Vergil

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Darstellung von Vergil in einem Mosaik aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. in Trier

Publius Vergilius Maro , deutsch gewohnlich Vergil , spatantik und mittellateinisch Virgilius und spater im Deutschen auch Virgil (* 15. Oktober 70 v. Chr. bei Mantua ; † 21. September 19 v. Chr. in Brindisi ) war ein romischer Dichter und Epiker , der wahrend der Zeit der Romischen Burgerkriege und des Prinzipats des Octavian (ab 27 v. Chr. Augustus ) lebte. Er gilt als wichtigster Autor der klassischen romischen Antike und ist ein Klassiker der lateinischen Schullekture. Neben Horaz und Lucius Varius Rufus , mit denen zusammen er zum Kreis des Gaius Maecenas gehorte, sowie den Elegikern Gaius Cornelius Gallus , Properz und Tibull durfte Vergil bereits unter Zeitgenossen zu den bekanntesten Dichtern der ? augusteischen Literatur “ gezahlt haben. Seine Werke, die Eclogae (auch Bucolica ), die Georgica und die Aeneis und deren Gedanken revolutionierten die lateinische Dichtung und sind kurz nach seinem Tode immer wieder abgeschrieben, herausgegeben, kommentiert und intertextuell verarbeitet worden.

Das Epos Aeneis liefert den Grundungsmythos bzw. die Vorgeschichte zur Grundung der Stadt Rom unter Verarbeitung der mythologischen Stoffe aus den homerischen Epen Ilias und Odyssee . Die Aeneis loste damit die Annales des Quintus Ennius quasi als romisches Nationalepos ab.

Uberblick [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

So vielfaltig und so spektakular die Legendenbildungen um die Vita des eher zuruckgezogen lebenden Dichters Vergil bereits zu seinen Lebzeiten waren (und dann besonders in den spatantiken Viten) [1] , so wenig Gesichertes ist von seinem Leben bekannt. Zahlreiche Ruckschlusse auf Vergils Leben stammen aus Andeutungen in seinen eigenen Werken. Diese losen Fakten jedoch im Lichte seiner Werke zu interpretieren ware ein Zirkelschluss. Aus der Spatantike sind eine Reihe von Vergilviten erhalten, darunter kleinere Passagen im Vergilkommentar des Grammatikers Maurus Servius Honoratus und die Vita Donati , die in ihren Angaben auf die Vita Vergili des romischen Archivars Gaius Suetonius Tranquillus und einige weitere gemeinsame Quellen, die nicht mehr erhalten sind, zuruckgehen konnte. Das Grabepigramm an der Via Puteolana zwischen Neapel und Puteoli , ein elegisches Distichon , das Vergils Leben und Werk gleichermaßen bedenkt, betont eindrucklich die gesamtitalischen Verdienste des Dichters:

Mantua me genuit, Calabri rapuere, tenet nunc
Parthenope; cecini pascua, rura, duces. [2]
Mantua brachte mich hervor, Kalabrien raffte mich hinweg, nun birgt mich
Neapel. Ich besang Weiden, Felder, Herrscher.

Die Stationen seiner Werke, die er in mehr oder weniger gesicherter zeitlicher Abfolge schrieb, geben zugleich die Stationen seines Lebens wieder, die sich uber ganz Italien erstrecken. Wahrend er die Kindheit und Jugend im Norden (Mantua und Poebene) verbrachte und im Suden Italiens starb, [3] wirkte und wirkt er weiter im Herzen Italiens, in seinem Wohnsitz Neapel. [4]

Werke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Mosaik aus Hadrumetum im Nationalmuseum von Bardo ( Tunesien ), spates 2./fruhes 3. Jahrhundert: Vergil bei der Abfassung der Aeneis, neben ihm die Musen Klio und Melpomene , auf seinem Schoß eine Schriftrolle mit Vers 8 der Aeneis, der sich an den Beginn der Odyssee anlehnt

