Selbstversenkung der Vichy-Flotte

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Der Hafen von Toulon, von links nach rechts: Strasbourg , Colbert , Algerie , La Marseillaise , 28. November 1942

Die Selbstversenkung der Vichy-Flotte ereignete sich am 27. November 1942 in Toulon . Auf Anordnung der Admiralitat des franzosischen Vichy-Regimes wurde dessen Mittelmeerflotte im Hafen von Toulon versenkt, um sie dem Zugriff Deutschlands , aber auch der Alliierten zu entziehen.

Vorgeschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach der Niederlage 1940 wurde Frankreich im Waffenstillstand von Compiegne am 22. Juni 1940 in zwei Zonen geteilt; der sudostliche Teil des Landes wurde dem autoritaren Vichy-Regime unter Marschall Henri Philippe Petain uberlassen. Dieses kooperierte teilweise mit Deutschland, wohingegen seine Beziehungen zu den Alliierten komplex waren: Wahrend britische Truppen bereits 1940 in der Operation Catapult einen Teil der franzosischen Flotte angriffen und versenkten, gewahrten die USA Vichy-Frankreich diplomatische Anerkennung. Als die Alliierten 1942 mit der Invasion in Nordafrika begannen, kooperierten sie dabei mit einigen Vichy-Generalen .

Daraufhin wurde auf Befehl Adolf Hitlers unter dem Decknamen Unternehmen Anton ab dem 11. November 1942 Vichy-Frankreich von deutschen Truppen besetzt. Wahrend noch Verhandlungen uber den Status Toulons stattfanden, ließ Hitler ab dem 19. November das Unternehmen Lila vorbereiten; dabei sollten Toulon und die dort liegende Flotte von deutschen Truppen besetzt und letztere an das faschistische Italien ubergeben werden. Gleichzeitig ordnete der franzosische Admiral Gabriel Auphan an, in einem solchen Fall die Flotte zu versenken.

Liegeplatze vor der Selbstversenkung [1]

Ablauf [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Strasbourg auf Kiel liegend
Strasbourg auf Kiel liegend, Heck
Panzerkampfwagen IV vor Kreuzer, vermutlich die brennende Colbert

Das deutsche Unternehmen Lila begann am Morgen des 27. November 1942. Um 04:30 Uhr besetzten deutsche Truppen die Festung Fort Lamargue und die franzosischen Arsenale und Kustenbatterien . Deutsche Schiffe kreuzten vor der Hafeneinfahrt und legten Seeminen , um eine Flucht der Flotte zu verhindern. Admiral Andre Marquis wurde gefangen genommen. Daraufhin gab Admiral Jean de Laborde von Bord des franzosischen Flaggschiffs Strasbourg aus den Befehl, die Versenkung der Flotte vorzubereiten und auf Eindringlinge ohne Vorwarnung zu feuern. Den Franzosen gelang es, die deutsche Hauptstreitmacht fast eine Stunde hinzuhalten. Als diese um 05:25 Uhr das Haupttor der Marinebasis durchquerte, wurde schließlich die Weisung zur Durchfuhrung ubermittelt. Die Besatzungen gingen daraufhin von Bord ihrer Schiffe. Dann begannen die Versenkungskommandos, angebrachte Ladungen zu zunden und Wasser in die Schiffe einzulassen.

La Marseillaise brennend im Hafen

Die deutsche Unternehmung war ein fast vollstandiger Fehlschlag. Den befurchteten Zugriff der Alliierten konnte man zwar verhindern, aber die Franzosen versenkten und zerstorten drei ihrer Schlachtschiffe (die Provence , als letzte Einheit der Bretagne-Klasse in ihrem Besitz, die Strasbourg und Dunkerque der Dunkerque-Klasse ), sieben Kreuzer , funfzehn Zerstorer, zwolf Unterseeboote und 74 weitere Schiffe und Boote. Keines davon blieb in einem Zustand, der eine sofortige Bergung ermoglicht hatte, großere Einheiten brannten noch wochenlang. Nur 39 militarisch wertlose und kleinere Schiffe und Boote wurden von den Deutschen eingenommen, die meisten davon waren zuvor sabotiert und entwaffnet worden. Zwolf franzosische Seeleute kamen ums Leben, 26 wurden verwundet.

