Synagoge

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Die Neue Synagoge in Berlin

Eine Synagoge (von altgriechisch συναγωγ? synag?g? , ?Versammlung“) ist ein Gebaude, das der Versammlung, dem gemeinsamen Gottesdienst und oft auch als Lehrhaus einer judischen Gemeinde dient. Sie ist die wichtigste Institution im Judentum und hat den gemeinschaftlichen Gottesdienst des Christentums und des Islams maßgeblich beeinflusst. [1]

In welchen Fallen in antiken Schriften συναγωγ? (synag?g?) ein Gebaude zur Versammlung und zur Verrichtung religioser Handlungen bezeichnet, und welcher Art diese waren, ist in der Forschung ebenso umstritten wie die Zeit der Entstehung der ersten Synagogen.

Bezeichnungen

Ruinen einer Synagoge in Bar’am , Israel , wahrscheinlich 3. Jh. Aufnahme des Palestine Exploration Fund um 1900.

Versammlungsorte in verschiedenen alten Sprachen

Synagoge (von altgriechisch συναγωγ? synag?g? , latinisiert synagoga ) ist ? in unterschiedlicher Schreibweise ? die haufigste Bezeichnung fur den judischen Sakralbau in den modernen Sprachen. Im Neuhebraisch wird er als ??? ???? bet knesset , ?Haus der Versammlung“, oder ??? ????? bet tefillah , Haus des Gebets, bezeichnet. Im Mittelalter wurde er schola , spater italienisch scuola , deutsch Schule genannt, Juden mittel- und osteuropaischer Herkunft verwenden vielfach das jiddische schul , in einigen Dialekten schil . Im Reformjudentum des 19. und fruhen 20. Jahrhunderts nannten ihn die deutschsprachigen Juden Tempel , eine Bezeichnung, die in Nordamerika außerhalb der strengen judischen Orthodoxie sehr gebrauchlich ist. Sephardische Juden , deren Vorfahren aus Spanien und Portugal stammen, verwenden traditionellerweise das spaniolische esnoga , wahrend etwa im Iran kenisa gebrauchlich ist. Chassidische Juden , die keinen Wert auf prunkvolle Synagogen legen, bezeichnen ihre kleinen Bethauser als stibl (Stube) oder Klaus (Klause). [2]

Herkunft

Synag?g? (Versammlung) ist eines der griechischen Worter, mit dem die Septuaginta , die griechische Ubersetzung der hebraischen Bibel , das hebraische ??? edah oder ??? kahal (Versammlung) ubersetzt. [3] Gleichbedeutend und besonders fur letzteres wird auch die Ubersetzung ekkl?sia verwendet. [4] Hellenistische , griechisch schreibende Juden der Diaspora gebrauchten meist das Wort προσευχ? proseuch? , das in der Septuaginta in der Regel das hebraische ????? Gebet ubersetzt. [3] Daneben sind vereinzelt τ?πο? topos , Ort, auch mit dem Zusatz heilig , [5] σαββατε?ον sabbateion , Schabbathaus , διδασκαλε?ον didaskaleion , Lehrhaus, und andere Ausdrucke belegt. [6]

Die griechische Bezeichnung synag?g? wurde allmahlich spezifisch fur religiose Versammlungen, besonders judische verwendet. [7] Ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. wurde sie in Palastina auf das Gebaude ubertragen, in dem die Versammlungen stattfanden und hat sich spater auch in der Diaspora durchgesetzt. [3] In der antiken rabbinischen Literatur wird dagegen ??? ????? bet ha-knesset , Haus der Versammlung, ??? ?????? bet ha-tefillah , Haus des Gebets, oder ??? ????? bet ha-midrasch , Haus des Lernens, verwendet. Aramaisch ist ????? kenischtah in Inskriptionen belegt. [5] In der christlichen Tradition wurde die Synagoge (im Mittelalter kirchenlat. synagoga ) zum Symbol des Judentums und ihr das ursprunglich nahezu gleichbedeutende Wort Ekklesia (lat. ecclesia ) als abgrenzende Bezeichnung fur das Christentum gegenubergestellt. [8]

Geschichte

Antike

Auszug aus Agypten ; Wandmalerei in der Synagoge von Dura Europos , Syrien , 244 n. Chr.
Ruinen einer Synagoge in Kapernaum , Galilaa, wahrscheinlich 4. Jh.

