Eine
Sonnenwende
oder
Sonnwende
,
[1]
auch
Solstitium
(
lateinisch
fur ?Sonnenstillstand“) genannt, findet zweimal im Jahreslauf statt. Zu diesem Datum wird in
geographischen Breiten
außerhalb der zwischen den
Wendekreisen
liegenden
Tropen
der hochste beziehungsweise der niedrigste
mittagliche
Sonnenstand
erreicht:
- Zur
Wintersonnenwende
hat die Sonne die geringste Mittagshohe uber dem Horizont. Auf der Nordhalbkugel der Erde erreicht die Sonne den Winterpunkt am
21.
oder
22. Dezember
.
Auf der
Sudhalbkugel
sind die Verhaltnisse umgekehrt: Wahrend des Nordwinters herrscht auf der Sudhalbkugel Sommer und umgekehrt. Uber Orten am
Aquator
verlauft die scheinbare Sonnenbahn zu den
Tag- und Nachtgleichen
am Mittag genau durch den
Zenit
. Wahrend des Nordsommers verlauft die Bahn etwas nordlicher, wahrend des Sudsommers etwas sudlicher, in beiden Fallen daher nicht ganz so hoch wie der Zenit.
Zweimal im Lauf eines
tropischen Jahres
nimmt die Sonne bei ihrer scheinbaren Bewegung entlang der
Ekliptik
nordlich oder sudlich des
Himmelsaquators
Positionen mit großtem Winkelabstand ein, jeweils zur Sonnenwende (Solstitium). Nach Passage dieser Punkte extremer
Deklination
? im
Sommerpunkt
beziehungsweise im
Winterpunkt
? nahert sich ihre Stellung wieder dem Himmelsaquator an, der im
Fruhlingspunkt
und im
Herbstpunkt
erreicht wird, jeweils zur
Tagundnachtgleiche
(auch
Aquinoktium
oder Equinox genannt). Anfang und Ende der astronomischen
Jahreszeiten
werden nach den vier Punkten bestimmt, die Verbindungslinie der Aquinoktialpunkte und die Verbindungslinie der Solstitialpunkte schneiden sich im rechten Winkel.
Die genaue Definition lautet: Die Sonnenwenden sind die
Zeitpunkte
, in denen die scheinbare geozentrische
ekliptikale Lange
der Sonne 90° oder 270° betragt.
- Scheinbar
heißt: unter Berucksichtigung von
Aberration
und
Nutation
.
- Geozentrisch
heißt: von einem
fiktiven
Beobachter im Erdmittelpunkt aus gesehen. Die Definition ist also unabhangig vom
Standort
eines realen Beobachters; die Sonnenwenden treten daher weltweit zum selben Zeitpunkt ein (der aber je nach ortlicher
Zeitzone
verschiedenen Uhrzeiten entspricht).
Eine einfache planetengeometrische Definition lautet: Zum Zeitpunkt einer Sonnenwende nimmt der Winkel Sonnenmittelpunkt-Erdmittelpunkt-Erdpol einen extremen Wert an. Es gibt zwei Falle: Bei minimalem Winkel ist Sommersonnenwende, bei maximalem Winkel Wintersonnenwende. Die beiden Erdhemispharen haben also beide Falle gleichzeitig, im Wechsel. In einem Aquinoktium ist dieser Winkel Sonnenmittelpunkt-Erdmittelpunkt-Erdpol hingegen ein rechter.