Vergil fuhrte die lateinische Sprache zu einer neuen Blute. Er schrieb wie sein Vorganger Quintus Ennius ein Epos mit uber 12.000 Versen, wobei er in den Gestaltungsprinzipien der Tradition der alexandrinischen und neoterischen Dichtung folgte. Als poeta doctus (?gelehrter Dichter“) arbeitete er cum lima (?mit der Feile“) an seinen Werken und ubersate sie mit Anspielungen auf seine Vorganger. Quintilian berichtet nach Aussagen des Lucius Varius Rufus , Vergil habe nur wenige Verse am Tag geschrieben, die er meist morgens verfasste, um sie am Nachmittag durchzusehen und am Abend wieder zusammenzustreichen. [5] Er war in den unterschiedlichen philosophischen Lehren ebenso versiert wie in der Mythologie und den literarischen Gattungen, in denen seine Vorganger geschrieben hatten.

Vergils Werke boten zahlreichen spateren Stromungen aus Kunst und Literatur Vorlagen und einen reichen Ideenfundus. Ein beruhmtes Beispiel ist der 69. Vers der zehnten Ekloge Omnia vincit amor, et nos cedamus amori , den Vergil zum Andenken an das Werk seines Freundes Gaius Cornelius Gallus schrieb und den sich Minnesanger des 13. und 14. Jahrhunderts zum Wahlspruch nahmen.

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Vergil wurde als Sohn der Magia Polla und des Topfers Vergilius Maro auf einem Landgut bei Mantua in Norditalien geboren. Die Lokalisierung seines Geburtsorts ist umstritten. Sie liegt mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im fruheren Pietole , wo keine Funde auf ein Landgut oder einen Besitz der Familie hindeuten. [6] Gewohnlich wird das Dorf Andes bei Mantua genannt. [7] Die nahe Verbindung zum Landleben und zur bauerlichen Welt wird spater immer wieder sein Werk beeinflussen.

Zeitgenossische Hinweise auf Vergils Jugendjahre und seine Ausbildung finden sich fast ausschließlich in seinen eigenen Werken. Die meisten Fakten stammen erst von Sueton. Nach diesem erhielt Vergil die Toga virilis zum Eintritt ins Mannesalter mit 15 Jahren. Er weilte zu dieser Zeit in Cremona in einer Rhetorenschule. [8] Eine umstrittene Frage ist, welche Rolle das Catalepton , ein ehemals Vergil zugeschriebenes Gedichtcorpus, das moglicherweise in die fruhe Kaiserzeit datiert, hierbei spielt. Die dortigen Epigramme V und VIII berichten von Vergils Abfahrt von Cremona (V) zum Landgut des Epikureers Siro (VIII) in der Nahe von Neapel . Den Epigrammen zufolge wendete er sich zu dieser Zeit von der Rhetorik ab und der Dichtung zu (den Carmina ). Die Echtheit des gesamten Gedichtcorpus ist zwar umstritten, sie datieren jedoch fruher als die Aufzeichnungen Suetons. Diese erwahnen zusatzlich zu Vergils Ausbildung in Cremona einen Aufenthalt in Mailand und anschließend 53 v. Chr. die direkte Ubersiedlung nach Rom. Sueton zufolge hat Vergil erst in dieser Zeit das Catalepton verfasst und außerdem Mathematik und Medizin studiert. [9]

Jenseits seiner fruhen Zuwendung zur Dichtung scheint Vergil rhetorisch unbegabt gewesen zu sein. Neben der Beschwerde uber den drogen Redestoff im Catalepton uberlieferte Ovid eine praefatio aus den Controversiae des Rhetoriklehrers Seneca maior , der Vergil als unbegabten Prosaiker und Redner darstellt. [10] Sueton zufolge ubte Vergil sich nach den Angaben eines Melissus einmal als Redner vor Gericht und sprach dort sehr langsam, fast wie ein Ungebildeter. [11]

