Villa Schoningen

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Villa Schoningen 2009
Rekonstruierte Minerva an der Villa Schoningen, 2009

Die Villa Schoningen ist ein historisches Wohngebaude im Potsdamer Stadtteil Berliner Vorstadt , Berliner Straße 86, an der Ecke Berliner Straße und Schwanenallee, wenige Meter westlich von der Glienicker Brucke entfernt.

Im Auftrag des preußischen Konigs Friedrich Wilhelm IV. entwarf Ludwig Persius 1843 fur Kurd Wolfgang von Schoning , den Hofmarschall des Prinzen Carl von Preußen , ein Haus im italienischen Villenstil. Im selben Jahr erfolgte auch die Namensgebung nach der ostlich von Braunschweig gelegenen Stadt Schoningen , dem Herkunftsort der Familie von Schoning.

Nach mehreren Besitzerwechseln und zunehmender Verwahrlosung nach 1945 wurde das Gebaude denkmalgerecht saniert und im November 2009 ein Ausstellungshaus eroffnet, das zeitgenossische Kunst zeigt. Seit 1977 ist die Villa Schoningen als Baudenkmal in die Denkmalschutz liste des Landes Brandenburg aufgenommen. Zudem liegt sie inmitten der als Weltkulturerbe unter Schutz gestellten Statte Schlosser und Parks von Potsdam und Berlin .

Vorgangerbau und Grundstucksverhandlungen

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An Stelle der Villa Schoningen stand zuvor ein erst 17 Jahre altes Wohnhaus, das der Potsdamer Maurermeister Christian Friedrich Fimmel 1826 fur den Schiffbauer Martin Friedrich Nussoll errichtete. An das Haus grenzte nordlich ein mit einem Bretterzaun umfriedeter Hof und ein Abort. Dieses Bild bot sich dem drittaltesten Sohn Friedrich Wilhelms III. , Carl von Preußen, der zur selben Zeit auf der anderen Seite des Jungfernsees das Landhaus Glienicke zu einem klassizistischen Sommerschloss umbauen ließ. Das direkt gegenuberliegende Haus des Schiffbauers storte den Blick von der Schlossanlage in die Havel landschaft durch seine unangenehme außere Gestalt, die Jedem, der nach dem gern besuchten Glienicke wanderte, auffiel . [1] 1832 erwarb der Zimmermeister Friedrich Wilhelm van den Bosch (1799?1855), auch van der Bosch , das Wohnhaus im Zuge einer Zwangsversteigerung [2] fur 2.550 Reichstaler . [3] Ihm gehorte bereits das im Norden an das Grundstuck des Schiffbauers grenzende Gartenland, das er als Zimmerplatz nutzte. [4]

Sudfassade und Lageplan. Sammlung Architektonischer Entwurfe , 1845, Bl. XIV

Nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. 1840 bekam der Gartenarchitekt Peter Joseph Lenne den Auftrag; die Landschaft um Potsdam zu verschonern. In die Planung waren ebenfalls Gebaude einbezogen, die an den Havelufern oder an Verbindungswegen zwischen den koniglichen Gartenanlagen standen und deren vernachlassigtes Außere hier oder bei einem weiteren Uberblick der Gegend von einem Hohepunkte aus, storend einwirken. [5] In diesem Zusammenhang wurde privaten Eigentumern solcher Hauser ein Umbau nach den architektonischen Vorstellungen des Konigs vorgeschlagen oder bebaute Grundstucke angekauft und die Gebaude mit vorgegebenen Umgestaltungswunschen an Bedienstete des preußischen Konigshofes ubergeben. Zur Finanzierung des Projekts stand mit Kabinettsorder vom 14. Dezember 1841 ein eigens dafur eingerichteter Immediatbaufonds mit einem jahrlichen Etat von 20.000 Reichstalern zur Verfugung. [6]

