Theodor Frings

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Theodor Frings (ca. 1949)

Theodor Frings (* 23. Juli 1886 in Dulken , Niederrhein ; † 6. Juni 1968 in Leipzig ) war ein deutscher germanistischer Mediavist und Linguist . Er war von 1927 bis 1957 Professor fur Altere deutsche Sprache und Literatur an der Universitat Leipzig . Von 1948 bis 1965 war Frings Prasident der Sachsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig .

Der Sohn eines Buchbinders bei Krefeld legte das Abitur am Realgymnasium in Monchengladbach ab und studierte ab 1906 Neuere Sprachen und Germanistik an den Universitaten Marburg und Leipzig . Wahrend seines Studiums wurde er Mitglied beim Verein Deutscher Studenten in Marburg. [1] Er legte 1911 das Examen fur das hohere Lehramt ab und promovierte im selben Jahr bei Ferdinand Wrede in Marburg mit dem Thema ?Studien zur Dialektgeographie des Niederrheins zwischen Dusseldorf und Aachen“. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent an der Universitat Bonn am Worterbuch der Rheinischen Mundarten. Von 1913 bis 1917 war er Oberlehrer an der stadtischen Realschule Bonn. Mit einer Schrift uber ?die rheinische Accentuierung“ habilitierte er 1915 bei Rudolf Meißner in Bonn fur Germanische Philologie. 1917 wurde Frings außerordentlicher Professor, 1919 ordentlicher Professor fur deutsche und niederlandische Philologie an der Universitat Bonn.

Frings folgte 1927 einem Ruf auf den Lehrstuhl fur Altere deutsche Sprache und Literatur an der Philosophischen Fakultat der Universitat Leipzig , den er bis zu seiner Emeritierung 1957 innehatte. In dieser Zeit war er auch Direktor des Germanistischen Instituts bzw. ab 1956 des Instituts fur Deutsche und Germanische Philologie an der Universitat Leipzig, das er uber seine Emeritierung hinaus kommissarisch bis zu seinem Tod 1968 leitete. Er nahm auch viele Gastprofessuren im Ausland wahr, so 1922/23 an der Universitat Amsterdam .

Frings war uberzeugt, dass die Sprachgeschichte ein wesentlicher Kern der Menschheitsgeschichte ist. Schon sehr fruh hat der Germanist deshalb interdisziplinar mit Historikern, Volkskundlern, Niederlandisten und Romanisten zusammengearbeitet, um Kulturraume zu beschreiben. Dabei hat er zuerst v. a. zum (ihm heimischen) Rheinland geforscht, spater aber seinen Blick besonders auf den ostmitteldeutschen Raum ausgeweitet. Ausgehend von den lautlichen und morphologischen Gegebenheiten der Dialekte und namenkundlichen Belegen hat er altere Sprachschichten rekonstruiert und konnte damit eine die historischen Zeugnisse erganzende Siedlungsgeschichte des ostmitteldeutschen Raumes nachweisen, was immer noch weitgehend Gultigkeit hat. Seine dialektgeographische Erklarung der Entstehung der neuhochdeutschen Hochsprache dagegen gilt heute als uberholt. Theodor Frings war maßgeblich an großen Worterbuchprojekten beteiligt, wie dem Althochdeutschen Worterbuch oder dem Worterbuch der obersachsischen Mundarten .

Im Jahr 1933 unterzeichnete er mit ca. 900 anderen Wissenschaftlern das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitaten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat . In einem Vortrag, den er im Mai 1936 in Groningen (Niederlande) hielt, außerte er sich positiv uber das NS-Regime. [2] 1938 bezeichnete er das 1920 gegrundete und in der NS-Zeit vereinnahmte Institut fur geschichtliche Landeskunde , IGL, in Bonn als eines ≫der erfolgreichsten wissenschaftlichen Institute Deutschlands≪ und eines ≫der wachsamsten Grenzinstitute deutscher Geschichtswissenschaft≪. [3] 1938 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewahlt. [4]

