Dieser Artikel befasst sich mit der Hauptstadt des franzosischen Arrondissements Sens. Zu weiteren Bedeutungen siehe
Sens (Begriffsklarung)
.
Sens
[
s??s
] ist eine
franzosische Stadt
mit 27.034 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im
Departement Yonne
und liegt am gleichnamigen Fluss
Yonne
, in den hier die
Vanne
mundet. Die Stadt Sens liegt gut 100 Kilometer sudostlich von
Paris
, nach
Auxerre
, der nachsten Stadt in Burgund, sind es 56 Kilometer.
Als
Agedincum
war Sens in der Antike der Hauptort des
keltischen
Volkes der
Senonen
in
Gallien
.
[1]
[2]
Obwohl der Platz vor der
romischen Eroberung Galliens
zweifellos morastig war, hatte er bereits aufgrund seiner Lage am Kreuzungspunkt zweier
Heerstraßen
Bedeutung erlangt.
[3]
Endgultig konnte
Gaius Iulius Caesar
Agedincum, das er mehrfach erwahnt,
[4]
erst nach der Bezwingung des
Vercingetorix
(52 v. Chr.) der romischen Herrschaft unterwerfen.
[5]
Nach der Eroberung Galliens wurde die Position des Zusammenflusses von Yonne und Vanne etwas verlegt, so dass die ersten Bauten an der Stelle der heutigen Stadt entstanden. In der romischen Epoche verlief die eine der beiden erwahnten Heerstraßen als
Via Agrippa
ungefahr in Nord-Sud-Richtung, wahrend die andere von Osten nach Westen verlaufende
Genabum
(
Orleans
) mit
Augustabona
(
Troyes
) verband.
[3]
Nach der Legende wurde die
heilige Kolumba
273 n. Chr. in Sens enthauptet, weil sie sich als Christin weigerte, den Sohn des romischen Kaisers
Aurelian
zu heiraten. Eventuell ist Sens mit dem von
Ammianus Marcellinus
erwahnten Ort
Senonae
zu identifizieren, in dem Kaiser
Julian
356 erfolgreich eine einmonatige
Belagerung
durch die
Alamannen
durchhielt.
[6]
Die Romer errichteten in Sens u. a.
Amphitheater
,
Aquadukte
, Bader und eine teilweise erhaltene
Stadtmauer
; auch wurden zwei große
Nekropolen
entdeckt. Als Kaiser
Valens
im Jahr 375 Gallien in 17
Provinzen
einteilte, wurde Sens Hauptstadt der
Lugdunensis IV
.
[5]
[3]
Wahrend des Mittelalters spielte Sens eine wichtige Rolle im kirchlichen Leben. Bereits seit dem spaten 3. Jahrhundert war es Sitz eines
Bistums
, dann seit dem 4./5. Jahrhundert Sitz eines Erzbischofs, der seit
Theodosius I.
den Titel
Primas
von Gallien und Germanien
fuhrte.
[7]
Das
Hotel de Sens
in
Paris
war seine Residenz in der Hauptstadt.
Die
Abtei Saint-Pierre-le-Vif
wurde zu Beginn des 6. Jahrhunderts von
Theudechild
, der Tochter des
Frankenkonigs
Theuderich I.
gegrundet, die sich hier auch beerdigen ließ. Seit etwa 564 untersteht die Abtei der
Benediktinerregel
. Seit dem Jahr 999 ist Saint-Pierre-le-Vif ein Mannerkloster.
731 oder 738 konnten sich die Einwohner von Sens gegen die Angriffe der
Sarazenen
behaupten, ebenso widerstanden sie 886 einer sechsmonatigen Belagerung durch die
Normannen
. Seit dem 9. Jahrhundert gehorte die Stadt zum
Herzogtum Burgund
und wurde von eigenen
Grafen
regiert. Die Kampfe dieser Grafen mit den Erzbischofen oder ihren Oberherren fuhrten haufig zu blutigen Verwicklungen.
[5]
So bemachtigte sich
Richard der Gerichtsherr
895 der Grafschaft, die damit
Odo von Paris
verlorenging.
Hugo der Große
eroberte 936 Sens und entriss die Grafschaft somit
Hugo dem Schwarzen
.
[8]
1055 kam diese schließlich an die franzosische
Krondomane
.
[5]
1135 wurde mit dem Bau der
Kathedrale St. Etienne
begonnen, die als erste
gotische
Kathedrale
gilt. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts organisierten die Burger von Sens ihre Stadt als Kommune und setzten den Kampf gegen den Klerus fort.
[5]
1141 wurde
Petrus Abaelardus
auf dem
Konzil von Sens
der
Haresie
angeklagt und verurteilt. Von 1163 bis 1165 war Sens der Sitz des aus Italien gefluchteten Papstes
Alexander III.
[7]
Thomas Becket
verbrachte einige Zeit seines
Exils
(1166?1170) in der 2 km nordlich von Sens gelegenen
Abtei Sainte-Colombe
.
[9]
1189 erhielt Sens das
Stadtrecht
. 1234 feierten der franzosische Konig
Ludwig IX.
und
Margarete von der Provence
in Sens Hochzeit.
[5]
Am 17. September 1477 wurde hier ein Waffenstillstand zwischen dem spateren Kaiser
Maximilian
und dem franzosischen Konig
Ludwig XI.
geschlossen.
Sens war wahrend der
Hugenottenkriege
ein Zentrum des Katholizismus. Hier wurden 1562 viele
Hugenotten
ermordet, und es gehorte zu den ersten Stadten, die sich der
Heiligen Liga
anschlossen. In der Folge widerstand Sens auch von 1590 bis 1594
Heinrich IV.