Entstehungszeiten und Ort

Die Entstehungszeit der Synagoge ist umstritten. Sowohl judische Quellen als auch das Neue Testament nennen Mose als ihren Begrunder. In der rabbinischen Literatur werden jedoch keine Synagogen genannt, die, selbst der Legende nach, in fruhester oder in der Zeit des ersten Jerusalemer Tempels bestanden hatten. Als biblischer Hinweis auf die fruhe Existenz von Synagogen wird Jeremia 39,8  EU angesehen, so etwa vom judischen Gelehrten des 11. Jahrhunderts Raschi . In Psalm 74,8, der aus der Makkabaerzeit stammen soll, wird die Zerstorung von Versammlungsstatten beklagt, wofur die Septuaginta das Wort synag?g? verwendet. [1]

Als moglicher Entstehungsort der Institution Synagoge wird bereits seit dem 16. Jahrhundert das babylonische Exil nach der Zerstorung des ersten Tempels vermutet. Bei Ez 11,16  EU im babylonischen Exil ist die Rede von einem kleinen Heiligtum , das, neben der mehrmaligen Erwahnung der Versammlung der Altesten vor Ezechiel , als Hinweis auf das Bestehen von Synagogen gedeutet wird. [1] Archaologische und schriftliche Zeugnisse machen die Existenz von Synagogengebauden zur Zeit des Zweiten Tempels (etwa 500 v. Chr.), sowohl im Land Israel wie auch in der Judischen Diaspora jedoch wahrscheinlich. [9]

Fur die nachfolgende persische Zeit werden bei Esra und Nehemia Gottesdienste erwahnt, die von einigen Wissenschaftlern als Vorform der Synagoge erachtet werden. Andere schreiben die Entstehung der Synagoge der Sekte der Pharisaer zu, die sie als demokratischere Alternative zum von den Sadduzaern dominierten Tempel im 2. Jahrhundert v. Chr. in Judaa entwickelt haben sollen, was von anderen Forschern jedoch abgelehnt wird. Eine weitere Theorie vermutet den Ursprung der Synagoge in den Versammlungen am Marktplatz oder am bzw. im Stadttor, die in der Bibel erwahnt und durch archaologische Funde gestutzt werden. [10]

Die altesten Zeugnisse, die auf die Existenz von judischen Versammlungshausern hinweisen, stammen aus der hellenistischen Zeit . In Agypten wurden mehrere griechische Papyri und Inschriften gefunden, die die Bezeichnung proseuch? oder proseuch? t?n Ioudai?n verwenden und sich auf judische Versammlungshauser beziehen. In einem Brief aus Alexandrou Nesos in Mittelagypten, der auf das Jahr 218 v. Chr. datiert wird, bittet eine nicht-judische Frau Ptolemaios IV. um Hilfe bei der Ruckgabe eines ihr gestohlenen Umhangs, der vom offenbar judischen Dieb in die proseuch? gebracht worden war. [11] Die beiden altesten Inschriften mit der Bezeichnung proseuch? werden in die zweite Halfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. datiert und stammen aus Arsinoe-Krokodilopolis in Mittel- und aus Schedia in Unteragypten. Bei beiden handelt es sich um Widmungsinschriften, in denen die proseuch? Konig Ptolemaios, hier Ptolemaios III. , seiner Gattin und Schwester Konigin Berenike sowie ihren Kindern gewidmet wird. [12] Im 1. Jahrhundert v. Chr. wurde einer proseuch? in einem nicht bekannten agyptischen Ort das Recht der Asylie verliehen, das damals auch einige bedeutende Tempel anderer Religionen erhielten. [13] Welcher Art von Kulthandlungen die proseuchen in Agypten dienten, ist jedoch nicht bekannt. [14]

Alteste archaologisch belegte Synagogen

Menora in der antiken Synagoge von Ostia , 1./2. bis 4. Jh.

Marilyn Joyce Segal Chiat nennt in ihrer Dissertation uber die Synagogen im antiken Palastina folgende Bedingungen, die erfullt sein mussen, damit eine Ruine als Synagoge identifiziert werden kann: Das Gebaude oder Fragmente desselben mussen entweder mit Motiven dekoriert sein, die als judische Motive bekannt sind, wie der Toraschrein , die Menora , das Schofar oder Etrog und Lulav , oder es muss durch eine Inschrift bezeugt sein, dass das Gebaude von einer judischen Gemeinschaft als Ort fur religiose Versammlungen erbaut und genutzt wurde. [15] Dazu gehort der Einzelfund in Jericho (75 v. Chr.).

