Friedrich Adolf Wolfgang Mischnick
(*
29. September
1921
in
Dresden
; †
6. Oktober
2002
in
Bad Soden am Taunus
) war ein deutscher Politiker (
FDP
). Er war von 1961 bis 1963
Bundesminister fur Vertriebene, Fluchtlinge und Kriegsgeschadigte
und von 1968 bis 1991 Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, als solcher war er von 1968 bis 1969 Oppositionsfuhrer.
Mischnick wuchs in der
Dresdner Neustadt
als einziges Kind eines
Zivilangestellten
der
Reichswehr
und der Tochter eines
Kolonialwarenhandlers
auf. Seit 1928 besuchte er dort die 49. Volksschule, ehe er 1932 an das
Staatsgymnasium
wechselte. Nach dem ihm vorzeitig zuerkannten
Notabitur
nahm er von 1939 bis 1945 als Soldat, zuletzt im Range eines
Leutnants
der Infanterie, am
Zweiten Weltkrieg
teil. Als ehemaligem
Offizier
der
Wehrmacht
verbot ihm die sowjetische Besatzungsmacht das angestrebte
Ingenieurstudium
. Im Jahre 1948 wurde er mit einem Schreib- und
Redeverbot
belegt. Daraufhin ? und um der drohenden Verhaftung durch das
NKWD
zu entgehen ? floh er zunachst nach
Berlin
, wenig spater nach
Frankfurt am Main
. Von 1953 bis 1957 war er Vizeprasident der Verbandsversammlung des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. Zwischen 1957 und 1961 bekleidete er auch das Amt des Hessischen Landesvorsitzenden im Gesamtverband der Sowjetzonenfluchtlinge. Außerdem war er Mitglied im Kuratorium der
Stiftung Deutsche Sporthilfe
.
Wolfgang Mischnick starb im Alter von 81 Jahren und wurde auf dem alten Friedhof von
Kronberg im Taunus
beigesetzt.
[1]
Er war zweimal verheiratet und hatte drei Kinder.
Nach Kriegsende gehorte Mischnick zu den Mitbegrundern der
LDP
in
Dresden
. Er wurde LDP-Jugendreferent fur
Sachsen
und gehorte ab 1946 dem geschaftsfuhrenden Zentralvorstand der LDP fur die
Sowjetische Besatzungszone
an. Er wandte sich gegen den politischen Monopolanspruch der
Freien Deutschen Jugend (
FDJ
)
und die Vereinnahmung von Kindern in der
Pionierorganisation Ernst Thalmann
. Im Jahre 1947 wurde er zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der LDP Sachsen gewahlt. Die Wahl wurde jedoch von der sowjetischen Besatzungsmacht annulliert.
Nach seiner Flucht nach Westdeutschland wurde Mischnick Mitglied der FDP in
Hessen
. Von 1954 bis 1957 war er Bundesvorsitzender der FDP-Jugendorganisation, der
Deutschen Jungdemokraten
. Zwischen 1954 und 1991 saß er auch im
FDP-Bundesvorstand
, davon in den Jahren 1964 bis 1988 als Stellvertretender Bundesvorsitzender. Zudem war er in den 1950er Jahren Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes Frankfurt am Main.
Von 1954 bis 1967 war Mischnick daneben auch Stellvertretender Landesvorsitzender der
FDP in Hessen
, von 1967 bis 1977 amtierte er dann als deren Landesvorsitzender. Am 30./31. Mai 1973 reiste Mischnick zusammen mit
Herbert Wehner
(
SPD
) zu einem geheimen Treffen mit dem Staatsratsvorsitzenden
Erich Honecker
in die
DDR
. Im
Jagdhaus Hubertusstock
in der
Schorfheide
wurden humanitare Fragen der deutsch-deutschen Beziehungen erortert.
Von 1987 bis 1995 war Mischnick Vorsitzender der FDP-nahen
Friedrich-Naumann-Stiftung
. Er war zeitweilig Mitglied im Kuratorium der
Wolf-Erich-Kellner-Gedachtnisstiftung
. Von 1987 bis 1995 war er als Mitherausgeber der von der Stiftung herausgegebenen Zeitschrift
liberal
tatig.
Der umfangreiche Nachlass von Mischnick befindet sich im
Archiv des Liberalismus
der Friedrich-Naumann-Stiftung fur die Freiheit in
Gummersbach
.
1946 wurde Mischnick in die Stadtverordnetenversammlung von Dresden gewahlt. Von 1954 bis 1957 war er Mitglied des
Hessischen Landtages
. Hier fungierte er als
Parlamentarischer Geschaftsfuhrer
der
FDP-Landtagsfraktion
. Von 1956 bis 1961 sowie von 1964 bis 1972 war er Mitglied in der Stadtverordnetenversammlung von
Frankfurt am Main
. Er bekleidete zwischen 1956 und 1961 sowie 1964 und 1968 das Amt des Fraktionsvorsitzenden.
Von 1957 bis 1994 war Wolfgang Mischnick
Mitglied des Deutschen Bundestages
. Von 1959 bis 1961 war er Parlamentarischer Geschaftsfuhrer der FDP-
Bundestagsfraktion
. Nach seinem Ausscheiden aus der
Bundesregierung
wurde er 1963 zum Stellvertretenden Vorsitzenden und 1968 schließlich zum Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion gewahlt. Als solcher fungierte er bis zum Amtsantritt der
Regierung Brandt
am 21. Oktober 1969 als
Oppositionsfuhrer
gegen die
Regierung Kiesinger
. Von 1969 bis 1972 und 1976 bis 1983 war er zudem stellvertretender Vorsitzender des
Gemeinsamen Ausschusses gemaß Artikel 53a des
Grundgesetzes
und von 1972 bis zum 8. Dezember 1982 stellvertretender Vorsitzender des Sportausschusses.
