Vierter Sachstandsbericht des IPCC

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Der Vierte Sachstandsbericht ( englisch Fourth Assessment Report , AR4 ) des Zwischenstaatlichen Ausschusses fur Klimaanderungen ( Intergovernmental Panel on Climate Change , IPCC) der Vereinten Nationen erschien im Jahr 2007. Die IPCC-Berichte, die den wissenschaftlichen Kenntnisstand uber den Klimawandel und insbesondere die globale Erwarmung zusammenfassen, werden im Abstand von funf bis sechs Jahren veroffentlicht. Sie gelten weithin als Konsensposition innerhalb der klimatologischen Fachwelt, was den Einfluss des Menschen auf das Erdklima betrifft. Die ersten drei Berichte erschienen 1990, 1995 und 2001 ( Dritter Sachstandsbericht, Third Assessment Report, TAR ). Der aktuelle Bericht ist der Sechste Sachstandsbericht des IPCC aus den Jahren 2021 und 2022 [1] .

Am 2. Februar 2007 wurde die Zusammenfassung fur politische Entscheidungstrager (Summary for Policymakers) der Arbeitsgruppe I (Working Group I) uber die ?Wissenschaftlichen Grundlagen“ (Physical Science Basis) im Anschluss an eine Plenarsitzung des IPCC in Paris veroffentlicht. Die Zusammenfassung des Berichts der Arbeitsgruppe II uber ?Auswirkungen, Anpassung und Verwundbarkeiten“ (Impacts, Adaptation and Vulnerability) folgte am 6. April, die der Arbeitsgruppe III uber die ?Verminderung des Klimawandels“ (Mitigation of Climate Change) am 4. Mai 2007. Eine Zusammenfassung des Gesamtberichts (?Syntheseband“) ist am 17. November 2007 erschienen.

Insgesamt waren an der Erstellung des Berichtes mehr als 800 Wissenschaftler und ca. 1.000 wissenschaftliche Gutachter aus ca. 130 Staaten beteiligt. [2]

Einige geschatzte Mittelwerte fur die Erwarmung der Erdoberflache bis 2100

Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen

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Arbeitsgruppe I: ?Wissenschaftliche Grundlagen“

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Uberblick uber die Herkunft der Mitwirkenden der Arbeitsgruppe 1 am Vierten Sachstandsbericht des IPCC
Die Antreiber der globalen Erwarmung seit 1750 und ihr Nettoeffekt auf den Warmehaushalt der Erde in der Analyse des Vierten IPCC-Sachstandsberichts
Vergleich von beobachteten CO 2 -Emissionen durch fossile Brennstoffe und den IPCC Szenarien
Die vier Szenariofamilien [3] [4] [5] [6] des Fourth Assessment Report des IPCC und die prognostizierte Erhohung der globalen Durchschnittstemperatur bis 2100
AR4 Summary (PDF; 3,9 MB) Wirtschaftsorientiert
(okonomisch ausgerichtet)
Umweltorientiert
(okologisch ausgerichtet)
Globalisierung
(homogene Welt)
A1
Hohes Wachstum
(Gruppen: A1T; A1B; A1FI)
2,4?6,4 °C
B1
Globale Nachhaltigkeit
   
1,1?2,9 °C
Regionalisierung
(heterogene Welt)
A2
Regionale
Wirtschaftsentwicklung

2,0?5,4 °C
B2
Regionale
Nachhaltigkeit

1,4?3,8 °C
Erwarmung der Welt von 1980?1999 bis 2090?2099 gemaß dem A1B-Szenario

Der Bericht der Arbeitsgruppe I beschaftigt sich mit den physikalischen Grundlagen des Klimawandels. Er gibt einen Uberblick uber das Mitte 2006 vorherrschende Verstandnis der Naturwissenschaften, wie es aus der diesbezuglichen wissenschaftlichen Literatur hervorgeht. Dabei werden in elf Kapiteln unter anderem die Veranderungen der atmospharischen Zusammensetzung, das Wissen bezuglicher vergangener Klimaanderungen ( Palaoklima ), Klimamodelle und ihre Vorhersagen, die beobachteten Veranderungen in der Natur aufgrund der globalen Erwarmung sowie die Bestimmung der dahinter liegenden Klimafaktoren behandelt.