Versenkte Einheiten (Auswahl) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Strasbourg , dahinter vermutlich
La Galissonniere , nach Bombenangriff am 18. August 1944

Die italienische Regia Marina konnte 3 leichte Kreuzer, 11 Zerstorer, 11 kleinere Schiffe und Boote, 9 Unterseeboote und 10 Minenraumfahrzeuge ubernehmen, von denen nicht alle den Krieg uberstanden. [2]

Schlachtschiffe [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Provence konnte am 11. Juli 1943 von den Deutschen, die Strasbourg am 17. Juli 1943 von den Italienern geborgen werden. Die Großkampfschiffe waren weiterhin Ziel von Luftangriffen und kamen nicht mehr in Fahrt. Vier der Hauptgeschutze der Provence wurden in eine Kustenbefestigung in Saint-Mandrier-sur-Mer eingebaut; mit ihrer Reichweite konnte die Einfahrt des Hafens von Toulon kontrolliert werden. Nach dem D-Day 1944 wurde das Schiff als Blockschiff wieder versenkt, im April 1949 gehoben und abgewrackt.

Flugzeugmutterschiff [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Flugzeugmutterschiff Commandant Teste konnte von den Italienern am 1. Mai 1943 wieder gehoben werden, wurde vier Monate spater den Deutschen ubergeben und am 19. August 1944 von US-amerikanischen Bombenflugzeugen versenkt. Die Amerikaner machten die Teste noch im Februar 1945 schwimmfahig und bereiteten sie auf ihre Wiederinbetriebnahme vor, was aber nach Kriegsende aufgegeben wurde.

Schwere Kreuzer [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Von den schweren Kreuzern wurde am 18. Marz 1943 die Algerie in Teilen geborgen, aber nicht mehr reaktiviert. Das Schiff wurde von den Alliierten bombardiert und ging am 7. Marz 1944 erneut unter. Die schweren Kreuzer Foch und Dupleix schwammen am 16. April und am 3. Juli 1943 wieder, Colbert war zu stark zerstort. Dupleix wurde als Schulschiff FR14 eingereiht, am 11. Marz 1944 durch Bombeneinwirkung versenkt. Foch wurde nach La Seyne-sur-Mer geschleppt, dort ab 1943 abgebrochen, Colbert nach dem Krieg in Toulon.

Leichte Kreuzer [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Von den leichten Kreuzern wurden das Typschiff und Jean de Vienne am 18. Februar bzw. 3. Marz 1943 von den Italienern gehoben und als FR11 und FR12 provisorisch in Dienst gestellt, auf La Marseillaise wurde verzichtet. La Galissonniere kenterte nach einem US-Bomberangriff am 18. August 1944.

Großzerstorer (Contre-Torpilleurs) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Zerstorer (Torpilleurs) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Torpedoboote [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Avisos , Minenleger [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Kanonenboote , Minenraumboote [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Unterseeboote [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Klasse 1, Hochseetaugliche Boote :

davon Boote des 1500-Tonnen-Typs:

Klasse 2, Kustenverteidigung :

davon Boote des 600-Tonnen-Typs:

Klasse 3, Minenleger :

Ausbruchsversuche [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einige wenige Besatzungen ignorierten die Anordnung zur Versenkung, unternahmen einen Ausbruchsversuch und wollten sich in die noch von Vichy-Frankreich verwalteten Departements in Nordafrika absetzen. Von den Unterseebooten des 1500-Tonnen-Typs waren die Casabianca der Agosta-Klasse und Le Glorieux der L’Espoire-Klasse erfolgreich und erreichten Algier bzw. Oran . Die Marsouin der Requin-Klasse und der Tonnenbojer Leonor Fresnel kamen ebenfalls in Algier an. Von den beiden Booten der Minerve-Klasse scheiterte die Venus und wurde von der Besatzung an der Hafeneinfahrt versenkt, wahrend die Iris aufgrund Treibstoffmangels Barcelona im neutralen Spanien anlief und dort interniert wurde.

Die Reste der Flotte in Toulon wurden nach dem Krieg nicht mehr reaktiviert und ab Ende der 1940er bis in die 1950er Jahre abgewrackt.

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Selbstversenkung der Vichy-Flotte  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. NetMarine.net , Auflistung der Einheiten an ihren Liegeplatzen am Morgen des 27. November 1942 (franz.)
  2. RegiaMarina.net , Pierluigi Malvezzi: ?Foreign-built“; Auflistung fremder Einheiten der italienischen Marine im Zweiten Weltkrieg (ital.)

Koordinaten: 43° 7′ 3″  N , 5° 55′ 0″  O