Universitat Butzow

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Friedrichs-Universitat Butzow
Aktivitat 4. Oktober 1760 bis 27. April 1789
Tragerschaft staatlich
Ort Butzow
Bundesland Mecklenburg-Schwerin   Mecklenburg-Schwerin
Land Deutschland   Deutschland
Studierende 779

Die Friedrichs-Universitat Butzow war eine fruhneuzeitliche , deutsche Universitat in Butzow in Mecklenburg . Sie bestand von 1760 bis 1789.

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Academia Fridericiana Buetzoviensi

Die nach ihrem Grunder benannte Academia Fridericiana Buetzoviensi (Friedrichs-Universitat Butzow) wurde im Herbst 1760 durch Herzog Friedrich (1756?1785) gegrundet, dem Regenten des Landesteils Mecklenburg-Schwerin . Einen Anlass fur die Entstehung der Butzower Universitat lieferte eine Auseinandersetzung zwischen dem pietistischen Landesherrn und der der Orthodoxie verhafteten theologischen Fakultat der Universitat Rostock um die Besetzung eines theologischen Lehrstuhls mit dem ebenfalls dem Pietismus nahestehenden Christian Albrecht Doderlein (1758). Dieser Streit, der sich allerdings in langjahrige Machtkampfe zwischen den mecklenburgischen Landesherrn und der alten Hansestadt Rostock einordnet, eskalierte durch den Umstand, dass Herzog und Stadt gleichermaßen Patrone der Universitat Rostock waren und z. B. ihre eigenen Professorenkollegien unterhielten.

Untergebracht war die Universitat Butzow im Schloss , einem dreigeschossigen Palas der ehemaligen Bischofsburg , einstige Residenz des Bistum Schwerin . Als Aula und Universitatskirche wurde die Stiftskirche Butzow genutzt. Durch Befehl des Herzogs vom 4. Oktober 1760 wurde der Universitatsbetrieb eroffnet. [1] Beschwerden des Rostocker Rates beim Engeren Ausschuss der mecklenburgischen Stande und beim Reichskammergericht in Wetzlar gegen die Neugrundung blieben ohne Erfolg. Ebenso erfolglos blieb der Versuch des Herzogs, die Universitat Rostock schließen zu lassen.

Zwar konnte Friedrich mit seiner Neugrundung die Rostocker Konkurrenz nicht vollstandig aufheben, aber er zog einen betrachtlichen Teil der dortigen Studenten zu seiner Neugrundung ab. Dennoch blieb die Frequenz der Butzower Hochschule auf Dauer gering. Wahrend der knapp drei Jahrzehnte ihrer Existenz waren 779 Studenten ? uberwiegend Mecklenburger  ? in Butzow immatrikuliert .

Angesichts des sich langsam abzeichnenden Niedergangs der Universitat vereinigte Friedrichs Nachfolger Friedrich Franz I. (1785?1837) die Butzower Universitat am 27. April 1789 wieder mit der Universitat Rostock. Die meisten Professoren wurden dort ubernommen sowie auch die Bestande der Universitatsbibliothek und die Instrumente der Universitatssternwarte.

Fazit [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Traditionell wurden Grundung und Existenz der Butzower Universitat seither als Panne bzw. Makel der Rostocker Universitatsgeschichte angesehen und dargestellt. Ein Umdenken erfolgte erst in jungster Zeit, gefordert insbesondere durch Forschungsergebnisse und Publikationen von Matthias Asche . Im Rostocker Matrikelportal werden heute auch alle Studenten gelistet, die sich einst in Butzow immatrikuliert hatten.

Universitatssiegel [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Quelle: [2]

Das Butzower Universitatssiegel war 5 cm hoch und 4 cm breit. In der Mitte befindet sich ein Kruzifix , zu dem links und rechts ein Wanderer herantritt. Darunter steht Zach. XII, 10 [3] und darunter die Jahreszahl 1760 .