Die beiden Sonnenwenden fallen bis auf wenige Minuten (siehe dazu
Zeitgleichung
) mit jenen Zeitpunkten zusammen, in denen die Sonne ihre großte nordliche oder sudliche
Deklination
? etwa 23° 26′ 20″ ? und damit ihre nordlichste oder sudlichste Stellung auf der
Himmelskugel
erreicht. Der geringe Zeitunterschied resultiert aus dem Umstand, dass es eigentlich das
Baryzentrum
des Erde/Mond-Systems ist, das sich gleichmaßig in der Erdbahnebene (
Ekliptik
) um die Sonne bewegt, wahrend der Erdmittelpunkt selbst diesen gemeinsamen Schwerpunkt umkreist und sich in der Regel etwas oberhalb oder unterhalb dieser Ebene befindet. Vom Geozentrum aus gesehen lauft die Sonne daher nicht exakt auf der Ekliptik, hat also eine
ekliptikale Breite
ungleich null. Sie passiert deshalb zum einen nicht exakt den nordlichsten bzw. sudlichsten Punkt der Ekliptik, zum anderen fuhrt ihre veranderliche ekliptikale Breite dazu, dass die maximale Deklination in der Regel nicht genau an den Sonnwendpunkten angenommen wird.
Die Sonnenwenden markieren den Beginn des astronomischen
Sommers
bzw. des astronomischen
Winters
. Wenn die Sonne ihre großte nordliche oder sudliche Deklination von 23,4° erreicht, steht sie senkrecht uber den sogenannten
Wendekreisen
der Erde (namlich den
Breitenkreisen
auf 23,4° nordlicher bzw. sudlicher Breite). Sie steht also
- am 21. oder 20. Juni uber dem nordlichen Wendekreis (Sommersonnenwende auf der Nordhalbkugel, Wintersonnenwende auf der Sudhalbkugel),
- am 21. oder 22. Dezember uber dem sudlichen Wendekreis (Wintersonnenwende auf der Nordhalbkugel, Sommersonnenwende auf der Sudhalbkugel).
Fur beide Erdhalbkugeln gilt jeweils: Zur Wintersonnenwende erreicht die Sonne im Jahreslauf ihren tiefsten Stand in Bezug auf den
Meridiandurchgang
. Zu diesem Zeitpunkt herrscht der kurzeste Tag und die langste Nacht, da der großere Teil der taglichen
Sonnenbahn
unterhalb des Horizonts liegt. Der
Tagbogen
ist flach und kurz und wird danach wieder langer und hoher. Umgekehrt erreicht die Sonne zur Sommersonnenwende ihren hochsten Stand. Zu diesem Zeitpunkt herrscht der langste Tag und die kurzeste Nacht, weil der großere Teil der taglichen Sonnenbahn oberhalb des Horizonts liegt. Der Tagbogen wird wieder flacher und kurzer.
Nahe den
Polarkreisen
gibt es zur Wintersonnenwende einen
Tag
ohne
Sonnenaufgang
sowie zur Sommersonnenwende einen Tag ohne
Sonnenuntergang
(
Mitternachtssonne
, ?
Weiße Nachte
“). Weiter polwarts herrscht dann wochen- bis monatelang der
Polartag
bzw. am anderen Pol die
Polarnacht
. Wahrend dieser Zeitraume ohne
Dammerung
liegt die tagliche Sonnenbahn vollstandig oberhalb bzw. unterhalb des Horizonts.
Zwischen den Sonnenwenden uberschreitet die Sonne jeweils den Himmelsaquator und steht dann senkrecht uber dem Aquator der Erde. Diese Zeitpunkte sind die
Aquinoktien
oder Tagundnachtgleichen. Aquinoktien und Sonnenwenden stellen den Beginn der jeweiligen astronomischen
Jahreszeiten
dar.
Obwohl der Tag der Wintersonnenwende der kurzeste Tag ist, tritt zur Wintersonnenwende auf der Nordhalbkugel der fruheste Sonnenuntergang bereits etwa zehn Tage fruher und der spateste Sonnenaufgang erst etwa zehn Tage spater ein. Ursache hierfur ist die
Zeitgleichung
. Zur Sommersonnenwende auf der Nordhalbkugel macht dieser Effekt analog etwa vier Tage aus.
In der
Mitteleuropaischen Zeitzone
fallt die Sommersonnenwende in diesem Jahrhundert meist auf den 21. Juni, und seit dem Schaltjahr 2020 zunehmend auch auf den 20. Juni. Im 20. Jahrhundert fiel sie auf den 21. oder 22. Juni.
