Der
spezifische Widerstand
(kurz fur
spezifischer elektrischer Widerstand
oder auch
Resistivitat
) ist eine temperaturabhangige
Materialkonstante
mit dem Formelzeichen
(griechisch
rho
). Er wird vor allem zur Berechnung des
elektrischen Widerstandes
einer (
homogenen
)
elektrischen Leitung
oder einer
Widerstands
-Geometrie genutzt. Meistens wird der spezifische Widerstand in der Einheit
angegeben. Die
koharente SI-Einheit
ist das
Ohmmeter
(
).
Der
Kehrwert
des spezifischen Widerstands ist die
elektrische Leitfahigkeit
.
Verantwortlich fur den spezifischen elektrischen Widerstand in reinen
Metallen
sind zwei Anteile, die sich gemaß der
Matthiessenschen Regel
uberlagern:
Der temperaturabhangige Anteil am spezifischen Widerstand ist bei allen Leitern in einem jeweils begrenzten Temperaturbereich naherungsweise linear:
![{\displaystyle \rho (T)=\rho (T_{0})\cdot (1+\alpha \cdot (T-T_{0}))}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/0c3a402538a198ae1fc009c0b555baee01cca382)
wobei α der
Temperaturkoeffizient
,
T
die Temperatur und
T
0
eine beliebige Temperatur, z. B.
T
0
= 293,15 K = 20 °C, bei der der spezifische elektrische Widerstand ρ(
T
0
) bekannt ist (siehe Tabelle unten).
Je nach
Vorzeichen
des linearen Temperaturkoeffizienten unterscheidet man zwischen
Kaltleitern
(engl.:
positive temperature coefficient of resistance
, PTC) und
Heißleitern
(engl.:
negative temperature coefficient of resistance
, NTC). Die lineare Temperaturabhangigkeit gilt nur in einem begrenzten Temperaturintervall. Dieses kann bei reinen Metallen vergleichsweise groß sein. Daruber hinaus muss man
Korrekturen
anbringen (siehe auch:
Kondo-Effekt
).
Reine Metalle haben einen positiven Temperaturkoeffizienten des spezifischen elektrischen Widerstandes von etwa 0,36 %/K bis uber 0,6 %/K. Bei
Platin
(0,385 %/K) nutzt man das, um
Platin-Widerstandsthermometer
zu bauen.
Der spezifische elektrische Widerstand von
Legierungen
ist nur gering von der Temperatur abhangig, hier uberwiegt der Anteil der Storstellen. Ausgenutzt wird dies beispielsweise bei
Konstantan
oder
Manganin
, um einen besonders geringen Temperaturbeiwert bzw. einen temperaturstabilen Widerstandswert zu erhalten.
Bei den meisten Materialien ist der elektrische Widerstand richtungsunabhangig (
isotrop
). Fur den spezifischen Widerstand genugt dann eine einfache
skalare
Große, also eine Zahl mit Einheit.
Anisotropie beim elektrischen Widerstand findet man bei
Einkristallen
(oder Vielkristallen mit Vorzugsrichtung) mit weniger als kubischer
Symmetrie
. Die meisten Metalle haben kubische Kristallstruktur und sind schon daher isotrop. Zusatzlich hat man oft eine viel-kristalline Form ohne ausgepragte Vorzugsrichtung (
Textur
). Ein Beispiel fur anisotropen spezifischen Widerstand ist Graphit als Einkristall oder mit Vorzugsrichtung.
Der spezifische Widerstand ist dann ein
Tensor
2. Stufe, der die
elektrische Feldstarke
mit der
elektrischen Stromdichte
verknupft.
![{\displaystyle {\vec {E}}=\rho \cdot {\vec {j}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/5a4cbc632c5837b8232b51147ad3629c01f1fcb8)
Der elektrische Widerstand eines Leiters mit einer uber seine Lange konstanten
Querschnittsflache
(
Schnitt
senkrecht zur Langsachse eines Korpers) betragt:
Widerstand mit Kontakten an beiden Enden
![{\displaystyle R=\rho \cdot {\frac {l}{A}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/4d7735adf6303f35bb270cf62c6f31d2cbdfcb1a)
wobei
der
elektrische Widerstand
,
der spezifische Widerstand,
die Lange und
die Querschnittsflache des Leiters ist.