Insgesamt arbeiteten an diesem Teilbericht 1043 verschiedene Wissenschaftler aus 48 verschiedenen Landern und 7 volkerrechtlichen Organisationen mit. Darunter befinden sich 152 Leitautoren, 498 mitwirkende Autoren, 26 Review-Editoren und 626 Reviewer, wobei manche Personen in mehreren Kapiteln unter verschiedenen Rollen mitgewirkt haben. Insgesamt wurden von den Autoren und Editoren uber 6.000 peer-reviewte Fachartikel zitiert und mehr als 30.000 Kommentare der Reviewer berucksichtigt. Die Zusammenfassung fur politische Entscheidungstrager wurden von den Regierungen von 113 Staaten gebilligt. [7]

Der Bericht unterstreicht verstarkt die Rolle des Menschen in der gegenwartig beobachtbaren Klimaveranderung . Die Energiebilanz des Klimasystems wird durch Anderungen der Konzentration von Treibhausgasen und Aerosolen in der Atmosphare, der Beschaffenheit der Landoberflache und der Sonneneinstrahlung verandert. Die quantitativen Abschatzungen des jeweiligen Einflusses (siehe Abbildung) haben sich gegenuber dem Dritten Sachstandsbericht verbessert. Wichtigste Ursache der Erderwarmung sind mit einer angegebenen Wahrscheinlichkeit von uber 90 Prozent ?sehr wahrscheinlich“ die menschlichen Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO 2 ); gefolgt von den weniger bedeutenden Gasen Methan (CH 4 ), Lachgas (N 2 O) und weiteren. Hinzu kommen weitere Faktoren mit geringerer Bedeutung, darunter die naturliche Schwankung der Sonnenaktivitat .

Die Durchschnittstemperatur der erdnahen Atmosphare [8] ist im hundertjahrigen linearen Trend zwischen 1906 und 2005 um 0,74 °C (± 0,18 °C) angestiegen (der entsprechende Wert aus dem Dritten Sachstandsbericht fur den Zeitraum 1901?2000 lag noch bei 0,6 °C (± 0,2 °C)). Elf der letzten zwolf Jahre (die Jahre 1995?2006) gehoren zu den zwolf warmsten seit Beginn der flachendeckenden Temperaturmessungen im Jahr 1850. Der Trend der vergangenen 50 Jahre liegt mit einer gemessenen Erwarmung um 0,13 °C (± 0,03 °C) pro Jahrzehnt nahezu doppelt so hoch wie fur die letzten 100 Jahre.

Zu den mit diesem Temperaturanstieg verbundenen Folgen der globalen Erwarmung , die der Bericht auflistet, gehoren unter anderem ein Anstieg des Meeresspiegels im 20. Jahrhundert um 17 Zentimeter ? seit 1993 sogar um 3,1 Millimeter pro Jahr; schmelzende Gletscher , die Verringerung der schneebedeckten Erdoberflache um 5 Prozent seit 1980, der in den letzten Jahren deutlich beschleunigte Ruckgang des Meereises; haufigere Starkregen; zunehmende Regenfalle in Nordeuropa und im ostlichen Nord- und Sudamerika; zunehmende Trockenheit im Mittelmeerraum , in der Sahel, in Sudafrika und Teilen Sudasiens; zunehmende Hitzewellen und heftigere tropische Sturme.

Fur die Zukunft wird eine weiter ansteigende globale Erwarmung erwartet, fur deren Bandbreite verschiedene Szenarien aufgestellt werden, die mit unterschiedlichen Annahmen wie Bevolkerungsentwicklung oder Wirtschaftswachstum operieren. Die resultierenden Emissionsszenarien lassen sich einer der vier charakteristischen Szenario-Familien A1, B1, A2, B2 zuordnen. Die Buchstaben und Ziffern bezeichnen dabei die Szenarienfamilien: Der Buchstabe A bezeichnet wirtschaftsorientierte Szenarien, der Buchstabe B umweltorientierte Szenarien, die Ziffer 1 Szenarien mit einer Fokussierung auf globaler Entwicklung und die Ziffer 2 Szenarien mit einer Fokussierung auf regionale Entwicklung. Siehe dazu auch die nebenstehende Tabelle, die die Kombinationen dieser Szenarienfamilien darstellt.