Diaspora

Die altesten bis heute ausgegrabenen Bauten, die als mogliche Synagogen identifiziert werden, stammen aus der griechisch-romischen judischen Diaspora. Es handelt sich, wie Archaologen annehmen, um Gebaude, die fur einen anderen Zweck ? mit einer Ausnahme als Wohnhauser ? errichtet und nachtraglich zu Versammlungshausern umgebaut wurden. Sie weisen keinen besonderen Baustil auf, sondern folgen den ortlichen Traditionen, verfugen im Unterschied zu spateren Synagogen meist uber keinen Aufbewahrungsort fur die Torarollen und sind noch nicht Richtung Jerusalem ausgerichtet. [16]

Als altestes Bauwerk gilt die Synagoge auf Delos auf der gleichnamigen griechischen Insel. Die Ruinen werden in die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. datiert, altere Teile, moglicherweise eines ursprunglichen Privathauses, ins spatere 2. Jahrhundert v. Chr. In den baulichen Uberresten fand sich als einziger Schmuck ein kunstvoll gestalteter Marmorsessel, der als ?Sitz Moses“ in Frage kommt, wie er in anderen Synagogen gefunden wurde. Die Widmung an den ?hochsten Gott“ (theos hypsistos), mit dem allerdings auch Zeus gemeint sein kann, und eine in einem benachbarten Raum gefundene Weihinschrift mit der Bezeichnung ?proseuch?“ weisen das Gebaude nach Ansicht von Fachleuten als mogliche Synagoge aus. [17]

Die in Ostia an der Tibermundung bei Rom ausgegrabene Synagoge von Ostia wurde in mehreren Etappen zwischen dem spaten 1. und dem 4. Jahrhundert n. Chr. erbaut. [17] Umstritten ist, ob es sich um ein bereits ursprunglich als Synagoge erstelltes oder erst durch einen spateren Umbau zu einer Synagoge umfunktioniertes Gebaude handelt. [16]

Die Synagoge in Priene an der agaischen Kuste Kleinasiens ist ein zu einer Synagoge umgebautes fruheres Privathaus mit Ladenraumlichkeiten. Der Umbau konnte im 2. Jahrhundert n. Chr. erfolgt sein, wahrscheinlicher ist jedoch eine Datierung ins 3. oder 4. Jahrhundert. Eine als Toraschrein identifizierte Nische, mehrere Reliefs mit Darstellungen von Menora, Lulav, Etrog und Schofar sowie ein Marmorbassin, vermutlich eine Mikwe , erlauben die Identifizierung als Synagoge. [17]

Modell der Synagoge von Sardes

Auch die Synagoge von Stobi in Makedonien wurde als zu einer Synagoge umgebautes Privathaus identifiziert, dessen Eigentumer und Stifter der Synagoge dank zwei Inschriften namentlich bekannt ist. In der Stiftungsinschrift sichert der Stifter sich und seiner Familie auch ein Wohnrecht im Obergeschoss der Synagoge. [17] Der Umbau zur Synagoge wird ins 2. oder wahrscheinlicher ins 3. Jahrhundert n. Chr. datiert, eine Vergroßerung ins 4. Jahrhundert. Im 5. Jahrhundert wurde die Synagoge zu einer christlichen Basilika umgebaut. [16]

Die großte bisher bekannte antike Synagoge wurde in Sardes in Kleinasien gefunden. Auch hier handelt es sich um ein ursprunglich nicht als Synagoge errichtetes Gebaude, bei dem es sich, anders als in den ubrigen Fallen, nicht um ein Privathaus, sondern um ein offentliches Gebaude gehandelt haben muss, dessen Nutzung jedoch nicht bekannt ist. Die Synagoge wird ins 3. Jahrhundert n. Chr. datiert; sie wurde bis zur Zerstorung der Stadt im Jahr 616 genutzt. [17]

Der bisher spektakularste Fund ist die antike Synagoge von Dura Europos am Euphrat in der syrischen Wuste mit ihren Wandmalereien. Auch hier handelt es sich um ein Privathaus, das zu einer Synagoge umgebaut wurde, in einer ersten Phase wahrscheinlich in der zweiten Halfte des 2. Jahrhunderts n. Chr., in einer zweiten Phase dann im Jahr 244/245 n. Chr. Die Synagoge war bis zur Zerstorung der Stadt im Jahr 256 n. Chr. in Gebrauch. [17]