Erst 1991 schied Mischnick auf eigenen Wunsch aus dem Amt des Fraktionsvorsitzenden aus, das er langer innehatte als jeder andere Fraktionsvorsitzende in der Geschichte des Bundestags, und wurde daraufhin zum Ehrenvorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion gewahlt. Beruhmt ist Mischnicks Rede vor dem Deutschen Bundestag anlasslich des Misstrauensvotums gegen
Helmut Schmidt
am 1. Oktober 1982.
[2]
Wolfgang Mischnick zog
1990
uber die
Landesliste
Sachsen
und davor stets uber die Landesliste Hessen in den
Bundestag
ein.
Nach der
Bundestagswahl 1961
wurde Mischnick als damals jungster Minister am 14. November 1961 zum
Bundesminister fur Vertriebene, Fluchtlinge und Kriegsgeschadigte
in der von
Bundeskanzler
Konrad Adenauer
gefuhrten
Bundesregierung
ernannt. Im Zuge der
Spiegel-Affare
trat er am 19. November 1962 gemeinsam mit den anderen FDP-Bundesministern zwar zuruck, wurde aber am 13. Dezember 1962 erneut in dieses Amt berufen. Mit dem Rucktritt von Konrad Adenauer schied auch Mischnick am 11. Oktober 1963 aus der Bundesregierung aus.
1963 legte Mischnick einen Vorschlag zur
Rentenreform
vor, den sogenannten ?Mischnick-Plan“, der die Rentenreform Adenauers von 1957 ablosen sollte.
[3]
Er zielte darauf ab, einerseits die außerhalb des bestehenden, am Arbeitslohn orientierten
Rentensystems
stehenden Mitburger, wie Selbststandige oder
Sozialhilfe
-Empfanger, ebenfalls im Alter abzusichern. Andererseits sollte mehr Freiraum fur die private Vorsorge geschaffen werden. Der ?Mischnick-Plan“ sah deshalb eine staatlich finanzierte Grundrente vor, zudem eine Beitragsrente, in die 15 Jahre einbezahlt werden sollte, sowie eine anschließende private Vorsorge.
Mischnick verdankte einen Teil seiner Popularitat seinem sportpolitischen Engagement. Dem Sportausschuss des Deutschen Bundestages gehorte er seit dessen Grundung 1969 bis 1994 an und war zeitweise dessen Stellvertretender Vorsitzender.
[4]
Er war Mitglied des Kuratoriums der
Deutschen Sporthilfe
, Stifter des Wolfgang-Mischnick-Pokals fur Geher und bis 1990 uber 15 Jahre Verwaltungsratsmitglied bei
Eintracht Frankfurt
. Er arbeitete auch in der
Sepp-Herberger-Stiftung
mit. Regelmaßig wurde bei der FDP ein Tennisturnier um einen Wolfgang-Mischnick-Pokal ausgetragen.
[5]
Gegenuber dem Boykott der
Olympischen Sommerspiele 1980
als Reaktion auf den
sowjetischen Einmarsch in Afghanistan
war er skeptisch und trat fur die Unabhangigkeit des Sports ein. Letztendlich trug er den Boykott jedoch mit, weil er ihn als ?Gebot der Solidaritat mit den USA“ betrachtete.
[6]
Mischnick war
Großoffizier der franzosischen Ehrenlegion
. Er wurde 1968 mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband und 1973 mit dem Großkreuz des
Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
.
[7]
ausgezeichnet. Ferner wurden ihm das
Große Goldene Ehrenzeichen mit Stern der Republik Osterreich
,
[8]
der Bannerorden der Ungarischen Republik, der
Verdienstorden des Freistaates Sachsen
,
[9]
der
Hessische Verdienstorden
, die
Wilhelm-Leuschner-Medaille
,
[10]
die
Freiherr-vom-Stein-Plakette
, die
Romerplakette der Stadt Frankfurt am Main
,
[11]
die
Reinhold-Maier-Medaille
und die
Wolfgang-Doring-Medaille
verliehen.
In
Groditz
wurde die ehemalige Straße
Am Osttor
in
Wolfgang-Mischnick-Straße
umbenannt.
[12]
Auch in Mischnicks Heimatstadt Dresden wurde in einem Wohnbaugebiet im Stadtteil
Albertstadt
eine Straße nach ihm benannt.
[13]
[14]
[15]
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- Sven Prietzel:
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- Sven Prietzel:
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- Typisch Mischnick. Ein schlagkraftiger Liberaler.
Anekdotisch und karikiert vorgestellt von Horst Dahlmeyer. 2. Auflage. Bertelsmann, Munchen 1982,
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- ↑
knerger.de:
Das Grab von Wolfgang Mischnick
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- ↑
Regierungswechsel 1982 ? Wolfgang Mischnick zum Misstrauensvotum (1. Oktober 1982, 23:17 min)
auf
YouTube
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, in:
Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung
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Arnd Kruger
:
Sport und Politik. Von Turnvater Jahn zum Staatsamateur.
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- ↑
Paul Namyslik:
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Meißner Tageblatt-Verlag, Nieschutz 2005,
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- ↑
Stadtratsbeschluss am 24. Marz 2022
- ↑
Dirk Hein:
Der Retter der Semperoper. Straße soll nach Wolfgang Mischnick benannt werden.
In:
Tag24
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28. April 2021,
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Dirk Hein, Gerhard Jakob:
TV-Liebling Otto Franz Weidling bekommt eigene Straße in Dresden.
In:
Tag24.
21. Juli 2021,
abgerufen am 26. August 2021
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Vertriebenenminister der Bundesrepublik Deutschland