Im Halbkreis uber dem Kruzifix liest man:

?Habemus, qui praestat promissa patris“

? Wir haben jemanden, der die Versprechen des Vaters erfullt.

und daruber im Halbkreis:

?Sigillum Academiae Butzoviensis“

? Siegel der Akademie Butzow

Fakultaten [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Siegel der Theologischen Fakultat

Die Friedrichs-Universitat umfasste die vier klassischen Fakultaten und war somit eine Volluniversitat . Mit der Universitat verbunden war ? nach Vorbild der ebenfalls von Pietismus gepragten Universitat Halle  ? das Padagogium Butzow , welches 1780 wieder aufgehoben wurde.

Fakultaten:

  • Theologische Fakultat
  • Rechtswissenschaftliche Fakultat
  • Medizinische Fakultat
  • Philosophische Fakultat

Universitatseinrichtungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Universitatssternwarte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Academiae Butzoviensis verfugte uber eine Universitatssternwarte , diese wurde von Wenzeslaus Johann Gustav Karsten geleitet und befand sich auf dessen Wohnhaus in der Pfaffenstraße 3 .

Universitatsbibliothek [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Fur Butzow ordnete Herzog Friedrich der Fromme den Aufbau einer eigenen akademischen Bibliothek an, die am 7. November 1772 eroffnet wurde. Als Grundstock dafur dienten drei bis dahin in Schwerin gelagerte Furstenbibliotheken. Es handelte sich um die Bibliothek des Herzog Johann Albrecht I. , eines um die Wissenschaft und Kunst des Landes verdienten Fursten, und die Bibliotheken der Herzoge Adolph Friedrich I. und Christian Ludwig I.

Durch herzoglichen Erlass offnete die Universitatsbibliothek an zwei Tagen in der Woche auch der Offentlichkeit ihre Turen, dem nachgestellt entstanden durch den Landesfursten ?Gesetze fur die offentliche Bibliotheck zu Butzow“.

? Die Bibliothek soll alle Mittwoch von 2. bis 3., und des Sonnabends im Sommer von 2. bis 5., im Winter aber von 2. bis 4. Uhr,
ausser denen Ferien geofnet werden, an welchen Tagen auch ein jeder die zu leihenden Bucher eine halbe Stunde vor der Erofnung zu verlangen und wieder zu liefern hat.
[4]

Große Verdienste mit der Leitung und der weitere Entwicklung erwarb sich der Orientalist Oluf Gerhard Tychsen , der die im Jahre 1790 auf 25.000 Bande angewachsenen Bestande bis zu seinem Tode (1815) betreute und als der Wiederbegrunder der Universitatsbibliothek Rostock gelten darf. [5]

Naturalienkabinett [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Oluf Gerhard Tychsen

Nach Eroffnung der Universitatsbibliothek bat Prof. Tychsen in schriftlicher Form, den in Sri Lanka postierten Leutnant der Artillerie Blankenburg, dass er ihm Ceylonische Handschriften und Seltenheiten zu senden moge. Blankenburg kam im Jahr 1775 in Butzow an und brachte einen ansehnlichen Vorrat an Conchilien , Seltenheiten und Singhalesisch gedruckten und geschriebenen Buchern mit. Somit wurde die Conchylien-Sammlung der Grundstock des Naturalienkabinetts der Friedrichs-Universitat zu Butzow. Im Jahr 1782 hinterließ der Schweriner Kammerdiener Johann Heinrich Weiß († 7. Juli 1782 in Schwerin) [6] testamentarisch der Butzow’schen Akademie seine private Sammlung. Der Bestand des Naturalienkabinetts erweiterte sich um weitere seltene Conchilien, Steine , Minerale , Gemme , Wendische Altertumer und naturgeschichtliche Bucher. Nach der Schließung der furstliche Universitat zu Butzow im Jahre 1789, wurde das Naturalienkabinett an die Universitat Rostock verlegt und bildet seither den Grundstein der dortigen Zoologischen Sammlung . [7] Zugehorige Bucher gelangten in die Rostocker Universitatsbibliothek. Der Verbleib von Steinen, Versteinerungen und archaologischen Funden aus dem Butzower Naturalienkabinett war bisher nicht aufzuklaren.