Judaa, Galilaa, Golan

In Judaa und in Galilaa wurden drei Bauten ausgegraben, die als Synagogen gedient haben konnten, und zwar bereits vor der Zerstorung des Tempels in Jerusalem durch die Romer im Jahr 70 n. Chr. Sie befinden sich in den Festungen von Masada und im Herodium sowie in Migdal in Galilaa und in Gamla , im heutigen Golan . Die Theodotos-Inschrift , die von den meisten Archaologen in die Zeit vor 70 n. Chr. datiert wird, beschreibt eine Synagoge in Jerusalem in der Nahe des Tempels.

Die Synagoge von Gamla im heutigen Golan, vom israelischen Archaologen Shmaryahu Gutman als Synagoge der Zeloten von Gamla bezeichnet, ist ein an der Stadtmauer gelegener Bau aus der Zeit des Zweiten Tempels, der nach dem Aufstand gegen die Romer im Jahr 68 n. Chr. zerstort wurde. Wahrend ihn Carsten Claußen in seiner Dissertation uber die Synagoge im hellenistisch-judische Umfeld als ?das einzige Gebaude in Galilaa und dem Golan aus der Zeit vor 70 n. Chr., das mit Sicherheit als Synagoge identifiziert werden kann“, und als moglicherweise ?fruheste bekannte Synagoge im romischen Palastina“ bezeichnet, [18] vertritt Segal Chiat die Meinung, es handle sich nicht um eine ehemalige Synagoge. [19]

Schriftliche Zeugnisse

In der Darstellung der Evangelien waren Synagogen wichtige Schauplatze der offentlichen Wirksamkeit von Jesus von Nazaret : ?Sie kamen nach Kafarnaum . Am folgenden Schabbat ging er in die Synagoge und lehrte.“ (Markus 1,21) Der Bericht uber Nazaret nennt einige Details: ?So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um vorzulesen,?reichte man ihm die Buchrolle des Propheten Jesaja. Er offnete sie und fand die Stelle, wo geschrieben steht:?... Dann schloss er die Buchrolle, gab sie dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet.“ ( Lk 4,16f.20  EU ). Die von Jesus anscheinend gezielt aufgerollte, vorgelesene und dann erlauterte Stelle war Jesaja 61,1f.

Mittelalter und Neuzeit

Altneu-Synagoge , Prag, 13. J.h.

Die Synagoge von Aleppo verwahrte bis 1947 den Codex von Aleppo und war bis zu diesem Zeitpunkt neben Shefaram eine der altesten genutzten Synagogen in der Levante .

Die el-Ghriba-Synagoge auf der tunesischen Insel Djerba erhebt den Anspruch, die alteste Synagoge Afrikas zu sein. Sie konkurriert in dieser Frage mit dem Dorf Oufrane im ostlichen Draa-Tal in Marokko, wo die Synagoge angeblich aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. stammt und die alteste des Landes sein soll.

In Mitteleuropa breiteten sich die Synagogenbauten von den altesten Gemeinden an Rhein (etwa 10. Jahrhundert) ausgehend im Zusammenhang mit der Migration deutscher Siedler allmahlich nach Osten aus. [20] Das alteste bis zum Dach erhaltene Synagogengebaude Mitteleuropas ist die Alte Synagoge in Erfurt , dessen alteste Teile aus dem spaten 11. Jahrhundert stammen. Die alteste noch in Nutzung befindliche, unzerstorte Synagoge Europas ist die Altneu-Synagoge in Prag, die im fruhgotischen Stil im 13. Jahrhundert erbaut wurde. Bei der von den Wormser Juden genutzten Wormser Synagoge , erstmals 1034 geweiht, handelt es sich um eine Rekonstruktion des in der sogenannten Kristallnacht zerstorten Baus aus dem 12. Jahrhundert.

Architektur, Ausstattungen

Synagogen lehnten und lehnen sich zumeist an die Architektur der Umgebung an. Das gilt auch fur Synagogen der Antike. Die zerstorte Synagoge in Merom ist etwa in der Dorischen Ordnung errichtet worden, wahrend die von Kafr Bir’im griechisch-romische Modifikationen der Korinthischen Ordnung aufweist. Lediglich im Inneren haben Synagogen einige gemeinsame Merkmale, aber auch hier kann es zu Abweichungen kommen.