Zu Beginn der 40er Jahre des 1. Jahrhunderts v. Chr. weilte Vergil in Rom und Neapel, von wo aus er sein fruhestes Werk, die Eklogen verfasste. Es ist moglich, dass er zu dieser Zeit engere Verbindungen zu neoterischen Dichterkreisen aufbaute, fast sicher kann eine Freundschaft mit den elegischen Dichtern Sextus Propertius und Cornelius Gallus gelten. [12] Erst in den Eklogen tauchen weitere Bekanntschaften Vergils auf, die Genaueres uber seine Stellung als Dichter in Rom verraten. Die sechste Ekloge nennt Varius Rufus und Gaius Helvius Cinna als großartige Dichter und Vorbilder. Die dritte Ekloge nennt Vergils damaligen Gonner Gaius Asinius Pollio . [13]

In der Folge der Politik des zweiten Triumvirats fuhrte Octavian, der spatere princeps , 40 v. Chr. Landenteignungen durch, die die Veteranen aus den Burgerkriegen gegen die Republikaner entschadigen sollten. Vergils Familie in Mantua war von diesen Enteignungen betroffen. Die erste Ekloge thematisiert die Betroffenheit von einer solchen Vertreibung. Wie problematisch jedoch der Bezug der Eklogen auf Vergils Erlebnisse um die Landenteignungen ist, zeigt die neunte Ekloge. Hier erhalt ein Dichter fur seine Verdienste sein enteignetes Land zuruck. Dafur, dass Octavian Vergils Familie das Land zuruckerstattet habe, fehlt jedoch jede weitere Quelle, zumal der Dichter in derselben Ekloge Mantua betrauert, wohin er danach nie wieder zuruckkehrte ( Mantua, vae miserae nimium vicina Cremonae ). [14] Die letzte Erwahnung Mantuas findet sich in den Georgica . [15]

Vergil gehorte in den 30er Jahren zu einem Dichterkreis um den Kunstforderer Gaius Maecenas , einem Offizier Octavians. Horaz erwahnt ihn neben Plotius Tucca und Varius Rufus in seinen Satiren . Varius und Vergil hatten ihn bei Maecenas vorgeschlagen. [16] Die Dichter begleiteten Maecenas oft auf Reisen und zu politischen Anlassen. Zur Ubereinkunft der beiden Triumvirn Marcus Antonius und Octavian reisten sie zusammen mit Maecenas nach Brundisium , sie wurden zu Rezitationen in sein Haus am Esquilin geladen oder machten Ausfluge zu seiner Villa in Capua . [17] Vergil schrieb zu dieser Zeit an den Georgica , seiner Schrift uber den Landbau, die Maecenas gewidmet ist. In diese Zeit fallt auch Octavians Sieg in der Schlacht bei Actium 31 v. Chr. Dieser empfing im ersten Buch der Georgica eine außerordentliche Ehrung von Vergil und einen Lobpreis auf seine Gottlichkeit. Im dritten Buch der Georgica erwahnt der Dichter, ein Epos fur die ruhmvollen Taten Octavians zu schreiben. Ob dies im direkten Zusammenhang mit der bald nach 35 v. Chr. begonnenen Aeneis steht, also die Absicht des Autors wiedergibt, ist durch fehlende Quellen nicht zu entscheiden.

Vermutetes Grab Vergils im Parco Virgiliano a Piedigrotta in Neapel

Wann Vergil die Arbeit an der Aeneis begann, ist nicht bekannt. Die Problematik bei der Datierung seiner Arbeit besteht darin, dass nach den Georgica und den Bucolica bereits die Zeitgenossen hohe Erwartungen an das Werk stellten und den Dichter in diesem Sinne stilisierten. [18] Exemplarisch verdeutlicht das das dritte Gedicht des ersten Odenbuchs von Horaz. Hier spricht der Dichter ein Schiff, das seinen Freund Vergil sicher von dessen Fahrtziel aus attischen Gefilden zuruck nach Rom leiten solle, mit den Worten an: navis, quae tibi creditum debes Vergilium: finibus Atticis reddas incolumem precor […] . [19] Wenn sich der Dichter hier auf eine reale Reise Vergils nach Athen beruft, so ist von ihr nichts weiter bekannt als das, was die Ode selbst sagt. Wenn die Ode alter datiert, konnte das Schiff genauso eine Metapher fur die Irrfahrten in den ersten sechs Buchern der Aeneis sein und die Bitte um Vergils Ruckkehr eine Bitte darum sein, dass ihm die Fertigstellung dieser Bucher leicht von der Hand gehe. Die Vita Suetons, die das Datum 31 v. Chr. nennt (ein Buch fur jedes verbleibende Jahr seines Lebens = 12 Bucher Aeneis), gibt allenfalls den ungefahren Zeitraum fur Vergils Beschlussfassung an (Ende der 30er Jahre). [20]

