Wilhelm I. von Hessen-Kassel
(*
3. Juni
1743
in
Kassel
; †
27. Februar
1821
ebenda) aus dem
Haus Hessen
war als
Wilhelm IX.
ab 1760
Graf von Hanau
, ab 1764 dort Regent und ab 1785 regierender
Landgraf von Hessen-Kassel
. Nach seiner im Zuge des
Reichsdeputationshauptschlusses
(1803) erfolgten Erhebung zum
Kurfursten
nannte er sich
Wilhelm I.
Wilhelm wurde als Sohn des
Erbprinzen
Friedrich II. von Hessen-Kassel
und der Prinzessin
Maria
, einer Tochter
Konig
Georgs II. von Großbritannien
, geboren. Er besuchte die
Universitat Gottingen
und verbrachte Studienjahre in
Danemark
.
Nach dem Ubertritt seines Vaters Friedrich zum
romisch-katholischen
Bekenntnis
wollte dessen Vater, Landgraf
Wilhelm VIII.
, sicherstellen, dass Friedrich (II.) nach seinem Regierungsantritt so wenig Einfluss wie moglich haben wurde. Dazu wurde in der hessischen
Assekurationsakte
von 1754 unter anderem die
Grafschaft Hanau-Munzenberg
, die nach dem Tod des letzten Grafen aus dem
Haus Hanau
,
Johann Reinhard III.
, 1736 an Hessen-Kassel gefallen war, von den hessischen Stammlanden getrennt und Prinz Wilhelm dort als Enkel und direkter Erbe Wilhelms VIII., unter Umgehung Friedrichs II., eingesetzt. Nach dem Tod des Großvaters im Jahre 1760 erbte Wilhelm die
Grafschaft Hanau
also direkt. Fur den zu diesem Zeitpunkt noch minderjahrigen Prinzen fuhrte zunachst seine Mutter, Landgrafin Maria, die Vormundschaft, ab 1764 regierte er, fur volljahrig erklart, selbst. Architektonisch eindrucksvollstes Zeugnis seines Wirkens dort ist die Kuranlage von
Wilhelmsbad
.
Wilhelm war ein Landesherr, der zeit seines Lebens den Maßstaben des furstlichen ?
Absolutismus
“ des
Ancien Regime
verhaftet blieb ? in seiner Politik, in seiner ?
Matressenwirtschaft
“ und in seinem umstrittenen
Soldatenhandel
, der finanziell sehr ertragreich war und auch von anderen Fursten betrieben wurde. Wilhelm galt als einer der reichsten deutschen Fursten seiner Zeit, und es gelang ihm mit Hilfe des Frankfurter Bankiers
Mayer Amschel Rothschild
, dieses Vermogen auch uber die napoleonische Zeit hinweg zu retten.
Am 15. Mai 1803 gelang es Wilhelm, seine Erhebung zum
Kurfursten
zu erreichen. Sein Herrschaftsgebiet, insbesondere die Landgrafschaft Hessen-Kassel, wurde in der Folge zumeist, wenn auch nur inoffiziell, als ?
Kurfurstentum Hessen
“ bezeichnet. Die Kurwurde wurde allerdings schon 1806 mit dem Ende des
Heiligen Romischen Reiches
bedeutungslos.
Ab 1803 zahlte Wilhelm seinem Verwandten
Carl Constantin von Hessen-Rheinfels-Rotenburg
, der als General zunachst in der franzosischen Armee und spater in den Revolutionsarmeen gedient hatte, aber in den Wirren der
Franzosischen Revolution
mehrfach inhaftiert und schließlich verbannt worden war, eine
Pension
zum Lebensunterhalt, da dieser sich vergeblich um eine solche aus der franzosischen Staatskasse bemuht hatte.