Grundriss

Semper-Synagoge Dresden, Querschnitt. Eingeweiht 1840, zerstort wahrend der Novemberpogrome 1938

Die Synagogen der Welt haben keinen einheitlichen Grundriss, die architektonischen Formen und Auspragungen sind sehr unterschiedlich.

Der Bereich der Synagoge, in dem die Gebete durch die Gemeinde gestaltet werden, ist in symbolischer Entsprechung des Mischkan ( hebraisch ???? ?Gottes Heimstatte auf Erden“), der einstigen Jerusalemer Tempel , das Haupt heiligtum des Gebetshauses, [21] eine symbolische Entsprechung fur das eigentliche Heiligtum ?im Himmel“, Gott .

In diesem Bereich, an der Ostwand (in Westeuropa) in Richtung Jerusalem ( Misrach ) , in einem speziellen Schrein , dem Aron ha-Qodesch (hebr. fur Toraschrein , Heilige Lade), werden die Tora - Rollen (Sifrei-Torah-Pergamentrollen) fur die Verlesung der Wochenabschnitte aufbewahrt. Uber dem Aron ha-Qodesch ist eine symbolische Gebotstafel (ahnlich den Zehn Geboten ) angebracht. Uber der Lade hangt ein Licht, Ner Tamid genannt. Es erinnert an die Feuersaule, die die Israeliten auf ihrem Weg durch die Wildnis der Wuste Sinai begleitet hat. Zudem befand sich vor dem Tempel in Jerusalem das ewige Licht als Symbol der ewigen Verbundenheit der Juden mit Gott. Wahrend der Gebetszeremonie wird die heilige Tora aus dem Schrein gehoben und auf die Bima , das Lesepult, gelegt.

In traditionellen aschkenasischen Synagogen (wie etwa in den neueren Synagogen Mannheim oder Recklingausen ) befindet sich die Bima in der Mitte des Innenraums. In sephardischen Bauten stehen sich der Aron ha-Qodesch an der nach Jerusalem weisenden Ostwand und die Bima im Westen gegenuber, wobei sie in italienischen Synagogen auch mit einer nach außen vortretenden Nische verbunden sein kann. Im fruhen 19. Jahrhundert ubernahmen die aschkenasischen Reformer diese Raumvorstellung. Eine Menora (siebenarmiger Leuchter) schmuckt den Raum. Vorschriften uber eine Trennung der Geschlechter (vgl. Mechiza ) sind baulich ganz unterschiedlich gelost oder ? je nach religioser Ausrichtung ? unberucksichtigt.

Innenansicht der el-Ghriba-Synagoge auf der tunesischen Insel Djerba , spates 19. Jh.

Bauliche Gestaltung

Da es nur wenig Anweisungen im Talmud gibt, wie Synagogen baulich beschaffen sein mussen, waren der Gestaltung wenig Grenzen gesetzt. Der Talmud sagt, dass Synagogen Fenster haben mussen, aber auch, dass sie großer sein sollten als alle anderen Gebaude am Ort. Letztere Vorschrift konnte in der Diaspora jedoch nie verwirklicht werden.

In der Regel wurden Synagogen im vorherrschenden architektonischen Stil der Zeit und des Ortes, an dem sie errichtet wurden, gebaut. So sah etwa die Synagoge in Kaifeng einem chinesischen Tempel ahnlich, Synagogen aus dem mittelalterlichen Prag oder Budapest wurden im gotischen Stil errichtet. Im 19. Jahrhundert herrschte, nachdem die Synagoge als reprasentative Bauaufgabe zugelassen worden war, einige Jahrzehnte ein orientalisierender Historismus vor. Die einzige Synagoge mit Dachreiter , Glocken , Glockenspiel und Turmuhr in Deutschland befand sich bis zu ihrer Zerstorung 1938 im oberschwabischen Bad Buchau , neben entsprechend ausgestatteten Synagogen in Rom und Gibraltar .

Funktionen fur die Gemeinde

Toraschrein der Munchner Synagoge , eingeweiht 2006.