Die letzten Jahre Vergils sind nur in Suetons Vita dargelegt. Der Vita zufolge hatte sich Vergil Ende der 20er Jahre vorgenommen, die Arbeit an der Aeneis mit einer dreijahrigen Reise in den Osten des Romischen Reiches abzuschließen, wahrend derer er die Schauplatze der Handlung besichtigen und das Werk darauf basierend verbessern wollte. Anschließend wollte er sich zur Ruhe setzen und sein restliches Leben der Philosophie widmen. Auf dem Weg in den Osten traf er Augustus, der von seinem Sieg uber das Partherreich zuruckkehrte, und schloss sich ihm an. In Megara soll ihn ein heftiges Fieber ereilt haben und als er mit Augustus in Brundisium an der italischen Sudspitze ankam, sei er dort bald nach der Ankunft verstorben. [21] Er sei verbrannt und seine Asche nach Neapel gebracht worden, wo sie in einem Grabhugel beigesetzt wurde. Ob die Asche tatsachlich in dem heutigen Grabhugel am Fuße des Posillipo im Parco Virgiliano a Piedigrotta bei Neapel liegt, ist nicht sicher.

Uber Vergils Aussehen und seinen Charakter wird erst bei den Literaturhistorikern des 2. Jahrhunderts spekuliert. Zeitgenossische Angaben sind jedoch mit ebenso großer Vorsicht zu betrachten. Horaz erwahnt im dritten Stuck seines ersten Satirenbuchs einen Freund, der haufig an seiner Seite anzutreffen war und einen lacherlichen Anblick bot. So soll er einen bauerlichen Haarschnitt, eine ungebugelte Toga und lose Stiefel getragen haben, aber ein guter Mensch und ein aufrichtiger Freund gewesen sein. [22] Diese philosophischen Ausfuhrungen stehen im Dienst von Horaz’ Satire und hatten nicht den Zweck, den realen Zustand des Dichters detailgetreu abzubilden. Die Formulierung uber das bauerliche Auftreten Vergils hat zumindest Parallelen bei Sueton, der den Dichter ebenfalls als rusticanus , hager und braungebrannt beschrieb. Dem Biographen zufolge war er zudem fur Krankheiten leicht anfallig und hatte Magen- und Lungenprobleme. [23] Sueton beschreibt Vergil als sehr zuruckhaltenden, fast scheuen Menschen, der sich gerne vor den Geschaften aus der Stadt fluchtete.

Uber Vergils Privatleben ist wenig bekannt. Er soll zwei Guter im kalabrischen Tarent (georg. 2, 197ff.) und in Kampanien bei Neapel besessen haben. Sueton erwahnt zusatzlich ein von Maecenas geschenktes Stadthaus in Rom bei den horti Maecenati . [24] Bereits unter Zeitgenossen war Vergils eventuelle Homosexualitat und Vorliebe fur Knaben ein Thema. Properz widmete dem Hirtenjungen Alexis aus der zweiten Ekloge einige Verse in seiner zweiten Elegie, in denen er das Gluck eines Grundbesitzers besingt, der nur seinen Alexis lieben muss und nicht den Dienst der Liebe ( servitium amoris ) an einer Frau zu erfullen hat. Ahnliche Erwahnungen finden sich bei Martial und Sueton wieder. [25]