Weil Wilhelm nicht dem
Rheinbund
beitrat und zu Beginn des
preußisch-franzosischen Kriegs
1806
seine Armee
teilmobilisierte und sein Land fur neutral erklarte, besetzte
Napoleon
Kurhessen. Am 1. November 1806 marschierte franzosisches Militar in Kassel ein. Der Kurfurst floh rechtzeitig und ging ins
Exil
, zuerst nach
Holstein
, wo er im
Itzehoer
Prinzesshof
residierte, und spater nach
Prag
. Wesentliche Teile des kurhessischen Staatsschatzes konnten 1806 durch den Hauptmann
Wilhelm Mensing
vor dem Zugriff Napoleons in Sicherheit gebracht werden. Die Stammlande von Hessen-Kassel wurden dem von Napoleon neu geschaffenen
Konigreich Westphalen
zugeschlagen, die sudlichen Landesteile, also die
Grafschaft Hanau-Munzenberg
, unterstanden ab 1806 zunachst der franzosischen
Militarregierung
und gehorten von 1810 bis 1813 zum
Großherzogtum Frankfurt
.
1813 wurde Hessen-Kassel restituiert, und Wilhelm I. zog am 21. November 1813 wieder in seine Residenzstadt ein. Auf dem
Wiener Kongress
versuchte er vergeblich, auch durch Zahlung erheblicher Bestechungsgelder, den nach dem germanischen Stammesnamen der Hessen benannten Titel eines ?Konigs der
Chatten
“ zu erhalten, behielt aber den Titel ?Kurfurst“, mit dem personlichen Pradikat ?konigliche Hoheit“. Wilhelm I. verfolgte einen restaurativen Kurs, machte die Reformen, die in der Zeit seines Exils stattgefunden hatten, ruckgangig (so wurden z. B. die gepuderten Perucken bei
Militar
und Hof wieder eingefuhrt), und verprellte mit dieser Politik das aufstrebende Burgertum.
In Kassel ließ er umfangreiche Erweiterungen im
Bergpark Wilhelmshohe
ausfuhren und die
Lowenburg
erbauen. Der von ihm 1817 in Angriff genommene Bau eines monumentalen neuen Schlosses, der sogenannten
Chattenburg
, an der Stelle des 1811 durch einen
Großbrand
zerstorten und auf seine Weisung 1816 vollstandig abgebrochenen
Landgrafenschlosses
, wurde nach seinem Tod eingestellt.
Wilhelm starb 1821 und wurde in einer Gruft unter der Burgkapelle der Lowenburg bestattet.
Am 1. September 1764 heiratete Wilhelm in
Kopenhagen
Prinzessin
Wilhelmine Karoline von Danemark
(1747?1820). Mit ihr hatte er zwei Sohne und zwei Tochter:
Diese Ehe war allerdings bald zerruttet.
Wilhelm hatte neben seiner Ehe mehrere Matressen und mehr als zwei Dutzend weitere Kinder:
- Wilhelm, Freiherr von Heimrod (* 16. Juli 1775 in
Rodheim vor der Hohe
; † 6. Januar 1811 in
Neapel
)
- Karl, Freiherr von Heimrod (* 19. Juli 1776 in Rodheim vor der Hohe; † 13. Mai 1827 in
Paris
) ? 1803 Charlotte, Freiin von Stockhausen (* 15. Juli 1781; † 31. Dezember 1855)
- Friedrich (* 9. August 1777 in Kassel; † 30. Oktober 1777 in Hailer bei Meerholz)
- Friedrich, Freiherr von Heimrod (* 1778 in Hanau; † 3. September 1813 in Teplitz)
- Rosa Dorothea Ritter
, geadelt als Freifrau von Lindenthal, acht Kinder (am 10. Marz 1800 legitimiert und zu Freiherren/Freiinnen von Haynau erhoben):
- Wilhelm Carl, Freiherr von Haynau
(1779?1856), kurhessischer Generalleutnant
- Georg Wilhelm, Freiherr von Haynau (* 27. Februar 1781; † Februar 1813)
- Philipp Ludwig, Freiherr von Haynau (* 18. Mai 1782; † 5. Juni 1843), badischer Wirklicher Geheimer Rat
- Wilhelmine, Freiin von Haynau (* 20. Juli 1783; † 27. Mai 1866) ?
