Proms

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Logo der BBC Proms (2022)
Ein Promenadenkonzert in der Royal Albert Hall 2004. Im Hintergrund vor der Orgel ist die Buste von Henry Wood zu sehen.

Die Proms sind eine traditionelle Sommerkonzertreihe in London . Alljahrlich finden zwischen Juli und September taglich Konzerte mit klassischer Musik , insgesamt uber 70 an der Zahl, statt, hauptsachlich in der Royal Albert Hall in Kensington .

Begriff und Besonderheiten [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die englische Kurzbezeichnung Proms steht fur promenade series . Die Proms haben ihre Wurzeln dabei tatsachlich in den traditionellen, seit dem 18. Jahrhundert beliebten, ebenfalls in London entstandenen Promenadenkonzerten. Sie entwickelten sich jedoch schnell zu einem einzigartigen Musikfestival, das mit den Promenadenkonzerten allenfalls Gemeinsamkeiten in der Ausrichtung auf ein breites Publikum und einzelne Veranstaltungen mit popularen Musikstucken aufweist. Auch der namentliche Bezug blieb erhalten. Bei Konzerten in der Royal Albert Hall gibt es neben den Sitzplatzen auch sehr preiswerte Stehplatze (2018: sechs Pfund pro Konzert). Die Besucher, die sich fur diese Platze direkt vor der Buhne (in der Arena ) oder auf der Galerie entscheiden, werden Promenaders (engl. ?Spazierganger‘) oder kurz Prommers genannt. Viele von ihnen besuchen die Konzerte schon seit Jahrzehnten, manche seit mehr als 40 Jahren. Einige verpassen wahrend einer Saison kein einziges Konzert. Jedes Konzert wird live im BBC Radio 3 ubertragen.

Die Proms haben traditionell keine Kleiderordnung. Die Konzertbesucher kommen oft direkt von der Arbeit (oder an freien Tagen aus den benachbarten Kensington Gardens ) und sind dementsprechend angezogen: Vom Business-Anzug bis hin zu legerer Freizeitkleidung ist alles zu sehen. Selbst kurze Hosen, T-Shirts und Trainingsanzuge gehoren vor allem unter den Stehplatzzuschauern in der Arena zum normalen Bild. In der Pause finden auf dem Boden der Arena sogar kleine Picknicks statt. Aufmerksamkeit erregt bei den Proms eher schon feine Abendgarderobe: Sie wird meist von Touristen getragen, die mit den Ritualen der Proms nicht vertraut sind.

Die Proms werden außerhalb von Großbritannien oft falschlicherweise mit der beruhmten Last Night of the Proms , dem jeweiligen Abschlusskonzert einer Saison, gleichgesetzt. Dadurch entsteht das Missverstandnis, dass Verkleidungen, Troten, Fahnchen und witzige Zwischenrufe auch wahrend der ubrigen Konzertsaison zu beobachten seien. Das trifft jedoch genauso wenig zu wie die Annahme, das Programm der Proms bestehe ausschließlich aus leicht zuganglichen, popularen Werken (?Schunkelklassik“). Stattdessen gelten die Prommers in der Musikwelt als außergewohnlich leises, diszipliniertes, fachkundiges und aufgeschlossenes Publikum. Viele Konzerte der Proms bestehen außerdem aus zeitgenossischen, experimentellen oder wenig bekannten Werken der Kunstmusik.

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das erste Proms-Konzert fand am 10. August 1895 in der Queen’s Hall am Londoner Langham Place statt. Es wurde von Robert Newman initiiert. Die Konzertreihe entstand aus der Idee heraus, auch Menschen anzusprechen, die sich normalerweise nicht fur klassische Konzerte interessieren. Sie sollten mit gunstigen Kartenpreisen und einer zwangloseren Atmosphare (Essen, Trinken und Rauchen wurden ausdrucklich erlaubt) von einem Konzertbesuch uberzeugt werden.

Untrennbar mit den Konzerten verbunden ist der Dirigent Sir Henry Wood . Er war der musikalische Leiter des ersten Konzerts und hatte großen Anteil an der Erweiterung des Repertoires der spateren Konzerte. Seit den 1920er Jahren beinhalten die Konzerte auch populare, weniger anspruchsvolle Werke von zeitgenossischen Komponisten wie Claude Debussy , Richard Strauss und Ralph Vaughan Williams . Wahrend der ?Last Night of the Proms“ wird Woods Buste , die vor der Orgel in der Royal Albert Hall aufgebaut ist, von Vertretern der Promenaders mit Lorbeerblattern geschmuckt.

