Sichel (Werkzeug)

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Sichel, um 1950
Sichelwerk im Weiztal, Steiermark, 1898
Video: Nutzung einer Sichel zum Einholen von Viehfutter, 1980

Die moderne Sichel ist ein Werkzeug zum Schneiden kleiner Mengen von Getreide und Gras . Sie besteht aus einer nach vorn sich verjungenden, konkav gekrummten Klinge (in der Regel aus Stahl ) mit einem holzernen Handgriff. Sie unterscheidet sich von der Sense durch die kleinere Klinge und den kurzeren Stiel. Grassicheln sind kurz, aber sehr stark gebogen.

Begriffsgeschichte

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Das Wort Sichel ist mit althochdeutsch sihila , mittelniederlandisch sekele , altenglisch sicol entlehnt aus lateinisch sicilis ?Sichel“, dies wohl ein Substantiv zu lateinisch secare ?schneiden“. Die Bezeichnung Hippe fur ?Sichelmesser“ als symbolisches Werkzeug des Todes, vordeutsch rekonstruiert *hæbjon , deutet auf außerromanische Bezeichnungen wie griechisch κ?πτω ( kopto ) ?ich schlage“, litauisch kirsti ?fallen“, russisch копа?ть ( kopat’ ) ?hacken, hauen, graben“. [1]

Sumerische Ton-Sichel von 3000 v. Chr. aus Mesopotamien
Norwegische Steinsichel, Neolithikum
Rekonstruktion einer neolithischen Sichel, Kreismuseum Plon
Wappen von Assling
Wappen von Brutten ZH

Die Sichel ist neben dem Erntemesser eines der altesten Ackerbaugerate. Die altesten Sichelklingen fand man in der Levante , wo sie bereits im Proto neolithikum zum Abschneiden von Wildgetreide oder Grasern dienten. Der die Benutzung kennzeichnende ? Sichelglanz “ entsteht aber nicht nur beim Schneiden von Getreide, sondern auch von Gras, Schilf oder Laub. Die Sicheln bestanden aus gebogenen Holz- oder Geweihstucken, in die man einige Feuersteinklingen mit Pech , Asphalt oder Brandkalk eingeklebt hat [2] . In Danemark, vor allem in Nordwest jutland sind deutlich asymmetrische, bifazial retuschierte Sicheln in der Periode II und III der alteren Bronzezeit verbreitet. Seit der mittleren Bronzezeit wurden Sicheln aus Bronze hergestellt.

Axel Steensberg unterscheidet zwei Sichelformen [3] :

A) die Hakensichel (angular sickle), bei der das Blatt gerade aus dem Heft hervorgeht, so dass das Schwergewicht auf einer Seite liegt

B) die Bogensichel (balanced sickle), bei der das Blatt am Heft im rechten oder stumpfen Winkel abknickt, so dass das Gewicht auf beide Seiten gleichmaßig verteilt ist

Typ B entstand in der La-Tene-Zeit , verbreitete sich unter den Romern und setzte sich im Mittelalter allgemein durch.

In Szegvar -Tuzkoves ( Komitat Csongrad ) wurde die sitzende Tonstatuette eines Mannes ausgegraben, der eine Sichel uber der Schulter tragt [4] . Er stammt aus der Theiß-Kultur und wurde von dem Ausgraber als ?Sichelgott“ gedeutet [5] . Im antiken Griechenland war die Sichel das Symbol der Landwirtschaft und damit ein Attribut der Gottin Demeter .

Symbolische Verwendung

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Die Sichel ist als gemeine Figur in der Heraldik in vielen Kommunalwappen anzutreffen. Bei der Beschreibung ist die Lage und Richtung der Klinge zu melden. Bei der Tingierung sind ansonsten alle heraldischen Farben moglich. Der Stiel wird gern in Gold gefarbt. Die Sichel soll im Wappen die Landwirtschaft darstellen und eine Getreidegarbe begleitet oft die Wappenfigur, welche nicht mit dem Rebmesser verwechselt werden darf.

