Strong Island
ist ein
Dokumentarfilm
von
Yance Ford
, der am 23. Januar 2017 im Rahmen des U.S. Documentary Competition des
Sundance Film Festivals
seine Weltpremiere feierte. Ab 12. Februar 2017 wurde der Film im Panorama-Hauptprogramm der
67. Berlinale
vorgestellt. Der Film ist eine Chronik der Umstande, die zum gewaltsamen Tod seines Bruders William zwanzig Jahre zuvor fuhrten, welche Auswirkung dessen Mord auf ihn und seine Familie hatten und wie das Rechtssystem in diesem Fall versagte, wodurch der Morder freigelassen wurde.
Im Rahmen der
Gotham Awards
wurde der Film im November 2017 als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Im Rahmen der
Oscarverleihung 2018
erfolgte ebenfalls eine Nominierung als
bester Dokumentarfilm
.
Es wird erzahlt, wie der Afroamerikaner William Ford Jr. in seinem Auto mit seiner Schwester Lauren unterwegs ist. Nach einem Unfall mit einem weißen Kfz-Mechaniker bietet dieser ihm an, den Schaden zu reparieren, wenn er nicht die Polizei ruft. Bald bemerkt William, dass Mark Reilly, so der Name des Mechanikers, eigentlich Kopf einer Autoknackerbande ist, und die in seiner Garage untergebrachte Werkstatt kriminellen Zwecken dient. Als er ihn einige Wochen spater in Begleitung seines Freundes Kevin, der im Auto wartet, aufsucht und ihm sagt, er wurde sein Geschaft auffliegen lassen, wenn er Polizist ware, kommt es zu einem Streit. Hierbei schießt Reilly dem jungen Afroamerikaner in die Brust. William Ford schafft es gerade noch aus der Garage. Die schnell vor Ort aufschlagende Polizei verhindert, dass Kevin zu seinem Freund kann, und William stirbt allein in der Einfahrt zur Garage liegend. Mark Reilly wird von der Polizei weggebracht, ohne dass man ihm Handschellen anlegt. Es ist der 7. April 1992, als William Ford stirbt und gleichzeitig das Leben seiner gesamten Familie erschuttert wird. Der junge Afroamerikaner war zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt.
Die Mutter, so erfahrt man im Film, weigerte sich mit ihren Tochtern uber das, was mit William geschehen war, zu sprechen, und nie hatte sich die Familie zusammengesetzt, um dies zu tun. Im Film liest Ford einen Brief vor, den seine Mutter Reillys Verteidigerin Mrs. Caterson geschrieben hatte, in dem sie darauf hinweist, dass weder von Seiten dessen Familie eine Reaktion kam, noch von der Staatsanwaltschaft. Uber die
Grand Jury
, die aus Menschen besteht, die regelmaßig neu gewahlt werden, und ihre Entscheidung im Geheimen getroffen hatte, erzahlt die Mutter, diese seien bei ihrer Aussage nicht ausreichend aufmerksam gewesen, und einer hatte sogar in einem Buch gelesen, als sie gerade sprach. Sie erzahlt, dass sie vor Gericht in Tranen ausbrach, weil sie das Gefuhl hatte, bei der Erziehung ihrer Kinder alles falsch gemacht zu haben. Sie erzahlt aber auch, dass sie sich weder am Tatort noch vor Gericht wie eine Mutter behandelt fuhlte, deren Kind zum Mordopfer wurde. Niemals werde sie das Gefuhl loswerden, so Barbara Dunmore-Ford, dass das mangelnde Interesse an dem Fall vor Gericht daher ruhrte, dass ihr Sohn ein Schwarzer war. Auch Williams Freund Kevin berichtet im Film Ahnliches. Vor Gericht sei er zu Williams athletischer Figur befragt worden, so Kevin, nicht aber zu dem, was in dieser Nacht wahrend des Besuches von Reillys Garage wirklich passiert war. Letztlich weigerte sich das Gericht, den weißen Mechaniker wegen Williams Tod zu verurteilen, obwohl es ausreichend Indizien fur die Hintergrunde der Tat und den Tater gegeben hatte. Die Ermittlungen wurden eingestellt, weil die Tat nicht als Mord gewertet wurde. Getroffen von Williams Verlust einerseits und enttauscht vom Rechtssystem andererseits, geriet die Familie in eine Schockstarre und schwieg lange uber das, was mit William passiert war.
