Walter von Keudell
(*
17. Juli
1884
in
Castellammare di Stabia
(
Italien
); †
7. Mai
1973
in
Bonn
) war ein
deutscher
Forstmann
,
Jurist
und
Politiker
(
DNVP
,
CNBLP
,
NSDAP
und
CDU
).
Walter
von Keudell
war der Sohn von
Robert von Keudell
und der altere Bruder
Otto von Keudells
. Nach einer praktischen
land-
und
forstwirtschaftlichen
Grundausbildung und dem Studium der
Rechtswissenschaft
trat er in den preußischen Staatsdienst ein, war Mitarbeiter der Reichsgetreidestelle und wurde 1916
Landrat
des
Kreises Konigsberg Nm.
Im Zusammenhang mit dem
Kapp-Putsch
wurde er 1920 in den Ruhestand versetzt.
Keudell gehorte von 1924 bis 1930 dem
Deutschen Reichstag
als
Abgeordneter
an. Im
vierten Kabinett Marx
amtierte er von Januar 1927 bis Juni 1928 als
Reichsminister des Innern
. Keudell scheint als Reichsminister seine Reden im
Deutschen Reichstag
vorgelesen zu haben. Als im Juni 1928 Reichstagsprasident
Paul Lobe
das Rednerpult abschrauben ließ, um dem Verlesen von Reden Einhalt zu gebieten, erschien im Lubecker Volksfreund eine Karikatur, in der im Vordergrund ein Herr in gehobener Garderobe steht, aus dessen weißem Hemd ein
Monokel
herunterhangt. Die Bildunterschrift lautet: ?von Keudell:
Gluck im Ungluck! Solange ich Ministerreden halten mußte [sic!], stand das Pult noch da.
“
[1]
Im Mai 1928 lehnte das
Reichsgericht
seinen Antrag ab, den kommunistischen
Roten Frontkampferbund
zu verbieten.
1929 verließ Keudell aus Protest gegen den Kurs
Alfred Hugenbergs
die DNVP und wurde Mitglied im
Landvolk
.
Ab 1932 begann von Keudell, sich fur die NSDAP einzusetzen, in die er zum 1. Marz 1933 auf Wunsch Hermann Gorings auch eintrat (Mitgliedsnummer 1.429.388).
[2]
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er im Marz 1933 zum Prasidenten des
Landkreistages
gewahlt und am 4. August 1933 zum preußischen
Oberlandforstmeister
(Chef der preußischen Staatsforstverwaltung) und am 3. Juli 1934 dann zum Generalforstmeister und
Staatssekretar
im
Reichsforstamt
in
Berlin
unter Reichsforstmeister
Hermann Goring
ernannt.
[3]
Seit dem 14. August 1933 war von Keudell zudem Fuhrer (ab 1935 ?Leiter“ genannt) des
Deutschen Forstvereins
. Zum 1. November 1937 trat er von seinem Amt als Generalforstmeister zuruck. Dem Rucktritt vorausgegangen war ein Streit um den verpflichtenden Holzeinschlag in Privatforsten, bei dem Keudell sich den Forderungen Gorings widersetzte.
[4]
Zu seinem Nachfolger wurde der forstlich nicht qualifizierte
Friedrich Alpers
bestimmt, der ihm 1938 auch als Vereinsleiter des Forstvereins nachfolgte. Keudell erhielt danach eine Stellung als
Generalsachverstandiger fur den Waldbau beim Reichsforstmeister
ohne Einfluss und war ab 1937 Mitglied des
Reichsverkehrsrats
.
[5]
Von 1941 bis 1943 amtierte er nochmals als Landrat des Kreises Konigsberg/Nm.
[6]
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er 1948 Mitglied der CDU und betatigte sich im Bereich der
Vertriebenenpolitik
. 1950 unterschrieb er die
Charta der deutschen Heimatvertriebenen
als Sprecher der
Landsmannschaft Berlin-Mark Brandenburg
. Zudem wurde er der Vorsitzende der
Vereinigten Landsmannschaften der Sowjetzone
(
VLS
).
[7]
[8]
Im Jahr 1958 wurde er zum Vorsitzenden der
Abendlandischen Akademie
gewahlt. Keudell gehorte dem 1959 von
Rainer Barzel
und anderen CDU/CSU-Politikern gegrundeten antikommunistischen
Komitee Rettet die Freiheit
an, dessen Prasidentschaft und Vereinsvorsitz er nach dem Ausscheiden Barzels 1960 ubernahm.
[9]
- Albrecht Milnik
:
Walter von Keudell
. In Albrecht Milnik u. a. (Hrsg.):
Im Dienst am Wald: Lebenswege und Leistungen brandenburgischer Forstleute. Brandenburgische Lebensbilder.
Verlag Kessel, Remagen-Oberwinter 2006,
ISBN 3-935638-79-5
, S. 297?301.
- Johannes Weck:
Walter von Keudell 75 Jahre.
In:
Forstarchiv.
30. Jahrgang, Heft 7/1959, S. 135.
- Andreas Gautschi
:
Der Reichsjagermeister. Fakten und Legenden um Hermann Goring.
3. Auflage, Nimrod, Hanstedt 2000,
ISBN 3-927848-20-4
(enthalt auch sehr viele biografische Details uber von Keudell).
- Andreas Gautschi
:
Walter von Keudell. Das bewegte Leben des Reichsministers und Generalforstmeisters durch vier deutsche Epochen.
C. A. Starke Verlag, 2017,
ISBN 978-3-7980-0587-7
.
- ↑
Lubecker Volksbote
Tageszeitung fur das arbeitende Volk
, 35. Jahrgang, Nr. 139 vom Sonnabend, 16. Juni 1928, unpag., S. 3 (
Link zum Digitalisat
in der Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung
)
- ↑
Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/19970908
- ↑
Hohenlubbichow 2008 ?. Naturgemaße Waldwirtschaft zwischen Verklarung und Realitat.
(
Memento
vom 27. Januar 2016 im
Internet Archive
) Publikation der
Brandenburgischen Landesforsten
- ↑
Meldung der Neuen Freien Presse vom 3. November 1937
- ↑
Biographie laut Bundesarchiv
- ↑
Johannes Weck:
Walter von Keudell 75 Jahre.
In:
Forstarchiv.
30. Jahrgang, Heft 7/1959, S. 135.
- ↑
Albert Oeckl:
Taschenbuch des offentlichen Lebens
. Festland Verlag GMBH, 1957,
S.
315
(
google.com
).
- ↑
Ulrich Prehn:
Max Hildebert Boehm: Radikales Ordnungsdenken vom Ersten Weltkrieg bis in die Bundesrepublik
. Wallstein Verlag, 2013,
ISBN 978-3-8353-2472-5
,
S.
479
(
google.com
).
- ↑
Freiheit mit Fernglas.
In:
Der Spiegel
.
28/1960 (abgerufen am 9. Mai 2014)