Tanzfilm

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Ein Tanzfilm ist ein Film mit Tanzeinlagen ; im engeren Sinne thematisiert ein Tanzfilm auch das Tanzen an sich.

Der Tanzfilm ist ein Genre , das nicht eindeutig definiert werden kann. Seine Anfange gehen bis auf die Entwicklung des Tonfilms in den 1920er-Jahren zuruck. Er ist eng verbunden mit Hollywood , dem Zentrum des Films in den USA , und zugleich eng verknupft mit den Musiktheater-Produktionen des Broadways , die dem Tanzfilm lange Zeit als Vorlage dienten. Den Begriff ?Tanzfilm“ gibt es nur im Deutschen, es gibt in anderen Sprachen keine aquivalente Ubersetzung. Standardbezeichnungen fur Tanzfilme im Englischen sind ?musical comedy“ , ?musical film“ , ?music film“ oder einfach ?romantic comedy“ . Diese Begriffe heben weniger den Tanzaspekt hervor, sondern umfassen gleichermaßen Tanz, Musik, Gesang, humoristische und romantische Elemente.

Ein Tanzfilm zeichnet sich durch die deutliche Betonung auf die Tanzszenen aus, bei denen die oder der Tanzer am besten in Ganzkorperansicht gefilmt werden sollten. Dies ist angeblich auf Fred Astaire zuruckzufuhren, der auf diese Perspektive bestand. Sequenzen , in denen nur teilweise Bewegungen gezeigt werden, sind allenfalls beim Stepptanz oder im Stillstand, der Pose, zu bevorzugen. Realisiert wird die Ganzkorperansicht oft durch die Verwendung eines Weitwinkelobjektivs , mit dem die Tanzszenen aufgenommen werden.

Mitreißende Choreographien mit 30 oder mehr Tanzpaaren sind dabei lange Zeit ein wesentliches Element des Tanzfilms gewesen, welches aber mit seinem Niedergang vollig in den Hintergrund getreten ist. Der moderne Tanzfilm konzentriert sich auf wenige Tanzer, wenn nicht nur auf ein einziges Tanzpaar, bzw. einen einzigen Tanzer/eine einzige Tanzerin.

Abgrenzung zum Musicalfilm

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Ein verfilmtes Musical wird im Deutschen ? Filmmusical “ oder ?Musicalfilm“ genannt. Die Grenzen zum Tanzfilm haben sich hier mit der Zeit verfluchtigt. Beruhmte Musicals wie Grease sind verfilmt worden und erfolgreiche Tanzfilme wie Saturday Night Fever oder Dirty Dancing wurden spater zu Musicals umgearbeitet. In Musicalfilmen finden sich oft noch Anklange an die Theaterproduktionen der Musical-Vorlagen. Die Schauspieler spielen wie auf einer Buhne dem Publikum zugewandt; der Kino-/Fernsehzuschauer ubernimmt den Part des Theaterzuschauers.

Musicals gewinnen ihren Stoff aus der gesamten Breite des Lebens, welcher dann mit Tanzszenen angereichert wird. Im Grunde jedoch wirken die Tanzszenen ins Musical hineingelegt ? das Musical kame auch ohne Tanzszenen aus und der Plot bliebe dennoch komplett. Der Tanzfilm hingegen hat den Tanz auch zum Inhalt; Tanz und Geschehen korrespondieren miteinander. Im Einzelfall kann ein Musical sich aber auch direkt tanzerischen Themen widmen (etwa A Chorus Line ), so dass die Verfilmung dann den Charakter eines Tanzfilms bekommt.

Fruhphase des Tonfilms

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Zwar existieren bereits aus den ersten Jahrzehnten des Films Aufnahmen tanzender Paare, aber selbst fur versierte Begleitpianisten der ersten Kinos war es schwer, dabei vollige Synchronitat des Takts zu erreichen.

