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Champignons republicains
(republikanische d. h. revolutionare Champignons), franzosische Karikatur, um 1799. ? Die Monarchen Europas sind von einem Meer neuer Republiken umgeben, die wie Pilze aus dem Boden schießen: In der Mitte die große franzosische Mutterrepublik, um sie herum kleinere Tochterrepubliken.
Tochterrepubliken
(Franzosisch:
republiques sœurs
,
Schwesterrepubliken
) waren ab 1792 von der
Franzosischen Republik
durch
Militarintervention
und
Revolutionsexport
errichtete Staaten mit Verfassungen nach franzosischem Vorbild. Der Begriff betonte die Verwandtschaft und Verbundenheit zu diesen
Republiken
. In erster Linie bezeichnet der Begriff
Napoleons
Satellitenstaaten
in Italien.
Am Anfang dieser Neuordnung
Europas
standen sowohl Sendungsbewusstsein des revolutionaren Staats als auch das Bedurfnis, sich aus der Isolation dem monarchischen Rest Europas gegenuber zu befreien. Aus diesem Grund unterstutzte Frankreich die selbst ausgerufenen Tochterrepubliken und forderte aktiv die Ausrufung solcher verbundeter Staaten. Zu regelrechten Annexionen kam es erstmals im Verlauf des
Ersten Koalitionskrieges
1792/93, in dessen Verlauf Frankreich vor allem deutsche Gebiete besetzte, um die ?naturlichen Grenzen“, insbesondere den Rhein, zu erreichen.
Die meisten Tochterrepubliken entstanden erst nach der
jakobinischen
Phase der
Franzosischen Revolution
1793?1794, und ihr Schicksal hing eng mit der Karriere Napoleon Bonapartes seit 1796 zusammen, vor allem mit seinen Erfolgen im
Italienfeldzug
. Doch auch in ganz Europa erhielt unter ihm der militarstrategische Gesichtspunkt der Pufferbildung an den Grenzen Frankreichs eine großere Bedeutung. Das napoleonische Staatensystem in Europa beschrankte sich nicht auf Tochterrepubliken im engeren Sinn, sondern umfasste unter anderem auch das 1801 errichtete
Konigreich Etrurien
, das 1805 aus der
Italienischen Republik
hervorgegangene
Konigreich Italien
, das 1806 aus der
Batavischen Republik
hervorgegangene
Konigreich Holland
, das 1806 abgespaltene
Konigreich Neapel
, das
Herzogtum Warschau
(ab 1807?1815), das ab 1808 umkampfte
Spanien
. Die deutschen Staaten standen allesamt unter napoleonischem Einfluss, insbesondere die Staaten des
Rheinbunds
? hierbei vor allem die drei napoleonischen
Modellstaaten
Konigreich Westphalen
,
Großherzogtum Frankfurt
und
Großherzogtum Berg
.
Ab 1804 spielte auch das Element der napoleonischen Dynastiebildung (
Napoleoniden
) eine wichtige Rolle. Aus den Tochterrepubliken wurden Konigreiche mit Verwandten Napoleons als Konige. Zudem wurden die neuen Staaten zunehmend weniger als Partner, sondern mehr als Befehlsempfanger angesehen. Mit Beginn der Kontinentalsperre (1806) ging Napoleon schließlich zur offenen Annexion uber.
Zahlreiche revolutionare Errungenschaften in Verwaltung, Freiheitsrechten, Wirtschaft, Justiz und Schulsystem wurden in die Tochterrepubliken und daruber hinaus exportiert. Besonders im Fall
Preußens
spielten
diese Reformen
eine zentrale Rolle fur dessen Aufstieg im 19. Jahrhundert. Im Verlauf der napoleonischen Dynastiebildung verschwand das Element der Republikanisierung bei der Bildung neuer
Vasallenstaaten
: Sie wurden nur noch mit schwachen
Legislativen
ausgestattet. Auch Staaten, die sich nicht unmittelbar unter franzosischer Kontrolle befanden, ubernahmen vor allem die Effektivierung und Vereinheitlichung der Verwaltung. In ganz Europa kam es zudem zur Auflosung der
Grundherrschaft
, die sich aber teilweise bis nach 1848 hinzog. Zahlreiche weitere Reformen wurden in den Satellitenstaaten angefangen, aber nicht durchgesetzt. Sie blieben durch das 19. Jahrhundert hindurch zumindest als Programm bestehen.
Die Namen der Tochterrepubliken selbst (z. B.
