Teresa Carreno

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Teresa Carreno (vor 1900)

Maria Teresa Carreno Garcia de Sena (* 22. Dezember 1853 in Caracas ; † 12. Juni 1917 in New York ) war eine venezolanische Pianistin und Komponistin .

Leben und Werk [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Teresa Carreno war zu ihrer Zeit weltberuhmt und galt als die bedeutendste Pianistin der Gegenwart. [1] Haufig wurde sie als ?Kaiserin des Pianos“ und ?Walkure des Pianos“ bezeichnet. [2]

Teresa Carreno im Alter von acht Jahren an einem Tafelklavier
Manuel Carreno (um 1863)

Ihr Vater Manuel Antonio Carreno Munoz war ein venezolanischer Diplomat, Padagoge, Verleger und Kulturintellektueller. Als Sohn des bedeutenden venezolanischen Komponisten Jose Cayetano Carreno in einem sehr musikalischen Umfeld aufgewachsen, war er ein begabter Amateurpianist; außerdem der Verfasser des im spanischen Sprachraum weitbekannten und vielfach aufgelegten Benimmbuches Manual de urbanidad y buenas maneras (1852), einer Art spanischer Knigge . Mit seinen politisch aktiveren Brudern Jose Bautista Carreno und Jose de la Cruz Carreno, die ebenfalls Musiker waren und politisch Jose Antonio Paez nahestanden, beteiligte sich Manuel Carreno in den 1850er Jahren an der Opposition gegen das autoritarliberale Regime der Monagas-Bruder . Teresas Mutter Clorinda Garcia de Sena y Rodriguez del Toro (1816?1866), deren Vater ebenfalls Musiker war, war mit Maria Teresa del Toro (1781?1803), der legendenverklarten Ehefrau Simon Bolivars und Teresa Carrenos Namenspatin, und mit dem venezolanischen Revolutionsgeneral Francisco Rodriguez del Toro (1761?1851) verwandt.

Teresa erhielt Klavierunterricht von ihrem Vater, der mehr als 500 Lehrstucke fur sie schrieb und sie 1862 in Kammermusikzirkeln und bei Hauskonzerten der Hauptstadtelite von Caracas prasentierte, wo ihre Auftritte vor allem wegen der fur ihr Alter ungewohnlichen Virtuositat und ihren erstaunlich kreativen Improvisationen stark beachtet wurden. Beobachter bezeichneten das ? Wunderkind “ als ?Nachfolger und wurdiges Abbild Mozarts“ und feierten sie als Ikone des kunftigen Fortschritts in Venezuela. Unmittelbar vor ihrer Auswanderung war der seit 1842 in Caracas tatige deutsch-venezolanische Pianist Julio Hohene fur einige Monate ihr Lehrer.

Wegen der in Venezuela seit 1858 anhaltenden politischen Unruhen , die mit einem Niedergang des kulturellen Lebens in der Hauptstadt einhergingen, entschloss sich die Familie 1862 nach politischen Schwierigkeiten des Vaters zu emigrieren. Manuel Carreno hatte 1861 und 1862 als Leiter der Nationalbank sowie kurzzeitig als Außen- und Finanzminister seines Landes amtiert und sich danach von der Politik abgewandt. Finanziell durch den Verkauf der Guter ihrer Großmutter mutterlicherseits abgesichert, reiste Teresas Familie mit insgesamt dreizehn Personen und begleitendem Dienstpersonal am 23. Juli 1862 uber Kuba in die Vereinigten Staaten aus. Nur ihre 15-jahrige Schwester Emilia weigerte sich mitzukommen, weil sie in Venezuela bleiben und einen Cousin heiraten wollte. [3]

Teresa erhielt in New York bis 1865 Unterricht bei Louis Moreau Gottschalk . Am 28. November 1862 gab sie ihr erstes Konzert in der New Yorker Irving Hall ; als Neunjahrige spielte sie 1863 im Weißen Haus vor Abraham Lincoln . Im Herbst 1866 starb ihre Mutter an der Cholera , was fur das Kind einen schweren Schlag bedeutete. Noch im selben Jahr zog sie mit ihrem Vater nach Spanien, wo sie Konzerte in Madrid und Zaragoza gab. In Paris erhielt sie um 1868/69 Klavierunterricht von dem Chopin -Schuler Georges Mathias und lernte 1868 Anton Rubinstein kennen, der darauf bestand, sie ebenfalls zu unterrichten. Sie folgte ihm nach Wien und blieb wohl bis spatestens zu seiner Abreise in die Vereinigten Staaten im Jahr 1872 seine Schulerin. Es folgten Konzertreisen durch ganz Europa. Außerdem veroffentlichte sie bereits vor ihrem 20. Geburtstag eine Vielzahl eigener Kompositionen. [4]

Von 1873 bis 1875 war sie mit dem Komponisten Emile Sauret verheiratet, von 1876 bis 1885 mit dem italienischen Bariton Giovanni Tagliapietra . Aus dieser Ehe ging am 24. Dezember 1882 die Tochter Teresita Tagliapietra-Carreno hervor, die ebenfalls eine bedeutende Pianistin wurde. Am 7. Januar 1885 wurde der Sohn Giovanni geboren.

