Alexandre Mnouchkine
(
russisch
Александр Александрович Мнушкин
,
Alexander Alexandrowitsch Mnuschkin
, wissenschaftl.-translit.:
Aleksandr Aleksandrovi? Mnu?kin
, *
10. Februar
1908
in
Sankt Petersburg
; †
3. April
1993
in
Neuilly-sur-Seine
,
Departement Hauts-de-Seine
) war ein
russisch
-
franzosischer
Filmproduzent
.
Alexandre Mnouchkine wurde 1908 in Sankt Petersburg geboren, damals Hauptstadt des
Russischen Reiches
. Nach Ausbruch der
Russischen Revolution
fluchtete er mit seiner Familie nach
Frankreich
, wo er 1930 die franzosische Staatsburgerschaft erhielt
[1]
. In seiner neuen Heimat versuchte sich der junge Mnouchkine als Musiker, wandte sich jedoch bald dem
Film
zu, wo er als Pianist in die
Stummfilmproduktionen
von
Rene Clair
involviert war. Obwohl er selbst mit einer Karriere als
Kameramann
geliebaugelt hatte, begann Mnouchkine ab 1932 als Filmproduzent zu arbeiten, ehe der
Zweite Weltkrieg
seine Karriere unterbrach. Als
Jude
war er gezwungen in dieser Zeit unterzutauchen und er agierte als Mitglied der
Resistance
, der franzosischen Widerstandsbewegung, gegen die
deutsche Besatzungsmacht
. Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs trat Mnouchkine wieder als Filmproduzent in Erscheinung. Gemeinsam mit dem ebenfalls aus Russland immigrierten
Georges Dancigers
(1908?1993) und
Francis Cosne
(1916?1984) grundete er 1945 die Produktionsgesellschaft
Les Films Ariane
, die er nach seiner 1939 geborenen Tochter
Ariane Mnouchkine
benannte. Die spater erfolgreiche Theater- und Filmregisseurin, die seine Filmauswahl als zu kommerziell kritisierte
[2]
, stammte wie seine zweite Tochter Joelle aus der Ehe mit der Englanderin June Hannen, deren Vater der populare Buhnenschauspieler
Nicholas Hannen
(1881?1972) war.
Mit Les Films Ariane produzierte Alexandre Mnouchkine 1947
Henri Decoins
Krimidrama
Nicht schuldig
. Ein Jahr spater folgten mit
Der Doppeladler
und
Die schrecklichen Eltern
zwei Werke von
Jean Cocteau
, in denen der Lebensgefahrte des Filmregisseurs,
Jean Marais
, die mannlichen Hauptrollen bekleidete
[3]
. Mnouchkine bewunderte die Professionalitat, die Cocteau an den Tag legte und glaubte, dass seine eigenen Visionen von Kunst und Kino durch ihre Zusammenarbeit angereichert worden waren
[2]
. Anfang der 1950er Jahre wandte sich Mnouchkine dem kommerziellen Kino zu und fungierte als Produzent und Koproduzent an u. a.
Christian-Jaques
Mantel-und-Degen-Filmen
Fanfan, der Husar
mit
Gerard Philipe
in der Titelrolle und
Lucrezia Borgia
(beide 1952),
Julien Duviviers
Don Camillos Ruckkehr
(1953) oder der Spionagekomodie
Babette zieht in den Krieg
(1959) mit der jungen
Brigitte Bardot
in der Hauptrolle. Der große Erfolg fur Mnouchkine und Dancigers stellte sich in den 1960er Jahren ein, als eine langjahrige Zusammenarbeit mit
Philippe de Broca
folgte
[4]
, aus der u. a. die Komodien
Cartouche, der Bandit
(1961),
Abenteuer in Rio
(1964),
Die tollen Abenteuer des Monsieur L.
(1965) und
Le Magnifique
(1973) hervorgingen. In allen Filmen spielte
Jean-Paul Belmondo
die Hauptrolle. Der einflussreiche Darsteller der
Nouvelle Vague
war zu dieser Zeit Frankreichs popularster Akteur. Les Films Ariane etablierte sich daraufhin in Frankreich als eine der großen Filmproduktionsgesellschaften und Mnouchkine gelang es eine Brucke zwischen Kommerz und dem angesehenen
Autorenkino
zu schlagen
[4]
. ?Er war eine Inspiration fur eine Generation von Filmemachern“, und ?ein sehr engagierter Mann, der Filme liebte“, so sein Berufskollege Frederic Golchan
[5]
. Mnouchkine finanzierte mit gleichem Eifer Projekte renommierter Filmemacher, wie
Lebe das Leben
(1967),
Der Mann, der mir gefallt
und
Das Leben, die Liebe, der Tod
(beide 1969) von
Claude Lelouch
,
Alain Resnais
’ Drama
Stavisky
,
Bertrand Bliers
Oscar
-pramierte Tragikomodie
Frau zu verschenken
(1978) oder den
Cesar
-Gewinner
La Balance ? Der Verrat
(1982) von
Bob Swaim
. Selbst mit dem wichtigsten franzosischen Filmpreis ausgezeichnet wurde Mnouchkine 1981, als er gemeinsam mit Georges Dancigers fur seine Verdienste im franzosischen Kino den
Ehrenpreis
erhielt. Im selben Jahr wurde der gemeinsam produzierte Thriller
Das Verhor
von
Claude Miller
mit vier Cesars ausgezeichnet, dem verstarkt weitere Filme dieses Genres folgten.