, wofur er der Stadt ihre Privilegien aberkannte.
[5]
[10]
1622 wurde
Paris
, das bisher ein
Suffraganbistum
der Erzdiozese Sens war, zu einem eigenen
Erzbistum
erhoben und erhielt auch die Jurisdiktion uber die bislang zur Erzdiozese Sens gehorigen Bistumer
Chartes
,
Orleans
und
Meaux
.
[5]
Wahrend des
Sechsten Koalitionskriegs
gelang es
wurttembergischen
und
osterreichischen Truppen
, das von General
Jacques Alexandre Francois Allix de Vaux
hartnackig verteidigte Sens 1814 zu ersturmen. Das 1801 aufgehobene Erzbistum Sens wurde 1822 wiederhergestellt. Im
Deutsch-Franzosischen Krieg
wurde Sens 1870/71 von deutschen Truppen besetzt.
[5]
Jahr
|
1962
|
1968
|
1975
|
1982
|
1990
|
1999
|
2011
|
2018
|
Einwohner
|
20.015
|
23.035
|
26.463
|
26.602
|
27.082
|
26.904
|
25.146
|
26.586
|
- Die
Kathedrale
des
Erzbistums Sens
- Der alte Bischofspalast, in dem die Museen von Sens untergebracht sind, unter anderem eine große Sammlung mittelalterlicher Kunst in Frankreich
- Synodalpalast
, erbaut im 13. Jahrhundert
- Haus Abraham
- Stadttheater
, 1882 eingeweiht
- Rathaus
, 1904 eingeweiht
Das in einer reichhaltigen Agrarregion gelegene Sens besitzt eine vielfaltige verarbeitende Industrie, mit Pharmakonzernen, Elektronikfirmen und Lebensmittelherstellern. Viele Wirtschaftszweige von Sens sind mit jenen von Paris verschmolzen.
[9]
Der Bahnhof von Sens, welcher an der
Bahnstrecke Paris?Marseille
liegt, verfugt uber funf Gleise an drei Bahnsteigen und wird hauptsachlich von den Nahverkehrszugen der
TER Bourgogne
angefahren. Es gibt u. a. Verbindungen nach Paris, Auxerre und
Dijon
. Der
Bahnhof Paris-Bercy
ist erreichbar in 50 Minuten. Sens hat einen Stadtbusverkehr mit neun Linien, die die Stadt und die Umgebung bedienen. Außerdem ist Sens uber die
Autoroute A 19
ans Autobahnnetz angeschlossen.
- Jean Cousin
der Jungere
(1522?1595), Maler, Bildhauer und Graphiker
- Claude Goyrand
(um 1610?1662), Kupferstecher und Radierer
- Elisabeth-Paul-Edouard de Rossel
(1765?1829), Forschungsreisender und Konteradmiral
- Louis Savinien Dupuis
(1806?1874), Pater der Pariser Mission und Grunder des ersten einheimischen Schwesternordens von Indien
- Jacques Charles Rene Duchesne
(1837?1918), General
- Jules Case
(1854?1931), Schriftsteller, Journalist und Literaturkritiker
- Marie Cronier
(1857?1937), Benediktinerin, Abtissin und Klostergrunderin
- Savinien Louismet
(1858?1926), Benediktinerpater
- Charles-Francois-Prosper Guerin
(1875?1939), Maler des Impressionismus
- Bacary Sagna
(* 1983), Fußballspieler
- Clement Chantome
(* 1987), Fußballspieler
- Orlann Ombissa-Dzangue
(* 1991), Sprinterin
- Ulrick Eneme-Ella
(* 2001), gabunisch-franzosischer Fußballspieler
Alle vier Stadte sind untereinander gleichfalls Partnerstadte. Jahrlich finden zahlreiche Begegnungen und Austausche sowohl zwischen Schulen und Vereinen als auch Praktikantenaustausch von Industrie und Handel statt.
Einen Freundschaftsvertrag gibt es seit 1999 mit der Stadt
Wyschhorod
in der
Ukraine
.
Einen speziellen Stadtepartnerschaftsvertrag gibt es seit 2012 mit
Fafe
in
Portugal
.
- ↑
P. Wuilleumier:
Agedincum.
In:
Der Kleine Pauly
(KlP). Band 1, Stuttgart 1964, Sp. 123.
- ↑
Max Ihm
:
Agedincum
.
In:
Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft
(RE). Band I,1, Stuttgart 1893, Sp. 768.
- ↑
a
b
c
C. Rolley:
Agedincum (Sens), Yonne, France
. In:
Richard Stillwell
u. a. (Hrsg.):
The Princeton Encyclopedia of Classical Sites
. Princeton University Press, Princeton NJ 1976,
ISBN 0-691-03542-3
(englisch,
perseus.tufts.edu
).
- ↑
Caesar:
De bello Gallico
6, 44 und 7, 10.
- ↑
a
b
c
d
e
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i
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, in:
Encyclopædia Britannica
.
11. Auflage. 1910-11, Band 24, S. 648.
- ↑
Ammianus Marcellinus,
Res gestae
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Klaus Rosen
:
Julian. Kaiser, Gott und Christenhasser
. Klett-Cotta, Stuttgart 2006,
ISBN 3-608-94296-3
, S. 141 f.
- ↑
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.
In:
Meyers Konversations-Lexikon
.
4. Auflage. Band 14, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885?1892, S. 867.
- ↑
Karl Ferdinand Werner
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dtv, 1995,
ISBN 3-423-04653-8
, S. 448 und 493.
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b
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In:
Encyclopædia Britannica
online.
- ↑
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In:
Brockhaus’ Konversations-Lexikon.
14. Auflage. Band 14, 1892?1896, S. 861.