Regie fuhrte
Yance Ford
. Der Transfilmemacher und damalige Schwester des erschossenen William Ford Jr. sieht den Film als exemplarisch an: ?'Strong Island' handelt in gewisser Weise davon, wie einfach es ist, Schwarze zu toten in den USA. Das war 1992 wahr, und ist es heute immer noch.“ Es geht Ford jedoch nicht nur um die Klarung des Falles, sondern insbesondere um die Folgen fur die Familie, denn weil der Mechaniker nicht angeklagt wurde, traf die Familie das Stigma, William musse wohl schuldig gewesen sein. Ford sagte uber seine Eltern, fur die eine Welt zusammenbrach, nachdem sie den Aufstieg ins gehobene Long Island geschafft hatten: ?Mein Eltern glaubten, das System wurde funktionieren, weil ihre Kinder nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren. Was sie nun lernten war, dass auch, wenn sie es in die Vorstadt geschafft hatten, der amerikanische Traum nicht fur alle gleich gilt.“
[1]
Als Transgenderdirektor hatte Ford zehn Jahre als Serienproduzent bei der Fernsehserie
P.O.V.
, die 1988 begonnen und bis 2016 gezeigt wurde, gearbeitet, die eine Reihe von Emmys gewonnen hat. Ford selbst wurde als anfangliche Begleiterin und spatere Produzentin der Langzeitdokumentationsserie von der Internationalen Dokumentarvereinigung und im Rahmen der News & Documentary Emmy Awards ausgezeichnet. Ford erhielt zudem verschiedene weitere Preise und Zuschusse, darunter den Creative Capital Award und ein Sundance Documentary Film Program Fellowship. Auch als Architekturschweißer hatte Ford gearbeitet und half, die Skulptur
Maman
von
Louise Bourgeois
zusammenzubauen, die im Rockefeller Center in New York ausgestellt wurde.
[2]
Es handelt sich bei
Strong Island
um das Regiedebut des heute in New York lebenden transsexuellen Afroamerikaners, der in Long Island aufgewachsen war, wo er mit seiner Familie ein angenehmes, suburbanes Leben lebte. Weil er nach dem Tod seines Bruders glaubte, vor Trauer und wegen der vielen offenen Fragen verruckt zu werden, beschloss Ford, den Fall in Form eines Dokumentarfilms selbst noch einmal aufzurollen. Ford hatte im Februar 2009 mit dem Produzentin Esther Robinson begonnen, an seinem Projekt zu arbeiten, die ihm die Moglichkeit gab, seine Vision fur
Strong Island
zu verfolgen. Im Herbst 2010 begann er mit Alan Jacobsen zu arbeiten, der seine Sprache sprach und sein Konzepte von Abwesenheit und Sehnsucht verstand. Ebenso erhielt er die Unterstutzung seines Redakteurs Shannon Kennedy.”
[3]
Ford hat
Strong Island
als Dokumentarfilm gestaltet und ist selbst auch als Erzahler des Films zu horen. Uber den kompletten Film verteilt werden Fotos aus dem Familienalbum gezeigt, unter denen sich einige von seinen Eltern in jungen Jahren, die sie beide stilvoll gekleidet zeigen, und viele von ihm und seinen Geschwistern aus deren Kindheit und Jugend befinden. An anderen Stellen lasst der Regisseur seine Mutter Barbara, seine Schwester Lauren und zwei der besten Freunde seines Bruders zu Wort kommen. Der Regisseur selbst ist zu sehen, wie er mit Mitarbeitern der Staatsanwaltschaft und der Polizei telefoniert, um Details uber die Totung seines Bruders oder die Entscheidung der Jury in Erfahrung zu bringen, doch niemand will seine Ruckfragen zum Fall beantworten. Nur ein Polizist macht sich die Muhe die Beweise aus den Akten herauszusuchen, die in der Nacht gesammelt und dem Gericht vorgelegt wurden. Ford zeigt sich im Film immer wieder selbst in Nahaufnahmen, wahrend er in die Kamera spricht, und regelmaßig erfolgen lange Einstellungen der Garagenwerkstatt von außen, deren Tor geoffnet ist.