Im ersten Tonfilm, The Jazz Singer , tauchten schließlich auch tanzende Chorus Girls auf, so dass es unvermeidbar war, bis Hollywood auch die Broadway-Produktionen als Filmstoff entdeckte. The Broadway Melody gilt als eines der ersten Tonfilm-Musicals. Ab 1929 wurde es in unzahligen Kapiteln heruntergedreht, die alle mehr den Charakter von Revuefilmen hatten, in denen die Erfolge eines Jahres aneinandergereiht wurden. Die Produktionsfirma Metro-Goldwyn-Mayer steigerte sich in den 1930er-Jahren zum Marktfuhrer von Musicals . Die Musikstucke wurde mit einer kleinen Grundgeschichte zu einer sparlichen Handlung verbunden.

Die goldene Ara des Tanzfilms

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Mit der Entdeckung von Fred Astaire bekam der Tanzfilm eine eigene Qualitat, da sein unvergleichbarer Tanzstil und die Choreographien eines Hermes Pan dem Tanzfilm besondere Eleganz und Stil gaben. Außerdem erhielten nun die Filme, wie Flying Down to Rio oder Invitation to Dance , ein deutlich hoheres Budget , professionelles Marketing und ein ausgestalteteres Drehbuch .

In den 1930er-Jahren und in den beiden folgenden Jahrzehnten kamen mit seiner Hauptpartnerin Ginger Rogers , seinem Freund, Kollegen und fast ebenso einzigartigen Tanzer Gene Kelly sowie der Konigin des Stepptanzes Eleanor Powell weitere Giganten des Tanzfilms dazu.

Die Wandlung zum Musicalfilm

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Spatestens seit Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Publikum anspruchsvoller, so dass die Produzenten auf die zahlreichen Musicalstoffe des Broadway zuruckgriffen, um der Story mehr Inhalt zu geben. Nunmehr stand nicht allein der Tanz im Vordergrund ? dennoch entstanden mit Die roten Schuhe (1948), Ein Amerikaner in Paris (1951), Singin’ In The Rain (1952), Vorhang auf! (1953), Kiss Me, Kate (1953) oder Seven Brides for Seven Brothers (1954) epochale Tanzfilme. Mit ihren Tanzchoreographien (siehe etwa die spatere Verfilmung von West Side Story 1961) reichte ihr Einfluss bis hin zu den Anfangen der Musikvideos .

Niedergang des Tanzfilms

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Ausgerechnet verwandte Produktionen der 1950er-Jahre, wie die Wasserrevuen einer Esther Williams verwasserten buchstablich den Tanzfilm. Zwar spielten hier auch noch beste Tanz- und Swingorchester wie Harry James oder Xavier Cugat mit, aber der eigentliche Tanz wurde noch starker in den Hintergrund gedrangt. Außerdem wurde es seit den 1960er-Jahren um die einstigen Stars mit zunehmendem Alter ruhiger.

Renaissance des Tanzfilms

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Erst mit dem uberraschenden Erfolg von Saturday Night Fever (1977) [1] und dem Musicalfilm Grease (1978) mit John Travolta und Olivia Newton-John war der Tanzfilm wieder da: ein notwendiges Minimum an Story, eingangige Songs, mitreißende Tanzszenen. Fame ? Der Weg zum Ruhm (1980), Flashdance (1983), Footloose (1984), und Dirty Dancing (1987) waren in den 1980er-Jahren die großten Erfolge. Der große Erfolg des Films Fame ? Der Weg zum Ruhm fuhrte sogar zur gleichnamigen Fernsehserie Fame ? Der Weg zum Ruhm die mit insgesamt 136 einstundigen Folgen von 1982 bis 1987 mit ahnlich großem Erfolg produziert wurde.

Nach dem vielfach gelobten, aber kommerziell wenig erfolgreichen Film Stepping Out (1991) und Baz Luhrmanns erstem Film Strictly Ballroom ? Die gegen alle Regeln tanzen (1992) folgte in den 1990er-Jahren wieder ein Jahrzehnt des Niedergangs.

