Stella Kramrisch
(geboren
1896
in
Nikolsburg
,
Osterreich-Ungarn
; gestorben
1993
in
Philadelphia
,
Vereinigte Staaten von Amerika
[1]
) war eine
kosmopolitische
Kunsthistorikerin
, die zwischen 1920 und 1970 grundlegende Forschung zur
indischen Kunst-
und
Kulturgeschichte
veroffentlichte. 1919 wurde sie mit einer Arbeit uber
fruhbuddhistische Tempelplastik
promoviert. Zwischen 1920 und 1950 lehrte sie am Kala Bhavana in
Shantiniketan
und an der
Calcutta University
. In den 1930er Jahren hatte sie zudem einen Lehrauftrag am
Courtauld Institute of Art
und kooperierte mit dem
Warburg Institute
in London. 1950 folgte sie dem Ruf an die
University of Pennsylvania
, wo sie am
Philadelphia Museum of Art
zudem Kuratorin fur Indische Kunst war.
[2]
Stella Kramrisch war eine Tochter des Isidor Kramrich. Als sie acht Jahre alt war, zog ihre Familie nach Wien, wo sie das Gymnasium besuchte und Ballettunterricht erhielt. In der offentlichen Bibliothek in Wien entdeckte sie
indische Philosophie
, deren Studium sie sich in ihrer Jugend widmete. Sie studierte
Kunstgeschichte
bei
Max Dvo?ak
und
Josef Strzygowski
und spezialisierte sich eigenstandig auf indische Kunst, indem sie indische Philosophie las,
Sanskrit
lernte und Photographien indischer Bau- und Kunstwerke analysierte. 1919 wurde sie mit der Arbeit ?Untersuchungen zum Wesen der Fruhbuddhistischen Bildnerei Indiens“ promoviert.
[3]
Bei einem Vortrag, den sie in
Oxford
hielt, wurde
Rabindranath Tagore
auf Kramrischs innovative Forschung aufmerksam und gewann sie als Dozentin fur indische Kunst, sodass sie ab 1922 an der
Visva-Bharati University
in Santiniketan lehrte. Ab 1924 erhielt sie eine Lehrstelle an der Calcutta University. Ihre Forschung mit indischer Kunst beschaftigte sich in der Zeit vor allem mit der Frage danach, welches Verhaltnis kunstlerisches Schaffen in Indien zur Natur hatte. 1922 wirkte sie wesentlich an der Organisation der Ausstellung
Bauhaus in Calcutta
mit, bei der Werke heute bekannter Bauhauskunstler in Calcutta ausgestellt wurden, um die modernen Kunstler des Bauhauses und in Bengalen miteinander in Kontakt zu bringen.
[4]
Gemeinsam mit
Abanindranath Tagore
war sie ab 1933 Herausgeberin des Journal of the Indian Society of Oriental Art. Mit ihrer einschlagigen Publikation
Indian Sculpture
legte sie 1933 eine prazise Analyse indischer Skulptur vor, dessen Format tatsachlich als praktisches Handbuch fur Reisende gedacht war. Kramrisch schrieb auch uber andere Kunstler der indischen Moderne, beispielsweise
Sunayani Devi
.
Der Ungar Laszlo Nemenyi, den sie 1929 geheiratet hatte, arbeitete nach der
Unabhangigkeit Indiens
von
Großbritannien
als okonomischer Berater fur die neue Regierung in
Pakistan
. Trotz der gefahrlichen Lage entschieden sich beide, in Indien zu bleiben. Nachdem Nemenyi 1950 erschossen wurde, folgte Kramrisch dem Ruf als Professorin fur sudasiatische Kunst an die
University of Pennsylvania
. Wahrend ihrer Zeit in Indien
konvertierte
Kramrisch zum
Hinduismus
und begann, eine Sammlung sudasiatischer Kunstwerke zu erstellen. Diese wurde spater dem
Philadelphia Museum of Art
uberlassen.
- Untersuchungen zum Wesen der fruhbuddhistischen Bildnerei Indiens
. Phil. Diss. Univ. Wien (1919)
- Grundzuge der Indischen Kunst.
Avalun Verlag, 1924.
- The Visnudharmottaram: A Treatise on Indian Painting and Image-Making
. Calcutta University Press, 1928.
- Indische Kunst.
In: Anton Springer (Hrsg.):
Handbuch der Kunstgeschichte.
Alfred Kroner Verlag, 1929.
- Indian Sculpture. The Heritage of India Series.
Oxford University Press, 1933.
- The Hindu Temple.
2 Bande, University of Calcutta, 1946.
- Unknown India: Ritual Art in Tribe and Village.
Philadelphia Museum of Art, 1968.
- Presence of ?iva
. Princeton University Press, 1981.
- K. Lee Chichester und Brigitte Solch (Hg.):
Kunsthistorikerinnen 1910?1980. Theorien, Methoden, Kritiken
. Reimer Verlag, Berlin 2021,
ISBN 978-3-496-03050-8
, S. 100?115.
- Kramrisch, Stella
, in:
Ilse Korotin
:
biografiA: Lexikon osterreichischer Frauen
. Wien : Bohlau, 2016,
ISBN 978-3-205-79590-2
, S. 1784
- Jo Ziebritzki:
Stella Kramrisch. Kunsthistorikerin zwischen Europa und Indien. Ein Beitrag zur Depatriarchalisierung der Kunstgeschichte
; Marburg: Buechner 2021,
ISBN 978-3-96317-229-8
- ↑
Stella Kramrisch
im
Dictionary of Art Historians
(englisch).
- ↑
Stella Kramrisch, Indian-Art Expert And Professor, 97.
The New York Times, 2. September 1993,
abgerufen am 18. Dezember 2019
.
- ↑
Darielle Mason:
Interwoven in the Pattern of Time: Stella Kramrisch and Kanthas. In: Kantha. The Embroidered Quilts of Bengal.
Philadelphia Museum of Art, 2010.
- ↑
Bauhaus in Calcutta.
Abgerufen am 16. Dezember 2019
.