1927 ubernahm die BBC , die in der Nahe der Queen’s Hall im Broadcasting House heute noch Radioprogramme produziert, die Leitung der Konzerte. Die erste Ubertragung fand am 13. August 1927 statt. [1] 1930 wurde das BBC Symphony Orchestra gegrundet, das nun auch die meisten Konzerte bespielte. Zu dieser Zeit gab es einzelne Konzerte, die ausschließlich bestimmten Komponisten gewidmet waren: Beispielsweise am Montag Richard Wagner , am Freitag Ludwig van Beethoven und an anderen Tagen weitere bedeutende Komponisten. Sonntags wurden keine Konzerte veranstaltet.

Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1939 zog sich die BBC von der Ausrichtung der Konzertreihe zuruck. Die Proms wurden mit privater Unterstutzung fortgesetzt, bis die Queen’s Hall 1941 nach einem Luftangriff ausbrannte. Ein Jahr darauf wechselten die Konzerte in ihre jetzige Heimstatt, die Royal Albert Hall und die BBC ubernahm wieder die Veranstaltung. [1]

Ab den 1950er Jahren spielten auch immer mehr Gastorchester bei den Proms . 1963 ubernahmen die ersten internationalen Stardirigenten (wie Leopold Stokowski , Georg Solti und Carlo Maria Giulini ) die Leitung, und 1966 spielte mit dem Radioorchester Moskau das erste auslandische Ensemble bei den Proms . Inzwischen ist fast taglich ein international renommiertes Spitzenorchester mit namhaften Solisten und Dirigenten zu horen.

Ein weiterer bedeutender Dirigent der Promenadenkonzerte war Sir Malcolm Sargent . Er leitete sie von 1948 bis 1966 als Chefdirigent. Eine nach ihm benannte Wohltatigkeitsorganisation veranstaltet jedes Jahr kurz nach Ende der Konzertsaison ein spezielles Promenadenkonzert.

Der heutige Spielplan der Promenadenkonzerte umfasst neben traditionell zeitgenossischen Klassikwerken auch Alte Musik .

Im Jahr 2022 endeten die Proms infolge des Todes von Konigin Elisabeth II. vorzeitig am 8. September; die beiden letzten Konzerte, darunter die Last Night , wurden abgesagt. [2]

?Last Night of the Proms“ [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Geschminkt, Fahnen schwenkend und enthusiastisch ? so sehen typische Besucher der ?Last Night“ aus.

Die legendare ?Last Night of the Proms“, das Abschlusskonzert, das außerhalb von Großbritannien viel bekannter ist als die eigentliche Konzertsaison, findet in einer sehr gelosten Atmosphare statt. Neben popularer Klassik wird in der zweiten Halfte des Konzertes eine Reihe sogenannter patriotischer Werke aufgefuhrt. Dazu zahlen unter anderem Hubert Parrys Vertonung von William Blakes Gedicht And did those feet in ancient time (Die Hymne tragt zwar den Titel Jerusalem , das Gedicht selbst hat bei Blake jedoch keinen Titel. Es ist Teil seiner Dichtung Milton . Blakes Dichtung Jerusalem hat nichts mit dem Gedicht zu tun.), Edward Elgars Pomp and Circumstance March Nr. 1 ( Land of Hope and Glory ) und Rule, Britannia! Bei den genannten Stucken ist es Tradition, dass das Publikum mitsingt und teilweise Union-Jack-Fahnchen schwingt und ebensolche Hute tragt. Die ?Last Nights of the Proms“ verbinden damit karnevalistische Frohlichkeit mit der Feierlichkeit eines klassischen Konzerts. Als Protest gegen den Brexit sind seit 2016 im Publikum zunehmend Europaflaggen zu sehen. [3]

Das Konzert endet damit, dass die Nationalhymne gesungen wird, Zugaben erfolgen nicht; wobei oftmals vom Publikum allein Auld Lang Syne angestimmt wird. Oft stimmt der Chor dabei auch mit ein.

Auf Wunsch des bis 2004 amtierenden musikalischen Leiters des BBC Symphony Orchestra, des amerikanischen Dirigenten Leonard Slatkin , wurde der patriotische Anteil der ?Last Night“ verringert. Von 2002 bis 2007 wurde Rule Britannia nicht mehr als eigenes Stuck, sondern nur noch als Teil von Henry Woods Fantasia on British Sea Songs , eines weiteren traditionellen Werks der ?Last Night of the Proms“, gespielt. Die Entscheidung, die ?Last Night“ auf diese Weise zu ?entscharfen“, wurde von einigen Promenaders begrußt, wahrend sie von anderen als ubertriebene Political Correctness kritisiert wurde. Seit 2008 wird jedoch wieder die ursprungliche Version aufgefuhrt.