Dokumentarische Tanzfilme wie Center Stage (2000), The Company ? Das Ensemble (2003) und Rhythm Is It! (2004) begleiten Tanzer in ihrer Arbeit und ihrem Leben. In Mad Hot Ballroom (2005) werden Schuler aus New Yorker Schulen dabei begleitet, wie sie verschiedene Gesellschaftstanze erlernen, um in einem Wettbewerb gegeneinander anzutreten. Der Film berichtet von ihren Gedanken und Gefuhlen und dokumentiert ihre Lebensumstande und ihre Entwicklung. In Tanz mit der Zeit (2006/7) dient das autobiographisches Tanztheaterstuck ?Zeit ? tanzen seit 1927“ von Heike Hennig als Filmvorlage. Vier ehemalige Balletttanzer kehren mit 80 Jahren auf die Buhne der Oper Leipzig zuruck und tanzen und erzahlen ihre außergewohnlichen Lebensgeschichten. 2011 brachte Wim Wenders mit ? Pina “ erstmals einen international beachteten Tanzfilm in 3D-Technologie heraus.

Erfolgreiche klassischen Tanzfilme der 2000er sind beispielsweise Billy Elliot ? I Will Dance (2000), Darf ich bitten? (2004) mit Richard Gere und Step Up (2006), von dem mehrere Fortsetzungen gedreht wurden.

Moulin Rouge! (2001) und Chicago (2002) fuhrten zu einer Renaissance von Musical Filmen, wie Hairspray (2007) , Sweeney Todd ? Der teuflische Barbier aus der Fleet Street (2007), Mamma Mia! (2008)

Neuere Tanzfilme sind Black Swan (2010) und Magic Mike (2012), von dem zwei Fortsetzungen gedreht wurden, sowie der georgische Film Als wir tanzten (2019).

Neuere erfolgreiche Musical-Filme sind Les Miserables (2012) , La La Land (2016), Die Schone und das Biest (2017) und Mary Poppins’ Ruckkehr (2018).

Der Tanzfilm zeichnet sich durch eine filmische Betonung der Tanzszenen aus, zudem thematisiert er in der Gegenwart auch zunehmend das Tanzen an sich. Dadurch bestimmen dem Tanz verwandte Themen die Handlung, etwa das Tanzen lernen oder das Streben der Tanzer nach Ruhm.

Tanzfilme werden insbesondere dann gerne produziert, wenn zu einem besonderen Musikrhythmus ( Disco-Musik , Salsa , Samba , Hip-Hop etc.) der jeweilige Tanzstil vorgefuhrt werden soll und dieser dazu mit einer Filmhandlung umsponnen wird. Welcher Rhythmus ausgewahlt wird, hangt von seiner Aktualitat und der regionalen Verbreitung ab. In Mad Hot Ballroom (2005) wurde sogar der Merengue als eine eigene Disziplin des Standardtanzes aufgenommen. [2]

Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Topoi im Genre etabliert, die von den großen erfolgreichen Filmvorbildern weitergegeben wurden:

