bodentests wurde in der Entwicklungsphase der Wostok-Kapsel eine Reihe unbemannter Testfluge durchgefuhrt, die unter der Bezeichnung Korabl-Sputnik (KS) zusammengefasst werden:
[A 1]
- Der erste Prototyp eines Wostok-Raumschiffs wurde am 15. Mai 1960 mit einer modifizierten R-7-Interkontinentalrakete gestartet. Ein Versuch, den Wiedereintritt des Raumfahrzeugs einzuleiten, misslang.
- Nach einem Fehlstart erfolgte im August 1960 der zweite Probeflug. An Bord des verbesserten Raumschiffs befanden sich erstmals zwei
Hunde
, um ihre Reaktionen auf die Schwerelosigkeit zu untersuchen. Die Tiere wurden nach der 24-stundigen Mission geborgen.
- Korabl-Sputnik 3 startete im Dezember 1960 und war weitestgehend eine Wiederholung des vorhergegangenen Fluges. Die beiden Hunde starben wahrend des
Wiedereintritts
, da die Kapsel die korrekte Flugbahn verließ und durch den
Selbstzerstorungsmechanismus
vernichtet wurde.
- Eine weitere Mission endete nach dem Start am 22. Dezember 1960 wegen einer Storung in der Oberstufe der Tragerrakete mit einer Notlandung in
Sibirien
. Die Tiere an Bord konnten zwei Tage spater gerettet werden.
- Die bemannte Version des Wostok-Raumschiffs wurde erstmals am 9. Marz 1961 eingesetzt. Im Raumfahrzeug befand sich neben den beiden Hunden eine Testpuppe mit einem
Druckanzug
.
- Der letzte Testflug erfolgte am 25. Marz 1961 und diente als Generalprobe fur die bemannte Mission.
Die
Erste Kosmonautengruppe der Sowjetunion
wurde im Jahr 1960 gebildet und bestand aus 20 Luftwaffenpiloten, die zuvor intensiven medizinischen Untersuchungen unterzogen worden waren. Bei der Rekrutierung stand die
physische
Tauglichkeit im Vordergrund, wahrend die Flugerfahrung wegen der hohen
Automatisierung
der sowjetischen Raumschiffe eine eher untergeordnete Rolle spielte. Das offizielle Training der Anwarter begann unter der Aufsicht von
Nikolai Kamanin
am 14. Marz 1960 in
Moskau
, da das neu gegrundete
Ausbildungszentrum
außerhalb der Hauptstadt noch nicht fertiggestellt worden war. Der Schwerpunkt der Ausbildung lag zunachst auf medizinischen Versuchen und akademischen Vortragen; spater kamen
Fallschirmsprunge
und
Parabelfluge
an Bord der
Tu-104
hinzu.
Nachdem der
Simulator
des Wostok-Raumschiffs betriebsbereit war, wurden am 30. Mai sechs Angehorige der Hauptgruppe ausgewahlt, um in einer neu geformten Untergruppe ein beschleunigtes Trainingsprogramm fur den ersten Flug zu absolvieren. Die Mitglieder der inoffiziell als ?Vorhut-Sechs“ bekannten Gruppe waren
Juri Gagarin
,
Anatoli Kartaschow
,
Andrijan Nikolajew
,
Pawel Popowitsch
,
German Titow
und
Walentin Warlamow
. Kartaschow und Warlamow wurden spater wegen medizinischen Problemen aus dem Trainingsprogramm herausgenommen und durch
Grigori Neljubow
beziehungsweise
Waleri Bykowski
ersetzt. Am 18. Juni 1960 besuchten die Absolventen der Untergruppe zum ersten Mal die Entwicklungsabteilung OKB-1, wo die Wostok-Raumfahrzeuge hergestellt wurden.
Mitte Januar 1961 nahmen die Kandidaten an mundlichen und schriftlichen Prufungen teil, die ihre Bereitschaft fur einen Flug bewerteten. Eine Sonderkommission ermittelte anschließend anhand der Ergebnisse mit Gagarin, Titow und Neljubow die drei aussichtsreichsten Anwarter fur die erste bemannte Mission. Gagarin galt als Favorit; so schrieb ein Ausschuss aus
Luftwaffenarzten
im August 1960 uber seinen Charakter:
?[B]escheiden; (…) hoher Grad an intellektueller Entwicklung in Juri offenkundig; fantastisches Gedachtnis; (…) eine gut entwickelte Vorstellungskraft; schnelle Reaktionen; ausdauernd; bereitet sich akribisch auf seine Aktivitaten und Trainingsaufgaben vor; (…) wirkt, als ob er das Leben besser versteht als viele seiner Freunde.“
[siddigi 4]
Am 17. Marz 1961 reisten die Mitglieder der Untergruppe zum
Kosmodrom Tjuratam
(Baikonur), um parallel mit den Vorbereitungen fur die letzte unbemannte Korabl-Sputnik-Mission
(siehe oben)
bei einer gemeinsamen Trainingseinheit in der MIK-Montagehalle unter anderem das Anlegen der
SK-1-Raumanzuge
und den Einstieg in die Wostok-Kapsel zu proben.