Die A1-Szenarien-Familie ist unterteilt in die nachstehend genannten drei Szenario-Gruppen, die unterschiedliche Ausrichtungen technologischer Anderungen im Energiesektor beschreiben:

  1. Szenario-Gruppe A1FI =  f ossil i ntensiv ;
  2. Szenario-Gruppe A1T = nichtfossile Energiequellen;
  3. Szenario-Gruppe A1B = ( b alanced) ausgewogene Nutzung fossiler und nichtfossiler Energiequellen. [5] [6]

Im gunstigsten Szenario B1 betragt der Anstieg der Durchschnittstemperatur bis zur Dekade 2090?2100 1,8 °C (mit einer wahrscheinlichen Bandbreite von 1,1?2,9 °C), im ungunstigsten Fall A1FI 4,0 °C (2,4?6,4 °C). In hoheren Breiten wird die Temperatur voraussichtlich starker steigen als in Aquatornahe.

Der Meeresspiegel steigt gemaß den zugrunde gelegten Szenarien bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um mindestens 18?38 cm und um hochstens 26?59 cm, wobei einige komplizierte Annahmen uber das kunftige Verhalten von Eisschilden zugrunde gelegt wurden. [9] Der Bericht weist ausdrucklich darauf hin, dass die zurzeit verwendeten Modelle die vollen Auswirkungen der Anderungen der Eisschildflusse wie auch Unsicherheiten in der Klima-Kohlenstoffkreislauf-Ruckkoppelung nicht einschließen, da zur Zeit der Berichterstellung entsprechende Grundlagen in der publizierten Literatur fehlten. Ein hoherer Anstieg des Meeresspiegels kann daher nicht ausgeschlossen werden.

Arbeitsgruppe II: ?Auswirkungen, Anpassung, Verwundbarkeiten“

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Arbeitsgruppe II stellte den aktuellen Stand der Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Klimaveranderungen zusammen. Diese umfassen sowohl die bereits heute erkennbaren Auswirkungen auf die Umwelt als auch zu erwartende kunftige Auswirkungen.

Bereits heute sind zahlreiche Auswirkungen erkennbar. Zu diesen gehoren der Ruckgang der Eis- und Schneedecke in den kalten Regionen der Erde, wodurch Gletscherseen zahlreicher und großer werden und von Gletschern gespeiste Flusse mehr Wasser fuhren. Der Fruhling (und mit ihm Ereignisse wie Blattentfaltung und Vogelzug) beginnt immer fruher; die Verbreitungsgebiete von Tier- und Pflanzenarten verschieben sich polwarts bzw. in hohere Lagen der Berge. Von den 29.000 ausgewerteten Datenreihen weisen uber 89 Prozent ein Ergebnis auf, das man bei einer Klimaerwarmung erwarten wurde; Veranderungen haufen sich dort, wo die Temperaturen sich am starksten erhoht haben. Daher gelten naturliche Ursachen fur die Anderungen als sehr unwahrscheinlich (Wahrscheinlichkeit < 10 Prozent).

Gegenuber dem Dritten Sachstandsbericht haben auch die Kenntnisse uber kunftige Auswirkungen des Klimawandels zugenommen. Erwartet wird, dass es in hohen Breiten und feuchten tropischen Gebieten mehr Niederschlage gibt; in trockenen Regionen dagegen weniger. Sowohl Uberschwemmungen durch Starkregen als auch Durreperioden werden zunehmen. Dadurch wird die Anpassungsfahigkeit vieler Okosysteme uberfordert; die Schadigungen werden negative Auswirkungen auf Biodiversitat und die von den Okosystemen erbrachten Dienstleistungen (wie zum Beispiel Wasserversorgung) haben. Durren und Uberschwemmungen werden vor allem in niedrigen Breiten die Nahrungsmittelproduktion reduzieren, dadurch kommt es etwa in Afrika und manchen Regionen Asiens zu zunehmendem Hunger. Besonderen Risiken werden auch die Kusten und die Kusten-Okosysteme wie Mangroven ausgesetzt sein. Von Fluten aufgrund des ansteigenden Meeresspiegels werden Millionen Menschen betroffen sein, insbesondere in den Großdeltas Afrikas und Asiens und auf kleinen Inseln. Die menschliche Gesundheit wird auch direkt betroffen sein, etwa durch zunehmende Durchfallserkrankungen infolge von Uberschwemmungen und die Ausbreitung von Krankheitserregern.

