Martin
Theodor von Heuglin
(*
20. Marz
1824
in
Hirschlanden
in
Wurttemberg
; †
5. November
1876
in
Stuttgart
) war ein
Afrika-
und
Polarforscher
sowie
Ornithologe
.
Theodor Heuglin wurde als altestes von sechs Kindern des evangelischen Pfarrers Ludwig Friedrich Heuglin (1797?1846) und seiner Frau Wilhelmine Friderike, geb. Hildebrand, verw. Mayer (1801?1860) geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er im Alter von 15 Jahren
Metallurgie
in der
Wissenschaftlichen Bildungsanstalt
in
Ludwigsburg
. 1842/43 besuchte Heuglin das Polytechnikum in
Stuttgart
. Im ersten Halbjahr 1843 arbeitete er als Praktikant bei den Wurttembergischen Eisenwerken in
Konigsbronn
, 1845?1847 als Assistent bei der Furstlich Furstenbergischen Amalienhutte.
Seine erste Afrikareise unternahm er 1850 nach
Agypten
, nachdem er seinen Beruf als Angestellter bei den Huttenwerken aufgegeben hatte. In Agypten erlernte er die
arabische Sprache
und unternahm Ausfluge in die Gebirge zwischen dem
Roten Meer
und dem
Nil
und ins Petraische
Arabien
.
Im Mai 1852 zum
osterreichischen
Konsulatssekretar in
Khartum
ernannt, ging er mit
Konstantin Reitz
, dem osterreichischen Konsul in Khartum, uber
Gedaref
und
Gallabat
bis
Gonder
und in die Landschaft des
Simien-Gebirges
und berichtete daruber in den
Reisen in Nordostafrika
(
Gotha
1857). An die Stelle von Reitz, der 1853 starb, zum Gerenten des osterreichischen Konsulats ernannt, bereiste Heuglin den Weißen Nil und
Kurdufan
. 1855 ging er nach
Wien
. Dort stellte er eine erste systematische Ubersicht der Vogel Nordostafrikas mit 754 Arten zusammen. Anfang 1856 besuchte er erneut den Ost
sudan
, untersuchte die
Bajudasteppe
und bereiste 1857 die Kustenlander des Roten Meers, bis seine geschwachte Gesundheit ihn zwang, nach Europa zuruckzukehren. Hier blieb er von Ende 1858 bis Ende 1860, ordnete seine Sammlungen und beschrieb seine Reisen. Im Jahr 1860 wurde er zum Mitglied der
Leopoldina
gewahlt.
1860 wurde er von
August Petermann
und
Heinrich Barth
zum Leiter einer Expedition ernannt, die das Schicksal des seit 1855 verschollenen Afrikaforschers
Eduard Vogel
aufklaren sollte. Weitere Teilnehmer dieser Expedition waren
Hermann Steudner
,
Gottlob Theodor Kinzelbach
(1822?1867),
Werner Munzinger
,
Martin Ludwig Hansal
und Hermann Schubert (1830?1863). Alexandria war Ausgangspunkt fur die Reise nach
Wadai
, wo Vogel verschollen war. Am 17. Juni 1861 erreichte die Expedition
Massaua
, blieb wahrend der Regenzeit in den hohen Bogoslandern, ging dann aber nicht direkt nach Khartum, sondern machte vielmehr einen weiten Umweg durch
Abessinien
bis uber Gondar hinaus, worauf Munzinger und Kinzelbach sich von ihm trennten und den vergeblichen Versuch machten, uber
Darfur
in Wadai einzudringen.
Heuglin drang bis in die
Gallaprovinz
vor und traf sich am 4. April 1862 mit dem abessinischen Kaiser
Theodor II.
(Twodoros). Freundschaftliche Beziehungen zu ihm bestanden bereits seit Heuglins 1. Expedition im Jahr 1853. Das Komitee entzog darauf Heuglin die Leitung der Expedition. Die Ergebnisse der Expedition sind in dem Werk
Die deutsche Expedition in Ostafrika 1861 und 1862
(Gotha 1864) beschrieben.
Heuglin schloss sich nun 1863 in Begleitung von
Hermann Steudner
der Expedition der hollandischen Abenteurerin
Alexine Tinne
an, fuhr mit ihr den
Bahr al-Ghazal
hinauf bis zum See
Rek
und setzte von hier seine Reise bis zum Fluss
Dembo
fort, den er am 17. Juli 1863 erreichte. Zuvor war Steudner bereits am
Waufluss
am 10. April 1863 gestorben. Auch Heuglin erkrankte und war dadurch gezwungen, mit Alexine Tinne, deren die Expedition begleitende Mutter ebenfalls gestorben war, nach Khartum und im September 1864 uber
Berbera
,
Sawakin
und
Sues
nach Europa zuruckzukehren.