[2]
Der Besuch der Kandidaten wurde vom Tod des Kosmonautenanwarters
Walentin Bondarenko
uberschattet, der am 23. Marz 1961 bei einem Brand in einer Druckkammer in Moskau ums Leben gekommen war.
Die endgultige Entscheidung fur den Einsatz Gagarins als Insassen des Wostok-1-Raumschiffs traf ein staatliches Komitee unter dem Vorsitz von Konstantin Rudnew am 8. April bei einem Treffen in Tjuratam. Die Kommission billigte den Vorschlag Nikolai Kamanins, Gagarin auszuwahlen, einstimmig. Im Fall von gesundheitlichen Problemen vor dem Start ware Gagarin von Titow ersetzt worden, dessen Ersatzmann wiederum Neljubow war. Die restlichen Mitglieder der Kosmonautengruppe ubernahmen unterstutzende Aufgaben, wie die Tatigkeit als
Verbindungssprecher
zwischen den Bodenstationen und Gagarin an Bord von
Wostok 1
.
Nach dem erfolgreichen Abschluss des Testflugs Korabl-Sputnik-5
(siehe oben)
sandte die staatliche Kommission, der die Beaufsichtigung des Wostok-Programms oblag, ein formales Dokument an die
kommunistische Partei
, in welchem sie die Genehmigung fur einen bemannten Start beantragte. Das streng geheime
Memorandum
, das die Kommission am 29. Marz unter der Leitung von Rudnew bei einer Sitzung in Moskau ausgearbeitet hatte, sprach von einer Erdumkreisung und einer anschließenden Landung in einem Korridor zwischen den Stadten
Rostow
,
Kuibyschew
und
Perm
. Weiterhin wurde festgelegt, entgegen der sonst ublichen Geheimhaltung der sowjetischen Raumfahrtaktivitaten, die erste
TASS
-Meldung uber den Start direkt nach dem Eintreten in die Erdumlaufbahn zu veroffentlichen. Sollte das Raumschiff wegen einer zu geringen Geschwindigkeit der Tragerrakete im
Pazifik
notlanden, wurde dies ebenfalls durch die TASS bekanntgegeben, um die Bergung des Kosmonauten zu ?erleichtern“. Das Raumfahrzeug sollte in der offentlichen Presse die vorher geheime Bezeichnung
Wostok
bekommen. Das Zentralkomitee der kommunistischen Partei der Sowjetunion, an welche das Gesuch der staatlichen Kommission gerichtet war, erteilte am 3. April 1961 die Genehmigung fur einen Start zwischen dem 10. und den 20. April.
Am 2. Marz 1961 erstellte
Konstantin Feoktistow
, ein Gruppenleiter im Entwicklungsinstitut OKB-1, zusammen mit seinem Assistenten
Oleg Makarow
eine Reihe von Anweisungen fur Gagarin, die sowohl die geplanten Missionsphasen als auch verschiedene Notsituationen abdeckten. Die Moglichkeiten fur den Kosmonauten, die wichtigsten Systeme selbst zu kontrollieren, wurden begrenzt; wichtige Abschnitte wie die
Bremszundung
gegen Ende des Fluges waren vollstandig automatisiert.
Die fur den Flug vorgesehenen Kosmonauten Gagarin und seine Ersatzkandidaten Titow und Neljubow hielten sich gemeinsam mit Kamanin bereits ab dem 17. Marz 1961 auf dem Kosmodrom Tjuratam (heute Baikonur) auf. Der Großteil der Startmannschaft traf dann Anfang April dort ein. Am 6. April fand dort die erste Sitzung der vollen staatlichen Kommission statt, bei der unter anderem Bedenken uber die Einsatzfahigkeit der Lufttrockner an Bord der Wostok-Kapsel besprochen wurden. Langzeittests hatten ergeben, dass aus den fraglichen Einheiten bei einem langeren Flug eine
Salzlosung
austreten konnte. Aufgrund der vorgesehenen Flugdauer von nur eineinhalb Stunden entschloss sich das Komitee, das System im Ist-Zustand zu belassen. Wahrend des nachsten Treffens am 8. April stand die Auswahl des Kosmonauten im Mittelpunkt; die Nominierung Gagarins wurde einstimmig angenommen. Außerdem wurden die Missionsdauer von einer Erdumkreisung sowie die Bahnhohe von 180 bis 230 Kilometern bestatigt. Der letzte Zusammentritt der Kommission vor dem Start erfolgte am Morgen des 10. April und war in erster Linie eine Formsache fur die sowjetische Presse. Am selben Tag wurde die
Wostok-Tragerrakete
zur Startrampe 1 gebracht, von welcher bereits
Sputnik 1
gestartet wurde. Daruber hinaus berechneten Ingenieure die exakte Startzeit (9:07
Moskauer Zeit
am 12. April 1961).