Weil das kalendarische
Gemeinjahr
(365 Tage) knapp sechs Stunden kurzer ist als das
Sonnenjahr
(365,242 Tage), verschiebt sich der kalendarische Zeitpunkt der Sonnenwenden in jedem Jahr um knapp sechs Stunden auf eine spatere Uhrzeit. Zum Ausgleich wird kalendarisch alle 4 Jahre ein
Schalttag
eingeschoben (mit wenigen Ausnahmen, siehe
Schaltjahr
). In den Schaltjahren (in der Tabelle fett hervorgehoben), ruckt das Kalenderdatum der Sonnenwenden dann in aller Regel wieder um einen Tag zuruck.
Die Schaltregel wurde in der Geschichte mehrfach angepasst. Vor der
gregorianischen Kalenderreform
verschob sich das Datum der Sonnenwenden alle hundert Jahre um fast einen Tag. Aber auch die reformierte Schaltregel kann die tatsachliche Jahreslange nicht ganz exakt darstellen. Es bleibt eine Abweichung von einem Tag in 3200 Jahren.
Jahr
|
Sommersonnenwende
|
Wintersonnenwende
|
2015
|
21. Juni
|
18:38 Uhr
MESZ
|
22. Dezember
|
05:48
MEZ
|
2016
|
21. Juni
|
00:34 Uhr MESZ
|
21. Dezember
|
11:44 MEZ
|
2017
|
21. Juni
|
06:24 Uhr MESZ
|
21. Dezember
|
17:28 MEZ
|
2018
|
21. Juni
|
12:07 Uhr MESZ
|
21. Dezember
|
23:23 MEZ
|
2019
|
21. Juni
|
17:54 Uhr MESZ
|
22. Dezember
|
05:19 MEZ
|
2020
|
20. Juni
|
23:44 Uhr MESZ
|
21. Dezember
|
11:02 MEZ
|
2021
|
21. Juni
|
05:32 Uhr MESZ
|
21. Dezember
|
16:59 MEZ
|
2022
|
21. Juni
|
11:14 Uhr MESZ
|
21. Dezember
|
22:48 MEZ
|
2023
|
21. Juni
|
16:58 Uhr MESZ
|
22. Dezember
|
04:27 MEZ
|
2024
|
20. Juni
|
22:51 Uhr MESZ
|
21. Dezember
|
10:20 MEZ
|
2025
|
21. Juni
|
04:42 Uhr MESZ
|
21. Dezember
|
16:03 MEZ
|
2026
|
21. Juni
|
10:24 Uhr MESZ
|
21. Dezember
|
21:50 MEZ
|
2027
|
21. Juni
|
16:11 Uhr MESZ
|
22. Dezember
|
03:42 MEZ
|
Im Moment der Wintersonnenwende steht die Sonne im Vergleich zu den Hintergrundsternen im sogenannten Winterpunkt ? einem der beiden Punkte der
Ekliptik
, die genau 90° vom
Fruhlingspunkt
entfernt sind (
Rektaszension
= 18
h
). Er liegt derzeit im Sternbild
Schutze
(
lateinisch
sagittarius
); etwa in dieser Richtung liegt auch das
galaktische Zentrum
.
Analog dazu steht die Sonne im Moment der Sommersonnenwende im sogenannten Sommerpunkt (Rektaszension = 6
h
) im Sternbild
Stier
.
Durch die
Prazession
der Erdachse wandern der Winterpunkt und der Sommerpunkt im Laufe von 25.780 Jahren (
Zyklus der Prazession
) einmal durch den gesamten
Tierkreis
. So lag der Winterpunkt in der
Antike
noch im Sternbild
Steinbock
(deshalb auch ?
Wendekreis des Steinbocks
“) und wird sich in etwa 300 Jahren ins Sternbild
Schlangentrager
verschieben.