Die regionale Verteilung der Auswirkungen ist ebenfalls besser bekannt. Besonders betroffen werden Afrika und Asien sein, zumal in den armen Landern die Mittel fur Schutzmaßnahmen fehlen. Afrika wird besonders unter Nahrungsmangel, Asien unter Uberflutungen in den großen Flussdeltas leiden.

Anpassungsmaßnahmen sind auch bei bestem Klimaschutz unverzichtbar, da die bereits freigesetzten Treibhausgase im nachsten Jahrhundert noch zu einer weiteren Erwarmung um 0,6 °C fuhren werden. Das Spektrum der Maßnahmen reicht von technologischen Maßnahmen (etwa Bauwerken zum Kustenschutz) uber Verhaltensanderungen (etwa ressourcenschonender Konsum) bis zu politischen Maßnahmen (etwa Planungsentscheidungen); alleine werden Maßnahmen zur Anpassung aber die Auswirkungen des Klimawandels nicht beherrschen konnen.

Arbeitsgruppe III: ?Verminderung des Klimawandels“

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Arbeitsgruppe III hat den aktuellen Stand der Forschung zu technischen, wirtschaftlichen und sozialen Aspekten des Klimaschutzes zusammengefasst. Dabei geht es im Wesentlichen um das technische und wirtschaftliche Potential zu Emissionsminderungen, um mogliche politische Maßnahmen zum Klimaschutz und um den Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und Klimaschutz.

Die Emissionen an Treibhausgasen sind zwischen 1970 und 2004 um 70 Prozent gestiegen; die des wichtigsten Treibhausgases, Kohlendioxid, um etwa 80 Prozent. Den hochsten Anteil an diesem Anstieg hatten die Energieversorgung (+ 145 Prozent) und der Verkehr (+120 Prozent). Wenn die gegenwartige Politik nicht geandert wird, konnen wir bis 2030 ? je nach Annahme uber Wirtschafts- und Technologieentwicklung ? mit einem weiteren Anstieg um 25 bis 90 Prozent rechnen (fur Kohlendioxid sogar um 45 bis 110 Prozent).

Es gibt jedoch eine ganze Reihe von wirtschaftlichen Maßnahmen, die den Ausstoß an Treibhausgasen verringern konnten. Welche Maßnahmen wirtschaftlich sind, hangt davon ab, welchen Preis man einer Tonne Kohlendioxid zumisst; 6 Milliarden Tonnen Kohlendioxid ließen sich bis 2030 sogar durch Maßnahmen einsparen, die gleichzeitig Geld sparen. Es ist ein ganzes Bundel von Maßnahmen notig, um den Ausstoß an Treibhausgasen zu vermindern. Die eine Schlusselmaßnahme oder -technologie gibt es nicht. Ein Kernbereich ist dabei die effiziente Energieerzeugung, -verteilung und -nutzung; etwa durch Kraft-Warme-Kopplung , erneuerbare Energiequellen , Ersatz von Kohle durch Gas, effizientere Fahrzeuge, Beleuchtung und Stromnutzung, bessere Warmedammung und Warmeruckgewinnung; aber dazu gehoren auch Maßnahmen wie die Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene, verbesserte Nutzung von Stickstoffdunger und bessere Methoden zum Reisanbau in der Landwirtschaft und (Wieder-)Aufforstung und Nutzung von Forstprodukten als Ersatz fur fossile Brennstoffe. Der Ausbau der Atomenergie wird nach Ansicht des IPCC aufgrund von Sicherheitsbedenken, der Gefahr der Verbreitung von Atomwaffen und des ungelosten Abfallproblems beschrankt bleiben.

Weitere Technologien werden in den nachsten Jahrzehnten marktfahig werden, etwa Biotreibstoffe der zweiten Generation, preiswertere solare Stromerzeugung und bessere erneuerbare Energiequellen. Die Maßnahmen, mit denen die Konzentration an Treibhausgasen auf einem Niveau begrenzt wurden, das die Temperatur um hochstens 2 bis 2,4 °C ansteigen lassen wurde, wurden im teuersten Fall das jahrliche weltweite Wirtschaftswachstum um 0,12 Prozent reduzieren ? allerdings mit erheblichen regionalen Unterschieden. Diesen Kosten stehen die Folgekosten des Klimawandels und weiterer Nutzen, zum Beispiel geringere Luftverschmutzung, gegenuber. Um dieses Ziel noch zu erreichen, musste die Wende bei der Emission von Treibhausgasen bis spatestens zum Jahr 2015 eingeleitet werden.