Carl Philipp Emil von Hanstein
(1772?1861), spater Minister
- Moritz, Freiherr von Haynau (* 4. Juli 1784; † 9. September 1812)
- Marie Sophie Agnes Philippine Auguste, Freiin von Haynau (* 11. September 1785; † 21. April 1865) ? 1805 Wilhelm, Freiherr von
Wintzingerode
(1782?1819), spater Oberforstmeister
- Julius Heinrich Friedrich Ludwig, Freiherr von Haynau
(1786?1853), osterreichischer General
- Wilhelm Friedrich (* 23. Juni 1789; † 26. April 1790)
- Wilhelm Karl (* 19. Mai 1790; † 22. Marz 1867),
Domherr
zu
Minden
,
Halberstadt
und
Cammin
,
mecklenburg-schwerinischer
Wirklicher Geheimer Rat, ? Grafin Angelika von der
Osten-Sacken
- Ferdinand (* 19. Mai 1791; † 15. Dezember 1794)
- Karoline Frederike Auguste (* 9. Juni 1792; † 21. August 1797)
- Auguste Wilhelmine (* 22. August 1793; † 1. Juni 1795)
- Louis Karl (* 11. August 1794; † 17. November 1857), preußischer
Kammerherr
? Grafin Auguste Wilhelmine von
Puckler
-Groditz
- Friederike Auguste (* 16. Oktober 1795; † 13. September 1845) ?
Wilhelm von Steuber
(* 29. Dezember 1790; † 6. Juli 1845)
- Wilhelm Ludwig Georg (* 28. Juli 1800; † 16. Januar 1836), kurhessischer Kammerherr; ? 1. Luise
von dem Bussche-Hunnefeld
(* 27. Marz 1804; † 21. Mai 1829); ? 2. Karoline
Wolff von Gudenberg
(* 11. Februar 1812; † 20. August 1836)
- Friedrich Ludwig (* 8. Februar 1803; † 8. September 1805)
- Karoline (* 16. Februar 1804; † 18. Marz 1891) ?
Carl von Stenglin
(* 12. August 1791; † 15. Marz 1871)
- unbekanntes Kind
- unbekanntes Kind
- unbekannter Sohn
(* 1807 in
Itzehoe
)
- Hermann von Petersdorff
:
Wilhelm I. (Kurfurst von Hessen)
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 43, Duncker & Humblot, Leipzig 1898, S. 64?75.
- Gerhard Bott
:
Heilubung und Amusement. Das Wilhelmsbad des Erbprinzen.
CoCon-Verlag, Hanau 2007,
ISBN 978-3-937774-00-8
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- Eckhart G. Franz
:
Das Haus Hessen. Eine europaische Familie.
Kohlhammer, Stuttgart 2005,
ISBN 3-17-018919-0
.
- Eckhart G. Franz:
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= Arbeiten der Historischen Kommission NF 34. Darmstadt 2012, S. 139 ff.
- Rainer von Hessen (Hrsg.):
Wir Wilhelm von Gottes Gnaden. Die Lebenserinnerungen Kurfurst Wilhelms I. von Hessen 1743?1821.
Campus-Verlag, Frankfurt am Main 1996,
ISBN 3-593-35555-8
.
- Philipp Losch
:
Kurfurst Wilhelm I., Landgraf von Hessen. Ein Furstenbild aus der Zopfzeit.
Elwert, Marburg 1923 (
online
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- Kurt von Priesdorff
:
Soldatisches Fuhrertum
.
Band 2, Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg, o. O. [Hamburg], o. J. [1937],
DNB
367632772
, S. 133?134, Nr. 653.
- Detlev Schwennicke
:
Europaische Stammtafeln.
(
Stammtafeln zur Geschichte der europaischen Staaten.
Neue Folge; 3). Klostermann, Frankfurt am Main 2000, Tafel 255ff.
- Reinhard Suchier
:
Die Grabmonumente und Sarge der in Hanau bestatteten Personen aus den Hausern Hanau und Hessen.
In:
Programm des Koniglichen Gymnasiums zu Hanau.
Hanau 1879, S. 1?56 (
online
).
- ↑
Suchier, S. 38 f.
- ↑
Genealogisches Handbuch des Adels
,
Adelslexikon
Band V, Seite 175, Band 84 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1984