Sonnentanz

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Sonnentanz der Shoshonen, ca. 1925

Als Sonnentanz werden religiose Zeremonien verschiedener Indianerstamme der nordamerikanischen Prarien und Plains bezeichnet.

Beschreibung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Sonnentanze fanden in der Regel im Sommer statt und standen meist mit saisonalen Ereignissen wie der jahrlichen Jagd auf Bisons oder der Reifung von Feldfruchten in Verbindung. In Oklahoma war der Sonnentanz einer der Hohepunkte der sommerlichen Zusammenkunfte der Cheyenne , Ponca und Kiowa . Angehorige der sudlichen Arapaho zogen nach Norden, um das Ritual gemeinsam mit ihren nordlichen Verwandten abzuhalten.

Je nach Stamm wurden unterschiedliche Formen der Ausfuhrung beschrieben. Der Ethnologe George A. Dorsey beschrieb ein Ritual der Ponca, das er 1902 beobachtet hatte. Dabei wurde zeremoniell ein Baum gefallt und im Lager in einer nach oben offenen Laube aufgestellt. Die Spitze des Baumes wurde mit einem symbolischen Nest des Donnervogels geschmuckt. Dies bildete den Mittelpunkt des viertagigen Rituals, bei dem die Teilnehmer unter den Augen des versammelten Stammes unter großen Strapazen und korperlichen Entbehrungen fasteten, beteten und tanzten. Die Korper der Tanzer waren dabei gelb bemalt, sie trugen Bander mit Krahen- oder Falkenfedern und hielten aus Salbei geflochtene Kranze in der Hand. Am letzten Tag bohrten sie sich Holzspieße durch die Haut am Oberkorper und verbanden diese mit Lederschnuren mit dem Baum. Dann tanzten sie, den Blick auf das Nest gerichtet, um den Baum.

Bei den Cheyenne war der Sonnentanz mit dem Ritual der Erneuerung der Heiligen Pfeile oder ?Medizinpfeile“ verbunden. Der Sonnentanz war dabei eine Zeremonie der Erneuerung der Welt, bei der der Stamm fur das Wohlergehen seines Volkes und seiner Jagdbeute betete. Manner mit aufwendigen Korperbemalungen tanzten und fasteten vier Tage lang. Neulinge wurden dabei von Tanzern, die bereits vier Sonnentanze absolviert hatten, in der korrekten Ausfuhrung des Rituals unterwiesen. Bei den Kiowa konnte ein einzelner Tanzer etwa nach einer Vision einen Sonnentanz ausfuhren. Haufiges Motiv war die Visionssuche . Dabei tanzte der Tanzer vier Tage fastend, ohne Trinkwasser und unter großen korperlichen Strapazen um einen Baumstamm, an dessen Spitze ein Buffelschadel befestigt war. Dieses Ritual wurde schon seit 1860 durchgefuhrt und sollte dem Erhalt des Stammes und der Bisonherden dienen. [1]

Sonnentanzversammlung der Cheyenne , ca. 1900.

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Ritual verbreitete sich ab 1800 in den Great Plains. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts unternahm die Regierung der Vereinigten Staaten Versuche, das Ritual zu verbieten und die Durchfuhrung zu verhindern. Die ablehnende Haltung stutzte sich auf verschiedene Berichte von Missionaren und Indianerbeauftragten, so zum Beispiel auf den Jahresbericht des Board of Indian Commissioners fur das Jahr 1900. Darin war von ?barbarischen Festen und Zeremonien“ die Rede, die nach christlichen Maßstaben ?abscheulich“ seien, der Wirtschaft schadeten und den Wert des Landes senkten. [2]