1885 kehrte Teresa Carreno erstmals seit ihrer Emigration in der Kindheit nach Venezuela zuruck, wo sie mit Tagliapietra eine italienische Oper in Caracas eroffnete, in der sie auch als Sangerin auftrat. Ihre Auftritte als Pianistin wurden eine Zeitlang seltener, sie komponierte viel und verfolgte weitere Projekte, so die Eroffnung eines Konservatoriums in ihrem Heimatland.

Wenige Jahre darauf ging sie wieder nach Europa. Große Beachtung fand ihre Europatournee 1889 bis 1890, durch die sie endgultig zur hochsten Beruhmtheit aufstieg. Im Rahmen dieser Konzertreise gab sie am 18. November 1889 ihr Debut in Berlin . In Deutschland genoss Carreno zeit ihres Lebens besondere Verehrung.

In dritter Ehe war sie von September 1892 bis Oktober 1895 mit Eugen d’Albert verheiratet, mit dem sie in der nach ihr benannten Villa Teresa im sachsischen Kotitz , heute Coswig , lebte. Mit D’Albert hatte sie zwei weitere Tochter, Eugenia (* 27. Sept. 1892) und Hertha (* 26. Sept. 1894). Ab 1902 war sie mit Arturo Tagliapietra , dem Bruder ihres zweiten Ehemannes, verheiratet und lebte, wenn sie nicht auf Reisen war, in Berlin am Kurfurstendamm . Neben ihren Konzertreisen durch Europa, Amerika und Australien trat sie als Komponistin von brillanten Klavierstucken hervor und komponierte auch ein Streichquartett.

Villa Teresa in Coswig

Aus ihrer Schule gingen bedeutende Pianisten ? wie Edward MacDowell und Telemaque Lambrino ? hervor. Rudolf Maria Breithaupt widmete ihr sein modernes methodisches Klavierwerk ?Die naturliche Klaviertechnik der Meisterin Teresa Carreno“. Auch Gioachino Rossini und Edvard Grieg zollten ihr Hochachtung. [2]

Teresa Carreno hat am 2. April 1905 insgesamt 18 Werke fur das Reproduktionsklavier Welte-Mignon aufgenommen, darunter eine damals und heute als phantastisch gespielt empfundene Aufnahme der Waldstein-Sonate von Beethoven . [5] Mehrere der 1905 von ihr eingespielten Notenrollen fur Reproduktionsklaviere mit Werken von Schumann , Liszt , Chopin und Beethoven sowie eigenen Kompositionen sind im Besitz der Universitatsbibliothek Freiburg und des Augustinermuseums in Freiburg. Ihre Tochter Teresita spielte 1906 ebenfalls Welte-Mignon-Aufnahmen ein.

Im April 1983 wurde in Caracas das nach der Kunstlerin benannte Musiktheater Complejo Cultural Teresa Carreno ( Teresa Carreno Cultural Complex ) eroffnet, eines der großten Konzert- und Schauspielhauser Lateinamerikas [6] .

Trivia [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Haufig wird ihr die Komposition der venezolanischen Nationalhymne Gloria al bravo pueblo zugeschrieben, dies ist allerdings nicht richtig. Sie komponierte jedoch tatsachlich zwei Chorwerke mit patriotisch-nationalem Charakter: den Himno a Bolivar (1883/1885) und den Himno a El Ilustre Americano (1886).

Der Venuskrater Carreno mit 57 Kilometern Durchmesser ist nach Teresa Carreno benannt.

Werke (Auswahl) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Teresa Carreno (oben rechts) zusammen mit ihrem zweiten Ehemann Giovanni Tagliapietra (Mitte oben) auf einem Plakat.

Klavierwerke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Werke fur Chor und Orchester [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Himno a Bolivar (1883 oder 1885)
  • Himno a El Ilustre Americano (1886)

Sonstige Werke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einspielungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Teresa Carreno spielt Stucke am Steinway - Duo-Art - Reproduktionsflugel ein ( New York , 1914)