Folglich kann man
aus der Messung des Widerstandes eines Leiterstuckes bekannter Geometrie bestimmen:
![{\displaystyle \rho ={R}\cdot {\frac {A}{l}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/29b99dcdecaa2245a224830f03d16e91bdcaf0c2)
Die Querschnittsflache
eines runden Leiters (zum Beispiel eines
Drahtes
) errechnet sich aus dem
Durchmesser
zu:
![{\displaystyle A=\pi \cdot {\frac {d^{2}}{4}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/c0203714ca62d7a7082f4109a3f2e2d419fd6e16)
Die Voraussetzung fur die Gultigkeit dieser Formel fur den elektrischen Widerstand
ist eine konstante Stromdichteverteilung uber den Leiterquerschnitt
, das heißt, an jedem Punkt des Leiterquerschnitts ist die
Stromdichte
gleich groß. Naherungsweise ist das gegeben, wenn die Lange des Leiters groß im Vergleich zu den Abmessungen seines Querschnitts ist und der Strom ein
Gleichstrom
oder niederfrequent ist. Bei hohen Frequenzen fuhren der
Skin-Effekt
und bei inhomogenen hochfrequenten Magnetfeldern und Geometrien der
Proximity-Effekt
zu einer inhomogenen Stromdichteverteilung.
Weitere aus dem spezifischen Widerstand ableitbare Kenngroßen sind:
- der
Flachenwiderstand
R
□
(Schichtwiderstand einer Widerstandsschicht); Einheit
![{\displaystyle \Omega }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/24b0d5ca6f381068d756f6337c08e0af9d1eeb6f)
- der Widerstand pro Lange eines Drahtes oder Kabels
R/l
; Einheit
/m
Bei elektrischen Leitern wird der spezifische Widerstand statt in
oft in der fur Drahte anschaulicheren Form
angegeben. Weiterhin ist auch
ublich.
Es gilt:
![{\displaystyle \mathrm {1\,{\frac {\Omega \,mm^{2}}{m}}=10^{-6}\,\Omega \,m} }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/3925aff50a3f410224e5f8c59a9f61efac5a08e3)
![{\displaystyle \mathrm {1\,\Omega \,m=100\,\Omega \,cm} }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e09357c43cb53984f8cba24f653bcaaf823842e6)
Der spezifische Widerstand eines Materials wird haufig fur die Einordnung als
Leiter
,
Halbleiter
oder
Isolator
verwendet. Die Unterscheidung erfolgt anhand des spezifischen Widerstands:
[1]
- Leiter
:
![{\displaystyle \rho <100\,\mathrm {\frac {\Omega mm^{2}}{m}} }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/382ff5acbe61f18c407e47dbf5d3cbe783e51f42)
- Halbleiter
:
![{\displaystyle \rho =100{\text{ bis }}10^{12}\,\mathrm {\frac {\Omega mm^{2}}{m}} }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/8bbd5ca57ff86d0aca446aba486f27121a6ea03e)
- Isolatoren
oder
Nichtleiter
:
![{\displaystyle \rho >10^{12}\,\mathrm {\frac {\Omega mm^{2}}{m}} }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/516be73f6102ac15eb504265d699130634ebc6f2)
Diese Einteilung ist lediglich als Richtwert zu betrachten und kann in der Literatur auch um bis zu zwei Großenordnungen davon abweichen.
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
Deshalb ist eine Einteilung nach der Lage der
Fermi-Energie
in der
Bandstruktur
und nach Art und Beweglichkeit der Ladungstrager haufig eindeutiger.
Spezifischer Widerstand ausgewahlter Materialien bei 20 °C
Die Daten hangen erheblich vom Reinheitsgrad und von Defekten im Kristall ab.