Batavische Republik
oder
Cisalpinische Republik
) leiteten sich meist von geo- und ethnographischen Begriffen der
Antike
her. Die besondere Namensgebung fur die Verbundeten des revolutionaren Frankreichs ruhrte von einem besonderen Verstandnis her, worin das Wesen der
Revolution
bestunde. Der spater gultige Sinn ? radikaler Neubeginn und gewaltsamer Fortschritt ? steckte ursprunglich gerade nicht im Wort Revolution, sondern bedeutete ?Ruckwendung“ (
lat.
re-volutio
), d. h. weg von einer als degeneriert angesehenen
feudalen
Gegenwart hin zu fruheren
naturrechtlichen
Zustanden. Verwirklicht glaubten die Vordenker der Revolution diese freieren Gesellschaften in der Antike, in der Romischen Republik oder bei den keltisch-germanischen Volkern, auf die man sich also in sprachlicher Weise berief. Das hohe und bis in die Anfange der damals bekannten Geschichte zuruckreichende Alter der Begriffe sollte sowohl fur ein Gegengewicht zur Kunstlichkeit der Staatenbildung sorgen als auch den neuen Republiken eine großere Legitimation als der im Mittelalter verwurzelten Feudalordnung verschaffen.
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1796: Norditalien vor
der franzosischen Invasion.
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1803: Tochterrepubliken
in Norditalien.
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1806: Tochterrepubliken
von Monarchien ersetzt.
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Zunachst war die 1790 von Revolutionaren in den
Osterreichischen Niederlanden
parallel zur Franzosischen Revolution errichtete
Republik der ?
Vereinigten Belgischen Staaten
“
wieder unterdruckt worden. Spater aber folgten z. B. die
Die Liste ist nicht vollstandig. Es gab eine bedeutende Anzahl kleinerer und weitgehend bedeutungsloser Republiken, die oft nur in der Spezialliteratur der Geschichtsschreibung erwahnt werden. Auf dem Gebiet der vorrevolutionaren Eidgenossenschaft mit ihrer ausgepragten lokalen Selbstverwaltung und territorialen Zergliederung erklarten sich wahrend der Umbruchsphase des Fruhjahrs 1798 Untertanenorte und -gebiete zu Republiken (Leman bzw.
Kanton Waadt
) oder
Freistaaten
(
Toggenburg
), bevor sie in der
Helvetischen Republik
zusammengefasst wurden. Die damaligen Verhaltnisse widerspiegeln sich immer noch in den divergenten Selbstbezeichnungen der Schweizer
Kantone
als ?Stand“ oder ?Republik“. Die bereits vor der Revolution bestehenden Kantone bevorzugen das traditionelle ?Stand“, wahrend die (Westschweizer) Kantone, die sich in der revolutionaren und napoleonischen Ara besonders verwurzelt sehen, ein Selbstverstandnis als ?Republik“ haben. Der
Kanton Jura
, der seine Loslosung von Bern erst in den 1970er Jahren erlangte, bezeichnet sich als
Republique et Canton
; er ist damit wohl das fernste eigenstaatliche Echo der Tochterrepubliken und schließt gleichzeitig einen Kreis, da er territorial zum großen Teil mit der Raurakischen Republik von 1792 ubereinstimmt, die ihrerseits die erste aller Tochterrepubliken war.
In ahnlicher Weise wie Tochterrepublik, allerdings mit dem Aspekt der Gleichrangigkeit, wird der Begriff ?Schwesterrepublik“ verwendet. So idealisierten Ende des 18. Jahrhunderts die
USA
die
Schweiz
als
sister republic
, indem sie ihren Unabhangigkeitskrieg gegen die Briten mit der Existenz der Eidgenossenschaft in einem sonst monarchischen Europa verglichen. Um dem Vorwurf der Abhangigkeit entgegenzutreten, nannten sich auch die napoleonischen Schopfungen oft
republiques sœurs
. Auch die ahnliche Verfassungsgeschichte (Foderalismus, Zweikammernsystem, Demokratie, abgewandeltes Direktoriumssystem) forderte das "Schwestergefuhl" zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika. 1991 wurden in den USA und der Schweiz gleichzeitig eine Briefmarke mit demselben Layout herausgegeben, dem Capitol und dem Bundeshaus. Dies um an diese "Special Relationship" zu erinnern.
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Als ?
Bruderlander
“ bezeichneten sich wiederum die osteuropaischen
Volksdemokratien
, die nach dem
Zweiten Weltkrieg
gemaß sowjetischem Vorbild errichtet wurden und die bekannteste Weiterentwicklung des Konzepts der Tochterrepubliken darstellen.
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Auch die in autonome Republiken umgewandelten franzosischen Kolonien innerhalb der
Franzosischen Union
bzw. der
Franzosischen Gemeinschaft
stellten letztlich Tochterrepubliken dar.