Nachdem fruh im Film vom Tod des Bruders berichtet wird, lasst Ford die Interviewten erst ab etwa der Mitte des Films die genauen Umstande von Williams Tod erzahlen. Ford erzahlt zudem Vieles von seiner Familie im Allgemeinen beziehungsweise lasst diese von ihrem Leben erzahlen. Seine Eltern waren nach New York gezogen, wo der Vater als Fahrer der Stadtbahn arbeitete, und spater nach Long Island, wo Schwarze zwar in streng abgegrenzten Gebieten lebten, die Mutter nahm dies jedoch in Kauf, weil sie wollte, dass die Kinder in einem Heim aufwachsen, das sie ihr Zuhause nennen konnen. Die Mutter arbeitete als Englischlehrerin und wird spater sogar Leiterin einer Schule. Spater beteiligte sich die Mutter an einem Bildungsprogramm fur Insassen der Gefangnisse auf
Rikers Island
. Fur Yance Ford und seine Schwester war es in ihrem Leben sehr wichtig, in William einen großen Bruder zu haben, wie im Film beide erklaren.
Der Film feierte am 23. Januar 2017 im Rahmen des U.S. Documentary Competition des
Sundance Film Festivals
seine Weltpremiere
[4]
, wo der Film mehrfach ausgezeichnet wurde. Bei der
67. Berlinale
wurde der Film ab 12. Februar 2017 in der Sektion Panorama vorgestellt, die sich traditionell dem Autorenfilm widmet und in dem Jahr im Fokus
Ermachtigung der schwarzen Geschichte
stand.
[5]
Er wurde hier auch im Rahmen des
Teddy Awards
, einem eigenen Wettbewerb, gezeigt.
[6]
[7]
Ab 8. August 2017 wurde der Film beim
Internationalen Filmfestival von Locarno
vorgestellt.
[8]
Der Film wird von Doc & Film International vertrieben.
Der Film konnte bislang alle Kritiker bei
Rotten Tomatoes
uberzeugen und erhielt hierbei eine durchschnittliche Bewertung von 8,5 der moglichen 10 Punkte.
[9]
Bei
Metacritic
erhielt der Film einen Metascore von 86 von 100 moglichen Punkten.
[10]
Thomas Hummitzsch von
Rolling Stone
erklart, was den Film sehenswert mache, sei nicht die Darstellung der mutmaßlichen Ereignisse, sondern die Verbindung mit der innerfamiliaren Traumatisierung sowie der fortgesetzten rassistischen Politik in den USA. Im Vordergrund stehe dabei Fords Mutter, so Hummitzsch, die ihre Sohne immer im Sinne der republikanischen Werte erzogen hat. Sie musse sich seit 25 Jahren fragen, was all ihr Brennen fur die imaginierte Nation genutzt hat, wenn der schwarze Korper und Geist (!) immer noch als minderwertig angesehen wird.
[11]
Am 7. Dezember 2017 wurde bekannt, dass sich der Film in der Vorauswahl befindet, aus der die Academy of Motion Picture Arts and Sciences die Nominierungen fur die
Oscarverleihung 2018
in der Kategorie
Bester Dokumentarfilm
bestimmte.
[12]
Im Januar 2018 folgte die offizielle Nominierung. Die folgende Auflistung enthalt eine Auswahl der bekanntesten Preisverleihungen.
Black Reel Awards 2018
Critics’ Choice Documentary Awards 2017
Full Frame Documentary Film Festival 2017
- Auszeichnung
mit dem Center for Documentary Studies Filmmaker Award (Yance Ford)
- Auszeichnung
mit dem Charles E. Guggenheim Emerging Artist Award (Yance Ford)
[15]
Gotham Awards 2017
- Bester Dokumentarfilm
- Nominierung fur den Publikumspreis
[16]
[17]
International Documentary Association Awards 2017
- Nominierung als
Bester Dokumentarfilm
(Yance Ford)
[18]
Montclair Film Festival 2017
- Auszeichnung
mit dem Bruce-Sinofsky-Preis fur Dokumentarfilme (Yance Ford)
[19]
Oscarverleihung 2018
Sundance Film Festival 2017
- Auszeichnung
mit dem Special Jury Award for Storytelling: U.S. Documentary (Yance Ford)
[20]
- Auszeichnung
mit dem Amazon Studios Sundance Institute Producers Award (Joslyn Barnes, als Produzentin des Films)
[21]
- ↑
Christian Berndt:
Filme uber New Yorker Parallelwelten. Das Leben in Bubbles
In: Deutschlandradio Kultur, 13. Februar 2017.
