Dieser Artikel behandelt die sudislandische Stadt. Zum Wasserfall in Nordisland siehe
Selfoss (Wasserfall)
.
Selfoss
(deutsch ?Huttenwasserfall“) ist eine Stadt in der Gemeinde
Arborg
, die sich in der Region
Suðurland
im Suden Islands befindet.
Mit 9624 Einwohnern (Stand: 1. Januar 2023) ist Selfoss die großte Ortschaft in der Gemeinde Arborg und gleichzeitig die großte Stadt Sudislands; die Stadt ist ein wichtiges Handelszentrum.
Selfoss liegt zwischen
Hveragerði
und
Hella
am Fluss
Olfusa
. Etwa 3 km entfernt befindet sich der
Tafelvulkan
Ingolfsfjall
.
[1]
Selfoss kann mit seiner, auch touristischen, Infrastruktur als Ausgangspunkt fur Ausfluge zu anderen Zielen im Suden Islands dienen, zum Beispiel nach
Þingvellir
oder zur
Hekla
.
Selfoss war ein gewohnlicher Bauernhof auf dem Lande. Sein Name leitet sich von den Stromschnellen ab, die es in der Olfusa unterhalb der Selfosskirkja gibt. Sie wurden Selfoss genannt.
Bis um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert bestanden hier nur einige Bauernhofe.
Als im Sommer 1891 die erste Hangebrucke uber den Fluss Olfusa bei Selfoss errichtet wurde, galt diese als enorme Verbesserung der Verkehrsmoglichkeiten im Suden Islands und erlaubte in der Folge die Entwicklung einer Ansiedlung.
Im Sommer 1890 wurde von Tryggvi Gunnarsson, der auch den Bruckenbau angeregt hatte, ein Restaurant und Gastehaus an der Baustelle der Brucke errichtet.
[2]
Das Bauholz fur das Gebaude war in
Kristiansand
in Norwegen vorgefertigt worden. Das Gebaude wurde mehrmals vergroßert, zuletzt 1934 und ist heute unter dem Namen
Tryggvaskali
als das alteste Haus der Stadt bekannt. Seit 2012 steht es unter Denkmalschutz. Das Gastehaus bestand bis 1975. In den 20er Jahren kam ein Geschaft hinzu, aber das Dorf wuchs zu Beginn relativ langsam.
Um 1930 kamen als bedeutende Arbeitgeber die Molkerei Mjolkurbru Floamanna und der Kaupfelag Arnesinga hinzu, die gemeinsam mit der Schlachterei uber viele Jahrzehnte hinweg die wichtigsten Industrieunternehmen vor Ort blieben. Zu ihnen fugten sich mit den Jahren immer mehr andere und vielfaltige Betriebe in Bereich von Fertigung, Handel und Dienstleistungen. Die Einwohnerzahl lag 1940 bei 213, 1950 bei 967, 1960 bei 1767, 1970 bei 2397 und 1980 bei 3409.
[3]
Schon ab Ende der 40er Jahre wurde die kleine Stadt von
Laugadalur
aus mit heißem Wasser fur Heizung und anderen Gebrauch versorgt.
[1]
1945 wurde eine neue Brucke uber den Fluss gebaut.
[4]
Selfoss wurde am 1. Januar 1947 eine eigene Verwaltungsgemeinde, die Stadtrechte erhielt die Gemeinde am 2. Mai 1978.
[5]
1989 zahlte Selfoss 3847 Einwohner.
[6]
Die britische Armee unterhielt wahrend der Kriegsjahre bis 1941 eine Heeresniederlassung in Selfoss. Im Februar 1941 kam es zu einem Luftangriff eines deutschen Kampfflugzeugs, bei dem drei britische Soldaten starben.
[1]
Da die Stadt in einem geologisch sehr aktiven Gebiet liegt, wo sich die sudwestliche aktive Vulkanzone mit der sudlichen Spaltenzone kreuzt, kommt es von Zeit zu Zeit auch zu heftigeren Erdbeben, worauf man sich allerdings inzwischen gebaudetechnisch eingestellt hat.
Bei einem starken Erdbeben im Herbst 1896 wurden die damals vorhandenen drei Bauernhofe bis auf ein Haus vollstandig zerstort.
[7]
Im Juni 2000 lag das
Hypozentrum
des starken Erdbebens unter dem Berg
Hestfjall
ca. 25 km entfernt. Es gab Beschadigungen an Gebauden, aber Menschen kamen nicht zu Schaden.
[8]
Am 29. Mai 2008 erschutterten zwei fast gleichzeitige Erdbeben der Starke 6,1 und 6,3 auf der
Richterskala
die Region um Selfoss. Ein Hypozentrum lag etwas sudwestlich von Selfoss, das andere unter dem Berg
Ingolfsfjall
. Gebaude kamen zu Schaden. Personen wurden verletzt, Todesopfer gab es jedoch nicht.
[9]
[10]
Der Fluss Olfusa neigt bei Tauwetter auch dazu uber die Ufer zu fließen. So kam es in den Jahren 1930, 1948 und 1968 zu großeren Uberschwemmungen in und um Selfoss.