Synagogen dienen nicht nur dem judischen Gottesdienst , sondern auch Gemeindeveranstaltungen, der Erwachsenenbildung und der Bereitstellung von Hebraischschulen fur schulpflichtige Kinder. Die orthodoxen und die meisten konservativen Juden nennen ihre Gotteshauser Synagogen; einige benutzen die hebraische Bezeichnung Beth Knesset oder den jiddischen Begriff Schul . Im Gegensatz zu einer katholischen oder orthodoxen Kirche ist eine Synagoge kein geweihter Raum. Fast jeder Ort kann als Synagoge dienen, wenn er gewissen Anforderungen gerecht wird. Eine Synagoge muss nicht einmal ein umschlossener Raum sein. Der freie Platz unmittelbar vor der Klagemauer in Jerusalem gilt beispielsweise als Freiluftsynagoge.

Die meisten amerikanischen Reformjuden und einige Konservative in den USA verwenden auch die Bezeichnung Tempel fur ihre Synagoge, aber viele traditionelle Juden empfinden diese Bezeichnung als ungenau, da das Judentum historisch nur einen Tempel hatte ? in Jerusalem . Dort allerdings konnten sich die Gemeinden standmannschaftlich durch fromme Tempeldiener aus ihren Reihen ( Ma?amadot ) vertreten lassen. Es werden drei tagliche Gebete angeboten: normalerweise ein Morgengottesdienst Shacharit und zwei abendliche Gottesdienste Mincha (Nachmittagsgebet) und Maariv (das wirkliche Abendgebet), die praktisch ineinander ubergehen.

Es gibt spezielle Gottesdienste am Schabbat und an den judischen Feiertagen . In vielen kleineren Gemeinden finden nur ein- oder zweimal die Woche Gottesdienste statt.

Pogrome

Das zerstorte Innere der Neuen Synagoge Berlin, 19. Jh.

Synagogen fielen immer wieder Pogromen zum Opfer und wurden zerstort. An ihrer Stelle wurden im Mittelalter teilweise Frauen- oder Marienkirchen errichtet, so in Rothenburg ob der Tauber, [22] Bamberg , Wurzburg , Nurnberg , Weißenburg in Bayern , Regensburg und Ingolstadt (Schutterkirche). Sehr selten konnten Synagogengebaude 1938 gerettet werden, so beispielsweise in Gorlitz oder dem ostpreußischen Cranz.

In Deutschland und Osterreich zerstorten Nationalsozialisten (zumeist Angehorige der SA ) bei den Novemberpogromen 1938 am 9. und 10. November 1938 2.676 Synagogen und judische Gemeindehauser, wobei mindestens 91 Menschen getotet wurden. Allein in Wien wurden 42 Synagogen und Gebetshauser in Brand gesteckt. Die Große Synagoge (Warschau) wurde am Ende des Aufstandes im Warschauer Ghetto am 16. Mai 1943 von General Jurgen Stroop gesprengt.

Dort, wo die Synagogen aus den Stadtbildern verschwanden, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg oft Gedenktafeln angebracht. In Graz wurde eine Synagoge um 2000 an der gleichen Stelle am Grieskai und unter Verwendung von Ziegeln der ehemaligen Synagoge wiedererrichtet. In Wien wurde am 24. Juli 2018 der erste Prototyp einer Stele mit einem leuchtenden verformten liegenden Davidstern vor der Zentrale der MA 33, die fur die offentliche Beleuchtung in Wien zustandig ist, errichtet. Im Zuge dieses Projekt Ot (hebraisch Zeichen, Symbol) sollen um oder bis November 2018 also 80 Jahre nach der Zerstorung von etwa 100 Synagogen in Wien in 16 Bezirken solche Lichtzeichen aufgestellt werden. [23]