Werk [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Catalepton (Appendix Vergiliana) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Catalepton (griech. kata lepton : in feiner, zarter Manier verfasste Gedichte) sind achtzehn kurze Gedichte (14 Epigramme, drei Priapea , eine Sphragis ), die zusammen mit einigen Epyllien immer wieder mit Vergils Werken uberliefert wurden (in der Appendix Vergiliana ). Der Großteil dieser Werke gilt nach Meinung vieler moderner Forscher als nicht von Vergil verfasst. [26] Ob einzelne Gedichte des Corpus (namlich die Epigramme V und VIII) nicht doch vom Jugenddichter Vergil geschrieben sein konnten, ist indes im Urteil umstritten. Diese zwei Gedichte geben anscheinend biographische Auskunft uber Vergils Neigungen, sich von der Rhetorik abzuwenden und auf das Landgut des Epikureers Siro zu ziehen. Ein spaterer Epikureismus Vergils, ahnliche dem seines Dichterkollegen Horaz, ist jedoch aus Vergils Werken nicht ersichtlich. Die Echtheit des achten Epigramms ist umstritten, weil der Verfasser dort beklagt, dass Cremona , wo Siro angeblich sein Gutchen hatte, und Mantua von den Landenteignungen der Burgerkriege stark betroffen seien. Bereits in den 1970er Jahren wies der deutsche Altphilologe Heinrich Naumann entgegen der Meinung Buchners u. a. darauf hin, dass Vergil durch seine Lebensumstande keinen Grund gehabt habe, um Cremona zu trauern, und dies spater (zum Beispiel in den Bucolica ) auch nicht mehr getan hat. [27]

Die Epyllien und Lehrgedichte der Appendix Vergiliana gelten in der heutigen Forschung durchweg als unecht. Es sind dies:

  • die Lehrgedichte Moretum (?Das Krauterkasgedicht“, bauerliches Handkaserezept) und Aetna (uber Vulkanismus) [spates 1. Jahrhundert v. Chr. bzw. Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr.],
  • die Kurzepen Culex (?Die Mucke“) und Ciris (?Der Reiher“) [14?37 n. Chr.],
  • die Dirae (?Verwunschungen“ eines Bauern, der von seinem Gut vertriebenen wurde) [fruher Prinzipat],
  • die zwei Elegiae ad Maecenatem [unsichere Datierung],
  • die Copa (?Wirtin“) (uber eine tanzende syrische Wirtin).

Siehe auch: Appendix Vergiliana .

Eklogen (Bucolica) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Vergilius Palatinus : Vergil, Eclogae in der Handschrift Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vaticana, Palatinus lat. 1631, fol. 15v, um 500

Die Eklogen oder Bucolica sind eine Sammlung von zehn Hirtengedichten Vergils, die etwa zwischen 43 und 39 v. Chr. entstanden sind. [28] Als historischer Hintergrund erscheinen vor allem in der ersten und neunten Ekloge die Landverteilungen der Jahre 42/41 nach der Niederlage von Brutus und Cassius , den Mordern Caesars , bei denen die entlassenen Soldaten der Sieger auf enteignetem Land in Italien angesiedelt wurden. Dass auch das Landgut Vergils bei Mantua beschlagnahmt worden sei, er jedoch seinen Grundbesitz von Octavian zuruckerstattet bekommen habe, hat man bereits in der Spatantike aus dem ersten Gedicht (entstanden wohl 40 v. Chr. [29] , nach Meinung Clausens erst 35 v. Chr. [30] ) entnehmen wollen.

Georgica [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bald gehorte Vergil zum Kreis um Gaius Maecenas , einer von Octavians fruhen Verbundeten, der spater Dichter wie Vergil und Horaz forderte und ihnen zu Bekanntheit in Roms einflussreichen Kreisen verhalf. [31] Nachdem die Eclogae vollendet waren, arbeitete Vergil von 37 bis 29 v. Chr. an den Georgica (?Uber den Landbau“), die Maecenas gewidmet sind.

Aeneis [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Octavian, der Antonius in der Schlacht bei Actium 31 v. Chr. geschlagen hatte und vier Jahre spater vom romischen Senat den Titel ? Augustus “ verliehen bekam, soll Vergil gedrangt haben, ein Epos zum Ruhm seiner Herrschaft zu schreiben. Vergils Antwort war die Aeneis , die die letzten zehn Jahre seines Lebens in Anspruch nahm.