Bis zum Jahr 2050 mussten die Emissionen an Treibhausgasen um 50 bis 80 Prozent sinken, wenn der Temperaturanstieg bei 2 bis 2,4 °C begrenzt werden soll. Neben Energieeffizienz spielen dann vor allem kohlenstofffreie Energiequellen und die Abscheidung von Kohlendioxid aus den Abgasen von Kraftwerken eine Rolle; die Kosten entsprachen auch langfristig den oben genannten 0,12 Prozent des Wirtschaftswachstums.

Das wichtigste Instrument der Klimapolitik ist fur den IPCC ein Preis fur den Ausstoß von Treibhausgasen - siehe Emissionsrechtehandel . Bereits ein Preis von 20 bis 50 US-Dollar pro Tonne wurde viele Maßnahmen zum Klimaschutz wirtschaftlich machen; Subventionen fur fossile Brennstoffe sind fur den Klimaschutz dagegen schadlich. Regierungen konnten mit Steuererleichterungen oder strengen Standards die effiziente Energienutzung fordern; Technologietransfer hilft, auch anderen Landern die Nutzung moderner Technik zu ermoglichen.

Klimaschutz ist ein Bestandteil nachhaltiger Entwicklung; und nachhaltige Entwicklung hilft dem Klimaschutz, zum Beispiel durch den Schutz von Waldern. Mit geringeren Emissionen von Luftschadstoffen und effizienterer Energienutzung verbessert der Klimaschutz die menschliche Gesundheit und erhoht die Sicherheit der Energieversorgung. Aber es kann auch Konflikte bzw. Trade-offs zwischen Zielen geben, zum Beispiel zwischen Klimaschutz und Nachhaltigkeit (Bsp.: der Anbau von Pflanzen zur Energiegewinnung kann auf Kosten der Ernahrungssicherheit gehen). Hier sind Kompromisse notig, um Probleme zu vermeiden; Ziele mussen operationalisiert werden.

Synthesebericht

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Der Synthesebericht fasst die wesentlichen Auswertungen der einzelnen Arbeitsgruppen zusammen und bietet eine integrierte Sicht der Klimaanderungen als Schlussteil des Vierten Sachstandsberichts. Demnach sind die wichtigsten Erkenntnisse des Berichts:

An der Klimaerwarmung besteht kein Zweifel, Belege sind die steigenden Temperaturen, das weitverbreitete Schmelzen von Eis und Schnee und ein ansteigender Meeresspiegel.

Die Klimaerwarmung hat bereits erkennbare Auswirkungen auf viele naturliche Systeme, etwa den fruheren Fruhlingsbeginn oder die polwarts bzw. in hohere Lagen gerichtete Veranderung des Verbreitungsgebietes von Tier- und Pflanzenarten.

Die Ursachen fur die Klimaerwarmung liegen sehr wahrscheinlich (Wahrscheinlichkeit > 90 Prozent) in dem vom Menschen verursachten Anstieg der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphare. Die Konzentrationen von Kohlendioxid und Methan liegen nicht nur weit hoher als vor Beginn der Industrialisierung, sondern auch hoher als in den vergangenen 650.000 Jahren der Erdgeschichte. Von 1970 bis 2004 sind die Emissionen an Treibhausgasen um 70 Prozent gestiegen, die von Kohlendioxid sogar um 80 Prozent.

Bei der Fortsetzung der bisherigen Politik werden die Konzentrationen an Treibhausgasen weiter steigen. Wie stark die Konzentrationen steigen, hangt von den Annahmen uber Wirtschafts- und Technologieentwicklungen ab, die in verschiedenen Szenarien untersucht wurden. Die Bandbreite der moglichen daraus folgenden Temperaturerhohung bis Ende des 21. Jahrhunderts liegt bei 1,1 bis 6,4 °C.