Der Sommerpunkt lag in der fruhen Antike im Sternbild
Krebs
(deshalb auch ?
Wendekreis des Krebses
“), seine Wanderung ist in der folgenden Tabelle uber einen ganzen Zyklus der Prazession dargestellt. Legt man die modernen Grenzen der Sternbilder zu Grunde, dann befindet er sich in folgenden Sternbildern:
Sternbild
|
Sektor
|
Durchgangsdauer
|
Eintritt
|
Mitte
|
Austritt
|
Schutze
|
33,3°
|
2380 Jahre
|
13030 v. Chr.
|
11840 v. Chr.
|
10650 v. Chr.
|
Schlangentrager
|
18,6°
|
1340 Jahre
|
10650 v. Chr.
|
9980 v. Chr.
|
9310 v. Chr.
|
Skorpion
|
6,7°
|
480 Jahre
|
9310 v. Chr.
|
9070 v. Chr.
|
8830 v. Chr.
|
Waage
|
23,0°
|
1650 Jahre
|
8830 v. Chr.
|
8005 v. Chr.
|
7180 v. Chr.
|
Jungfrau
|
44,1°
|
3160 Jahre
|
7180 v. Chr.
|
5600 v. Chr.
|
4020 v. Chr.
|
Lowe
|
35,7°
|
2570 Jahre
|
4020 v. Chr.
|
2735 v. Chr.
|
1450 v. Chr.
|
Krebs
|
20,1°
|
1440 Jahre
|
1450 v. Chr.
|
740 v. Chr.
|
10 v. Chr.
|
Zwillinge
|
27,9°
|
2000 Jahre
|
10 v. Chr.
|
990 n. Chr.
|
1989 n. Chr.
(20. Okt. 1989)
|
Stier
|
36,7°
|
2620 Jahre
|
1990 n. Chr.
(nahe am Orion)
|
3300 n. Chr.
|
4610 n. Chr.
|
Widder
|
24,7°
|
1770 Jahre
|
4610 n. Chr.
|
5495 n. Chr.
|
6380 n. Chr.
|
Fische
|
37,2°
|
2670 Jahre
|
6380 n. Chr.
|
7715 n. Chr.
|
9050 n. Chr.
|
Wassermann
|
24,0°
|
1710 Jahre
|
9050 n. Chr.
|
9905 n. Chr.
|
10760 n. Chr.
|
Steinbock
|
28,0°
|
2010 Jahre
|
10760 n. Chr.
|
11765 n. Chr.
|
12770 n. Chr.
|
Schutze
|
33,3°
|
2380 Jahre
|
12770 n. Chr.
|
13960 n. Chr.
|
15150 n. Chr.
|
Im Winkel von 90° zum Sommerpunkt und Winterpunkt liegen jeweils der Fruhlingspunkt (
Rektaszension
= 0
h
) und der Herbstpunkt (Rektaszension = 12
h
), in denen die Sonne beim
Aquinoktium
steht.
Die Verbindungslinie zwischen den Positionen der Erde zum Zeitpunkt der Sommersonnenwende und der Wintersonnenwende wird Solstitiallinie genannt. Diese Linie geht also mitten durch die Sonne hindurch, ihre Verlangerung außerhalb der Erdbahn durch den Sommerpunkt und den Winterpunkt. Sie steht senkrecht auf der Aquinoktiallinie.
Die
Verehrung der Sonne
und des wiederkehrenden Lichtes geht auf Traditionen in
prahistorischer Zeit
zuruck.
[3]
Die Sonne hat essentielle Bedeutung fur das irdische Uberleben. Die Sommersonnenwende trug einen Aspekt des Todes und der Verganglichkeit in sich. Dem gegenuber standen die langerwerdenden Tage nach der Wintersonnenwende, die Leben und Auferstehung verkorperten. Diese Wendepunkte schlugen sich entsprechend in
Ritus
und
Mythologie
nieder.