Die Rostocker zoologische Sammlung ubernahm 1880 auch Teile der großherzoglichen Sammlung aus Ludwigslust und gelangte in das Gebaude am Universitatsplatz 2 , in dem sich bis heute Teile in den historischen Glasschranken befinden. Die Sammlung dient der Forschung und Lehre mit etwa 100.000 Serien von Belegstucken aus allen Taxa weltweit. Teile sind der Offentlichkeit zuganglich.

Bedeutende Professoren [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Uvo Holscher : Urkundliche Geschichte der Friedrichs-Universitat Butzow. In: Jahrbucher des Vereins fur Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. Band 50 (1885), S. 1?110 ( Volltext ).
  • Hans W. Barnewitz : Aus dem Butzower Studentenleben (1760?1789). In: Mecklenburgische Monatshefte . Band 6 (1930), Heft 2, S. 65?69 ( Digitalisat ).
  • Matthias Asche : Von der reichen hansischen Burgeruniversitat zur armen mecklenburgischen Landeshochschule. Das regionale und soziale Besucherprofil der Universitaten Rostock und Butzow in der Fruhen Neuzeit (1500?1800). Stuttgart 1999. ISBN 3-515-07255-1 .
  • Gunter Camenz: Die Herzoglichen, Friedrichs-Universitat und Padagogium zu Butzow in Mecklenburg. Butzow 2004.
  • Matthias Asche: Die mecklenburgische Hochschule Butzow (1760?1789) ? nur ein Kuriosum der deutschen Universitatsgeschichte? Versuch einer historischen Neudeutung. In: Jahrbuch fur Universitatsgeschichte 9. (2006), S. 133?147.
  • Jurgen Hamel : Die Universitatssternwarte Butzow ? Geschichte, Baulichkeit, Instrumente und Personal. In: Beitrage zur Astronomiegeschichte. Band 11. Frankfurt a. M. 2011 ( Acta Historica Astronomiae 43), S. 181?207.
  • Hans-Uwe Lammel : ?Warnow-Athen“ und mecklenburgisches Jerusalem. Die Stadt Butzow und ihre Universitat. In: Marc von der Hoh (Hrsg.): Traditionen, Zasuren, Dynamiken. 600 Jahre Universitat Rostock. Koln 2019, S. 241?267.

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Universitat Butzow  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Gunther Camenz: Die Herzogliche Friedrichs ? Universitat und Padagogium zu Butzow in Mecklenburg . Gansebrunnen Verlag, Butzow 2004, S.   40 .
  2. Uvo Holscher: Urkundliche Geschichte der Friedrichs-Universitat Butzow . In: Jahrbucher des Vereins fur Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde . Band   50 , 1885, S.   1–110 .
  3. 'Zach. XII, 10: Aber uber das Haus Davids und uber die Burger zu Jerusalem will ich ausgießen den Geist der Gnade und des Gebets; denn sie werden mich ansehen, welchen Jene zerstochen haben, und werden ihn klagen, wie man klaget ein einiges sind, und werden sich um ihn betruben, wie man sich betrubt um ein erstes sind.
  4. Friedrich, Herzog zu Mecklenburg (Hrsg.): Gesetze fur die offentliche Bibliotheck zu Butzow . 2. November 1772 ( uni-rostock.de ).
  5. Astrid Handel: Die Bibliothek des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg und ihre Kostbarkeiten . In: Beitrage zur Geschichte der Wilhelm-Pieck-Universitat Rostock, Heft 4 . 1983, S.   17–32 .
  6. Kirchenbuch Schwerin (Dom): Sterbeeintrag Nr. 84/1782 ohne Vornamen oder Altersangabe als "Weis, Cammerdiener".
  7. Oluf Gerhard Tychsen: Geschichte der offentlichen Universitats-Bibliothek und des Museum zu Rostock . Adlerschen Officin, Rostock 1790, S.   44–48 .

Koordinaten: 53° 50′ 49,7″  N , 11° 58′ 35,8″  O