Die moglichen Folgen umfassen unter anderem zunehmende Wetterextreme wie Hitzetage, Hitzewellen und Starkregen. Tropische Sturme werden heftiger; in hohen Breiten nimmt die Niederschlagsmenge zu, in niedrigen Breiten ab. Semiaride Gebiete werden unter zunehmendem Wassermangel leiden. Besonders betroffen werden Afrika (schwere Beeintrachtigungen der Landwirtschaft in vielen Landern) und Asien (Uberflutungen in den bevolkerungsreichen Großdeltas) sein.

Die Erwarmung wurde selbst bei gleichbleibenden Treibhausgas-Konzentrationen auch nach Ende des 21. Jahrhunderts weiter gehen, da einmal in Gang gesetzte Veranderungen im Klimasystem erst nach Jahrhunderten zu einem neuen Gleichgewicht finden. Dieses betrifft auch den Anstieg des Meeresspiegels, dessen langfristiger Ausmaß sich derzeit noch nicht quantifizieren lasst. Ahnliches gilt fur das mogliche Eintreten abrupter oder unumkehrbarer Folgen.

Die Anpassung an den Klimawandel muss und kann verbessert werden; Anpassung alleine wird aber nicht ausreichen, mit den Folgen zurechtzukommen, zumal die Moglichkeiten zur Anpassung regional sehr unterschiedlich sind. Gerade die am meisten betroffenen Regionen konnen sich am wenigsten schutzen.

Es bestehen aber zahlreiche Moglichkeiten, die tatsachliche Erwarmung durch Maßnahmen gegen den Klimawandel geringer als in den Szenarien berechnet zu halten. Die wichtigsten Technologien im Kampf gegen den Klimawandel sind solche zur effizienten Energienutzung und die Nutzung kohlenstoffarmerer und -freier Energiequellen. Zur Umsetzung konnen Regierungen beitragen, indem sie den Ausstoß von Treibhausgasen mit einem Preis versehen; dieser macht die notwendigen Maßnahmen eher wirtschaftlich. Die Kosten fur den Klimaschutz wurden selbst bei anspruchsvollen Zielen einer Reduktion des durchschnittlichen Wachstums um hochstens 0,12 Prozent entsprechen.

Reaktion in der Offentlichkeit

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Spiegel Online schrieb, dass durch die politische Einflussnahme der Bericht an Scharfe verloren habe. Besonders die Regierungen der USA, Chinas, Russlands und Saudi-Arabiens hatten den anthropogenen Anteil an der Erderwarmung [10] und ihre moglichen Konsequenzen [11] heruntergespielt und damit schwacher aussehen lassen als von einigen Wissenschaftlern gefordert. Laut oben erwahnten IPCC-Regeln stimmen aber die beteiligten Wissenschaftler den Anderungsvorschlagen der Regierungsdelegierten bei der Plenarsitzung zu. Zudem sind die Entwurfsfassungen der Wissenschaftler an verschiedenen Stellen dokumentiert. [12]

Befeuert durch Leugner des Klimawandels , den von diesen lancierten Hackerzwischenfall am Klimaforschungszentrum der University of East Anglia und durch die Fehler im Berichtsteil zu Auswirkungen, Anpassung und Verwundbarkeiten gerieten die Klimaforschung, der IPCC und sein Vierter Sachstandsbericht besonders im Jahr 2010 in die Kritik der Offentlichkeit. [13] Mehrere Untersuchungen verschiedener Institutionen ergaben keinen Hinweis auf wissenschaftliches Fehlverhalten. [14] [15] [16] [17] Die grundsatzlichen Aussagen des IPCC zum Klimawandel waren von den Vorwurfen nicht betroffen und wurden vom nachfolgenden Funften IPCC-Sachstandsberichts nochmals bestatigt [18] .