Nachdem ein Tier wahrend des Testprogramms Symptome der
Raumkrankheit
gezeigt hatte, wurde der Erstflug des Wostok-Raumschiffs auf einen
Erdumlauf
(Orbit) verkurzt. Des Weiteren wurden mehrere Notfallprozeduren entwickelt, die die Sicherheit des Kosmonauten gewahrleisten sollten. So wahlte man fur das Raumschiff beispielsweise eine Umlaufbahn, die im Falle einer Fehlfunktion der
Bremstriebwerke
einen naturlichen
Wiedereintritt
nach zwei bis sieben Tagen gewahrleistet. In der Kapsel befanden sich außerdem ein Vorrat an Wasser und Nahrung fur zehn Tage sowie ein Sender, mit dem die Landestelle des Raumfahrers bestimmt werden konnte. Falls die Landung auf nichtsowjetischem Boden erfolgen wurde, war der Kosmonaut laut einer Mitteilung an das Zentralkomitee der UdSSR mit
?angemessenen Instruktionen“
ausgestattet. Die bemannte Variante des Wostok-Raumschiffs besaß keinen Selbstzerstorungsmechanismus.
Wegen der hoheren Anforderungen eines bemannten Flugs wurde das Netzwerk aus
Bahnverfolgungspunkten
, das sich uber die gesamte sowjetische
Landmasse
erstreckte, auf 13 Stationen erweitert. Daneben betrieb das sowjetische Raumfahrtprogramm eine Flotte von Marineschiffen, da man sich straubte, wie die USA
Bodenstationen
im Ausland zu errichten. Jeder der Bahnverfolgungspunkte konnte die
Kommunikation
mit dem Raumschiff im Orbit fur etwa funf bis zehn Minuten aufrechterhalten, wenn sich die Kapsel in einer Entfernung von weniger als 2000 Kilometern befand. Das
Kontrollzentrum
fur Wostok 1 lag auf dem Gelande des militarischen Forschungsinstitut NII-4 in einem Vorort von Moskau, dem damaligen
Bolschwewo-1
, seit 2014 Stadtteil von
Koroljow
. Fur die Zusammenstellung der Bergungstruppen fur den gelandeten Kosmonauten war eine Einheit der Luftwaffe verantwortlich, der eine Flotte aus 25 Flugzeugen und 10 Helikoptern unterstand.
Am Tag vor dem Start erhielt Gagarin von den Raumfahrtingenieuren Konstantin Feoktistow und
Boris Rauschenbach
eine weitere Unterweisung uber den vorgesehenen Flugverlauf. Außerdem besuchte er zusammen mit anderen Kosmonauten die Arbeiter an der Startrampe, die die Tragerrakete in den vorhergegangenen Tagen vorbereitet hatten. Die Nacht auf den 12. April 1961 verbrachte Gagarin zusammen mit seinem Ersatzmann Titow in einer Holzhutte in der Nahe des Startgelandes. Beide Manner trugen
Sensoren
an ihrem Korper, die die wichtigsten
Vitalfunktionen
fur die Flugarzte uberwachten.
Gegen 3:00 Uhr
Moscow Standard Time (MSK)
am 12. April wurden die verschiedenen Stationen im
Kontrollbunker
und den Bodenstationen in der Sowjetunion besetzt, womit die Startoperationen offiziell begannen. Um 5:30 Uhr MSK wurden Gagarin und Titow durch den Luftwaffenarzt Jewgeni Karpow geweckt, worauf ein kurzes Fruhstuck und eine letzte medizinische Untersuchung folgten. Anschließend legten sich beide mit der Hilfe zweier Assistenten ihre
SK-1-Raumanzuge
an. Die mehrlagigen, orangefarbenen Garnituren wogen rund zehn Kilogramm und sollten den Raumfahrer vor einem moglichen
Druckverlust
schutzen. Gegen 6:30 Uhr MSK bestiegen Gagarin und Titow zusammen mit den Kosmonautenanwartern Grigori Neljubow und Andrijan Nikolajew den Bus, der sie die kurze Strecke zur Startrampe brachte. Bei seiner Ankunft berichtete Gagarin kurz gegenuber dem Vorsitzenden der staatlichen Kommission, Konstantin Rudnew, dass er fur die ihm zugewiesene Mission bereit sei. Danach brachte ihn ein Aufzug an die Spitze der Wostok-Rakete, wo er durch eine
Luke
das Raumschiff bestieg.