Sichel im Bundeswappen Osterreichs
Sichel in Flagge und Wappen der Sowjetunion

Die Sichel steht als Symbol, ahnlich wie die Sense , fur die Ernte , die jahrlich wiederkehrende Erntezeit (und damit fur Ablauf der Zeit generell) sowie fur den Tod . Als Symbol der Zeit wurde die Sichel in der griechischen Mythologie dem Titanen Kronos beigefugt. Die Sichel wurde von Kronos’ Mutter Gaia geschmiedet, damit Kronos seinen Vater Uranos entmannen konnte ? als Rache dafur, das Uranos seine Kinder in den Tartaros gestoßen hatte. Insgesamt wurde die Sichel in der griechischen Mythologie als Symbol der Zeit, der Verganglichkeit und des Todes verwendet. Auch der Gott Saturn wurde als Erntegott oft mit einer Sichel abgebildet.

Wegen der ahnlichen Form wird die Sichel gelegentlich auch mit der Mondsichel in Zusammenhang gebracht. [6]

In der Nationalhymne Kataloniens des Els Segadors (dtsch: Die Schnitter) ? sie geht auf ein altes katalanisches Volkslied zuruck ? wird von dem Aufstand der Schnitter , Guerra dels Segadors , von 1640?1652 gegen den habsburgischen Konig Philipp IV. von Spanien (1605?1665) und dessen Premierminister, den Grafen von Olivares (1587?1645), erzahlt. Im Refrain : Bon cop de falc , bon cop de falc defensors de la terra, bon cop de falc (dtsch. Ein guter Schlag mit der Sichel, ein guter Schlag mit der Sichel, Verteidiger des Landes, ein guter Schlag mit der Sichel!) wird die Sichel als mogliche Waffe genannt.

Im 1919 eingefuhrten Bundeswappen Osterreichs tragt der Wappenadler ?im rechten Fang eine goldene Sichel mit einwarts gekehrter Schneide“ [7] , welche den Bauernstand symbolisieren soll, wahrend der Hammer und die Mauerkrone Arbeiterstand und Burgertum reprasentieren.

Gekreuzt sind Hammer und Sichel ein Symbol fur den Arbeiter-und-Bauern-Staat im real existierenden Sozialismus , z. B. auf der Flagge der Sowjetunion .

  • Berrit Valentin Eriksen: Schwanengesang uber das Steinhandwerk ? Meister und die, die es nicht konnen ? Die fruhmetallzeitliche Steintechnologie Danemarks In: Archaologische Nachrichten aus Schleswig-Holstein 2011, ISBN 978-3-529-01433-8 , S. 6 ff.
  • Jens Luning : Steinzeitliche Bauern in Deutschland ? die Landwirtschaft im Neolithikum. Universitatsforschungen zur prahistorischen Archaologie Band 58. Bonn, Habelt 2000, ISBN 3-7749-2953-X .
  • Hildegard Quitta: Mittelalterliche Sicheln aus Leipzig. In: Forschungen zur Vor- und Fruhgeschichte Band 1, 1955, S. 148?153
Commons : Sichel  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons : Sichel in der Heraldik  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache, 25. Auflage, Berlin/Boston 2011, s. v. Sichel, Hippe
  2. Manfred R. Behm-Blancke, Johannes Boese , Zu spat chalkolithischen Erntegeraten in Nordsyrien und Sudostanatolien. In: Rainer Michael Boehmer und Joseph Maran (Hrsg.), Lux Orientis. Archaologie zwischen Asien und Europa. Festschrift fur Harald Hauptmann zum 65. Geburtstag . Rahden, Leidorf 2001, 27-37
  3. Axel Steensberg: Ancient Harvesting Implements. A study in archaeology and human geography, Nationalmuseets Skrifter, Arkaeologisk-historisk Raekke Band 1, Kopenhagen 1943
  4. Svend Hansen , Zum Großenformat neolithischer Figuralplastik. In: Rainer Michael Boehmer und Joseph Maran (Hrsg.), Lux Orientis. Archaologie zwischen Asien und Europa. Festschrift fur Harald Hauptmann zum 65. Geburtstag . Rahden, Leidorf 2001, 181-186
  5. Jozsef Csalog, Die anthropomorphen Gefaße und Idolplastiken von Szegvar-Tuzkoves. Acta Archaeologica Hungarica 11, 1959
  6. Peter Diem: Die Symbole Osterreichs. Zeit und Geschichte in Zeichen. Wien 1995, S. 64 ( PDF ( Memento des Originals vom 24. Januar 2022 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/austria-forum.org ).
  7. RIS - Bundes-Verfassungsgesetz Art. 8a - Bundesrecht konsolidiert. Abgerufen am 11. April 2024 .