- ↑
Strong Island
- ↑
25 New Faces of Independent Film: Yance Ford.
In: filmmakermagazine.com. Abgerufen am 13. Juni 2020.
- ↑
https://www.sundance.org/blogs/news/competition-and-next-films-announced-for-2017-festival
- ↑
Programm der 67. Internationalen Filmfestspiele Berlin. Panorama
In: berlinale.de. Abgerufen am 18. Februar 2017 (PDF; 23,1 MB)
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31. Teddy Award. Programme Guide
In: teddyaward.tv. Abgerufen am 18. Februar 2017. (PDF; 6 MB)
- ↑
Johanna Mitz:
Alle Filme beim 31. Teddy Award
In: teddyaward.tv, 31. Januar 2017.
- ↑
Programm des 70. Filmfestivals von Locarno
(
Memento
des
Originals
vom 6. August 2017 im
Internet Archive
)
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@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/pardo.ch
In: pardo.ch. Abgerufen am 6. August 2017. (PDF; 12,1 MB)
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Strong Island
In: Rotten Tomatoes. Abgerufen am 17. Marz 2018.
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Strong Island.
In: Metacritic. Abgerufen am 12. Dezember 2023.
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Thomas Hummitzsch:
Berlinale 2017: Eine Nation denkt Schwarz-Weiß.
In:
rollingstone.de.
16. Februar 2017,
abgerufen am 11. Februar 2024
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15 Documentary Features Advance in Oscar Race
In: oscars.org, 7. Dezember 2017.
- ↑
Get Out Dominates the Black Reel Awards
(
Memento
des
Originals
vom 19. Dezember 2017 im
Internet Archive
)
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@2
Vorlage:Webachiv/IABot/blackreelawards.com
In: blackreelawards.com, 13. Dezember 2017.
- ↑
Second Annual Critics’ Choise Documentary Awards Nominations unveiled
(
Memento
des
Originals
vom 8. Oktober 2017 im
Internet Archive
)
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Vorlage:Webachiv/IABot/www.criticschoice.com
In: criticschoice.com, 9. Oktober 2017.
- ↑
21st Annual Full Frame Documentary Film Festival. 2017 Award Winners
(
Memento
des
Originals
vom 17. April 2017 im
Internet Archive
)
Info:
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Vorlage:Webachiv/IABot/www.fullframefest.org
In: fullframefest.org. Abgerufen am 20. April 2017.
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Gordon Cox:
'Get Out' Leads 2017 Gotham Awards Nominations
In: Variety, 19. Oktober 2017.
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Anthony D’Alessandro:
'Get Out' Tops IFP Gotham Awards Nominations; 'Mudbound' Voted Special Jury Award
In: deadline.com, 19. Oktober 2017.
- ↑
FD News: Dastardly Disney; IDA nominees; Snapchat shakeup; Spielberg’s on a roll
(
Memento
des
Originals
vom 11. November 2017 im
Internet Archive
)
Info:
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Vorlage:Webachiv/IABot/filmdaily.co
In: filmdaily.co, 8. November 2017.
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Hilary Lewis:
Montclair Film Festival: 'Lady Macbeth', 'Strong Island' Among Award Winners
In: The Hollywood Reporter, 9. Mai 2017.
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Dominic Patten und Patrick Hipes:
Sundance Film Festival Awards: 'I Don’t Feel At Home In This World Anymore' & 'Dina' Take Grand Jury Prizes
In: deadline.com, 28. Januar 2017.
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Sundance 2017. Here Are the Official Winners of the Sundance Film Festival Awards
In: nofilmschool.com, 29. Januar 2017.