Material
|
Spezifischer Widerstand
(Ω · mm
2
/m)
|
Linearer Widerstands-
Temperaturkoeffizient
(10
?3
/K)
|
Aluminium
|
0,0265
[7]
|
3,9
|
Aluminiumoxid
|
?
1
e
18
|
?
-
23
[8]
|
Bernstein
|
?
1
e
22
|
|
Blei
|
0,208
[7]
|
4,2
|
Blut
|
1
.
4
e
6
…
1
.
9
e
6
(Mensch)
[9]
|
|
nichtrostender Stahl
(1.4301, V2A)
|
0,72
[10]
|
|
Eisen
|
0,10...0,15
|
5,6
|
Fettgewebe
|
?
3
.
3
e
7
|
|
Germanium
(Fremdanteil < 10
?9
)
|
?
500
000
[11]
|
|
Glas
|
1
e
16
…
1
e
21
|
|
Glimmer
|
1
e
15
…
1
e
18
|
|
Gold
|
0,02214
[7]
|
3,9
|
Graphit
|
2…5 (in Basalebene),
3
e
3
…
10
e
3
(orthogonal)
|
|
Gummi
(Hartgummi) (Werkstoff)
|
?
1
e
19
|
|
Holz
(trocken)
|
1
e
10
…
1
e
16
|
|
Kochsalzlosung
(10 %)
|
79
000
|
|
Kohlenstoff
|
0,1…1 (Carbon-Nanotubes)
2…5 (Graphit, in Basalebene)
?
1
e
18
(Diamant, Isolator)
|
|
Konstantan
|
0,5
|
0,05
|
Kupfer
(rein, ?IACS“)
|
0,01721
[7]
[12]
|
3,9
|
Kupfer
(Elektro-Kabel)
[13]
|
0,0169…0,0175
|
|
Kupfersulfatlosung
(10 %)
|
300
000
|
|
Magnesium
|
0,0439
[14]
|
|
Messing
|
0,07
|
1,5
|
Muskelgewebe
|
2
e
6
|
|
Nickel
|
0,0693
[7]
|
6,7
|
NiCr8020
(Legierung)
|
1,32
[15]
|
?
0
.
15
|
Papier
|
1
e
15
…
1
e
17
|
|
Platin
|
0,105
[7]
|
3,8
|
Polypropylenfolie
|
?
1
e
11
|
|
Porzellan
|
?
1
e
18
|
|
Quarzglas
|
7
.
5
e
23
|
|
Quecksilber
|
0,961 (25 °C)
[16]
0,6836 (?38,5 °C, flussig)
0,608 (?39,1 °C, fest)
|
0,86
|
Salzsaure
(10 %)
|
?
15
000
|
|
Schwefel
|
?
1
e
21
|
|
Schwefelsaure
(10 %)
|
?
25
000
|
|
Silber
|
0,01587
[7]
|
3,8
|
Stahl
|
0,1…0,2
|
5,6
|
Titan
|
?
0
.
8
|
|
Wasser
(reinst, im Vakuum)
|
?
1
e
12
|
|
Wasser
(typ. Leitungswasser)
|
?
1
e
7
(
Wasserharte
)
|
|
Wasser
(typ. Meerwasser)
|
?
500
000
|
|
Wolfram
|
0,0528
[7]
|
4,1
|
Zinn
|
0,109
|
4,5
|
Fur eine ausfuhrliche Tabelle von Temperaturkoeffizienten siehe
Temperaturkoeffizient
.
Es sei die Lange eines unbekannten Metalldrahtes
, dessen Querschnitt
, die Testspannung betrage
und der Strom sei zu
gemessen worden.
Gesucht ist der spezifische elektrische Widerstand
des Draht-Materials.