Der durch Friedrich Wilhelm IV. angestrebte Kauf des Grundstucks an der Schwanenallee und die anschließende Ubergabe an den Hofmarschall Kurd Wolfgang von Schoning scheiterte zunachst an einer uberhohten Forderung des Zimmermeisters van den Bosch. Ludwig Persius vermerkte dazu in seinem Arbeitstagebuch am 2. Mai 1843: Ich trage die v. d. Boschsche Angel[egenheit] vor. S. M. sind unwillig uber die Handlungsweise des Mannes u[nd] erkennen sehr wohl, dass derselbe einen hohen Kaufpreis oder die Bauunterst[utzung] des Konigs urgiren will . [7] Nicht zuletzt aus der Tatsache heraus, dass das Haus durch ungenaue Grundstucksabsteckung zu nah am Ufer des Jungfernsees errichtet wurde und somit zum Teil auf koniglichem Besitz stand, kam es letztendlich zu einer Einigung. Auf Order Friedrich Wilhelms IV. wurde am 26. Mai 1843 beim Potsdamer Stadtgericht ein Kaufvertrag vereinbart und am 1. Juni 1843 von Kurd Wolfgang von Schoning und Friedrich Wilhelm van den Bosch unterzeichnet. Der Kaufpreis betrug 5.500 Taler Courant , [8] wovon Schoning 3.000 Taler aufzuwenden hatte, die er als Hypothek nach Ubergabe am 8. Oktober 1843 im Grundbuch am 10. November des Jahres eintragen ließ, ebenso ein Vorkaufsrecht des Konigs. [9] 2.500 Taler erhielt er aus dem Immediatbaufond.

Blick von Norden auf die Villa Schoningen mit der von Karl Friedrich Schinkel entworfenen Glienicker Brucke aus Stein und dem Aussichtspavillon Große Neugierde der Schlossanlage Glienicke. Sammlung Architektonischer Entwurfe , 1845, Bl. XIII

Bereits ein Jahr zuvor bekam Ludwig Persius den Auftrag, der italienisierenden Schlossanlage Glienicke ein wurdiges Gegenuber zu schaffen und das ehemalige Haus des Schiffbauers ebenfalls im italienischen Villenstil zu gestalten. Bei der abschließenden Besprechung bewilligte Friedrich Wilhelm IV. am 29. September 1843 die Finanzierung des Umbaus. Die reinen Baukosten betrugen 8.020 Taler. [3] Durch den nachtraglichen Zukauf des nordlich gelegenen van-den-Bosch’schen Zimmerplatzes fur die Anlage eines Hofs, Gartens und vor allem einer von Schoning benotigten Wagenremise erhohten sich die Kosten auf 12.273 Taler. [10] Die Gartenanlage mit architektonisch-geometrischen Grundzugen gestaltete vermutlich der Gartenkondukteur und spatere Berliner Gartendirektor Gustav Meyer , [11] ein Schuler und enger Mitarbeiter des Gartendirektors Peter Joseph Lenne.

Die Villa im Besitz der Familien Wallich

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Nach dem Tod Kurd Wolfgang von Schonings am 2. April 1859 erbten dessen Kinder die Villa und verkauften sie spater an den Prinzen Carl. Dieser veraußerte den Besitz 1864 an den Koniglichen Appellationsgerichtsrat a. D. Eduard Gustav Louis Bonseri aus Stettin, der das Haus mit seiner Frau bis 1871 bewohnte. Von dem kinderlosen Ehepaar erwarb es im selben Jahr der Rentier Moritz Jacoby fur 13.000 Reichstaler , [3] und nach dessen Tod 1878 ging es in das Eigentum seiner drei Kinder uber, von denen die Tochter Anna, Ehefrau des Bankiers Hermann Wallich , einem der ersten Direktoren der Deutschen Bank , 1882 als Besitzerin in das Grundbuch der Stadt Potsdam eingetragen wurde. [12] Die in Berlin wohnende Familie nutzte die Villa vor allem in den Sommermonaten. Der zunehmende Verkehrslarm auf der Verbindungsstraße zwischen Berlin und Potsdam, die Bebauung der Nachbargrundstucke und in Folge die Einschrankung der Aussicht in die Havellandschaft waren unter anderem Grunde, die Villa ab 1890 nicht mehr zu nutzen. Nach zwanzig Jahren Leerstand wurde 1910 schließlich der Verkauf in Betracht gezogen. Trotz der Widrigkeiten zog Hermann Wallichs Sohn, der Bankier und spatere Mitinhaber des Frankfurter Bankhauses J. Dreyfus & Co. , Paul Wallich , 1913 in das Haus, das seine Familie in den ersten Jahren nur in den Sommermonaten und ab den 1920er Jahren ganzjahrig bewohnte. Am 14. Dezember 1931 uberschrieb er den Besitz seiner nichtjudischen Ehefrau Hildegard, die von dem im hollandischen Exil lebenden Wilhelm II. 1932 und 1935 Ufergrundstucke am Jungfernsee kaufte. [12]