Sonnentanze wurden jedoch teilweise im Untergrund weitergefuhrt oder durch andere, ahnliche Rituale ersetzt. 1890 brachen die Kiowa einen Sonnentanz ab, als Patrouillen der US-Armee in der Gegend vermutet wurden. Die Ponca fuhrten den letzten Sonnentanz 1908 durch. Mit dem Rundschreiben Nr. 2970 (?Indian Religious Freedom and Indian Culture“) durch John Collier , Commissioner of Indian Affairs von 1933?1945, trat ab 1934 eine Liberalisierung ein. [1] Darin wird erklart: ?Einmischungen in das religiose Leben und die zeremoniellen Ausdrucksformen der Indianer werden nicht mehr geduldet. Die kulturelle Freiheit der Indianer ist in jeder Hinsicht jeder nicht-indianischen Gruppe gleichgestellt.“ [3] Daraufhin wurden wieder traditionelle Sonnentanze abgehalten. Eine vollige rechtliche Gleichstellung wurde jedoch erst 1978 durch das Bundesgesetz American Indian Religious Freedom Act geschaffen.

Wie andere indianische Rituale ist auch der Sonnentanz Gegenstand kultureller Aneignung und Entfremdung durch indigene und nicht-indigene Personen und Gruppen, haufig zum Zweck kommerzieller Ausbeutung, geworden. Dies stoßt bei Vertretern der indigenen nordamerikanischen Spiritualitat auf scharfe Ablehnung. Bereits 1993 gaben 500 Reprasentanten indigener Gruppen, uberwiegend der Lakota , Nakota und Dakota , eine symbolische Kriegserklarung gegen die Ausbeutung der Lakota-Spiritualitat ab. Darin verurteilten sie die Kommerzialisierung von Zeremonien durch ?pseudo-indianische Scharlatane und New-Age-Mochtegerne [4] (siehe auch ? Plastikschamane “). 2003 verkundeten Medizinleute verschiedener Nationen, so der Arapaho , Cheyenne , Cree , Sioux , unter der Leitung von Arvol Looking Horse den Beschluss, Nichtindianer von heiligen Riten einschließlich des Sonnentanzes auszuschließen. [5]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • George A. Dorsey: The Ponca Sun Dance, (Chicago: Field Museum of Natural History, 1905)
  • Clyde Holler: Black Elk's religion. The sundance and Lakota Catholicism . University Press, Syracuse 2000, ISBN 0-8156-0364-9 .
  • Thomas E. Mails: Oyate wica'ni ktelo. Der Sonnentanz der Sioux . Arun Edition, Engerda 1999, ISBN 3-927940-57-7 .
  • Margot Liberty: The Sun Dance, Anthropology on the Great Plains, ed. W. Raymond Wood and Margo Liberty (Lincoln: University of Nebraska Press, 1980)
  • Leslie Spier: Notes on a Kiowa sun dance . In: Anthropological Papers of the American Museum of Natural History , Bd. 16 (1921), Heft 6, S. 433?450.
  • Leslie Spier: The sun dance of the Plain Indians. The development and diffusion . In: Anthropological Papers of the American Museum of Natural History , Bd. 16 (1907), Heft 7, S. 453?527.
  • Gloria A. Young: Intertribal Religious Movements, in Handbook of North American Indians, Vol. 13, Plains, ed. Raymond J. DeMallie (Washington, D.C.: Smithsonian Institution, 2001).

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Sonnentanz  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b Gloria A. Young: Sun Dance. Oklahoma Historical Society , abgerufen am 31. August 2021 (englisch).
  2. Thirty-second Annual report of the Board of Indian Commissioners. Washington: Government Printing Office, 18691932, abgerufen am 31. August 2021 (englisch).
  3. Native Americans and Freedom of Religion. National Geographic Resource Library , abgerufen am 31. August 2021 (englisch).
  4. Suzanne Owen: Native American Spirituality: Its Appropriation and Incorporation Amongst Native and non-Native Peoples. The University of Edinburgh , 2007, abgerufen am 31. August 2021 (englisch).
  5. Chief Arvol Looking Horse: Looking Horse Proclamation on the Protection of Ceremonies. In: Indian Country Today. 25. April 2003, abgerufen am 31. August 2021 .