Es gilt
![{\displaystyle R={\rho }\cdot {\frac {l}{A}}={\frac {U}{I}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/33686a86efd5dde989229c63780389cb31a5b176)
Nach
umgestellt, ergibt sich
![{\displaystyle {\rho }={\frac {R\cdot A}{l}}={\frac {U\cdot A}{I\cdot l}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/39eed7ceea7b88e5a69bc9d1a02637dca1610ba3)
und mit den Werten wird
![{\displaystyle \rho ={\frac {3{,}5\,\Omega \cdot 0{,}01\,\mathrm {mm} ^{2}}{2\,\mathrm {m} }}=0{,}0175\,\mathrm {\frac {\Omega \cdot mm^{2}}{m}} }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/9608aa54f72b08df35af1924891039ce288fe89f)
Der so bestimmte spezifische Widerstand des untersuchten Drahtes deutet darauf hin, dass es sich wohl um
Kupfer
handeln konnte.
Als
Standardwerk
fur tabellarische Daten zum spezifischen (elektrischen) Widerstand empfiehlt sich:
- ↑
Siegfried Hunklinger:
Festkorperphysik
. Oldenbourg Verlag, 2009,
ISBN 978-3-486-59045-6
,
S.
378
(Halbleiter: ρ = 10
?4
…10
7
Ω·m).
- ↑
Karl-Heinrich Grote,
Jorg Feldhusen
:
Dubbel: Taschenbuch fur den Maschinenbau
. Springer, 2011,
ISBN 978-3-642-17305-9
,
S.
V 14
(Halbleiter: ρ = 10
?3
…10
8
Ω·m).
- ↑
Wolfgang Bergmann:
Werkstofftechnik
. 4. Auflage.
Band
2
. Hanser Verlag, 2009,
ISBN 978-3-446-41711-3
,
S.
504
(Halbleiter: ρ = 10
?5
…10
9
Ω·m).
- ↑
Peter Kurzweil, Bernhard Frenzel, Florian Gebhard:
Physik Formelsammlung: mit Erlauterungen und Beispielen aus der Praxis fur Ingenieure und Naturwissenschaftler
. Springer, 2009,
ISBN 978-3-8348-0875-2
,
S.
211
(Halbleiter: ρ = 10
?5
…10
7
Ω·m).
- ↑
Horst Czichos
,
Manfred Hennecke
:
Das Ingenieurwissen
. mit 337 Tabellen. Springer, 2004,
ISBN 978-3-540-20325-4
,
S.
D 61
(Halbleiter: ρ = 10
?5
…10
6
Ω·m).
- ↑
Ekbert Hering
, Karl-Heinz Modler:
Grundwissen des Ingenieurs
. Hanser Verlag, 2007,
ISBN 978-3-446-22814-6
,
S.
D 574
(Halbleiter: ρ = 10
?4
…10
8
Ω·m).
- ↑
a
b
c
d
e
f
g
h
David R. Lide (Hrsg.):
CRC Handbook of Chemistry and Physics
. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL,
Properties of Solids
, S. 12-41 ? 12-42.
- ↑
etwa Zehntelung alle 100 K
- ↑
www2.hs-esslingen.de
- ↑
Stainless Steels Chromium-Nickel
(
Memento
vom 17. Februar 2004 im
Internet Archive
; PDF)
- ↑
Wilfried Plaßmann, Detlef Schulz (Hrsg.):
Handbuch Elektrotechnik: Grundlagen und Anwendungen fur Elektrotechniker.
Vieweg+Teubner, 5. Aufl., 2009, S. 231.
- ↑
Spezifikationen des Herstellers AURUBIS: Reinkupfer (100% IACS) = 0,01721
(
Memento
vom 28. April 2014 im
Internet Archive
)
- ↑
Elektrokupfer E-Cu58 ident. Cu-ETP1
,
1
.
69
e
-
2
bis
1
.
75
e
-
2
, gelegentlich ?
1
.
9
e
-
2
Ω · mm
2
/m
- ↑
Gunter Gottstein:
Materialwissenschaft und Werkstofftechnik Physikalische Grundlagen
. 4., neu bearb. Aufl. 2014. Berlin, Heidelberg 2014,
ISBN 978-3-642-36603-1
.
- ↑
Datenblatt einer fur Prazisionswiderstande geeigneten Legierung
- ↑
L F Kozin, S C Hansen, Mercury Handbook, Royal Society of Chemistry 2013, Seite 25