Am 30. April 1928 starb Hermann Wallich 94-jahrig in Berlin. Der 1882 geborene Paul Wallich wahlte nach der Reichskristallnacht am 11. November 1938 in Koln die Selbsttotung. Seine erwachsenen Kinder lebten zu dieser Zeit bereits im Ausland, und seine Frau Hildegard verließ die Villa 1939 kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, um ihre Familie zu besuchen. Sie blieb fur immer in den Vereinigten Staaten , wo sie 1989 im Alter von 101 Jahren in Kalifornien starb. [13] Wahrend des Zweiten Weltkriegs war das Haus ab 1940 von der ehemaligen Kochin der Familie Wallich bewohnt und diente einige Zeit […] als Bibliothek fur die Nazis und irgendeine militarische Dienststelle . [14]

Nutzung der Villa von 1945 bis in die heutige Zeit

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Zustand 1987; die Villa ist links, zum Teil von einem Gebaude des Grenz­uber­gangs und einer Balustrade der Glienicker Brucke verdeckt

Die Rote Armee beschlagnahmte die nahezu unbeschadigte Villa 1945, um ein Lazarett fur verwundete sowjetische Soldaten einzurichten. Dem Militar folgte 1950 der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB), der im Parterre fur kurze Zeit Buroraume und im Obergeschoss ein Kinderwochenheim einrichtete, das nach Auszug der Gewerkschaft auch die unteren Raume bezog. Als 1961 die Berliner Mauer gebaut wurde, fuhrte ein Teilstuck der befestigten Grenzanlage die Schwanenallee entlang. Der hohe Stacheldrahtzaun, den spater eine Mauer aus Betonelementen ersetzte, verlief auf der Ostseite des Hauses in etwa funfzehn Meter Entfernung von der Haustur parallel zum Grundstuck , [15] wodurch die Villa Schoningen innerhalb des Grenzsperrgebietes lag. Obwohl einige Gebaude in diesem politisch sensiblen Bereich abgerissen wurden, um das ?Schußfeld? der Soldaten zu erweitern , [16] blieb die nur wenige Meter vom Grenzubergang an der Glienicker Brucke stehende Villa erhalten und wurde weiterhin als Kinderwochenheim genutzt, das im Lauf der Zeit auch einige Tageskinder aufnahm. Die Einrichtung betreute beispielsweise Anfang der 1980er Jahre ungefahr 40 Kinder, von denen mehr als zwei Drittel Wochenkinder waren, die von Montag bis Freitag im Heim blieben. [17]

Villa Schoningen 2006. Ansicht von Sudwesten.

Nach der Wende bemuhten sich die Wallich-Erben um eine Ruckubertragung des seit 1983 im Volkseigentum gefuhrten Hauses, das ihnen das Potsdamer ?Amt zur Regelung offener Vermogensfragen “ am 20. November 1992 in einer vorlaufigen Entscheidung verkundete. [18] Gleichzeitig deutete sich die Schließung des Kinderwochenheims an, die endgultig am 31. Dezember 1994 erfolgte, nachdem die letzten dreizehn Kinder in einer Kindertagesstatte in der nahegelegenen Menzelstraße untergebracht worden waren. [19] Mit dem Potsdamer Haus schloss das letzte Kinderwochenheim, von denen es in der ehemaligen DDR zur Zeit der Wende 1989 noch 65 gab, von ehemals 126 Mitte der 1970er Jahre. [20]

Die Wallich- Erbengemeinschaft verkaufte das Haus 1997 an den Berliner Bauunternehmer und Architekten Dieter Graalfs, [21] der die Villa sanieren und auf dem insgesamt 7.400 m² großen Grundstuck [22] funf weitere Hauser errichten wollte. Nach Ablehnung des Bebauungsplans durch die Potsdamer Stadtverordneten aufgrund der Nahe zum Welterbe, stellte der Bauunternehmer einen Abrissantrag, der ebenfalls abgelehnt wurde.