Um 7:10 Uhr MSK aktivierte Gagarin das
Funkgerat
, das ihn mit dem Konstrukteur
Sergei Koroljow
im Startkontrollzentrum verband. Gagarin benutzte das Rufzeichen
Kedr
(?Zeder“), wahrend die Bodenstationen
Sarja-1
(?Morgenrote-1“) verwendeten. Um 7:50 Uhr MSK, eine Stunde nach dem Einstieg Gagarins in die Kapsel, wurde die Luke des Wostok-Raumschiffs geschlossen. Nachdem eine Anzeige jedoch darauf hinwies, dass die Luke nicht korrekt verriegelt war, mussten drei Techniker alle 30
Sicherungsschrauben
wieder entfernen und die Luke ein zweites Mal schließen. Die Panne fuhrte zu leichten Verzogerungen, so dass die Umgebung der Startrampe erst 30 Minuten vor dem Abheben geraumt werden konnte. Eine Viertelstunde spater wurden die Wartungsplattformen, die die Tragerrakete umgaben, zuruckgefahren. Der
Countdown
wurde eine Minute vor dem Start planmaßig fur funf Minuten angehalten. Gagarin berichtete, dass er bereit fur den Start sei und das Arbeiten der
Ventile
spuren konne.
Wenige Sekunden vor dem Start begann die Zundungssequenz der funf
Triebwerke
der ersten und zweiten
Raketenstufe
. Nachdem die Rakete die volle
Schubkraft
von knapp 400 Tonnen erreicht hatte, losten sich die vier Haltearme. Um 9:06:59,7 Uhr MSK am 12. April 1961 startete Wostok 1 mit Juri Gagarin an Bord.
?Start! Wir wunschen dir einen guten Flug. Alles ist in Ordnung.“
?
Sergei Koroljow
?Pojechali! [Los geht’s!] Auf Wiedersehen, bis bald, liebe Freunde.“
Wahrend des Aufstiegs der Wostok-
Tragerrakete
erhohte sich wegen der zunehmenden
Beschleunigung
die
g-Kraft
, wodurch Gagarin in seine Liege gedruckt wurde. 119 Sekunden nach Flugbeginn wurde die aus vier
Boostern
bestehende erste Stufe abgetrennt. Eine knappe Minute spater folgte die Absprengung der
Nutzlastverkleidung
, die das Raumschiff beim Start umgeben hatte. Bei einer Belastung von 5 g bemerkte Gagarin leichte Schwierigkeiten beim Sprechen. Nach funf Minuten Flugzeit schalteten die Triebwerke der zweiten Stufe ab, wodurch die g-Kraft rapide abnahm und Gagarin in den Gurt seines Sitzes gedruckt wurde. Nach dem Ablosen der zweiten Stufe beschleunigte das Triebwerk der dritten Stufe die Wostok auf
Orbitalgeschwindigkeit
. Gagarins
Puls
erreichte wahrend der Startphase einen Hochststand von 150 Schlagen pro Minute. Um 9:21 MSK ? 676 Sekunden nach dem Abheben ? erreichte das Raumschiff die Erdumlaufbahn, nachdem kurz zuvor die dritte Raketenstufe abgetrennt worden war. Wegen einer mangelhaften Leistung der Tragerrakete erreichte das Wostok-Raumschiff einen hoheren als den vorgesehenen Orbit; das
Apogaum
(großter Erdabstand) lag 70 Kilometer uber dem geplanten Wert. Bei einem Versagen der Bremszundung hatte das zu einem langeren Flug gefuhrt.
[siddigi 5]
Sofort nach dem Eintreten in die Erdumlaufbahn stellte Gagarin eine
Funkverbindung
mit dem Kontrollzentrum her und bestatigte, dass er sich sehr gut fuhle. Er schilderte außerdem die Eindrucke, die er beim Blick aus einem der
Bullaugen
erhielt.
?Ich sehe die Erde! Ich sehe die Wolken, es ist bewundernswert, was fur eine Schonheit!“
Nach Ende des Flugs schrieb Gagarin, er habe deutlich Gebirgszuge, ausgedehnte Walder, Inseln und Kustenstriche erkennen konnen. Daruber hinaus kommentierte er, dass seine Gewohnung an den Zustand der
Schwerelosigkeit
reibungslos verlaufen sei.
?Ich nahm keine physiologischen Schwierigkeiten wahr. Das Gefuhl der Schwerelosigkeit war ein wenig fremdartig im Vergleich mit [irdischen] Bedingungen. Hier fuhlt man sich, als ob man aufgehangt ist. Offensichtlich druckt das straff anliegende Federsystem auf den Brustkorb. (..) Spater habe ich mich daran gewohnt und hatte keine unangenehmen Empfindungen.“
Wahrend des gesamten Flugverlaufs beschrieb Gagarin in regelmaßigen Abstanden seine gesundheitliche Verfassung und den Zustand der Systeme des Raumschiffs. Seine Berichte wurden durch eine
Funksendeanlage
auf den
Kurzwellenfrequenzen
9,019 MHz und 20,006 MHz sowie auf der
Ultrakurzwellenfrequenz
143,625 MHz zu den Bodenstationen in der Sowjetunion weitergeleitet. Daneben konnten Gagarins Kommentare durch ein
Tonbandgerat
aufgezeichnet werden, falls sich das Raumschiff nicht in Reichweite der Erdfunkstationen befand. Zudem waren in der Kapsel zwei
Fernsehkameras
montiert, die eine Profil- sowie eine Frontalansicht Gagarins lieferten.