Vergils Tod und Nachleben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Vergilius Vaticanus : Vergil, Aeneis , 3. Buch, Szene: Aeneas umsegelt Sizilien und landet in Drepanum, in der Handschrift Vatikanstadt, BAV, lat. 3225, fol. 31v, um 400
Vergilius Romanus : Vergil (Portrat des Dichters), in der Handschrift Vatikanstadt, BAV, lat. 3867, fol. 3v, 5./6. Jahrhundert

Vergil starb, ohne die Aeneis vollenden zu konnen. Augustus befahl Vergils Nachlassverwaltern Varius und Tucca , die Aeneis so wenig bearbeitet wie moglich zu veroffentlichen.

In der Spatantike verfasste Gorippus ein an Vergils Aeneis angelehntes Epos namens Johannis ; es stellt einen letzten bedeutenden Beitrag zur antiken lateinischen Literatur dar. Ungefahr zur selben Zeit ? im 6. Jahrhundert ? verfasste Fulgentius eine allegorische Deutung der Aeneis aus christlicher Sicht. Vergil gehort zu den wenigen Autoren, deren Schriften in relativ vielen Handschriften aus der Antike erhalten sind. [32] Dazu gehoren zwei reich illustrierte Codices , der Vergilius Vaticanus , und der Vergilius Romanus .

Im Mittelalter galt Vergil als der Dichter schlechthin und zugleich als Vorbote des Christentums ? in der 4. Ekloge wird die Geburt eines Knaben in Worten vorausgesagt, die stark an Christi Geburt erinnern. [33] Dante machte Vergil, der in seinem Werk ja den hollischen Ort der Abgeschiedenen beschrieben hatte, zum Fuhrer in seiner Gottlichen Komodie . Im spaten Mittelalter kursierten um seine Person eine Reihe von sagenhaften Geschichten, in denen er als machtiger Zauberer auftritt, der sich um Neapel und Rom verdient macht, aber auch Misserfolge erleidet (siehe Vergilsagen des Mittelalters ).

In der Weimarer Klassik wurde seiner unter anderem durch die Anlegung der Vergilgrotte Tiefurt gedacht. Die Reale Accademia di Scienze e Belle Lettere in Mantua ubernahm auf Anordnung von Napoleon Bonaparte Vergils Namen und heißt heute Accademia Nazionale Virgiliana . [34] Die Person des Dichters steht im Zentrum von Hermann Brochs Roman Der Tod des Vergil .

1990 wurde der Asteroid (2798) Vergilius nach ihm benannt. [35] Die Pflanzengattung Virgilia L’Her. aus der Familie der Korbblutler (Asteraceae) wurde 1788 nach ihm benannt. [36]

Namensformen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die spatantike Volksetymologie brachte den Namen des Dichters als Virgilius mit dem lateinischen virga , ?Rute“ in Zusammenhang. (Ein goldener Zweig, der an einer Stelle auch virga genannt wird ( Aeneis VI, 144), ermoglicht Aeneas im sechsten Buch der Aeneis den Zugang zur Unterwelt .) Die Form Virgilius ist in den romanischen Sprachen bis heute ausschließlich in Gebrauch, vgl. franzos. Virgile , italien. und span. Virgilio , portug. Virgilio . Im Deutschen und Englischen stehen alteres Virgil und neueres, an die klassische Antike angenahertes Vergil nebeneinander. Einige wenige Linguisten brachten seinen Namen jedoch auch mit dem lateinischen vergalilius in Verbindung, was so viel heißt wie ?Der Gesegnete“.