[4]
Bemerkenswert ist, dass die Sonne im abendlandischen Kulturkreis immer dem mannlichen Prinzip zugeordnet ist, jedoch hier eine Ausnahme im germanischen Sprachraum besteht, der in der Sonne die Mutter sieht.
[4]
Je großer der Unterschied zwischen dem harten Winter und dem warmen Sommer, desto intensiver wurde von jeher dieser Tag gefeiert. Im Norden Europas, wo in der sommerlichen Jahreszeit die Nachte gar nicht mehr dunkel werden (man spricht auch von den
Weißen Nachten
), haben Sonnenwendfeiern ? als
Mittsommerfest
bezeichnet ? mehr Bedeutung als zum Beispiel in Sudeuropa.
Die Sommersonnenwende wird in vielen Landern, wie in Mitteleuropa und den
USA
, als Beginn der Jahreszeit
Sommer
gesehen. In Irland hingegen wird der Zeitraum vom 1. Mai (siehe auch
Beltane
) bis zum 31. Juli als Sommer betrachtet; die Sommersonnenwende liegt also etwa in der Mitte der Jahreszeit. In vielen Landern, in denen heute der kalendarische Sommer am 20./21. Juni beginnt, wird der Tag der Sommersonnenwende dennoch als Mittsommer bezeichnet, was moglicherweise auf einen alten gemeinsamen
steinzeitlichen
Kalender zuruckgeht. Im
Belchen-System
geht zum Beispiel die Sonne zur Sommersonnenwende vom
Elsasser Belchen
aus gesehen uber dem nordostlich gelegenen
Kleinen Belchen
auf, was die Bestimmung des Zeitpunkts der Sommersonnenwende unabhangig von
anthropogenen
Objekten ermoglicht.
Schon der
Turm von Jericho
aus dem
9. Jahrtausend v. Chr.
deutet auf die Kenntnis der Sommersonnenwende hin, und spatere steinzeitliche Kultstatten wie
Stonehenge
erfassten diesen Zeitpunkt mittels der relativ leicht feststellbaren
Auf-
und
Untergangspunkte
der Sonne, die zu Winterbeginn etwa im Sudosten bzw. Sudwesten liegen. Auch die
Himmelsscheibe von Nebra
als wichtiger bronzezeitlicher Fund dokumentiert die Sonnenwende.
Den Tag der
Sommersonnenwende
betrachten seit je manche Menschen als mystischen Tag, manche begehen ihn mit weltlichen oder religiosen Feierlichkeiten. Sonnenwendfeste hatten vor allem in den germanischen, nordischen,
baltischen
, slawischen und
keltischen
Religionen
einen festen Platz. Die großte unorganisierte Sommersonnwendfeier in Europa findet in Stonehenge statt, die großte Deutschlands an den
Externsteinen
. Die sudlichste Sommersonnenwendfeier findet seit 1929 in der spanischen Region
Alicante
statt. Das Golowan-Fest findet in
Cornwall
statt und wurde erstmals 1754 von
William Borlase
beschrieben.
[5]
Seit der
Christianisierung
Europas werden diese Feiern oft mit dem Heiligen des 24. Juni,
Johannes dem Taufer
, verbunden, der als besonders machtvoller Heiliger galt (
Johannistag
). Einige der Sonnenwendbrauche, die sich bis heute erhalten haben, wie die
Johannisfeuer
, sind nach ihm benannt. So wird der Johannistag in der
Bretagne
manchmal erst am folgenden Wochenende gefeiert. Auch hier liegt das Datum kurz nach der tatsachlichen Sommersonnenwende.
Das typische Juni-Sommerwetter und die in mittleren Breiten der Nordhalbkugel noch
fruhlingshafte
Wachstumsstimmung in der Natur ist ideal fur Freiluftveranstaltungen aller Art. So ist die Sonnenwende ein willkommener Anlass (und bei manchen bewusster Grund) fur
Feste
oder Feiern um diesen Tag herum. Sonnenwendfeiern werden von unterschiedlichen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften wie
Freireligiosen
und
Freidenkern
,
[6]
Vereinen, Parteien, Freiwilligen Feuerwehren, Gemeinden und Tourismusverbanden
[7]
veranstaltet.