Gagarins Arbeitspensum wahrend des Flugs war außerst niedrig; die Durchfuhrung von wissenschaftlichen Untersuchungen war fur Wostok 1 nicht vorgesehen. Die Zeit im Orbit nutzte Gagarin im Wesentlichen fur Beobachtungen der Erdoberflache und die Uberwachung der Gerate an Bord der Kapsel. Die manuelle Steuerung des Raumschiffs war vor dem Flug blockiert worden, da Mediziner Bedenken wegen moglicher negativer Auswirkungen des Zustands der Schwerelosigkeit auf den Kosmonauten geaußert hatten. Gagarin hatte einen sechsstelligen
Code
eingeben mussen, um das manuelle Kontrollsystem zu entsichern. Die ersten drei Ziffern waren ihm bekannt, wahrend die drei verbliebenen Stellen des Codes in einem speziellen Umschlag aufbewahrt wurden, den Gagarin nur im Fall eines Verlusts der Funkverbindung offnen durfte.
Um 9:49 Uhr MSK trat Wostok 1 uber dem Pazifischen Ozean in den
Erdschatten
ein. Den Ubergang zwischen Tag- und Nachtseite beschrieb Gagarin spater als sehr abrupt. Gegen 9:51 Uhr MSK aktivierten sich die
Sonnensensoren
der Lagesteuerung, die das Raumschiff spater fur die Bremszundung ausrichteten. Außerdem wurde um 9:57 Uhr MSK der Befehl zum Starten des Landesystems durch eine Bodenstation in
Chabarowsk
an das Raumschiff gesendet. Unterdessen meldete Gagarin falschlicherweise, dass er sich uber den Vereinigten Staaten befinde, obwohl er zu diesem Zeitpunkt den Sudpazifik in Richtung
Kap Hoorn
uberflog.
Gegen Ende des Erdumlaufs nahm Gagarin eine kleine Menge von in Tuben gepresster Nahrung zu sich. Er gab an, dass er bei der Nahrungsaufnahme zwar keine Probleme habe, die
purierten
Lebensmittel aber keinen Ersatz fur irdische Speisen boten. Insgesamt hatten die mitgefuhrten Nahrungsmittel einen
Nahrwert
von 2.772 Kilo
kalorien
, der von Experten der
sowjetischen Akademie der Wissenschaften
berechnet worden war.
Knapp eine Stunde nach dem Start begann Gagarin mit den Vorbereitungen fur den Wiedereintritt in die Erdatmosphare, indem er unter anderem die
Rollladen
von zwei der drei Bullaugen herunterfuhr und sein Helmvisier schloss. Das Wostok-Raumschiff, das um 10:09 Uhr MSK den
Erdschatten
verlassen hatte, befand sich derweil in einer leichten Drehung, um die Sonneneinstrahlung gleichmaßig uber die Oberflache zu verteilen. Spater wurde das Raumfahrzeug mit Hilfe der
Sonnensensoren
in die richtige Position fur die Bremszundung gebracht, bei der das Triebwerk entgegen der Flugrichtung ausgerichtet ist. Um 10:25 Uhr MSK zundete die Bremsrakete TDU-1 fur genau 40 Sekunden, um Geschwindigkeit abzubauen und damit den Wiedereintritt einzuleiten. Bei der Abschaltung des Bremstriebwerks uber Afrika nahm Gagarin eine leichte Zunahme der g-Krafte wahr.
Zum Abschluss des Bremsmanovers kam es zum einzigen schwerwiegenden Zwischenfall der Mission, da der großere Gerateteil des Raumschiffs sich nicht wie vorgesehen von der bemannten Landekapsel trennte. Gagarin war sich des Problems durch die
Anzeigenleuchten
in der Kabine bewusst und schatzte, die zusatzliche Masse des Gerateteils wurde die Landestelle der Kapsel in den
Fernen Osten
der Sowjetunion verschieben. Auf Grund der fehlerhaften Arbeit eines Ventils erfolgte der Brennschluss des Bremstriebwerkes unplanmaßig ca. 1 s zu fruh. Der Bremsimpuls war mit
Δv = -132 m·s
?1
an Stelle der vorgesehenen
Δv = -136 m·s
?1
fur einen sicheren Abstieg vollig ausreichend. Durch das fehlende Signal des planmaßigen Brennschlusses schlossen sich jedoch die Ventile des Treibstoffsystems nicht, es traten weiterhin unkontrolliert die noch unter Druck stehenden Treibstoffkomponenten durch die Brennkammer und Vernierdusen aus. Dabei erzeugten sie unkontrollierte Momente an der TDU und den Lageregeldusen, die das jetzt antriebslose Raumschiff in eine heftige Rotation von ca. 30°·s
?1
versetzten.
[3]
Vorerst erschien nur diese ungeplante Rotation des Raumschiffes ungewohnlich.