Als Komponistin [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Klavierwerke, Alexandra Oehler, Klavier, CD erschienen beim Freiburger Musikforum, 1999 I Corbeille de fleurs II Ballade op. 15 III Plainte, Elegie op. 17 IV Partie. Elegie op. 18 V Un reve en mer op. 28 VI Mazurka de salon op. 30 VI Deux esquisses italiennes op. 33 VII Intermezzo scherzoso op. 34 VII Highland (Souvenir de l'Escosse) op. 38 VIII La fausse note, Fantasie-Valse op. 39 XI Petite valse "Teresita".
  • The music of Teresa Carreno , 2002 eingespielt von der Pianistin Clara Rodriguez im Carreno Sala Jose Felix Ribas in Caracas. Naxos, Hongkong, 2009 OCLC 704980156
  • Reverie : selected music for piano / Carreno, Alexandra Oehler, Klavier, eingespielt zwischen dem 13. und 15. April 2013 im Mendelssohn-Saal im Gewandhaus in Leipzig , Naxos , 2013

Als Interpretin [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Teresa Carreno, pianist , am 10. April 1905 auf Welte-Mignon -Rollen eingespielt, 2004 digital aufbereitet und von der Pierian Recording Society in Austin , 2004 OCLC 56495470
  • Teresa Carreno performs in 1906 , LP, Recorded Tresures, Hollywood, 1963 OCLC 254363918

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Obras de Teresa Carreno . Ediciones del Ministerio de Educacion, Caracas 1974 (amtl. Werkverzeichnis).
  • Rudolf Maria Breithaupt : Die naturliche Klaviertechnik der Meisterin Teresa Carreno . Kahnt, Leipzig 1905.
  • Juan Bautista Plaza: Teresa Carreno . Tipografia Americana, Caracas 1938.
  • Marta Milinowski: Teresa Carreno: ?By the grace of god“ . Da Capo Press, New York 1977, ISBN 0-306-70870-1 (Nachdr. d. Ausg. New Haven 1940).
  • Rosario Marciano: Teresa Carreno. Eine Lebens- und Wirkungsgeschichte . Furore-Verlag, Kassel 1990, ISBN 3-927327-04-2 .
  • Mario Milanca Guzman: Quien fue Teresa Carreno? Alfadil Ed., Caracas 1990, ISBN 980-6273-00-1 .
  • Joseph Banowetz , Brian Mann (Bearb.): The art of piano pedaling. Two classic guides. Anton Rubinstein and Teresa Carreno . Dover Publications, Mineola, N.Y. 2003. ISBN 0-486-42782-X (Inhalt: Guide to the proper use of the piano forte pedals (Bosworth, Leipzig 1897) und Possibilities of tune color by artistic use of pedals (J. Church, Cincinnati 1919)).
  • Cord Garben : Am Gluck vorbei …. Kunst und Schicksal legendarer Pianistinnen. Noetzel Verlag, Wilhelmshaven 2017 (2. Auflage 2018), ISBN 978-3-7959-1013-6 , S. 15?34.
  • Anna E. Kijas: The Life and Music of Teresa Carreno (1853?1917). A Guide to Research . Music Library Association, Philadelphia 2019, ISBN 978-0-89579-876-3 (mit Werkverzeichnis).
  • Anna E. Kijas: The Life of Teresa Carreno (1853?1917), a Venezuelan Prodigy and Acclaimed Artist . In: Notes , Bd. 76, Nr. 1 (September 2019), S. 38?83 (Biografie, Vorauszug aus dem Buch derselben Autorin).
  • Laura Pita: Teresa Carreno’s Early Years in Caracas: Cultural Intersections of Piano Virtuosity, Gender, and Nation-Building in the Nineteenth Century. Dissertation, University of Kentucky , 2019 (online) .
  • Laura Pita: Los conciertos de Teresa Carreno en Caracas en 1862: construcciones de genero, virtuosismo y patriotismo. In: Escena. Revista de las artes , ISSN 2215-4906, Bd. 79 (2020), Nr. 2, S. 148?173 (online) .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Teresa Carreno  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. “the most distinguished female piano artist of the day”, vgl. Pressestimme aus 1901, in: Reminiscences about Abraham Lincoln (Pressearchiv der Lincoln Financial Foundation Collection ), S. 62/72.
  2. a b Ragna Schirmer , Konzertankundigung zum 160. Geburtstag von Teresa Carreno in der Borse Coswig am 22. Dezember 2013, abgerufen am 4. Mai 2017.
  3. Robert Stevenson: Teresa Carreno (1853?1917). Remembered on Her 150th Anniversary. In: Latin American Music Review / Revista de Musica Latinoamericana , Bd. 25 (2004), Nr. 2, S. 163?179 (hier: S. 163).
  4. Five pioneering women pianists. In: BBC Music Magazine , 10. April 2023 (englisch), abgerufen am 1. Mai 2023.
  5. Nachzuhoren hier ( YouTube -Kanal).
  6. Jean-Pierre Thiollet , 88 notes pour piano solo , "Solo nec plus ultra", Neva Editions, 2015, s.51. ISBN 978 2 3505 5192 0 .
  7. Le Sommeil de l'enfant, Berceuse auf YouTube , abgerufen am 29. Mai 2022.