Das
Wertgrenzprodukt
(kurz WGP; oder
Wertgrenzproduktivitat
;
englisch
value of marginal product
, kurz VMP) ist in der
Preistheorie
das mit dem
Marktpreis
bewertete physische
Grenzprodukt
.
Der
Unternehmer
muss wissen, wie sich die
Umsatzerlose
verandern, wenn er einen oder mehrere
Produktionsfaktoren
verandert. Daruber gibt die
betriebswirtschaftliche Kennzahl
des Wertgrenzprodukts Auskunft. Untersucht werden vor allem die Produktionsfaktoren
Arbeit
und
Kapital
. Das Wertgrenzprodukt ist bei diesen das
Produkt
aus dem
Guterpreis-
oder
Zinsniveau
und der
Grenzproduktivitat
. Ist ein Unternehmen
Mengenanpasser
auf dem
Guter-
und
Faktormarkt
, entspricht im
Gewinnmaximum
das Wertgrenzprodukt dem Marktpreis des entsprechenden Produktionsfaktors.
[1]
Da aus volkswirtschaftlicher Sicht Guterpreisniveau und Kapitalpreis (Zins) identisch sind, gilt fur den optimalen Kapitaleinsatz, dass der
Zinssatz
mit der Grenzproduktivitat des Kapitals ubereinstimmt. Jeder Produktionsfaktor, auch der
Boden
, wird volkswirtschaftlich genau so hoch entlohnt (beim Boden durch
Pachtzins
oder
Bodenrente
), wie aus der letzten eingesetzten Einheit an zusatzlichem Erlos (Wertgrenzprodukt) gewonnen werden kann.
[2]
Voraussetzung fur diese Uberlegung sind stets der
vollkommene Arbeitsmarkt
bzw.
vollkommene Kapitalmarkt
, wo die Produktionsfaktoren nach ihrem Wertgrenzprodukt entlohnt werden.
[3]
Unter der Annahme
vollstandiger Konkurrenz
entspricht das Wertgrenzprodukt den
Grenzkosten
.
[4]
Demnach ist das WGP im Monopolfall bei gleichen Grenzkosten großer als das WGP auf dem Konkurrenzmarkt.
Das Wertgrenzprodukt ist jener Betrag, um den sich die Umsatzerlose
eines Unternehmens (
Wertprodukt
) durch den Einsatz eines zusatzlichen Produktionsfaktors
verandern. Das Wertgrenzprodukt
besteht daher aus den beiden Komponenten des (physischen) Grenzprodukts
(identisch mit ihm ist der
Grenzerlos
), das mit dem Produkt- oder Marktpreis
multipliziert wird:
[5]
.
Ein Unternehmen stellt beispielsweise so viele Arbeiter ein, bis das Wertgrenzprodukt dem (fur das Unternehmen gegebenen)
Lohnsatz
entspricht.
Nach der
neoklassischen Theorie
bestimmt das Wertgrenzprodukt eines Produktionsfaktors dessen Entlohnung.
[6]
Dies soll fur die Produktionsfaktoren Arbeit (Entlohnung:
Arbeitslohn
) und Kapital (Entlohnung: Kapitalkosten) untersucht werden.
Wird beispielsweise ein zusatzlicher
Arbeiter
eingestellt, so besteht das Wertgrenzprodukt in dem durch diesen Arbeiter verursachten erhohten Umsatzerlos. Ein gewinnmaximierendes Unternehmen wird also gerade so viel Arbeiter einsetzen, bis das Wertgrenzprodukt des Produktionsfaktors Arbeit gleich dem Lohnsatz ist. Unter der Geltung des
Gesetzes des sinkenden Grenzertrages
sinkt mit jedem zusatzlich eingestellten Arbeiter auch das Wertgrenzprodukt. Das Gewinnmaximum ist erreicht, wenn das Wertgrenzprodukt mit dem Lohnsatz identisch ist.
[7]
Sind die Arbeitslohne geringer als das Wertgrenzprodukt der Arbeit, so konnen weitere
Arbeitskrafte
eingestellt werden. Das gilt auch fur den Fall sinkender Lohne.
Fur den Produktionsfaktor Kapital ist das Wertgrenzprodukt
die Veranderung der Umsatzerlose durch die Erhohung des Kapitaleinsatzes
um eine Einheit:
[8]
.
Ein Unternehmen erhoht beispielsweise sein
Eigenkapital
so lange, bis dessen Wertgrenzprodukt den Kapitalkosten entspricht. Sind die Kapitalkosten geringer als das Wertgrenzprodukt des Kapitals, so strebt ein gewinnmaximierendes Unternehmen eine
Kapitalerhohung
an.
[9]
Das gilt auch fur den Fall sinkender Zinsen. Wird die Arbeit relativ zum Kapital produktiver, so lohnt sich bei unverandertem Arbeitslohn ein Mehreinsatz von Arbeit, dieser ist kapitalsparend.
Ein Unternehmen produziere mit dem Faktor Arbeit
wie folgt: Aufgrund des funktionierenden Preisbildungsmechanismus auf den Gutermarkten geht das Unternehmen davon aus, dass es seine produzierte Menge auch absetzen kann. Die Entscheidung richtet sich also nur nach gegebenen Guter- und Faktorpreisen. Die Gewinnfunktion sieht wie folgt aus (Differenz von Umsatz und Kosten):
.
Hierin sind der Guterpreis
enthalten und der Arbeitspreis (Lohn)
, sowie die Produktionsfunktion. Die Optimalitatsbedingung ergibt dann ein Gewinnmaximum fur folgende Bedingung:
.
Hier findet sich nun das Wertgrenzprodukt. Das Wertgrenzprodukt der Arbeit (
) muss dem
Nominallohnsatz
entsprechen.
- ↑
Gablers Wirtschaftslexikon
, Band 6. Verlag Dr. Th. Gabler, 1984, Sp. 2226
- ↑
Evangelische Akademie Iserlohn (Hrsg.):
Befreiungstheologie
, 1996, S. 32
- ↑
Horst Hanusch,
Nutzen-Kosten-Analyse
, 2011, S. 81
- ↑
Wolfgang Cezanne
:
Allgemeine Volkswirtschaftslehre
. 6., uberarbeitete Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, Munchen u. a. 2005,
ISBN 3-486-57770-0
, S. 217.
- ↑
Ferry Stocker/Kerstin M. Strobach:
Mikrookonomik
, 2012, S. 59
- ↑
Jorg Beutel:
Mikrookonomie
, 2006, S. 357
- ↑
Alfred Endres/Jorn Martiensen:
Mikrookonomik: Lehrbuch
, 2007, S. 365
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Ferry Stocker/Kerstin M. Strobach:
Mikrookonomik
, 2012, S. 269
- ↑
Barbara Jennes,
Die Wirkungen der Geldpolitik in Deutschland
, 2003, S. 115