?Die Rotation betrug ungefahr 30 Grad pro Sekunde, mindestens. Es war ein vollkommenes ?Corps de ballet‘: Kopf, dann Fuß, Kopf, dann Fuß, rasch kreisend. (…) Ich hatte gerade genug Zeit mich abzudecken, um meine Augen vor den Sonnenstrahlen zu schutzen.
[siddigi 7]
“
?
Juri Gagarin
Das fehlende Brennschlusssignal unterdruckte allerdings auch die automatische Trennsequenz der Triebwerkssektion. Das Raumschiff sank rotierend in die oberen Schichten der Atmosphare, wodurch sich langsam seine Oberflachentemperatur erhohte. Temperatursensoren triggerten dann ca. 10 min nach Brennschluss die Trennsequenz. Eine solche Abfolge war bei den Wostok-Raumschiffen ohnehin fur den Fall eines sich uber maximal eine Woche hinziehenden ?langsamen“ Absinkens des Perigaums bei Ausfall der TDU vorgesehen. So hatte sich diese alternative unabhangige Initiierung der Trennung bei Gagarins unruhigem Wiedereintritt erfolgreich als redundantes System bewahrt. Durch die zunehmenden aerodynamischen Krafte und auf Grund der exzentrischen Schwerpunktlage stabilisierte sich die Ruckkehrkapsel wahrend des Wiedereintritts.
[3]
Gagarin schilderte nach dem Ende des Fluges ausfuhrlich den Verlauf des Wiedereintritts. So berichtete er beispielsweise von einem violetten Gluhen, das rund um die Bullaugen entstanden sei. Des Weiteren spurte er eine kurzzeitige Zunahme des Belastungsgrads auf 10 g, wodurch seine
Sehkraft
fur zwei bis drei Sekunden beeintrachtigt wurde und er die Instrumententafel nur noch verschwommen wahrnahm. Nachdem die Kapsel die
Schallmauer
durchbrochen hatte, nahmen die g-Krafte wieder ab.
In einer Hohe von 7.000 Metern offnete sich der
Hauptfallschirm
des Raumschiffs. Wenig spater wurde die Luke hinter Gagarins Kopf durch Zundung einer Sprengladung abgetrennt und Gagarin zwei Sekunden darauf per
Schleudersitz
aus der Landekapsel katapultiert. Die Landeregion lag nur wenig entfernt vom vorausberechneten Gebiet in der Nahe der Stadt
Saratow
, wo die Trainingssprunge der Kosmonauten stattgefunden hatten. Gagarin trennte sich von seinem Sitz, woraufhin sich sein Fallschirm offnete. Kurz vor dem Aufsetzen loste sich auch der Reservefallschirm, jedoch ohne sich zu entfalten oder sich in den Leinen des Hauptfallschirms zu verfangen. Um 10:55 Uhr MSK landete Gagarin nach einer Stunde und 48 Minuten Flugzeit relativ sanft in einem brachen Feld. Die Landestelle (
51° 16′ 49″
N
,
45° 58′ 36″
O
51.2803
45.9767
) lag 26 Kilometer sudwestlich der Stadt
Engels
in der
Oblast Saratow
, nahe dem Dorf
Smelowka
. Als erste fanden eine Bauerin nebst Enkeltochter, einige Techniker und Soldaten Gagarin.
[1]
Die leere Landekapsel ging derweil ca. 2,5 Kilometer entfernt in einer kleinen Schlucht in der Nahe eines Hauses nieder. Am Landepunkt des Raumschiffs wurde einige Tage spater ein Monument errichtet.
Gagarin wurde spater von den Bergungsmannschaften zu einer Militarbasis in der Nahe von Engels gebracht, wo er ein Gluckwunschtelegramm des sowjetischen Regierungschefs
Nikita Chruschtschow
erhielt. Dem Oberbefehlshaber der
sowjetischen Luftstreitkrafte
meldete er uber Telefon, er habe die ihm zugetragene Mission erfolgreich abgeschlossen. Anschließend wurde der Kosmonaut zu einer
Datsche
am
Wolgaufer
in
Samara
gefahren, wo ihm sein Ersatzmann German Titow die Gluckwunsche der gesamten Kosmonautengruppe ubermittelte. Er erfuhr zudem, dass er in den Rang eines
Majors
befordert wurde. Am Tag nach dem Flug, dem 13. April, trug Gagarin der staatlichen Kommission eine detaillierte Darstellung des Flugs vor. Eine Tonbandaufnahme dieses als ?streng geheim“ eingestuften Berichts wurde am 19. April den Mitgliedern des Zentralkomitees vorgespielt.