Neben der Arbeit als Produzent ubernahm Alexandre Mnouchkine auch gelegentlich Statistenrollen in Filmen, so etwa in
Gerard Krawczyks
hochgelobten Spielfilmdebut
Ich hasse Schauspieler!
(1986). Im selben Jahr war Mnouchkine Jurymitglied der
Filmfestspiele von Cannes
, wahrend Les Films Ariane von der Cora-Reveillon-Gruppe aufgekauft wurde
[5]
. Zwar verlor er den Direktorenposten, wurde aber Hausproduzent des neuen Besitzers und koproduzierte Werke wie
Jean-Jacques Annauds
Literaturverfilmung
Der Name der Rose
(1986) oder
Giuseppe Tornatores
Oscar-pramiertes Drama
Cinema Paradiso
(1988). 1989 bekleidete Mnouchkine das Amt des Prasidenten der
Academie des Arts et Techniques du Cinema
, die jahrlich den franzosischen Filmpreis Cesar vergibt und war fur die internationale Koproduktion
Die Franzosische Revolution ? Jahre der Hoffnung/Jahre des Zorns
mit
Klaus Maria Brandauer
als
Georges Danton
und
Jane Seymour
in der Rolle der
Marie-Antoinette
zustandig.
Robert Enricos
und
Richard T. Heffrons
Zweiteiler, mit einem Budget von 50 Mio.
US-Dollar
zu jener Zeit als teuerster europaischer Film proklamiert, hatte Mnouchkine besonders gereizt, da die Realisierung des Projekts als unmoglich galt
[6]
. In seinen letzten Lebensjahren naherte sich der Filmproduzent seinem Heimatland
Russland
wieder an, wo er Eldar Ryazanovs Film
Predskazaniye
finanzierte. Fur den romantischen Thriller mit
Irene Jacob
schrieb er auch am Drehbuch mit. Seit 1975 in zweiter Ehe mit der franzosischen Schauspielerin
Simone Renant
(1911?2004) verheiratet, verstarb Mnouchkine im Alter von 85 Jahren an Herzversagen. Bereits 1981 hatte Mnouchkine, der von dem ehemaligen
United Artists International
-Prasidenten
Lee Katz
(1914?2003), als ?unubertroffene Kraft im franzosischen Kino und wahrer Gentleman“ geschatzte wurde, einen schweren Herzinfarkt erlitten
[5]
. In seiner Karriere produzierte Alexandre Mnouchkine fast funfzig Filme
[7]
, darunter auch der 1994 erschienene Thriller
Eine reine Formalitat
von Giuseppe Tornatore.
- 1982:
Ehrenpreis
bei der
Cesar
-Verleihung
- 1990: Nominierung fur den
Gemini Award
fur
Die Franzosische Revolution ? Jahre der Hoffnung/Jahre des Zorns
(Beste dramatische Miniserie)
- Passek, Jean Loup (Hrsg.):
Dictionnaire du cinema
. Paris : Larousse, 1987 (frz. Ausgabe)
- ↑
vgl.
Interpreter of popular culture
. In: Manchester Guardian Weekly vom 25. April 1993, Le Monde, Obituary, Alexandre Mnouchkine, S. 14
- ↑
a
b
vgl. Robinson, David:
In The Face Of Fashion
. In: The Guardian (London) vom 13. April 1993, S. 16
- ↑
vgl. Shipman, David:
Obituary : Alexandre Mnouchkine
. In: The Independent (London) vom 7. April 1993, Gazette Page, S. 22
- ↑
a
b
vgl. Frodon, Jean Michel:
Cinema la mort d'Alexandre Mnouchkine
. In: Le Monde vom 7. April 1993, Culture
- ↑
a
b
c
vgl. Klady, Leonard:
Oscar-Winning Gallic Pic Prod'r Mnouchkine Dies.
In: Daily Variety vom 5. April 1993, Obituaries
- ↑
vgl.
Alexandre Mnouchkine
. In: The Times vom 10. April 1993
- ↑
vgl.
Filmproduzent Alexandre Mnouchkine gestorben
. In: Suddeutsche Zeitung vom 7. April 1993