Das durch Leerstand und Vandalismus verwahrloste Haus erwarben Ende Marz 2007 der Vorstandschef der Axel Springer AG Mathias Dopfner und der Bankier Leonhard H. Fischer , CEO des Finanzinvestors Ripplewood ( RHJ International ). [23] Nach einer denkmalgerechten Sanierung wurde dort am Vorabend des 20. Jahrestags des Mauerfalls , dem 8. November 2009, in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel , dem polnischen Außenminister Radosław Sikorski , dem ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger und dem letzten Prasidenten der Sowjetunion Michail Gorbatschow das ?Freiheitsmuseum Villa Schoningen“ eroffnet. [24] [25] Das rein privat finanzierte Projekt dokumentierte im Erdgeschoss in der Dauerausstellung die Geschehnisse an der Agentenbrucke wahrend des Kalten Kriegs.

Heute wird die Villa Schoningen als Ausstellungshaus fur wechselnde zeitgenossische Kunstausstellungen genutzt. Der Garten der Villa wird mit wechselnden Skulpturenausstellungen bespielt. Im Erdgeschoss befindet sich ein Cafe.

Persius’ Entwurfsprinzipien fur Umbauten

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Als Vorbild der von Ludwig Persius im italienischen Stil entworfenen Gebaude diente die Bauweise oberitalienischer oder in der Umgebung Roms gelegener Villen aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Durch Anbauten, die im Laufe der Zeit an das Haupthaus gesetzt wurden, folgte die Architektur der Villen keiner regelmaßigen Symmetrie, sondern wirkte durch die Quer- und Hochstellung der verschieden großen Baukorper wie zusammengesetzte Teile aus einem Baukasten. Dieser Gestaltung folgte Persius bei seinen Umbauten zudem mit moglicher Benutzung der vorgefundenen Substanz, mit Befriedigung der etwa hinzutretenden Bedingungen fur eine gewunschte Vergroßerung der Anlage und mit Beachtung der moglichen Okonomie von Geldmitteln, in einem einfachen, aber befriedigendem Baustyl, und zugleich mit Rucksicht fur die malerische Einwirkung auf die Gegend. [5] Außerdem wich Persius von der Hervorhebung einer Schaufassade ab und entwarf Gebaude mit sparsamer Fassadengestaltung, die von allen Seiten gleichermaßen ausgebildet waren. Um dieses Konzept und das architektonische Aussehen der Villentypen anderen Bauherren und Architekten als Vorbild nahezubringen, veranlasste Friedrich Wilhelm 1843 die Publikation der Persius-Zeichnungen unter dem Titel ?Architektonische Entwurfe fur den Umbau vorhandener Gebaude“.

Umbau durch Ludwig Persius

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Frontansichten von der Villa Schoningen und dem Schiffbauerhaus, nach Ludwig Persius, 1844. Sammlung Architektonischer Entwurfe , 1845, Bl. XVI