Der Flug von Wostok 1 zahlt neben den Starts des ersten
kunstlichen Erdsatelliten
Sputnik und der Raumstation
Mir
zu den großten Erfolgen des sowjetischen Weltraumprogramms. Die Mission von Juri Gagarin wird oft mit anderen bahnbrechenden Forschungsreisen wie der
Entdeckung Amerikas
durch
Christoph Kolumbus
oder dem Atlantikuberflug
Charles Lindberghs
verglichen. In der Sowjetunion wurde die erfolgreiche Durchfuhrung des ersten bemannten Raumflugs ferner als großer Triumph im
Kalten Krieg
gegen die USA angesehen. Wie der Historiker und Raumfahrtexperte Asif Siddiqi in seinem Buch
Challenge to Apollo: The Soviet Union and the space race
schrieb, seien die Voraussetzungen der Sowjetunion denkbar ungunstig gewesen.
?Die Tatsache, dass diese Leistung von der Sowjetunion erfolgreich durchgefuhrt wurde, einem nur 16 Jahre zuvor vom Krieg vollstandig verwusteten Land, macht diesen Erfolg noch beeindruckender. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten begann die Sowjetunion aus einer Position von ungeheurem Nachteil. Die industrielle Infrastruktur war vernichtet worden und ihre technologischen Fahigkeiten bestenfalls uberholt. Ein Großteil ihres Landes war vom Krieg heimgesucht worden und sie hatte ungefahr 25 Millionen Burger verloren. Folglich sind Vergleiche des unheimlich dichten Rennens zwischen den beiden Supermachten in den Jahren nach Sputnik in mancher Hinsicht wegen Mangels an Kontext fehlerhaft.“
?
Asif Siddiqi
:
Challenge to Apollo: The Soviet Union and the space race
[siddigi 6]
Die Nachricht des Starts von Wostok 1 wurde in der Sowjetunion durch eine Mitteilung der amtlichen Nachrichtenagentur TASS verbreitet. Die Meldung wurde vor dem Start im militarischen Forschungsinstitut NII-4 verfasst und im Voraus an wichtige Medieneinrichtungen in der Sowjetunion gesendet. 55 Minuten nach dem erfolgreichen Start wurde das Kommunique schließlich vom bekannten Nachrichtensprecher
Juri Lewitan
bei
Radio Moskau
verlesen.
?Hier spricht Radio Moskau. Diese Meldung wird von allen Radiostationen in der Sowjetunion gesendet (...) Das erste Raumschiff der Welt, ?Wostok‘, ist heute von der Sowjetunion aus mit einem Menschen an Bord in einen Orbit uber der Erde gestartet worden. Der Kosmonautenpilot des Raumschiffs ?Wostok‘ ist ein Burger der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Fliegermajor Juri Alexejewitsch Gagarin.“
?
Juri Lewitan beim Verlesen der TASS-Meldung
[siddigi 6]
Von den offiziellen Stellen wurde die Landung Gagarins am Fallschirm aus bisher unbekanntem Grund verschwiegen und stets von einer weichen Landung des Raumschiffs mit Gagarin an Bord gesprochen. In der
Komsomolskaja Prawda
erschien jedoch ein unzensierter Artikel (der auch von einigen DDR-Zeitungen ubernommen wurde), dessen Korrespondenten mit den Dorfbewohnern des Landeortes gesprochen hatten und einen wahrheitsgetreuen Bericht von der Landung enthielt.
[1]
Am Morgen des 14. April flog Gagarin mit einer kleinen Gruppe von Offiziellen und Korrespondenten nach Moskau, wo die offiziellen Feierlichkeiten zu seiner Ruckkehr stattfanden. Bei seiner Landung auf dem
Wnukowo-Flughafen
hatte sich in den Straßen Moskaus die großte Menschenmenge seit den Siegesfeiern im Jahr 1945 versammelt. Gagarin wurde die Auszeichnung
Held der Sowjetunion
zuteil; daneben erhielt er den Titel
Fliegerkosmonaut der Sowjetunion
, der anlasslich seines Flugs gestiftet worden war. Ein
Autokorso
begleitete Gagarin zum Roten Platz, wo sich neben Angehorigen des Weltraumprogramms auch sowjetische Parteifuhrer wie Nikita Chruschtschow,
Leonid Breschnew
und
Frol Koslow
versammelt hatten.
In den USA fuhrte Wostok 1 zu ahnlichen Reaktionen wie vier Jahre vorher
Sputnik 1
, weshalb diese Reaktionen auch Gagarin-Schock genannt werden.
Zum Zeitpunkt des Fluges von Wostok 1 standen die USA vor dem Start ihres ersten bemannten Raumflugs
Mercury-Redstone 3
. Allerdings sollte der ausgewahlte Astronaut
Alan Shepard
an Bord der Mercury-Kapsel nur eine
suborbitale
Mission in große Hohe und keine vollstandige Erdumkreisung durchfuhren. Der Start von Mercury-Redstone 3 war durch Probleme bei einem
vorangegangenen Testflug
verzogert worden, da das Team um den deutschen Raumfahrtingenieur
Wernher von Braun
auf einen weiteren unbemannten Erprobungsflug drangte, um verschiedene Anderungen an der Tragerrakete zu prufen. Die US-amerikanische Raumfahrtbehorde
NASA
konnte Mercury-Redstone 3 dadurch erst Anfang Mai 1961 starten.