[8]
Heidnische
oder
neuheidnische
Religionsgemeinschaften feiern am 21. die Sonnenwende meist auch mit einem Feuer. Teilweise wird dieses Fest als
Litha
bezeichnet.
[9]
Fur
Asatru
ist das sogenannte Mittsommerfest, nach dem Julfest, das zweitwichtigste Fest im Jahr.
[10]
Die Feuerfeste zur Sommersonnenwende in den
Pyrenaen
sind seit 2015 als
immaterielles Weltkulturerbe
anerkannt.
[11]
Die
Wintersonnenwende
war in vielen antiken und fruhmittelalterlichen Kulturen ein wichtiges
Fest
, das oft ein paar Tage vor bzw. nach dem Datum der tatsachlichen Sonnenwende gefeiert wurde. Zur Zeit der Einfuhrung des
Julianischen Kalenders
lagen die Sonnenwenden auf dem 25. Dezember und dem 24. Juni.
Umstritten ist, ob und in welcher Form die
Germanen
und andere Volker in
Nordeuropa
um die Wintersonnenwende das
Julfest
feierten.
[3]
Es ware dann mit Feuer- und Lichtsymbolik zur Wintersonnenwende praktiziert worden.
[12]
[4]
Historisch belegbare schriftliche Zeugnisse gibt es in Form von
Kalenderstaben
mit
Runenzeichen
.
[13]
Es ist unstrittig, dass das Wort
Julfest
vor der Christianisierung in Gebrauch war. Die Kirche hatte vergeblich versucht, das Wort durch andere Begriffe zu ersetzen (
Norrøn
: ?Drottins burðar tið“, Altschwedisch: ?gudz fodzlo hotidh“). Die altenglischen, nordischen und gotischen Belege stammen alle aus christlicher Zeit. Es ist daher schwierig, aus den knappen Quellen der
altnordischen Literatur
ein Bild der verschiedenen Feste zu gewinnen. Das gilt fur das erwahnte ?alfablot“ der Skandinavier und die ?Nacht der Mutter“ bei den Angelsachsen.
[14]
Das christliche
Weihnachtsfest
, mit dem die Geburt
Jesu
gefeiert wird, findet nach der tatsachlichen Wintersonnenwende statt. Als man begann, das Weihnachtsfest im 4. Jahrhundert zu feiern, fielen die Feierlichkeiten auf den traditionellen kalendarischen Tag der Wintersonnenwende, den 25. Dezember, der zur Zeit der Einfuhrung des julianischen Kalenders der tatsachliche Tag der Wintersonnenwende gewesen war. Im 4. Jahrhundert lag die Wintersonnenwende faktisch zwar schon auf dem 21. Dezember, in den Kalendern wurde sie jedoch teils noch lange am 25. Dezember notiert, an dem auch das Fest des romischen Sonnengottes
Sol Invictus
gefeiert wurde. Im Laufe der Zeit wanderte die Wintersonnenwende immer weiter nach vorn im Kalender, bis sie mit der gregorianischen Kalenderreform, die die Verhaltnisse des 4. Jahrhunderts wiederherstellte, wieder auf den 21. Dezember zu liegen kam. Damit fallt sie in etwa zusammen mit dem
Thomastag
des
Heiligenkalenders
am 21. Dezember. Je nach Glaubensrichtung gibt es im Christentum unterschiedliche Schwerpunkte und Zahl der Festtage. Teilweise beginnt mit dem zweiten Weihnachtstag eine sechstagige Nachfeier,
[15]
und manche Rituale finden erst im Januar statt.
[16]
Zoroastrier
sowie muslimische Volker des iranischen Kulturkreises und Zentralasiens zelebrieren zur Wintersonnenwende die
Yalda-Nacht
. In Indien und Nepal findet Ende Dezember / Anfang Januar
Makar Sankranti
statt. Auch im
Satanismus
haben die Sonnenwenden Feiertagscharakter.
