Die
Selbstversenkung
der Vichy-Flotte
ereignete sich am 27. November 1942 in
Toulon
. Auf Anordnung der
Admiralitat
des franzosischen
Vichy-Regimes
wurde dessen
Mittelmeerflotte
im
Hafen von Toulon
versenkt, um sie dem Zugriff
Deutschlands
, aber auch der
Alliierten
zu entziehen.
Nach der
Niederlage 1940
wurde Frankreich im
Waffenstillstand von Compiegne
am 22. Juni 1940 in zwei Zonen geteilt; der sudostliche Teil des Landes wurde dem autoritaren Vichy-Regime unter
Marschall
Henri Philippe Petain
uberlassen. Dieses kooperierte teilweise mit Deutschland, wohingegen seine Beziehungen zu den Alliierten komplex waren: Wahrend
britische
Truppen bereits 1940 in der
Operation Catapult
einen Teil der franzosischen Flotte angriffen und versenkten, gewahrten die
USA
Vichy-Frankreich diplomatische Anerkennung. Als die Alliierten 1942 mit der
Invasion in Nordafrika
begannen, kooperierten sie dabei mit
einigen Vichy-Generalen
.
Daraufhin wurde auf Befehl
Adolf Hitlers
unter dem Decknamen
Unternehmen Anton
ab dem 11. November 1942 Vichy-Frankreich von deutschen Truppen besetzt. Wahrend noch Verhandlungen uber den Status Toulons stattfanden, ließ Hitler ab dem 19. November das
Unternehmen Lila
vorbereiten; dabei sollten Toulon und die dort liegende Flotte von deutschen Truppen besetzt und letztere an das faschistische Italien ubergeben werden. Gleichzeitig ordnete der franzosische Admiral
Gabriel Auphan
an, in einem solchen Fall die Flotte zu versenken.
Das deutsche
Unternehmen Lila
begann am Morgen des 27. November 1942. Um 04:30 Uhr besetzten deutsche Truppen die Festung
Fort Lamargue
und die franzosischen
Arsenale
und
Kustenbatterien
. Deutsche Schiffe kreuzten vor der Hafeneinfahrt und legten
Seeminen
, um eine Flucht der Flotte zu verhindern. Admiral
Andre Marquis
wurde gefangen genommen. Daraufhin gab Admiral
Jean de Laborde
von Bord des franzosischen
Flaggschiffs
Strasbourg
aus den Befehl, die Versenkung der Flotte vorzubereiten und auf Eindringlinge ohne Vorwarnung zu feuern. Den Franzosen gelang es, die deutsche Hauptstreitmacht fast eine Stunde hinzuhalten. Als diese um 05:25 Uhr das Haupttor der Marinebasis durchquerte, wurde schließlich die Weisung zur Durchfuhrung ubermittelt. Die Besatzungen gingen daraufhin von Bord ihrer Schiffe. Dann begannen die Versenkungskommandos, angebrachte Ladungen zu zunden und Wasser in die Schiffe einzulassen.
Die deutsche Unternehmung war ein fast vollstandiger Fehlschlag. Den befurchteten Zugriff der
Alliierten
konnte man zwar verhindern, aber die Franzosen versenkten und zerstorten drei ihrer Schlachtschiffe (die
Provence
, als letzte Einheit der
Bretagne-Klasse
in ihrem Besitz, die
Strasbourg
und
Dunkerque
der
Dunkerque-Klasse
), sieben
Kreuzer
, funfzehn Zerstorer, zwolf Unterseeboote und 74 weitere Schiffe und Boote. Keines davon blieb in einem Zustand, der eine sofortige Bergung ermoglicht hatte, großere Einheiten brannten noch wochenlang. Nur 39 militarisch wertlose und kleinere Schiffe und Boote wurden von den Deutschen eingenommen, die meisten davon waren zuvor sabotiert und entwaffnet worden. Zwolf franzosische Seeleute kamen ums Leben, 26 wurden verwundet.
Die italienische
Regia Marina
konnte 3 leichte Kreuzer, 11 Zerstorer, 11 kleinere Schiffe und Boote, 9 Unterseeboote und 10 Minenraumfahrzeuge ubernehmen, von denen nicht alle den Krieg uberstanden.
