Stavisky
(Alternativtitel:
Stavisky …
) ist ein franzosischer Spielfilm von Regisseur
Alain Resnais
aus dem Jahr 1974 uber die Stavisky-Affare. Die Hauptrolle des Hochstaplers und Millionenbetrugers
Alexandre Stavisky
ubernahm
Jean-Paul Belmondo
. Das Drehbuch verfasste der spanische Schriftsteller
Jorge Semprun
.
Der Film zeigt die letzten Lebensjahre des Alexandre Stavisky und die politischen Auswirkungen der von ihm ausgelosten Stavisky-Affare.
Historischer Hintergrund ist die sogenannte
Affaire Stavisky
, die in den 1930ern in Frankreich hohe Wellen schlug.
Serge Alexandre Stavisky, Sohn ukrainischer Einwanderer, machte sich als Hochstapler und Millionenbetruger einen Namen und war Liebling der franzosischen Gesellschaft. In seine Betrugereien waren hochrangige Personen aus Politik und Wirtschaft verwickelt. Die Umstande seines Todes sind bis heute nicht schlussig geklart. Sein Tod und die Aufdeckung seiner Betrugereien durch die Polizei loste in Frankreich ein politisches Erdbeben aus, fuhrte an den Rand eines Burgerkriegs und schwachte Frankreichs Position in Europa.
[2]
Die Idee, einen Film uber Stavskys Leben zu drehen, kam von Jean-Paul Belmondo, der Jorge Semprun mit dem Schreiben eines Drehbuchs beauftragte. Alain Resnais zeigt Interesse an dem Projekt und drehte nach 6 Jahren Pause wieder einen Film.
[3]
Die Dreharbeiten fanden im Herbst 1973 in Paris und in
Biarritz
statt.
Artdirector war der mehrfach
Cesar
-nominierte bzw. ausgezeichnete Szenenbildner
Jacques Saulnier
, der mit Resnais bereits seit dessen fruhen Filmen
Hiroshima mon amour
(1959) und
Letztes Jahr in Marienbad
(1961) zusammengearbeitet hatte.
Sacha Vierny
, einer der beiden Kameramanner von Resnais’ Dokumentarfilm
Nacht und Nebel
war ebenfalls an dessen ersten (erhaltenen) Spielfilm
Hiroshima mon amour
als Kameramann beteiligt, und
Albert Jurgenson
wurde in der Folge der bevorzugte Editor des Regisseurs.
Stavisky
war der erste Film, fur den
Stephen Sondheim
die Musik komponiert hat und der einzige Film uberhaupt, fur den er den kompletten Soundtrack geschrieben hat. Sondheim und Resnais hatten sich in Cannes anlasslich der Auffuhrung von
The Last of Sheila
getroffen, und Resnais hatte Sondheim, der noch nie eine Filmmusik komponiert hatte, gebeten, die Musik fur seinen Stavisky-Film zu schreiben. Sondheim komponierte die Musik in New York am Piano und nutzte zur Unterstutzung Video-Aufnahmen von den Filmarbeiten, die Resnais ihm zur Verfugung stellte.
[4]
Orchestriert wurde die Musik von
Jonathan Tunick
. Es spielt ein Kammerorchester unter der Leitung von
Carlo Savina
und
Jacques Mercier
.
[5]
Die Kostume entwarf
Jacqueline Moreau
, Designer der Kostume von
Anny Duperey
war
Yves Saint-Laurent
, die fur
Claude Rich
entwarf der franzosisch-italienische Modeschopfer Francesco Smalto (1927?2015).
Premiere des Films in Frankreich war am 15. Mai 1974 in Cannes, und er wurde am 29. September 1974 auf dem
New York Film Festival
vorgestellt.
Er lief erneut bei den
Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2011
im Rahmen eines Gala-Abends fur
Jean-Paul Belmondo
.
[6]
In Deutschland wurde der Film am 12. Januar 1975 im deutschen Fernsehen gezeigt. 2016 veroffentlichte
Arthaus
eine digital aufbereitete Fassung des Films in franzosischer und deutscher Sprache.
Der Film lief bei den
Internationalen Filmfestspielen von Cannes 1974
im Wettbewerb um die
Goldene Palme
.
[7]
, aber nur
Charles Boyer
wurde mit einer
special mention
ausgezeichnet.
Charles Boyer erhielt 1974 den
New York Film Critics Circle Award
in der Kategorie
Bester Nebendarsteller
.
Nora Sayre
von der New York Times schreibt anlasslich der Auffuhrung des Films auf dem New York Film Festival: ?Mr. Renais flirtet mit der Zeit […] Manche Sprunge in die Zukunft funktionieren sehr gut, obwohl es ein paar zuviel sind. Indes, trotz dieser Mystifizierungen ist Stavisky einer der lohnendsten Filme, die ich in diesem Jahr gesehen habe ? und einer der intelligentesten“.