1870 bis 1871 unternahm Heuglin Reisen nach
Spitzbergen
und nach der Insel
Nowaja Semlja
(Reiseberichte in
Petermanns Mitteilungen
von 1871 bis 1874 und in Erganzungsheft Nr. 15). 1875 bereiste er das Gebiet der
Beni-Amer
; wieder in Europa zuruck, bereitete er sich auf eine Expedition zur Insel
Sokotra
vor, zu der es nicht mehr kam. Heuglin starb am 5. November 1876 in Stuttgart. Seine letzte Ruhestatte fand er auf dem dortigen
Pragfriedhof
. Das Medaillon auf dem zwei Meter hohen Block aus rotlichem Tonschiefer wurde von
Joseph von Kopf
entworfen und durch den Erzgießer
Wilhelm Pelargus
in Stuttgart gegossen.
1855 erhielt Heuglin den
Orden der Wurttembergischen Krone
, mit dem der personliche Adelsstand verbunden war.
Nach Heuglin sind im deutsch- bzw. englischsprachigem Raum 10 Vogel- und drei Saugetier-Taxa benannt:
- Heuglinbrillenvogel
(Bergbrillenvogel) (
Zosterops poliogastrus
)
- Heuglin-Rotkehlchen
, bzw. Weißbrauen-Rotel (
Cossypha heuglini
)
- Heuglinschnapper
(
Batis orientalis
)
- Heuglinzistensanger
(
Cisticola marginatus
)
- Heuglin-Steinschmatzer
(
Oenanthe heuglini
)
- Heuglin-Trappe
(
Neotis heuglinii
)
- Heuglinweber
(
Ploceus heuglini
)
- Heuglin’s cursor
bzw. Bindenrennvogel (
Rhinoptilus cinctus
)
- Heuglin’s gull
bzw. Tundramowe (
Larus fuscus
heuglini
)
- Heuglin's spurfowl
bzw. Gelbschnabelfrankolin (
Pternistis icterorhynchus
)
- Heuglin-Husarenaffe
- Heuglin-Gazelle
(
Eudorcas
tilunora), von manchen Autoren auch als Unterart
Eudorcas rufifrons tilonura
der Rotstirngazelle (
Eudorcas rufifrons
) betrachtet.
- Heuglin-Streifengrasmaus
Der nordlichste Punkt der Insel
Edgeøya
im
Spitzbergen
-Archipel heißt heute Kap Heuglin. In
Sabine-Land
auf Spitzbergen ist der
Gletscher
Heuglinbreen nach Theodor von Heuglin benannt. Zudem tragt der
Mount Heuglin
im Northern Territory von Australien seinen Namen.
In seinem Geburtsort Ditzingen-Hirschlanden wurden die Gemeinschaftsschule und eine Straße nach ihm benannt. In
Stuttgart
erinnert der Heuglinweg und in
Munchen
die Heuglinstraße an den Naturforscher.
- Systematische Ubersicht der Vogel Nord-Ost-Afrika’s mit Einschluss der arabischen Kuste des Rothen Meeres und der Nil-Quellen-Lander sudwarts bis zum 4. Grade nordl. Breite
. Wien 1856 (
Online
)
- Reisen in Nord-Ost-Afrika. Tagebuch einer Reise von Chartum nach Abyssinien, mit besonderer Rucksicht auf Zoologie und Geographie unternommen in dem Jahre 1852 bis 1853 ; mit einer Karte, einem Gebirgs-Durchschnitte und 3 Bildern
, Perthes, Gotha 1857 (
Digitalisat
)
- Die deutsche Expedition in Ost-Afrika 1861 und 1862
. Justus Perthes, Gotha 1864 (mit Gottlob Theodor Kinzelbach, Werner Munzinger und Hermann Steudner,
Online
)
- Systematische Ubersicht der Saugetiere Nordost-Afrika’s mit Einschluss der arabischen Kuste, des Rothen Meeres, der Somali- und der Nilquellen-Lander, sudwarts bis zum 4. Grade nordl. Breite
. Wien 1866 (mit
Leopold Fitzinger
)
- Reise nach Abessinien, den Gallalandern, Ostsudan und Chartum
. Hermann Costenoble, Jena 1868, (
Online
)
- Die Ornithologie Nordost-Afrika’s, der Nilquellen- und Kusten-Gebiete des Rothen Meeres und des nordlichen Somal-Landes
. Theodor Fischer, Kassel 1869?1873,
Band 1-1
,
Band 1-2
,
Band 2-1
,
Band 2-2
- Reise in das Gebiet des Weißen Nils und seiner westlichen Zufluße in den Jahren 1862?1864
. Winter’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1869 (
Online
)
- Reisen nach dem Nordpolarmeer
. 2 Bande., George Westermann, Braunschweig 1872?1873 (
Online
)
- Reise in Nordost-Afrika. Schilderungen aus dem Gebiete der Beni Amer und Habab nebst zoologischen Skizzen und einem Fuhrer fur Jagdreisende
. George Westermann, Braunschweig 1877,
Band 1
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- Wilfried Schmid:
Theodor von Heuglin. Lebensgeschichte, Werksverzeichnis, Lebenswerk. 2 Bande, 980 Seiten
. ? Ges. Naturkde. Wurtt, Sonderheft.
ISBN 978-3-9826074-0-5
(Band 1),
ISBN 978-3-9826074-1-2
(Band 2).