Nach diesem Entwurfsprinzip plante Persius den Umbau des Schiffbauer-Hauses. Die ersten Baumaßnahmen erfolgten im Oktober 1843 und der Teilabriss des Hauses im Fruhjahr 1844, dessen Bauaufsicht der Baukondukteur Albert Julius Laucken erhielt. Von dem zweigeschossigen, nach Suden funf Fensterachsen langen und nach Osten zwei Fensterachsen breiten Haus wurde nur das Keller- und Erdgeschoss behalten. Der Hauseingang auf der Sudseite, an der Berliner Straße, bekam einen zweigeschossigen Vorbau mit Rundbogenoffnung im oberen Bereich und flachem Satteldach, dessen Ecken Akroter schmuckten. Die vom Eingangsbereich westlich gelegene Gebaudehalfte mit Satteldach wurde niedriger gehalten als die Ostseitige mit flachem Walmdach. Der zweiachsigen Frontseite nach Osten zur Schwanenallee gab Persius einen dekorativen Akzent durch eine blau ausgemalte Rundbogennische zwischen den Fenstern im Obergeschoss, in der eine weiß gefasste Zinkgussfigur der Minerva aus der Berliner Eisengießerei Moritz Geiß zu stehen kam. Die romische Gottin der Weisheit und Kriegskunst weist auf den Bewohner Kurd Wolfgang von Schoning als Militarexperten hin, der 1856 durch Friedrich Wilhelm IV. den Titel ?Historiograph der Armee“ erhielt. Als Vorbild fur die Skulptur diente die marmorne Minerva aus der Sammlung des Kardinals Alessandro Albani , die heute zum Bestand der Dresdner Skulpturensammlung gehort. [26] Die Figur an der Villa Schoningen wurde im Sommer 1999 stark beschadigt als Unbekannte versuchten sie gewaltsam zu entfernen. Nach der Restaurierung steht das Original mit einer Kopie des Kopfes und der Speerspitze seit 2009 in der Ausstellung und eine Figurenkopie in der Rundbogennische. An den Mittelstutzen uber den Kampfern der sud- und ostseitigen Fenster sind als weitere dezente Verzierung Frauenfiguren aus gesandeltem Zinkguss angebracht. Im Norden setzte Persius dem Haus als Pendant ein kleineres einachsiges Gebaudeteil hinzu und verband die Bauten mit einem etwas niedriger gehaltenen Zwischenbau, in den er den Haupteingang legte. Das Obergeschoss gestaltete er mit einer rundbogigen Loggia . Die Saulengalerie wiederholte sich im Belvedere eines im Zwischenbau integrierten Turms.

Frauenfigur an einem Fenster an der Ostfassade

Dieser war weniger fur die schone Aussicht gedacht, sondern sollte in der gestaffelten Gebaudegruppe als vertikales Bauteil einen Akzent setzen. Durch die Neugestaltung gelang es Persius dem Wohnhaus nach Suden und Osten zwei Schaufassaden zu geben, wodurch die Villa sowohl von der gegenuberliegenden Schlossanlage Glienicke, als auch vom weiter sudlich gelegenen Schloss Babelsberg als Blickpunkt am Ufer des Jungfernsees in alle Richtungen wirkte. Aufgrund seiner Italienreise ubertrug Ludwig Persius die kunstlerische Bauaufsicht im Januar 1845 an Ferdinand von Arnim und die Oberaufsicht an Friedrich August Stuler , die diese Aufgaben auch nach der Ruckkehr und Persius’ plotzlichem Tod weiterfuhrten. Im Oktober 1845 waren die Umbaumaßnahmen abgeschlossen.

Umgestaltungen durch die Familien Wallich

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1881/82 kam es erstmals seit dem Umbau durch Persius zu baulichen Veranderungen auf dem Grundstuck der Familie Wallich. Nach dem Ankauf einer nordlich angrenzenden Obstwiese und dem Abbruch der verputzten Wagenremise, wurde ein großeres Stallgebaude aus rot-gelb gestreiftem Ziegelmauerwerk mit Kutscherwohnung im Obergeschoss errichtet. Das Grundstuck erhielt eine Umfriedung durch eine ebenfalls rot-gelb gestreifte Ziegelmauer, die mit einem Zinkgusslowen geschmuckt war. Es ist nicht sicher von wem die Entwurfe fur das Stallgebaude stammten. Ein Berliner Architekt namens H. Richter reichte den Bauantrag ein, war aber vermutlich nur fur die Bauausfuhrung verantwortlich. In Frage kame einer der damaligen Oberhofbaurate, entweder Reinhold Persius oder Moritz Gottgetreu . [27] Einhundert Jahre spater, 1982, wurde das Stallgebaude wieder abgerissen. Der Zinkgusslowe ist seit 1992 verschollen.