[17]
Zur
Zeit des Nationalsozialismus
wurden die angeblich
altgermanischen
Sonnenwendfeiern ?wiederbelebt“
[Anm. 1]
und als offizielle Feiertage in die Symbolik von ?Volk,
Blut und Boden
“ integriert, insbesondere durch die
SS
.
Ein wichtiger Ort fur Sonnenwendfeiern sind die
Externsteine
. Hieran beteiligen sich unter anderen Anhanger
neuheidnischer
und
esoterischer
Gruppen; die Sonnwendfeier zieht jedoch auch Neonazis an.
[8]
Aufsehen erregen insbesondere Sonnwendfeiern
rechtsextremer
Gruppen. Bei der von einem ortlichen Verein ausgerichteten
Sonnenwendfeier Pretzien 2006
wurden unter anderem eine
US-amerikanische Flagge
und ein Exemplar des
Tagebuchs der Anne Frank
verbrannt, ohne dass die ubrigen Anwesenden eingriffen. Seit diesen Ereignissen werden rechtsextreme Sonnenwendfeiern in Deutschland von der Polizei zunehmend aufgelost.
[18]
[19]
In der Presse wird vornehmlich uber Sonnwendfeiern politisch rechtsorientierter und rechtsextremer Gruppen berichtet.
[20]
William Shakespeares
Komodie
A Midsummer Night’s Dream
(dt.
Ein Sommernachtstraum
) handelt wahrend einer Sommersonnenwende in der klassischen
Einheit
von Zeit, Ort und Handlung des
geschlossenen Dramas
. Neben den beiden anderen nimmt
Richard Wagner
?das schone Fest, Johannistag“ (Bass-Arie) als klassische Einheit der Zeit in seiner heiteren Oper
Die Meistersinger von Nurnberg
:
Passend zum Buhnengeschehen fand die Urauffuhrung in Munchen am Sonnwendtag 21. Juni 1868 statt. An die drei klassischen Einheiten halt sich auch
Ingmar Bergman
in seinem Film von 1955
Das Lacheln einer Sommernacht (Sommarnattens leende).
Eratosthenes
bestimmte etwa 200 Jahre v. Chr. bei einer Sommersonnenwende (Sonnenhochststand) den
Erdumfang
.
- ↑
Vgl. Eintrag
Sonnwende
in
Duden.de
.
- ↑
Kosmos Verlag:
Kosmos Himmelsjahr 2020 Sonne, Mond und Sterne im Jahreslauf
. Hrsg.: Hans-Ulrich Keller. 1. Auflage. Kosmos, Stuttgart,
ISBN 978-3-440-16280-4
,
S.
7; 130; 134
.
- ↑
a
b
Edgar Charles Polome
:
Germanentum und religiose Vorstellungen.
In:
Heinrich Beck
(Hrsg.):
Germanenprobleme aus heutiger Sicht.
Reallexikon der germanischen Altertumskunde, Erganzungsbande, Band 1, de Gruyter, Berlin / New York 1999,
ISBN 3-11-016439-6
, S. 278.
- ↑
a
b
c
Werner Weissmann:
Sonne, Gral, Damonen
. Bedeutende abendlandische Symbole in Mythos, Religion und Kunst. WUV Universitatsverlag, Wien 2003,
ISBN 3-85114-778-2
,
S.
267
f
. (
online auf
books.google.de
(
Memento
vom 24. Dezember 2013 im
Internet Archive
) [abgerufen am 12. Dezember 2022]).
- ↑
William Borlase:
Antiquities of Cornwall.
1754.
- ↑
Die Krux mit den Ritualen. Von weltlichen Alternativen zu kirchlichen Angeboten.
In:
NZZ.ch
.
Neue Zurcher Zeitung, 4. Dezember 2009, abgerufen am 12. Dezember 2022.