Siehe auch

Literatur

  • Simon Paulus: Die Architektur der Synagoge im Mittelalter Uberlieferung und Bestand . Petersberg 2007 (Standardwerk zum aschkenasischen Bereich mit Forschungs- und Literaturuberblick).
  • Harmen Thies , Aliza Cohen-Mushlin (Hrsg.): Synagogenarchitektur in Deutschland. Petersberg 2008.
  • Rachel Wischnitzer : The Architecture of the European Synagogue. 1964.
  • Thea Altaras : Synagogen und judische Rituelle Tauchbader in Hessen ? Was geschah nach 1945? Eine Dokumentation und Analyse aus allen 264 hessischen Orten, deren Synagogenbauten die Pogromnacht 1938 und den Zweiten Weltkrieg uberstanden: 276 architektonische Beschreibungen und Bauhistorien. Aus d. Nachlass hrsg. v. Gabriele Klempert u. Hans-Curt Koster. Die Blauen Bucher. Konigstein i. Ts. 2007, ISBN 978-3-7845-7794-4 .
  • Carsten Claußen: Versammlung, Gemeinde, Synagoge. Das hellenistisch-judische Umfeld der fruhchristlichen Gemeinden. (= Studien zur Umwelt des Neuen Testaments 27). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2002, ISBN 3-525-53381-0 Auszuge Google Books .
  • Marc Grellert: Immaterielle Zeugnisse ? Synagogen in Deutschland. Potentiale digitaler Technologien fur das Erinnern zerstorter Architektur. Transcript, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89942-729-5 .
  • Harold Hammer-Schenk : Synagogen in Deutschland. Geschichte einer Baugattung im 19. und 20. Jahrhundert (1780?1933). 1981.
  • Kurt Hruby : Die Synagoge ? Geschichtliche Entwicklung einer Institution. Theologischer Verlag, Zurich 1971, ISBN 3-290-14903-X .
  • Institut fur Auslandsbeziehungen (Hrsg.): Synagogen in Deutschland. Eine virtuelle Rekonstruktion der Technischen Universitat Darmstadt. Birkhauser, 2004, ISBN 3-7643-7034-3 .
  • Carol Herselle Krinsky: Synagogues of Europe: Architecture, History, Meaning (Dover Books on Architecture) 1996.
  • Lee I. Levine: The Ancient Synagogue. The First Thousand Years. New Heaven 2000.
  • Mehr als Steine … Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I: Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern, Schwaben. Band II: Mittelfranken. Band III: Unterfranken. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgau 2007 ff. (mit ausfuhrlichen Bibliographien).