Gartenmauer auf der Ostseite

Ein erster Umbau der Villa nach Persius erfolgte 1888/89, als Hermann und Anna Wallich das Wohnhaus im Innern nach ihren Bedurfnissen umgestalten ließen. Den Auftrag bekam der kurz zuvor von Kaiser Friedrich III. zum Hofarchitekten ernannte Ernst Eberhard von Ihne . Um mehr Wohnflache zu schaffen, vergroßerte Ihne den ursprunglich zuruckliegenden Zwischenbau nach Osten zur Schwanenallee und zog ihn uber das nordlich gelegene Gebaudeteil hinaus, sodass die Ostfassade eine von Sud nach Nord abgestufte Front bekam. Das Untergeschoss erhielt einen Hauseingang mit vierstufigem Treppenvorsatz und die ehemals offene Loggia im Obergeschoss eine durch zwei Saulen unterteilte Fensteroffnung, die uber die gesamte Breite des Bauteils ging. Zudem erfuhr die Villa Schoningen beim Neubau der Glienicker Brucke in den Jahren 1905 bis 1907 eine veranderte Position zum Jungfernsee. Durch Erdaufschuttungen kam das ursprunglich nahe am Ufer gelegene Haus weiter entfernt zu stehen und verlor somit den direkten Bezug zum Wasser.

Der letzte großere Umbau erfolgte 1922, als Paul und Hildegard Wallich die Villa Schoningen um ein Gebaudeteil erweitern ließen. Mit den Umbaumaßnahmen beauftragen sie das Berliner Architekturburo Breslauer & Salinger . Alfred Breslauer entwarf Plane fur einen Anbau, den er an die Nordwestecke setzte. Den Turm ausgenommen, uberragte der dreigeschossige Baukubus die von Persius entworfenen zweigeschossigen Bauteile. Im Erdgeschoss legte Breslauer die Hauswirtschaftsraume an und im sudlichen Bereich ein großes Speisezimmer von dem eine Terrasse betreten werden konnte. In den zwei Obergeschossen wurden Schlafraume und moderne Bader eingerichtet.

