Die
Thronfolge
, rechtssprachlich
Devolution
, umschreibt die Ubernahme der Rechte und Pflichten eines
Herrschers
, symbolisiert durch den
Thron
, durch einen Nachfolger, dessen
Legitimation
durch
Erbe
,
Geblut
oder
Designation
durch den Vorganger oder durch
Wahl
begrundet ist.
Haufig wurde die Thronfolge in den
Hausgesetzen
der
Dynastie
festgelegt. In den meisten bekannten
Hochkulturen
verlief die Thronfolge uber die
Vaterlinie
, vereinzelt sind aber auch
matrilineare
Erblinien von Herrscherhausern bekannt. In patriarchalen Thronfolgen ist im Allgemeinen immer der erstgeborene Sohn der erstgeehelichten Frau Nachfolger, wenn es nicht anders geregelt ist. Heute ist im Westen die Thronfolge des erstgeborenen Kindes, also auch der Tochter, ublich, und in erster Linie ? sofern der Monarch nicht schon zu Lebzeiten das Amt nach eigenem Ermessen ubergibt ? immer der
testamentarische
Wunsch des Monarchen selbst maßgeblich. Die Erbfolge uber den Erstgeborenen nennt man
Primogenitursystem
(
lateinisch
primo genitur
?erstgeboren‘), wobei alle Nachkommen des Erstgeborenen ebenfalls in der Thronfolge vor dem Zweitgeborenen des Linienstamms (der
Sekundogenitur
) stehen ? so bezeichnen diese Ausdrucke auch jeweils die ganze Generationslinie. Der Titel des
Prinzen
zeigt hierbei eine hochrangige Thronfolge an, bei Erloschen einer Linie geht die Thronfolge auf die Sekundogenitur ? bzw. den Linienaltesten derselben ? uber, bei Erloschen eines ganzen Hauses auf den Gemahl der hochstrangig gestuften Tochter
(Prinzessin)
.
Eine Person, die Anspruch auf einen Thron hat, bezeichnet man als
Thronpratendenten
, von
Thronfolger
spricht man beim durch den Monarchen (oder andere politische Systeme) ausdrucklich anerkannten Nachfolger, also dem
designierten Pratendenten
, im weiteren Sinne auch den durch Legitimation folgenden weiteren Thronanwartern (
Thronfolge
im eigentlichen Sinne: offizielle Rangabfolge der Pratendenten). Einen illegitimen Pratendenten nennt man
Usurpator
.
Bei unklarer
Erbfolge
oder sonstigen Streitigkeiten kam es fruher haufig zu
Erbfolgekriegen
. Beispiele dafur sind insbesondere der etwa 20-jahrige
Burgerkrieg 1135?1154 in England
nach dem Tod von Heinrich I., dessen einziger ehelicher Sohn zuvor verstorben war und deshalb die Nachfolge nicht antreten konnte, die englischen
Rosenkriege
zwischen den Hausern York und Lancaster (1455?1485), der
Devolutionskrieg
(1667?1668), in dem Frankreich die erzwungene Zuordnung der Spanischen Niederlande zu den Habsburgischen in Spanien ausnutzte, der
Spanische Erbfolgekrieg
(1701?1714) um das ? durch zahlreiche inzestuose Verbindungen abgesicherte ? Erbe des osterreichischen Hauses Habsburg an die Spanische Linie, die Ludwig XIV. nicht anerkannte, der
Osterreichische Erbfolgekrieg
(1741?1748), der durch die ? in Europa zu dieser Zeit noch einzigartige ? Prazendenz des erstgeborenen Kindes nach habsburgischem Hausgesetz ausgelost wurde (der Preußenkonig Friedrich II. erkannte die Nachfolge Maria Theresias nicht an). Im
osmanischen Reich
hingegen war es beabsichtigt, die Thronfolge unter den Pratendenten ungeklart zu lassen, und die Thronfolge in hausinternem Machtkampf zu regeln: Der Pratendent, der ? als einziger ? uberlebte, war neuer Monarch, das sollte die Blutlinie stark erhalten. Hier gab es auch keine Prazendenz nach Status der Mutter.
Der genealogische Begriff der
Devolution
ist etwas weiter gefasst als die Folge am Thron im eigentlichen Sinne und umfasst auch die Ubergabe von Titeln, etwa
Adelstiteln
und
Titularamtern ohne Regentschaft
, im Allgemeinen: So ging das Amt des
Deutschen Konigs
im Hl. Romischen Reich, im Mittelalter noch ein Wahlamt, in der Neuzeit erblich auf den Sohn uber, und stand fur die Rolle als designierter Thronfolger als
Romischer Kaiser
, ein Amt, das aber von alters her immer durch die Wahl durch die Kurfursten vermittelt war. Auch Titel faktisch erloschener oder in großeren Staatsgebilden aufgegangener Titel ohne Inthronationszeremonie wurden weitergeben, so dass sich bei den Herrschern der Neuzeit in Europa zahlreiche Titel ansammelten, die in
Personalunion
mit der Thronfolge des hochsten Amts verbunden an den Thronfolger ubergingen. So war der hochste erbliche Regentschaftstitel der Habsburger (in der Zeit, als sie in der Regel auch das Romisch-deutsche Kaiseramt antraten) immer Konig von Bohmen, die Hl. Ungarische Konigswurde musste durch eine Kronungszeremonie vom Reichsrat bestatigt werden, Erzherzog von Osterreich ? als Titularanspruch der habsburgischen Stammlande ? war in der Neuzeit ein Titel aller Prinzen und Prinzessinnen ohne Inthronisation, der schon mit der Geburt verliehen wurde, um die Thronfolge abzusichern. Auch der
Konig
oder die Konigin von England tritt erblich die Amter des Staatsoberhauptes der
Commonwealth Realm
an, ohne dass es einen formalen Thron gabe.
- Ulrich Schmidt:
Konigswahl und Thronfolge im 12. Jahrhundert
(= Forschungen zur Kaiser und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Bohmer, Regesta Imperii 7). Koln/Wien 1987.
- Eduard Hlawitschka
:
Konigswahl und Thronfolge in frankisch-karolingischer Zeit.
Darmstadt 1975.
- Heinrich Mitteis:
Die deutsche Konigswahl. Ihre Rechtsgrundlagen bis zur Goldenen Bulle.
2. erweiterte Auflage. Brunn u. a. 1944.