Weblinks

Commons : Synagogen  ? Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Commons : Synagogen  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Louis Isaac Rabinowitz et al.: Synagogue . In: Michael Berenbaum, Fred Skolnik (Hrsg.): Encyclopaedia Judaica . 2. Auflage. Band   19 . Macmillan Reference USA, Detroit 2007, S.   352?355 (englisch) ( Gale Virtual Reference Library ).
  2. Zu den Bezeichnungen fur die Synagoge weltweit siehe: Paul Wexler: Terms for 'Synagogue' in Hebrew and Jewish Languages. Explorations in Historical Jewish Interlinguistics . Erstveroffentlichung 1981. In: Jewish and non-Jewish creators of “Jewish” languages with Special Attention to Judaized Arabic, Chinese, German, Greek, Persian, Portuguese, Slavic (Modern Hebrew/Yiddish), Spanish, and Karaite, and Semitic Hebrew/Ladino. A Collection of Reprinted Articles from Across Four Decades with a Reassessment . Harrassowitz, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-447-05404-1 , S.   106?140 (englisch).
  3. a b c Carsten Claußen: Versammlung, Gemeinde, Synagoge. Das hellenistisch-judische Umfeld der fruhchristlichen Gemeinden . Zugl.: Diss. Univ. Munchen 1999 (=  Studien zur Umwelt des Neuen Testaments 27 ). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2002, ISBN 3-525-53381-0 , S.   114?129 .
  4. James F. Strange: Ancient Texts, Archaeology as Text and the Problem of the First-Century Synagogue . In: Howard Clark Kee, Lynn H. Cohick (Hrsg.): Evolution of the Synagogue. Problems and Progress . Trinity Press International, Harrisburg, Pa. 1999, ISBN 1-56338-296-2 , S.   49   f . (englisch).
  5. a b Marilyn Joyce Segal Chiat: A Corpus of Synagogue Art and Architecture in Roman and Byzantine Palestine . Diss. phil. University of Minnesota. Band   4 . Facsimile University Microfilms International 1985, Ann Arbor, MI. 1979, S.   802   f . (englisch).
  6. Lee I. Levine: The Second Temple Synagogue: The Formative Years . In: Lee I. Levine (Hrsg.): The Synagogue in Late Antiquity . The American Schools of Oriental Research, Philadelphia 1987, ISBN 0-89757-509-1 , S.   13?14 (englisch).
  7. Carol Herselle Krinsky: Synagogues of Europe . MIT Press, New York 1985, ISBN 0-262-11097-0 , S.   5 und Anmerkung 2, S. 105 (englisch).
  8. Shaye J.D. Cohen: Pagan and Christian Evidence on the Ancient Synagogue . In: Lee I. Levine (Hrsg.): The Synagogue in Late Antiquity . The American Schools of Oriental Research, Philadelphia 1987, ISBN 0-89757-509-1 , S.   160 (englisch).
  9. Carsten Claußen: Versammlung, Gemeinde, Synagoge. Das hellenistisch-judische Umfeld der fruhchristlichen Gemeinden . Zugl.: Diss. Univ. Munchen 1999 (=  Studien zur Umwelt des Neuen Testaments 27 ). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2002, ISBN 3-525-53381-0 , S.   22?48 .
  10. Carsten Claußen: Versammlung, Gemeinde, Synagoge. Das hellenistisch-judische Umfeld der fruhchristlichen Gemeinden . Zugl.: Diss. Univ. Munchen 1999 (=  Studien zur Umwelt des Neuen Testaments 27 ). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2002, ISBN 3-525-53381-0 , S.   152?158 .
  11. Martin Hengel: Proseuche und Synagoge . Erstveroffentlichung 1971. In: Judaica et Hellenistica . Mohr, Tubingen 1996, ISBN 3-16-146588-1 , S.   172 .
  12. Carsten Claußen: Versammlung, Gemeinde, Synagoge. Das hellenistisch-judische Umfeld der fruhchristlichen Gemeinden . Zugl.: Diss. Univ. Munchen 1999 (=  Studien zur Umwelt des Neuen Testaments 27 ). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2002, ISBN 3-525-53381-0 , S.   56 und 87?90 .
  13. Stefan Pfeiffer : Griechische und lateinische Inschriften zum Ptolemaerreich und zur romischen Provinz Aegyptus (= Einfuhrungen und Quellentexte zur Agyptologie. Band 9). Lit, Berlin/Munster 2015, ISBN 978-3-643-13096-9 , S. 181?185.
  14. Joseph Gutmann: The Jewish Sanctuary (=  Iconography of Religions. XXIII, I ). E. J. Brill, Leiden 1983, ISBN 90-04-06893-7 , S.   1   f . (englisch).
  15. Marilyn Joyce Segal Chiat: A Corpus of Synagogue Art and Architecture in Roman and Byzantine Palestine . Diss. phil. University of Minnesota. Band   1 . Facsimile University Microfilms International 1985, Ann Arbor MI 1979, S.   11 (englisch).
  16. a b c L. Michael White: Building God’s House in the Roman World. Architectural Adaptation among Pagans, Jews, and Christians . Johns Hopkins University Press, Baltimore/London 1990, ISBN 0-8018-3906-8 , S.   62?71 (englisch).
  17. a b c d e f Carsten Claußen: Versammlung, Gemeinde, Synagoge. Das hellenistisch-judische Umfeld der fruhchristlichen Gemeinden . Zugl.: Diss. Univ. Munchen 1999 (=  Studien zur Umwelt des Neuen Testaments 27 ). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2002, ISBN 3-525-53381-0 , S.   192?208 .
  18. Carsten Claußen: Versammlung, Gemeinde, Synagoge. Das hellenistisch-judische Umfeld der fruhchristlichen Gemeinden . Zugl.: Diss. Univ. Munchen 1999 (=  Studien zur Umwelt des Neuen Testaments 27 ). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2002, ISBN 3-525-53381-0 , S.   170   f .
  19. Marilyn Joyce Segal Chiat: Handbook of Synagogue Architecture . Scholars Press, Chico CA 1982, ISBN 0-89130-524-6 , S.   282   ff . (englisch).
  20. Simon Paulus: Die Architektur der Synagoge im Mittelalter Uberlieferung und Bestand . Petersberg 2007.
  21. Heiligtum ? Sanctuary ?(…) The portion of the synagogue where prayer services are performed is commonly called the sanctuary. Synagogues in the United States are generally designed so that the front of the sanctuary is on the side towards Jerusalem, which is the direction that we are supposed to face when reciting certain prayers. (…) Probably the most important feature of the sanctuary is the Ark, a cabinet or recession in the wall that holds the Torah scrolls. (…) The Ark has doors as well as an inner curtain called a parokhet. This curtain is in imitation of the curtain in the Sanctuary in The Temple, and is named for it.(…)“
  22. Das judische Rothenburg . Evang.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakob Rothenburg; abgerufen 16. Juli 2015.
  23. Lichtskulpturen erinnern an zerstorte Synagogen orf.at, 25. Juli 2018, abgerufen am 25. Juli 2018.