Fehler im Berichtsteil zu Auswirkungen, Anpassung und Verwundbarkeiten

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Im Januar 2010 stellte sich heraus, dass eine Angabe zur Schmelze der Gletscher im Himalaya im Berichtsteil der Arbeitsgruppe II fehlerhaft ist. Im IPCC-Bericht stand, dass die Gletscher im Himalaya bis 2035 komplett abschmelzen wurden. Als Quelle diente eine Studie aus den 1990er Jahren, die angab, dass nichtpolare Gletscher bis 2350 abschmelzen wurden. Ein niederlandischer Journalist fand im selben Monat zudem einen zweiten Fehler: Die Flache, die in den Niederlanden durch den steigenden Meeresspiegel bedroht sei (26 %), wurde mit 55 % als zu hoch angegeben, da das Uberschwemmungsrisiko durch Rhein und Maas (29 %) miteingerechnet wurde. Fur diesen Fehler ubernahm allerdings die niederlandische Umweltbehorde PBL die Verantwortung. Sie hatte dem IPCC den Text gesandt, aus dem die fehlerhafte Angabe stammte. Die PBL betonte ausdrucklich, dass man den IPCC-Leitautoren keinerlei Vorwurf dafur machen konne, dass sie sich auf die Angaben der Behorde verließen. [19]

Die niederlandische Umweltministerin Jacqueline Cramer beauftragte nach einer parlamentarischen Debatte am 29. Januar die PBL, eine umfassende Beurteilung der (im Synthesebericht aufgefuhrten) 32 Schlussfolgerungen zu den regionalen Auswirkungen der globalen Erwarmung und der zugrunde liegenden Kapitel der Arbeitsgruppe II vorzunehmen. Der am 5. Juli 2010 veroffentlichte PBL-Bericht kam zu dem Ergebnis, dass die Schlussfolgerungen im Synthesebericht nicht durch gefundene Fehler untergraben wurden. Allerdings enthielten mehrere Schlussfolgerungen Aussagen, die keine Grundlage in den Kapiteln oder den dort zitierten Quellen hatten. Auch seien vereinzelt unzulassige Generalisierungen sowie mangelnde Transparenz und Glaubwurdigkeit von Quellen aufgetreten. So schloss der IPCC von rucklaufigen Ertragen bei Hirse , Erdnuss und Augenbohne im Niger auf rucklaufige Ertrage von Nutzpflanzen in der Sahelzone , und von rucklaufiger Rinderproduktivitat in Argentinien auf rucklaufige Nutztierproduktivitat in Sudamerika . Insgesamt wurden leichte Mangel bei funf, und schwere Mangel bei drei der 32 Schlussfolgerungen festgestellt. [19]

Bei der Analyse der einzelnen Kapitel zu den regionalen Auswirkungen wurde zusatzlich zu den das Himalaya und die Niederlande betreffenden Fehlern ein weiterer Fehler gefunden: Im IPCC-Bericht steht, dass die Produktivitat westafrikanischer Sardellenfischereien um 50?60 % reduziert werden konnte. In der vom IPCC hierzu zitierten Quelle steht hingegen, dass extreme Wind- und Wasserturbulenzen um 50?60 % abnehmen wurden; Auswirkungen auf die Produktivitat von Sardellenfischereien wurden nicht quantifiziert. Neben sechs weiteren kleineren Fehlern und Ungenauigkeiten in den Aussagen kam der PBL-Bericht zu einigen kritischen Kommentaren bezuglich der Darstellungen einzelner Angelegenheiten. So wird beispielsweise kritisiert, dass bei prognostizierten zusatzlichen Todesfallen durch Hitze in Australien nicht die Auswirkung der globalen Erwarmung genannt wurde- den zugrunde liegenden Prognosen zufolge wird ein deutlicher Anteil dieser Todesfalle durch demographische Entwicklungen allein verursacht. [19]

Der PBL-Bericht kam insgesamt zu dem Ergebnis, dass die Schlussfolgerungen des Vierten IPCC-Sachstandsberichts weiterhin zulassig und insgesamt gut begrundet seien. Neben den Fehlern wurde bemangelt, dass in der Zusammenfassung der Ergebnisse der Arbeitsgruppe II im Synthesebericht negative Prognosen herausgepickt und positive Prognosen nicht genannt worden seien, ohne dieses ?risikoorientierte“ Auswahlverfahren ausreichend zu verdeutlichen. [19]

  • Harald Kohl: Der Mensch andert das Klima - Vierter Sachstandsbericht des IPCC. Physik in unserer Zeit 39(4), S. 176?182 (2008), ISSN   0031-9252 .