[7]
Seit Herbst 2018 entsteht eine neue Innenstadt mit Rekonstruktionen historischer Gebaude aus Selfoss,
Reykjavik
,
Akureyri
,
Þingvellir
und anderen Orten in Island.
[11]
[12]
Der erste Teilabschnitt wurde im Juli 2021 eroffnet.
[13]
Insgesamt sollen 31 Gebaude wiedererstehen.
[14]
Am 7. Juni 1998 verlor die Stadt Selfoss (
Selfosskaupstaður
) die Selbststandigkeit. Gemeinsam mit den bis dahin gleichfalls selbststandigen Landgemeinden Eyrarbakki (
Eyrarbakkahreppur
), Sandvik (
Sandvikurhreppur
) und Stokkseyri (
Stokkseyrarhreppur
) wurde die kreisfreie Stadtgemeinde
Arborg
gebildet.
Selfoss gehort zum islandischen Wahlkreis
Suðurkjordæmi
.
Die Stadt Selfoss, ein wichtiges Handelszentrum der Region, ist das Zentrum der Milchwirtschaft Islands. Die 1929 gegrundete Molkerei ist die alteste und großte des Landes. Der bedeutende chinesische Omnibushersteller Yutong hat seine Europazentrale in Selfoss; diese Ortswahl geht auf ein chinesisch-islandisches Joint Venture zuruck.
Selfoss liegt heute direkt am wichtigsten Verkehrsweg Islands, der
Ringstraße Nr. 1
, die mitten durch die Stadt fuhrt. Nordlich schließen sich die (
Biskupstungnabraut
)
, sudwestlich der
Eyrarbakkavegur
und (sud)ostlich der
Gaulverjabæjarvegur
an.
Bis zum Jahre 1890 gab es keine Brucken uber die zahlreichen und oft sehr wasserreichen sowie stromungsintensiven Flusse in Sudisland. Diese Flusse mussten muhsam gefurtet werden, was die Verkehrsverbindungen stark behinderte.
Im Jahre 1890 wurde die erste Hangebrucke uber den Fluss
Olfusa
bei der Stadt Selfoss fertiggestellt. Man sah die Brucke aus den oben genannten Grunden als ganz besondere technische Errungenschaft an. Diese Brucke, Vorganger der heutigen, war aber nicht fur schwere Autos gemacht. Sie brach im September 1944 unter der Last von zwei Milchlastwagen zusammen. Im folgenden Jahr wurde allerdings mit Hilfe der amerikanischen Armee die heutige Brucke geschaffen, die 1945 in Betrieb genommen wurde
[15]
und sich als sehr resistent erwies, da sie sogar zwei starke Erdbeben sowie diverse Fluten heil uberstand.
Als am Palmsonntag, den 25. Marz 1956 die Selfosskirkja nach vierjahriger Bauzeit eingeweiht wurde, verlegte man gleichzeitig den Sitz des (evangelisch-lutherischen) Pfarrers von Hraungerði nach Selfoss.
[16]
Die Kirche wurde 1978?1984 vergroßert und erhielt den heutigen Turm und einen Vorbau. Farbenfrohe Glasfenster, in
Linnich
in Deutschland angefertigt, wurden 1987 im Chor und 1993 im Kirchenschiff eingesetzt.
[17]
In Selfoss ist fur die nahe Zukunft der Bau einer katholischen Kirche mit 100 Sitzplatzen und eines Pfarrzentrums geplant.
[18]
Mit den Planungen wurde 2015 begonnen.
[19]
In Selfoss gibt es zahlreiche Kindergarten (islandisch
leikskolar
), Gesamtschulen, eine Musikschule und die großte weiterfuhrende Schule im Suden Islands,
Fjolbrautaskoli Suðurlands
.
[20]
Selfoss verfugt uber eine beachtliche Bibliothek. Ein bedeutender Teil der Bucher stammt aus dem Besitz des Pfarrers Sera Eirikur J. Eiriksson, der Nationalparkaufseher in
Þingvellir
war, und der Stadt seine eigene Bibliothek vermachte. Die Stadtbucherei besteht seit 1964 im Safnahus, wo sich auch das Heimatmuseum befindet.
[7]
Wie uberall in Island werden zahlreiche Sportarten gepflegt und seit 1960 besitzt die Stadt ein eigenes Schwimmbad.
[7]
Zur Auswahl stehen etwa Reiten, Schwimmen, Handball, Fußball, Leichtathletik,
Taekwondo
,
Judo
, Golf,
Motocrossfahren
und viele weitere.
Einen Großteil des Sportangebots betreut der
UMF Selfoss
.
[21]
Es existiert auch ein spezieller Verein, der den Behindertensport betreut.
[22]
Der ehemalige Schachweltmeister
Bobby Fischer
, der am 17. Januar 2008 starb, liegt auf dem Friedhof der
Laugardælakirkja
bei Selfoss begraben.