  • Stiftung Preußische Schlosser und Garten Berlin-Brandenburg: Ludwig Persius. Architekt des Konigs. 1. Auflage. Potsdam 2003, ISBN 3-7954-1586-1 , S. 46?54.
  • Katie Hafner: Das Haus an der Brucke. Die Villa Schoningen in Potsdam und ihre Bewohner. Markischer Verlag, Wilhelmshorst 2004, ISBN 3-931329-36-4 .
  • Mathias Dopfner, Lena Maculan: Villa Schoningen an der Glienicker Brucke. Ein deutsch-deutsches Museum. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 2009, ISBN 978-3-89479-601-3 .
  • Dirk Heydemann: Die Villa Schoningen und die Potsdamer Kulturlandschaft. Uberlegungen zur gartendenkmalpflegerischen Behandlung des Gartens. Diplomarbeit, Technische Fachhochschule, FB Landespflege. Berlin 1991, OCLC 180453671 .
  • Klaus Kurvers : Villa Schoningen: Potsdam, Berliner Straße 86. Die Baugeschichte einer Turmvilla von Ludwig Persius. Unveroffentlichtes Gutachten fur das Amt fur Denkmalpflege Potsdam, Berlin/Potsdam 1999.
Commons : Villa Schoningen  ? Album mit Bildern
Commons : Villa Schoningen  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Ludwig Persius: Architektonische Entwurfe fur den Umbau vorhandener Gebaude. Auf Allerhochsten Befehl Seiner Majestat des Konigs von Preussen herausgegeben von Persius . 3. Lieferung: Die Villa Schoningen an der Glienicker Brucke . Potsdam 1845, o. S.
  2. Brandenburgisches Landeshauptarchiv , Grundbucharchiv Potsdam, Grundakte betr. das zu Potsdam gelegene, im Grundbuche von Potsdam Bd. 31, Bl. Nr. 1596 (vorm.: Berliner Vorstadt, Bd. 2, Bl. Nr. 82) verz. Grundstuck
  3. a b c Dopfner, Maculan: Villa Schoningen an der Glienicker Brucke , S. 120.
  4. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA, Rep. 89 Geheimes Civil-Cabinet, Nr. 28684, Bl. 1
  5. a b Ludwig Persius: Architektonische Entwurfe fur den Umbau vorhandener Gebaude. Auf Allerhochsten Befehl Seiner Majestat des Konigs von Preußen herausgegeben von Persius . 1. Lieferung: Das konigl. Civil-Cabinetshaus b. Sanssouci . 2. Lieferung: Die Hofgartner Sello’sche Dienstwohnung zu Sanssouci . Potsdam 1843, S. 5.
  6. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA, Rep. 89, Geheimes Civil-Cabinet, Nr. 28684, Bl. 69
  7. Eva Borsch-Supan (Hrsg.): Ludwig Persius. Das Tagebuch des Architekten Friedrich Wilhelms IV. 1840-1845 . Munchen 1980 (Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 51, fol. 79)
  8. Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 2 A Regierung Potsdam I HB, Nr. 1116, Bl. 197
  9. Stadtverwaltung Potsdam, Grundbucharchiv, Grundakte betr. das zu Potsdam gelegene, im Grundbuch von Potsdam Band 31, Bl. 1596 verz. Grundstuck, Bl. 4
  10. Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 2 A Regierung Potsdam I HB, Nr. 1122, Bl. 49/50
  11. Jorg Limberg: Villa Schoningen . In: Stiftung Preußische Schlosser und Garten Berlin-Brandenburg (Hrsg.): Ludwig Persius. Architekturfuhrer . Potsdam 2003, S. 70.
  12. a b Dopfner, Maculan: Villa Schoningen an der Glienicker Brucke , S. 121.
  13. Katie Hafner: Das Haus an der Brucke. S. 213.
  14. Katie Hafner: Das Haus an der Brucke. S. 59.
  15. Katie Hafner: Das Haus an der Brucke. S. 145.
  16. Katie Hafner: Das Haus an der Brucke. S. 87.
  17. Katie Hafner: Das Haus an der Brucke. S. 92.
  18. Katie Hafner: Das Haus an der Brucke. S. 208.
  19. Katie Hafner: Das Haus an der Brucke. S. 221.
  20. Katie Hafner: Das Haus an der Brucke. S. 185.
  21. Katie Hafner: Das Haus an der Brucke. S. 223.
  22. Die gesamte Grundstucksflache von rund 7.400 m² ergibt sich aus dem Flurstuck 197 (historisches Villa-Schoningen-Grundstuck) mit rund 2.500 m² sowie den spater zugekauften Flurstucken 198 und 202 mit zusammen rund 4.900 m². Bebauungsplan Nr. 35?3 ?Schwanenallee/Berliner Straße“ der Landeshauptstadt Potsdam vom 27. Mai 2008, S. 16.
  23. Sabine Schicketanz : Villa Schoningen wird Kulturzentrum . In: Potsdam am Sonntag vom 8. April 2007, S. 5, hrsg. von der Potsdamer Zeitungsverlagsgesellschaft mbH & Co., Potsdam und Katrin Lange: Villa Schoningen wird kulturelles Zentrum . In: Welt online am 2. April 2007.
  24. Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel anlasslich der Eroffnung des Freiheitsmuseums ?Villa Schoningen“ . bundesregierung.de, 8. November 2009, abgerufen am 19. April 2023.
  25. Markische Allgemeine ( Memento vom 14. Marz 2012 im Internet Archive ) vom 9. November 2009, abgerufen am 6. Dezember 2015.
  26. Harry Nehls: Die Minervastatue der Villa Schoningen. In: SPSG (Hrsg.): Jahrbuch 2003 , S. 49.
  27. Klaus Kurvers: Der Umbau vorhandener Gebaude zur Verschonerung der Landschaft. Theorie und Praxis eines ≫romantischen Funktionalismus≪ am Beispiel der Villa Schoningen . In: SPSG (Hrsg.): Ludwig Persius. Architekt des Konigs . Potsdam 2003, S. 54.

Koordinaten: 52° 24′ 48,8″  N , 13° 5′ 15,7″  O