Einzelnachweise

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  1. Sechster IPCC-Sachstandsbericht ? AR6 - de-IPCC. Abgerufen am 1. August 2022 .
  2. Naomi Oreskes , Erik M. Conway : Challenging Knowledge. How Climate Science Became a Victim of the Cold War , in: Robert N. Proctor , Londa Schiebinger (Hrsgs.), Agnotology. The Making & Unmaking of Ignorance . Stanford University Press 2008, 55?89, S. 57.
  3. In Anlehnung an: Petra Doll, Dagmar Fuhr, Joachim Herfort, Annekathrin Jaeger, Andreas Printz, Susanne Voerkelius: Wasserverfugbarkeit sowie okologische, klimatische und soziookonomische Wechselwirkungen im semiariden Nordosten Brasiliens . Verbundprojekt WAVES, Statusbericht der ersten Hauptphase, Teilprojektubergreifende Arbeitsgruppe Szenarien, Szenarien der zukunftigen Entwicklung in Piaui und Ceara, 15. Februar 2000, PDF-Datei (932 kB), Seite 17
  4. Vgl. Grundannahmen der SRES-Szenarien, Seite 106 ff. in: WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveranderungen): Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit , 21. Marz 2003 (PDF-Datei, etwa 3,9 MB)
  5. a b IPCC Special Report on Emissions Scenarios (SRES): Chapter 4: An Overview of Scenarios ( Memento vom 29. Marz 2016 im Internet Archive )
  6. a b IPCC Fourth Assessment Report (AR4), Climate Change 2007, WG I: Zusammenfassung fur politische Entscheidungstrager ? Klimaanderung 2007: Wissenschaftliche Grundlagen ( Memento vom 1. August 2012 im Internet Archive ) (Seite 18 von 18; PDF; 2,7 MB)
  7. IPCC Working Group 1: WG1 Summary Description. Dezember 2009, archiviert vom Original am 22. Juni 2016 ; abgerufen am 8. Dezember 2011 (englisch).
  8. P.D. Jones, M. New, D. E. Parker, S. Martin, and I. G. Rigor: SURFACE AIR TEMPERATURE AND ITS CHANGES OVER THE PAST 150 YEARS, Reviews of Geophysics , 37, 2/ May 1999 pages 173?199 (PDF-Datei, 28 Seiten; 7,8 MB) ( Memento vom 16. Juli 2010 im Internet Archive )
  9. Rahmstorf, Stefan (2007): The IPCC sea level numbers , veroffentlicht am 27. Marz bei RealClimate
  10. Spiegel Online: Wie die Politik den Klimabericht beeinflusst hat vom 2. Februar 2007
  11. Spiegel Online: Bush lasst Uno-Klimabericht entscharfen vom 6. April 2007, und Grabenkampfe um bunte Landkarten vom 4. April 2007
  12. Beispielsweise in der Materialsammlung ( Memento vom 27. April 2010 im Internet Archive ) in Harvard
  13. Die Gehilfen des Zweifels - Vor dem Klimagipfel in Cancun: Vor allem die Leugner des Klimawandels spurten im vergangenen Jahr Aufwind. Die Wissenschaft muss mehr denn je uberzeugen. Von Benjamin Reuter und Toralf Staud. In DIE ZEIT Nr. 48/2010 vom 25. November 2010, http://www.zeit.de/2010/48/U-Klimaskeptiker abgerufen am 29. Dezember 2016.
  14. A poor sequel (Editorial) . In: Nature 480, 6, (2011), doi:10.1038/480006a .
  15. Raghu Garud et al., Boundaries, breaches, and bridges: The case of Climategate . In: Research Policy 43, (2014), 60?73, doi:10.1016/j.respol.2013.07.007 .
  16. Myanna Lahsen, Climategate: the role of the social sciences . In: Climatic Change 19, (2013), 547?558, doi:10.1007/s10584-013-0711-x .
  17. klimafakten.de (2011): Mehrere Untersuchungen sprachen die Forscher von Betrugsvorwurfen frei
  18. http://www.ipcc.ch/report/ar5/mindex.shtml
  19. a b c d PBL (2010): Assessing an IPCC assessment. An analysis of statements on projected regional impacts in the 2007 report ; Zusammenfassung ( Memento des Originals vom 5. Juli 2010 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.pbl.nl und ausfuhrlicher Bericht ( Memento des Originals vom 22. April 2015 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.pbl.nl (PDF; 1,87 MB)