Frings arrangierte sich mit den Behorden im Nationalsozialismus, legte sich manchmal aber auch mit ihnen an. So stellte er sich als einer von wenigen hinter den von national-sozialistischen Studenten physisch attackierten Nationalokonom Gerhard Kessler , der Hitler als ?Phrasendrescher und Rattenfanger“ bezeichnet hatte und 1933 aus dem Dienst entlassen worden war. Im Marz 1933 protestierte Frings dagegen, dass das Rektorat nichts gegen Aufmarsche uniformierter NS-Studenten auf dem Universitatsgelande unternahm; in seinen Augen ein eklatanter und inakzeptabler Verstoß gegen die Wurde der Universitat. Er setzte sich auch dafur ein, dass der spatere Bundestagsabgeordnete Herbert Hupka , der nach den Nurnberger Rassegesetzen als ?Halbjude“ galt, seine Dissertation abschließen konnte. [5]

Als ?zweiter Grundervater“ des Instituts fur geschichtliche Landeskunde heuerte er nach der alliierten Befreiung Deutschlands kurzfristig wieder am Institut an. [6] Frings zog dann in die Sowjetische Besatzungszone . In den Jahren von 1946 bis 1965 war er Prasident der Sachsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Auch leitete er das Institut Deutsche Literatur und Sprache der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin.

Frings war weder Mitglied der NSDAP noch der SED.

Grabstatte Theodor Frings auf dem Sudfriedhof in Leipzig (2011)

1949 erhielt er den Nationalpreis der DDR II. Klasse fur Wissenschaft und Technik. 1961 erhielt er als Teil des Kollektiv des Deutschen Worterbuches den Nationalpreises der DDR I. Klasse fur Wissenschaft und Technik. 1954 wurde er mit dem Vaterlandischen Verdienstorden in Silber und 1959 in Gold ausgezeichnet. [7] [8] 1966 verlieh ihm die Universitat Leipzig die Ehrendoktorwurde .

Im Gedenken an Theodor Frings verleiht die Sachsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig den Theodor-Frings-Preis .

Kurz vor seinem Tod verlieh ihm die Dulkener Narrenakademie die Ehrendoktorwurde.

Veroffentlichungen (Auswahl)

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  • Grundlegung einer Geschichte der deutschen Sprache . Max Niemeyer, Halle (Saale) 3. erweit. Aufl. 1957
  • mit Jurgen Kuhnt: Konig Rother . Bonn/Leipzig 1922 (= Rheinische Beitrage und Hulfsbucher zur germanischen Philologie und Volkskunde. Band 3); Nachdrucke 1954, 1961 und 1968.
  • Geschichte des Rheinlandes von der altesten Zeit bis zur Gegenwart . 2 Bande. Von Hermann Aubin , Th. Frings u. a., G. D. Baedeker, Essen 1922 [9]
  1. Politische Geschichte
  2. Kulturgeschichte
  • Rheinische Sprachgeschichte . Essen 1924. 54 S.
  • Aus der Wortgeographie der Rhein- und Niederlande . Heidelberg 1924, in: Beitrage zur germanischen Sprachwissenschaft. Festschrift fur Otto Behaghel . S. 194?232 (Germanische Bibliothek. II. Abt. Bd. 15) 1959 B 974
  • Sprache und Siedlung im mitteldeutschen Osten . Leipzig 1932. (Berichte uber die Verhandlungen der Sachsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philol.-histor. Klasse. 84,6) Z 2824 b-84,6 Frings Eduard Sievers. [Mit einem] Schriftenverzeichnis von Elisabeth Karg-Gasterstadt . Leipzig 1933. (Berichte uber die Verhandlungen der Sachsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philol.-histor. Klasse. 85,1) Z. 2824 b-85,
  • Sprache und Siedlung im mitteldeutschen Osten . Berlin 1933, in: Forschungen und Fortschritte 9. S. 3, Z. 602-9
  • Die Grundlagen des Meißnischen Deutsch: ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der deutschen Hochsprache . Halle (Saale) 1936. 24 S., Fr 52 083
  • Die Stellung der Niederlande im Aufbau des Germanischen. In: Beitrage zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, 91, Halle 1969?1971, S. 39?105
    • Die Stellung der Niederlande im Aufbau des Germanischen. Halle 1944
  • Uber die neuere flamische Literatur. Elwert, Marburg 1918 [10]
  • mit Hermann Aubin und Josef Muller : Kulturstromungen und Kulturprovinzen in den Rheinlanden. Rohrscheid, Bonn 1926
  • Die Ortsnamen auf -lar u. die niederlandischen Baumnamen des Typus Hazelaar ≫Haselnußstrauch≪, Z. dt. Altertum, 66, S. 46?49
  • mit W. von Wartburg: Franzosisch und Frankisch, In: Zeitschrift fur romanische Philologie , 57, S. 193?210
  • mit Gabriele Schieb: Drei Veldekestudien : Das Veldekeproblem, der Eneideepilog , die beiden Stauferpartien . Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin . Philosophisch-Historische Klasse. Jahrgang 1947 Nr. 6. Akademie-Verlag Berlin 1949.
  • als Hrsg. mit Gabriele Schieb: Henric van Veldeken. Eneide, I Einleitung. Text. Berlin 1964 (= Deutsche Texte des Mittelalters. Band 58).
  • J. Vannerus: L'utilite des sciences auxiliaires de l'histoire. A propos de travaux de J. Meyers, J. Steinhausen, Th. Frings u. a. In: Revue belge de philologie et d'histoire = Belgisch tijdschrift voor filologie en geschiedenis , Jg. 12 (1934), S. 1244?1273.
  • Matthias Zender: Gedenkworte fur Theodor Frings . In: Rheinische Vierteljahrsblatter . Bd. 34 (1970), S. 1?8 ( Digitalisat ).
  • Werner Besch: Zum 100. Geburtstag von Theodor Frings . In: Rheinische Vierteljahrsblatter . Bd. 50 (1986), S. VII?VIII ( Digitalisat ).
  • Henning Brinkmann: Aufbruch in Bonn. Zum 100. Geburtstag von Theodor Frings . In: Rheinische Vierteljahrsblatter . Bd. 50 (1986), S. IX?XIX ( Digitalisat ).
  • Helene Malige-Klappenbach: Theodor Frings 23.7.1886?6.6.1968. Zu seinem 100. Geburtstag. In: Rheinische Vierteljahrsblatter . Bd. 50 (1986), S. XX?XXX ( Digitalisat ).
  • Christoph Konig (Hrsg.), unter Mitarbeit von Birgit Wagenbaur u. a.: Internationales Germanistenlexikon 1800?1950 . Band 1: A?G. De Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-015485-4 , S. 528?529 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Kurzbiografie zu:  Frings, Theodor . In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4 .
  • Anna Lux: Raume des Moglichen. Germanistik und Politik in Leipzig, Berlin und Jena (1918?1961) , Steiner Verlag, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-515-10902-4 .
  • ?Theodor Frings: Philologe“. In: Paul Eßer/Torsten Eßer: Viersener Kopfe. Bekannte Burger(innen) unserer Stadt und ihre Geschichte(n) , Kater Verlag, Viersen 2023, ISBN 978-3-944514-21-5 , S. 89?93.