[2]
Die
Provence
konnte am 11. Juli 1943 von den Deutschen, die
Strasbourg
am 17. Juli 1943 von den Italienern geborgen werden. Die
Großkampfschiffe
waren weiterhin Ziel von Luftangriffen und kamen nicht mehr in Fahrt. Vier der Hauptgeschutze der
Provence
wurden in eine Kustenbefestigung in
Saint-Mandrier-sur-Mer
eingebaut; mit ihrer Reichweite konnte die Einfahrt des Hafens von Toulon kontrolliert werden. Nach dem
D-Day
1944 wurde das Schiff als Blockschiff wieder versenkt, im April 1949 gehoben und abgewrackt.
Das
Flugzeugmutterschiff
Commandant Teste
konnte von den Italienern am 1. Mai 1943 wieder gehoben werden, wurde vier Monate spater den Deutschen ubergeben und am 19. August 1944 von US-amerikanischen Bombenflugzeugen versenkt. Die Amerikaner machten die
Teste
noch im Februar 1945 schwimmfahig und bereiteten sie auf ihre Wiederinbetriebnahme vor, was aber nach Kriegsende aufgegeben wurde.
Von den
schweren Kreuzern
wurde am 18. Marz 1943 die
Algerie
in Teilen geborgen, aber nicht mehr reaktiviert. Das Schiff wurde von den Alliierten bombardiert und ging am 7. Marz 1944 erneut unter. Die schweren Kreuzer
Foch
und
Dupleix
schwammen am 16. April und am 3. Juli 1943 wieder,
Colbert
war zu stark zerstort.
Dupleix
wurde als Schulschiff
FR14
eingereiht, am 11. Marz 1944 durch Bombeneinwirkung versenkt.
Foch
wurde nach
La Seyne-sur-Mer
geschleppt, dort ab 1943 abgebrochen,
Colbert
nach dem Krieg in Toulon.
Von den
leichten Kreuzern
wurden das Typschiff und
Jean de Vienne
am 18. Februar bzw. 3. Marz 1943 von den Italienern gehoben und als
FR11
und
FR12
provisorisch in Dienst gestellt, auf
La Marseillaise
wurde verzichtet.
La Galissonniere
kenterte nach einem US-Bomberangriff am 18. August 1944.
Klasse 1, Hochseetaugliche Boote
:
davon Boote des 1500-Tonnen-Typs:
Klasse 2, Kustenverteidigung
:
davon Boote des 600-Tonnen-Typs:
Klasse 3, Minenleger
:
Einige wenige Besatzungen ignorierten die Anordnung zur Versenkung, unternahmen einen Ausbruchsversuch und wollten sich in die noch von Vichy-Frankreich verwalteten
Departements
in Nordafrika absetzen. Von den Unterseebooten des
1500-Tonnen-Typs
waren die
Casabianca
der Agosta-Klasse und
Le Glorieux
der L’Espoire-Klasse erfolgreich und erreichten
Algier
bzw.
Oran
. Die
Marsouin
der Requin-Klasse und der
Tonnenbojer
Leonor Fresnel
kamen ebenfalls in Algier an. Von den beiden Booten der Minerve-Klasse scheiterte die
Venus
und wurde von der Besatzung an der Hafeneinfahrt versenkt, wahrend die
Iris
aufgrund Treibstoffmangels
Barcelona
im neutralen
Spanien
anlief und dort interniert wurde.
Die Reste der Flotte in Toulon wurden nach dem Krieg nicht mehr reaktiviert und ab Ende der 1940er bis in die 1950er Jahre abgewrackt.
- ↑
NetMarine.net
, Auflistung der Einheiten an ihren Liegeplatzen am Morgen des 27. November 1942 (franz.)
- ↑
RegiaMarina.net
, Pierluigi Malvezzi: ?Foreign-built“; Auflistung fremder Einheiten der italienischen Marine im Zweiten Weltkrieg (ital.)
43.1174
5.9166
Koordinaten:
43° 7′ 3″
N
,
5° 55′ 0″
O