2016, nach dem erfolgreichen Brexit -Volksentscheid, verteilte eine Gruppe von EU-Befurwortern zahlreiche aus Spenden finanzierte Europaflaggen , womit das Publikum demonstrieren sollte, ?wie Musikliebhaber die EU wertschatzen“. Ein Geldgeber der ?Brexit“-Kampagne konterte diesen von ihm empfundenen Angriff auf die ?Bastion der britischen Kultur und Identitat“ mit der Anschaffung zusatzlicher Union Jacks im Wert von 10.000 £ [4] .

Am 13. September 2008 dirigierte erstmals Sir Roger Norrington die Last Night of the Proms. Am 7. September 2013 leitete Marin Alsop als erste Dirigentin die Last Night. [5]

Das Interesse an der Last Night ubersteigt die Kapazitaten der Royal Albert Hall um ein Vielfaches. Daher ist es sehr schwer, Eintrittskarten fur dieses Konzert zu bekommen. Wer mindestens funf der regularen ?Proms‘ besucht hat, nimmt an einer Verlosung um Last-Night-Karten teil. Damit auch Touristen eine Moglichkeit zum Besuch des Abschlusskonzerts haben, gibt es fur Reiseveranstalter spezielle Kartenkontingente. Allerdings ubertragen verschiedene Fernsehsender die Last Night, in Deutschland der NDR und 3sat . Die Ubertragung wird auch in den ARD-Kulturwellen ? bis einschließlich 2015 mit Ausnahme des Bayerischen Rundfunks  ? ubernommen, seit 2009 im Rahmen des ARD-Radiofestivals . Dabei werden auch Teile der Konzerte, die gleichzeitig in Nordirland, Wales und Schottland stattfinden, gezeigt. Radio O1 von ORF ubertragt seit 1996, prasentiert von Peter Kislinger, das gesamte Konzert live. [6]

?Proms in the Park“ [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

28.000 Menschen erlebten 1996 das erste Festival ?Proms in the Park“ im Londoner Hyde Park mit. Zum Abschluss des Live-Konzerts wurde aus der Royal Albert Hall per Großleinwand ubertragen.

Weil die Royal Albert Hall den Andrang des Publikums nicht mehr bewaltigen konnte, wurde die ?Last Night“ 1996 um die ?Proms in the Park“ erganzt. Zeitgleich zu der klassischen Auffuhrung in der Albert Hall feierten seitdem bis zu 40.000 Personen im Hyde Park das musikalische Ereignis. Das Parkfestival hatte ein eigenes Live-Programm. Zum Abschluss wurde die Albert Hall per Großleinwand zugeschaltet, und die Zuschauer im Park stimmten mit in die traditionellen patriotischen Werke ein. In gleicher Weise feierten Nordiren, Schotten und Waliser einige Jahre lang gleichzeitig in Parks von Belfast , Glasgow , Swansea und Manchester mit.

Die letzten offiziellen ?Proms in the Park“ fanden 2019 statt. Die Freiluft-Veranstaltungen eroffneten auch den Touristen eine preiswerte Moglichkeit, die typische Atmosphare einer ?Last Night“ mitzuerleben.

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b First BBC Promenade Concert 13 August 1927 . ( Memento vom 10. Oktober 2014 im Internet Archive ) In: The BBC Story. August. bbc.co.uk. Ohne Datum.
  2. BBC Proms. 9. September 2022, abgerufen am 9. September 2022 (englisch, Ankundigung auf der Startseite der BBC Proms: ?Following the very sad news of the death of Her Majesty the Queen, as a mark of respect, we will not be going on with Prom 71 on Friday 9 September, or the Last Night of the Proms on Saturday 10 September.“).
  3. Press Association: EU flags waved at Last Night of the Proms in anti-Brexit protest. In: The Guardian. 10. September 2016, abgerufen am 18. September 2021 (englisch).
  4. Brexit und Proms , Gina Thomas, FAZ online, 11. September 2016
  5. Fiona Maddocks: Marin Alsop, conductor of Last Night of the Proms, on sexism in classical music . In: The Guardian , 6. September 2013; abgerufen am 7. September 2013.
  6. Last Night of the Proms , ORF, 9. September 2023