Der US-amerikanische Auslandsgeheimdienst
CIA
bekam schon einige Tage vor dem Start von Wostok 1 Hinweise auf einen bevorstehenden bemannten Flug. 20 Minuten nach Beginn des Flugs konnte eine Station des Nachrichtendienstes
NSA
in Alaska Fernsehsignale aus dem Wostok-Raumschiff empfangen, die Gagarin in seiner Kabine zeigten. Die Nachricht wurde an das CIA-Hauptquartier in Washington weitergeleitet, wo ein Bericht fur Prasident
John F. Kennedy
vorbereitet wurde.
?Niemand hat es mehr satt als ich[, die Vereinigten Staaten als Zweiten hinter den sowjetischen Triumphen zu sehen]. Wir werden, so hoffe ich, unsere Bemuhungen dieses Jahr realisieren konnen, aber wir liegen zuruck. Die Nachricht wird schlimmer werden, bevor sie besser wird, und es wird einige Zeit dauern, bevor wir aufholen.“
?
Erklarung des US-Prasidenten John F. Kennedy
[hall 7]
In der westlichen Welt brach eine manchmal noch heute gefuhrte Diskussion los, ob Gagarins Flug als neuer Rekord anzuerkennen sei. Dazu wurde auf die Regeln des Internationalen Luftsportverbands
FAI
verwiesen, wonach der Pilot wahrend des ganzen Fluges das Fluggerat nicht verlassen darf. Da Gagarin jedoch sein Raumschiff noch vor der eigentlichen Landung verlassen hat und mit einem separaten Fallschirm zur Erde zuruckkehrte, entspricht das strenggenommen nicht den FAI-Regeln. In dem Zusammenhang wurde immer wieder behauptet, die Sowjetunion habe jahrelang die Details der Landung geheim gehalten, um die Anerkennung von Wostok 1 nicht zu gefahrden. Diese Behauptung entspricht jedoch nicht den Tatsachen. So erschien z. B. am 13. April 1961 in der DDR-Zeitung
Junge Welt
ein mehrseitiger Bericht uber Wostok 1, in dem auch der Ausstieg des Kosmonauten aus dem Raumschiff sowohl im Text genannt als auch im Bild schematisch dargestellt ist.
Heute ist Wostok 1 bei der FAI als zeitlich erster Rekord in der Kategorie bemannter Orbitalflug (K-2) eingetragen, und zwar in der Subkategorie Flughohe im elliptischen Orbit mit einem einsitzigen Raumschiff.
- ↑
Fur eine ausfuhrliche Zusammenfassung der Testfluge, siehe Newkirk:
Almanac of Soviet Manned Space Flight
. S. 18ff und Hall/Shayler. S. 114ff
- Rex D. Hall, David J. Shayler:
The Rocket Men: Vostok & Voskhod. The First Soviet Manned Spaceflights
. Springer, Berlin 2001
- Asif A. Siddiqi:
Challenge to Apollo: The Soviet Union and the space race, 1945?1974
. NASA SP-2000-4408, 2000
- Dennis Newkirk:
Almanac of Soviet Manned Space Flight
. Gulf Publishing Company, Houston 1990
- Peter Stache:
Kedr ruft Sarja ? Tonbandaufzeichnungen vom ersten bemannten Weltraumflug
. In: Peter Bork (Hrsg.):
Fliegerkalender der DDR 1986.
Militarverlag der DDR, Berlin 1985, S. 27?35
- ↑
a
b
c
FliegerRevue April 2011, S. 45?47, Gagarins Flug in die Geschichte
- ↑
Kamanin diaries
in der
Encyclopedia Astronautica
, abgerufen am 2. April 2016 (englisch). Vgl. Eintrag 17. Marz 1961.
- ↑
a
b
Boris E. Chertok
:
Hot Days of the Cold War
. In: Asif Siddiqi (Hrsg.):
Rockets and People
(=
The NASA History Series
. SP-2009-4110). NASA, Washington 2012,
ISBN 978-0-16-081733-5
,
Kap.
3
,
S.
81?83
(englisch,
nasa.gov
[PDF;
7,5
MB
; abgerufen am 17. Mai 2022] russisch:
Ракеты и люди. Горячие дни холодной войны
. 1999.).
- Rex D. Hall, David J. Shayler:
The Rocket Men: Vostok & Voskhod. The First Soviet Manned Spaceflights
. 1. Auflage. Springer Praxis, 2001,
ISBN 1-85233-391-X
.
- ↑
S. 74
- ↑
S. 77
- ↑
S. 135
- ↑
S. 137
- ↑
S. 150
- ↑
S. 151
- ↑
S. 158
- ↑
S. 193
- ↑
S. 255
- ↑
S. 258
- ↑
S. 262
- ↑
S. 277
- ↑
a
b
c
S. 278
- ↑
S. 279
Raumfahrtmissionen im Jahr 1961
Nicht erfolgreiche Missionen sind
kursiv
, bemannte Missionen sind
fett
.