- ↑
Die Sommersonnenwende in der Wachau und im Nibelungengau.
In:
donau.com.
Donau Niederosterreich Tourismus GmbH,
abgerufen am 12. Dezember 2022
.
- ↑
a
b
Caroline Kieke:
Sommersonnenwende. Das Spiel mit dem Feuer.
In:
Stern.de
.
21. Juni 2010, abgerufen am 12. Dezember 2022.
- ↑
Informationen zu Litha.
In:
Wicca
.com.
Abgerufen am 12. Dezember 2022 (englisch).
- ↑
Fritz Steinbock:
Das Heilige Fest. Rituale des Traditionellen Germanischen Heidentums in heutiger Zeit.
Daniel Junker Verlag, 2004, S. 125.
- ↑
Summer solstice fire festivals in the Pyrenees.
UNESCO Intangible Cultural Heritage, 2015,
abgerufen am 17. Dezember 2023
(englisch).
- ↑
Hans Forster:
Die Feier der Geburt Christi in der Alten Kirche. Beitrage zur Erforschung der Anfange des Epiphanie- und Weihnachtsfests
. Mohr Siebeck, Tubingen 2000,
ISBN 3-16-147291-8
,
S.
116
(
online
[abgerufen am 12. Dezember 2022] siehe Fußnote Nr. 13: Auch die heidnischen Germanen feierten zur Zeit der Wintersonnenwende ein großes Freudenfest, das sogenannte Julfest).
- ↑
Andreas Nordberg:
Jul, disting och forkyrklig tiderakning. Kalendrar och kalendarisk riter i det forkristna Norden.
(
Memento
vom 24. Dezember 2013 im
Internet Archive
) (PDF; 2,1 MB). Uppsala 2006, S. 65. Abgerufen am 12. Dezember 2022.
- ↑
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In: Heinrich Beck (Hrsg.):
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Band 16, de Gruyter, Berlin 2000, Seite 101.
- ↑
Konrad Onasch
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Das Weihnachtsfest im orthodoxen Kirchenjahr.
Evangelische Verlags-Anstalt, Berlin 1958.
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Hochfest ? Beschneidung des Herrn.
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Russische Gedachtniskirche, archiviert vom
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In:
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Index Verlag, Zeltingen-Rachtig 2007 (1969),
ISBN 978-3-936878-05-9
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- ↑
Keine Sonnenwendfeier fur rechte Szene.
(
Memento
vom 26. Juni 2010 im
Internet Archive
). In:
Frankfurter Rundschau.
21. Juni 2009, abgerufen am 12. Dezember 2022.
- ↑
Sachsen-Anhalt. Polizei beendet Sonnenwendfeiern von Rechtsextremisten.
In:
Spiegel.de
.
22. Juni 2008, abgerufen am 12. Dezember 2022.
- ↑
Haiko Prengel:
Escheder Hof wird zum Treffpunkt der Neonazi-Szene.
In:
Welt.de
.
16. Juni 2009, abgerufen am 12. Dezember 2022.
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(…) So laßt uns denn an dem uraltheiligen Gebrauche der Sonnwendfeier festhalten. Das Sonnwendfeuer aber sei uns die Loderglut, der wir alles undeutsche Wesen uberweisen, auf daß sie es verzehre. (…)
Aus:
Aurelius Polzer
:
Sonnenwende.
In:
Marburger Zeitung
, Nr. 69/1900 (XXXIX. Jahrgang), 21. Juni 1900, S. 3 f. (online bei
ANNO
).
Vorlage:ANNO/Wartung/mbz
? Aurelius Polzer (1848?1924)
gehort zu den geistigen Wegbereitern des Nationalsozialismus.
Aus:
K(arl)-H(einz) Burmeister
:
Polzer Aurelius.
In:
Osterreichisches Biographisches Lexikon 1815?1950
(OBL). Band 8, Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1983,
ISBN 3-7001-0187-2
, S. 189.