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Vgl. Vita Donati 3.: Seine Mutter soll vor seiner Geburt getraumt haben, sie gebare einen Lorbeerzweig.
  2. Vgl. Suet. vita Verg. 46f.
  3. Seinerzeit wurde mit ?calabria“ das Salento bezeichnet.
  4. Vgl. Albrecht, Vergil, 2007, S. 10.
  5. Vgl. Quint. inst. 10,3,8.
  6. Vgl. Verg. ecl. IX 7 ? 9, von Servius als Beschreibung des vergilischen Gutes bei Mantua gedeutet.
  7. Vgl. v. Albrecht, Vergil, 2007, S. 7 (Anm. 3).
  8. Vgl. Suet. Vit. Verg. 6.
  9. Vgl. Suet. Vit. Verg. 7, 15.
  10. Vgl. Sen. contr. 3, praef. 8., Vergilium felicitas ingenii in oratione soluta reliquit
  11. Vgl. Suet. Vit Verg. 16: […] nam et in sermone tardissimum eum ac paene indocto similem fuisse Melissus tradidit .
  12. Vgl. Verg. ecl. 10, 35.
  13. Vgl. Verg. ecl. 3, 84ff.
  14. Vgl. Verg. ecl. 9, 27.
  15. Vgl. Verg. georg. III, 12f.
  16. Vgl. Hor. sat. 1, 6, 54f.
  17. Vgl. Hor. sat. 1, 5.
  18. Vgl. Prop 2, 34: Cedite, Romani scriptores, cedite Grai: Nescio quid maius nascitur Iliade .
  19. Vgl. Hor. carm. 1, 3, 5ff.
  20. Vgl. Suet. Vit. Verg. 25f.
  21. Vgl. Suet. Vit. Verg. 35f.
  22. Vgl. Hor. serm. 1, 3, 29ff.: iracundior est paullo, minus aptus acutis naribus horum hominum; rideri possit eo, quod rusticius tonso toga defluit et male laxus in pede calcaeus haeret: at est bonus, ut melior vir non alius quisquam, at tibi amicus, at ingenium ingens inculto latet sub hoc corpore .
  23. Vgl. Suet. Vit. Verg. 8f.
  24. Vgl. Suet. Vit. Verg. 13.
  25. Vgl. Prop 2, 67., vgl. Mart. 7, 56., vgl. Suet. Vit. Verg. 9.
  26. Vgl. Buchner, Vergilius, in: RE, Bd. VIII, Sp. 1070?1087.
  27. Vgl. Naumann, Ist Vergil der Verfasser von Catalepton V und VIII, in: Rhm, Bd. 121 (1978), S. 83ff.
  28. Albrecht, M. v., Vergil, Bucolica, Georgica, Aeneis. Eine Einfuhrung. Heidelberg 2007, 11, 31.
  29. Schmidt, E. A., Zur Chronologie der Eklogen Vergils, Heidelberg 1974, 28.
  30. Clausen, W., On the Date of the First Eclogue. In: Harvard Studies in Classical Philology, Vol. 76, Harvard 1972, 201-205.
  31. The Oxford Classical Dictionary . 1. Januar 2012, doi : 10.1093/acref/9780199545568.001.0001 .
  32. Zu den acht antiken Handschriften vgl. Artikel Vergilhandschriften der Spatantike .
  33. Die Verse 6?10 konnten auf die Schwangerschaft von Octavians Frau Scribonia anspielen, die allerdings ein Madchen gebar:

    Jam redit et Virgo, redeunt Saturna regna,
    jam nova progenies cœlo demittitur alto.
    Tu modo nascenti Puero, quo ferrea primum
    desinet, ac toto surget gens aurea mundo,
    casta fave Lucina: tuus jam regnat Apollo.

    Zu Deutsch:

    ?Jetzt kehrt die Jungfrau zuruck, die Herrschaft des Saturns kehrt zuruck; jetzt steigt eine neue Generation vom Himmel herab. Nur du, reine Lucina, lachle uber die Geburt des Kindes, unter dem die eiserne Brut endlich aufhoren und ein goldenes Volk in der ganzen Welt entstehen wird: dein eigener Apollo regiert jetzt als Konig.“

  34. http://www.accademianazionalevirgiliana.org/ (italienisch, abgerufen am 20. Februar 2013).
  35. Minor Planet Circ. 16590
  36. Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen ? Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5 doi:10.3372/epolist2018 .

Textausgaben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Lateinischer Text [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Lateinischer und deutscher Text [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ubersichtsdarstellung

Einfuhrungen und Gesamtdarstellungen

Rezeption

Zeitschrift

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Wikisource: Publius Vergilius Maro  ? Quellen und Volltexte (Latein)
Wikisource: Vergil  ? Quellen und Volltexte
Commons : Virgil  ? Sammlung von Bildern