  • Der Wettkampf. Tanzen ist selten Selbstzweck, sondern zielt auf eine Prasentation hin. Das Tanzpaar tanzt auf der Tanzflache vor, mochte gesehen werden, besser sein als andere, die Tanzflache ?leerfegen“ ( Saturday Night Fever, Footloose, Salsa, it’s hot ). Eine Aufnahme an eine Tanz- oder Ballettschule wird angestrebt und erfordert eine Aufnahmeprufung, bzw. ein Vortanzen ( Fame ? Der Weg zum Ruhm, Flashdance, Save the Last Dance, Honey ). Die Kronung aber ist naturlich der Tanzwettbewerb, an dem ein Tanzpaar teilnimmt, und den es meistens auch gewinnt ( Dirty Dancing , Dirty Dancing 2 , Strictly Ballroom ? Die gegen alle Regeln tanzen , Darf ich bitten? , Rhythm Is It! , Center Stage , Dance with Me , Salsa, It’s Hot , Mad About Mambo , Saturday Night Fever u. a.).
  • Der Tanz dient traditionell dem Finden eines geeigneten Partners; Tanzen ist Werben um eine Frau. So finden sich auch in fast allen Tanzfilmen Paare, die sich naherkommen und ineinander verlieben. Der Tanz uberwindet dabei nicht selten soziale und kulturelle Schranken: Die Tanzpartner finden trotz gesellschaftlicher Hindernisse und verschiedener Herkunft zueinander ( Dirty Dancing, Dirty Dancing 2: Havana Nights, Center Stage, Dance with me, Danzon , Salsa & Amor , Mad About Mambo, The Company ? Das Ensemble , Save the Last Dance ).
  • Tanzen muss auch im Film gelernt werden. Die Tanzer mussen dazu oft hart arbeiten, um das Tanzen zu erlernen ( Fame ? Der Weg zum Ruhm , Mad About Mambo, Flashdance , Center Stage, Darf ich bitten?, Honey , Save the Last Dance, Rhythm Is It!, The Company ). Ein Tanzpaar trainiert und unterstutzt sich selbst, oft ist einer der beiden erfahrener, wenn nicht gar Tanzlehrer, und hilft dem anderen unerfahreneren Partner in kurzester Zeit, tanzen zu lernen ( Salsa & Amor, Dirty Dancing, Dirty Dancing 2: Havana Nights, Dance with me, Strictly Ballroom ? Die gegen alle Regeln tanzen , Save the Last Dance ).
  • Tanzen hat oftmals etwas Anruchiges und Verbotenes. Im Tanzen gelten die alten Regeln nicht mehr ? neue, sinnliche Bewegungen und Drehungen werden erprobt ( Dirty Dancing, Strictly Ballroom, Mad About Mambo, Flashdance, Salsa & Amor ). Konservative Beschrankungen und Verbote werden durchbrochen ( Footloose , Dirty Dancing 2: Havana Nights, Shall We Dance? ).
  • Tanzen verandert die Tanzer. Im Tanz ist man jemand anderes, nicht mehr der Mensch des Alltags; man wird durch das Tanzen reifer ( Saturday Night Fever, Salsa, it’s hot, Mad About Mambo, Center Stage, Dirty Dancing, Dirty Dancing 2: Havana Nights, Rhythm Is It! ). Oft ist dieser Prozess nicht mehr umkehrbar: Nach dem Tanzen verlasst man seine alten Verhaltnisse, kann nicht mehr zuruck, bzw. geht weg ( Saturday Night Fever, Salsa & Amor, Honey, Dirty Dancing 2: Havana Nights, Danzon ).

Film-Dokumentation

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  • That's dancing (USA 1985) ? Umfangreiche Dokumentation uber die Geschichte des Tanzfilms.
  • Sarah Binder/Sarah Kanawin/Simon Sailer/Florian Wagner: Tanz im Film. Das Politische in der Bewegung. Berlin: Verbrecher Verlag, 2017.
  • Larry Billman: Film choreographers and dance directors. An illustrated biographical encyclopedia, with a history and filmographies, 1893 through 1995 . Jefferson, NC: McFarland 1997.
  • Sherril Dodds: Dance on screen. Genres and media from Hollywood to experimental art . Basingstoke, Palgrave. 2001.
  • Ursula von Keitz, Philipp Stiasny (Hrsg.): Alles dreht sich und bewegt sich .... Der Tanz und das Kino , Marburg: Schuren, 2017
  • Judy Mitoma (Hrsg.): Envisioning dance on film and video . London, Routledge 2002.

Einzelnachweise

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  1. Gabriele Klein: Tanz, Bild, Medien . LIT Verlag, Munster 2000, ISBN 978-3-8258-4448-6 , S.   13 .
  2. Michael Peters: The Great Sports Documentaries: 100+ Award Winning Films . McFarland, 2018, ISBN 978-1-4766-3048-9 , S.   93 .