[8]
Oliver Armknecht vom Filmjournal film-rezensionen.de wurdigt in seiner ausfuhrlichen Analyse die herausragende Leistung der beiden Hauptdarsteller Jean Paul Belmondo und Charles Boyer und schreibt dann, der zeitlose Aspekt des Historiendramas mache den Film bis heute sehenswert. Fur Resnais sei die Vita des Hochstaplers Stavisky ein Symptom, heute noch genauso aktuell wie seinerzeit. ?Tatsachlich provoziert die Art und Weise, wie die Menschen auf einen Charismatiker hereingefallen [sind], der ihnen sonst was erzahlen konnte, geradezu Vergleiche mit heute.“ Die Sehnsucht nach Anerkennung, wie sie Stavisky habe, sei dabei ebenso zeitlos wie das unreflektierte Hinterherlaufen. ?Parallelen zu zeitgenossischen Politikgestalten liegen ebenso nahe wie die grotesken Auswuchse, die man in Wirtschaft oder dem Finanzsektor gesehen hat“. Die Schonheit seiner Bilder, die vornehme Eleganz des Films habe seinerzeit zwar fur ?manche Vestimmung“ gesorgt, und Resnais sei vorgeworfen worden, er habe
seinen analytischen Blick zugunsten einer Schwarmerei aufgegeben. Zwar blieben viele Fragen zum Kontext wie auch zu der Figur an sich offen, aber es lohne sich doch, bei dieser gleichermaßen faszinierten wie melancholischen Fragestellung dabei zu sein.
[9]
Anlasslich der Veroffentlichung 2018 der
4K Restaurierung
von
Stavisky
schreibt der Kritiker der
Los Angeles Times
, indem er sich zunachst auf die Premiere 1974 in Cannes bezieht: ?Eine elegantes
Art Deco
-Schwelgen des brillanten franzosischen Filmemachers Alain Resnais mit Jean-Paul Belmondo, der in den 1930ern sein Unwesen als romantischer Schwindler treibt, das in Cannes nicht punkten konnte, und eine Kino-Wiederaufnahme, die jetzt als das geschatzt werden kann, was sie ist: ein trugerisch-nachdenkliches Vergnugen mit einer ganz eigenen prickelnden Melancholie und einer Fulle sinnlicher Unterhaltung.“
[10]
Trotz der kuhlen Aufnahme des Films in Cannes bei den Kritikern, war er in Frankreich ein Publikumserfolg, erreichte aber mit 300.000 Zuschauern in den Pariser Kinos und mehr als einer Million in Frankreich nicht die ublichen Zuschauerzahlen eines Belmondo-Films.
[11]
Anders als in Frankreich wurde der Film in den USA von der Kritik sehr positiv aufgenommen. Auf Rotten Tomatoes erreichte der Film eine Positiv-Quote von 92 % auf der Basis von zwolf Filmkritiken.
[12]
- Jorge Semprun
:
Stavisky
. Text by Jorge Semprun for the film by Alain Resnais. New York, The Viking Press, 1975.
ISBN 978-0-670-00595-6
- Lutz Kuster:
Obsessionen der Erinnerung. Das literarische Werk Jorge Sampruns
. Kapitel 5: Le ?Stavisky“ d’Alain Resnais. S. 127?146. Vervuert, Frankfurt a. M., 2010. (Editionen der Iberoamericana. 20.)
ISBN 978-3-96456-210-4
- ↑
Freigabebescheinigung
fur
Stavisky
.
Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft
(PDF; Prufnummer: 160505/V).
Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 langer als 4 Zeichen
- ↑
The Stavisky Scandal
The Atlantic, Issue March 1934, abgerufen am 9. Januar 2023
- ↑
Stavisky (1974), Filmreview
, French Films, abgerufen am 9. Januar 2023
- ↑
Stavisky
sondheim.com, abgerufen am 13. Januar 2023
- ↑
Stephen Sondheim ? Stavisky
Label Epic 1974, abgerufen am 11. Januar 2023
- ↑
Stavisky returns to Cannes after 37 years
auf festival-cannes.fr, abgerufen am 9. Juni 2011.
- ↑
Official Selection 1974
auf festival-cannes.fr, abgerufen am 9. Juni 2011.
- ↑
Original: Nora Sayre: ?Mr. Resnais flirts with time […]. Most of these leaps into the future work very well, although there are a few too many of them“ und ?Meanwhile, despite its mystifications,
Stavisky
is one of the most rewarding films I’ve seen this year ? and also one of the most intelligent“.
Film Festival: 'Stavisky,' Moody Rogue of the 30's: Belmondo at His Best in Resnais Creation He Charms, He Broods and Topples Regime
. The New York Times, 30. September 1974, abgerufen am 9. Januar 2023.
- ↑
Oliver Armknecht:
film-rezensionen Stavisky
, 12. September 2022, abgerufen am 9. Januar 2023
- ↑
Zitat: ?[...] an elegant Art Deco bath with Jean-Paul Belmondo swanning around as a romantic 1930s swindler, isn’t paraded much in considerations of the brilliant French filmmaker Alain Resnais, [...] a deceptively ruminative entertainment with a fizzy melancholy, and awash in sensory pleasures“, Robert Abele:
Review: Alain Resnais’ ‘Stavisky’ has a fizzy charm all its own and a new resonance
The Los Angeles Times, 11. Oktober 2018, abgerufen am 11. Januar 2023
- ↑
Gilles Durieux: Belmondo. Le Cherche Midi, Paris, 2009. S. 260
- ↑
Stavisky
Rotten tomatoes, abgerufen am 13. Januar 2023