- Guðrun Hafsteinsdottir
(* 1970), Parlamentsabgeordnete und seit 2023 Justizministerin
- Haukur Þrastarson
(* 2001), Handballspieler
- Hrafnhildur Hanna Þrastardottir
(* 1995), Handballspielerin
- Jon Daði Boðvarsson
(* 1992), islandischer Fußballnationalspieler und Europameisterschaftsteilnehmer
- Omar Ingi Magnusson
(* 1997), Handballspieler im Kader der islandischen Nationalmannschaft
- Sigurður Ingi Johannsson
(* 1962), Vorsitzender der
Fortschrittspartei
, von April 2016 bis Januar 2017 Premierminister von Island, mit Stand 2023 Minister fur Infrastruktur
- Svandis Svavarsdottir
(* 1964), Parlamentsabgeordnete und ehemalige Umweltministerin (2009?2013)
- Þorir Hergeirsson
(* 1964), Handballtrainer
- Þorir Olafsson
(* 1979), Handballspieler
- Vesteinn Hafsteinsson
(* 1960), Leichtathlet und vierfacher Olympionike
Selfoss hatte zwischen 1997 und 2008 wegen der Nahe zur Hauptstadt Reykjavik und einem entsprechenden Wirtschaftsboom einen ungewohnlich großen Bevolkerungszuwachs zu verzeichnen, welcher sich besonders zwischen 2005 und 2006 bemerkbar macht (ca. 9 % Zunahme in einem Jahr). Seit 2009 ist die Einwohnerzahl etwas rucklaufig.
[23]
Datum
|
Einwohner
|
1. Juli 1997
|
4.261
|
1. Juli 1998
|
4.350
|
1. Juli 1999
|
4.397
|
1. Juli 2000
|
4.580
|
1. Juli 2001
|
4.693
|
1. Juli 2002
|
4.870
|
1. Juli 2003
|
4.989
|
1. Juli 2004
|
5.159
|
1. Juli 2005
|
5.457
|
1. Juli 2006
|
5.922
|
1. Juli 2007
|
6.139
|
1. Juli 2008
|
6.476
|
1. Juli 2009
|
6.580
|
1. Juli 2010
|
6.503
|
Selfoss mit dem Ingolfsfjall im Hintergrund
- ↑
a
b
c
Islandshandbokin. Nattura, saga og serkenni. 2. bindi.
Hg. T. Einarsson, H. Magnusson. Orn og Orlygur, Reykjavik 1989, 819.
- ↑
minjastofnun.is
- ↑
Ewald Glaßer:
Island
, S. 179. Darmstadt 1986.
- ↑
Vilhelm G. Kristinsson:
Islensk Samtið
, S. 272. Reykjavik 1990.
- ↑
Vilhelm G. Kristinsson:
Islensk Samtið
, S. 273. Reykjavik 1990.
- ↑
Vilhelm G. Kristinsson:
Islensk Samtið
, S. 272. Reykjavik 1990.
- ↑
a
b
c
d
T. Einarsson, H. Magnusson (Hrsg.):
Islandshandbokin. Nattura, saga og serkenni
. 2. bindi. Orn og Orlygur, Reykjavik 1989, S. 821.
- ↑
Veðurstofa Islands.
hraun.vedur.is (englisch); abgerufen am 16. Juli 2011
- ↑
Veðurstofa Islands.
en.vedur.is (englisch); abgerufen am 16. Juli 2011
- ↑
Veðurstofa Islands
(englisch); abgerufen am 16. Juli 2011
- ↑
frettabladid.is
Frettablaðið (islandisch); abgerufen am 19. August 2018
- ↑
midbaerselfoss.is
Miðbær Selfoss (islandisch); abgerufen am 19. August 2018
- ↑
visir.is
Visir (islandisch); abgerufen am 23. Oktober 2021
- ↑
ruv.is
- ↑
Islandshandbokin. Nattura, saga og serkenni. 2. bindi.
Hg. T. Einarsson, H. Magnusson. Orn og Orlygur, Reykjavik 1989, 820
- ↑
T. Einarsson, H. Magnusson (Hrsg.):
Islandshandbokin. Nattura, saga og serkenni
. 2. bindi. Orn og Orlygur, Reykjavik 1989, S. 820 f.
- ↑
kirkjukort.net
- ↑
Kaþolska Kirkjublaðið
, November/Dezember 2014, Jahrgang 24, S. 5.
- ↑
bonifatiuswerk.de
(PDF)
- ↑
skolar.
Webseite der Gemeinde Arborg zum Schulwesen (islandisch); abgerufen am 16. Juli 2011
- ↑
wayback.vefsafn.is
Website der Gemeinde Arborg (islandisch); abgerufen am 16. Juli 2011
- ↑
wayback.vefsafn.is
(PDF) Iþottafelagið Suðri (islandisch); abgerufen am 16. Juli 2011
- ↑
hagstofa.is
Hagstofa Islands (Islandisches Statistisches Amt) (islandisch); abgerufen am 16. Juli 2011