Einzelnachweise

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  1. Louis Lange (Hrsg.): Kyffhauser-Verband der Vereine Deutscher Studenten. Anschriftenbuch 1931. Berlin 1931, S. 61.
  2. Klaas van Berkel: Universiteit van het Noorden: De klassieke universiteit, 1876?1945, Hilversum 2017, S. 797.
  3. Zitate: IGL-Archiv, Akte IGL 105, Korrespondenz Franz Steinbach 1929?1964; sowie Frings an Deutsche Litteraturzeitung , 14. April 1938.
  4. Theodor Frings Nachruf bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (PDF-Datei).
  5. Konrad Krause: Alma mater Lipsiensis: Geschichte der Universitat Leipzig von 1409 bis zur Gegenwart . Leipziger Universitatsverlag, 2003.
  6. So beschaftigte ihn seit den fruhen 1950er Jahren die Eneide -Dichtung des aus dem Gebiet des heutigen Belgien stammenden mittelalterlichen Autors Henric van Veldeken . Er gab sie 1964 - von ihm ins Limburgische zuruckubersetzt - heraus. Quelle fur sein Zwischenspiel in Bonn 1945/1946: Bernd-A. Rusinek , Das Bonner Institut fur Rheinische Landeskunde, in Ulrich Pfeil Hg.: Deutsch-franzosische Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen im 20. Jahrhundert. Ein institutionengeschichtlicher Ansatz. Oldenbourg, Munchen 2007, S. 31?46. Volltext bei Perspectivia.net
  7. Neues Deutschland , 7. Oktober 1954, S. 4.
  8. Berliner Zeitung , 4. Oktober 1959, S. 3.
  9. Inhaltsverzeichnisse beider Bande bei Deutsche Nationalbibliothek , online
  10. Das Buch beruht auf einem 1917/1918 gehaltenen Kolleg .